Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Mai 2002
Aktenzeichen: 27 W (pat) 342/00

(BPatG: Beschluss v. 14.05.2002, Az.: 27 W (pat) 342/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der Wortmarke 395 37 998 Majestic Lionsfür "Jegliche Art von Spielautomaten, insbesondere Münzspielgeräte, sowie Teile dieser Waren" ist Widerspruch eingelegt aus der prioritätsälteren Wortmarke LIONS eingetragen unter der Nr 2 014 400 unter anderem für "elektrische oder elektronische Spiele". Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat durch zwei Beschlüsse, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zwar könnten "elektrische oder elektronische Spiele" mit "Spielautomaten" identisch sein. Der Gesamteindruck der jüngeren Marke werde jedoch nicht durch den Bestandteil "Lions" geprägt. Es handele sich bei der Wortfolge "Majestic Lions" um einen Gesamtbegriff mit der für den inländischen Verkehr verständlichen, sich an das Bild vom Löwen als König der Tiere anlehnenden Bedeutung "majestätische Löwen"; dieser werde nicht auf einen Bestandteil verkürzt. Damit schieden unmittelbare Verwechslungen aus. Auch assoziative Verwechslungsgefahr sei nicht gegeben, denn die Verbindung zu einem Gesamtbegriff führe von der Vorstellung weg, in der jüngeren Marke einen Teil einer Markenserie der Widersprechenden zu sehen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie meint, die von der jüngeren Marke beanspruchten Waren wiesen eine hochgradige Ähnlichkeit zu dem von der Widerspruchsmarke geschützten Oberbegriff "elektrische/elektronische Spiele" und "Spielautomaten" auf und seien teilweise sogar identisch. Die daraus resultierenden strengen Anforderungen an den Abstand der Marken halte das angegriffene Zeichen nicht ein. Die Verbraucher der einschlägigen Waren der angemeldeten Marke würden sich mit diesen nur flüchtig befassen; sie hätten auch nur selten die Möglichkeit, die einander gegenüberstehenden Marken unmittelbar zu vergleichen. Das Wort "majestic" sei kennzeichnungsschwach. Daher seien allein die jeweiligen Markenwörter "Lions" einander gegenüberzustellen, woraus sich bereits eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ergebe. Darüber hinaus sei auch assoziative Verwechslungsgefahr zu bejahen. Bei "Majestic Lions" handele es sich nicht um einen Gesamtbegriff, die Wortfolge verursache bei den angesprochenen Verkehrskreisen vielmehr den Eindruck einer Serienmarke, die auf die Widersprechende hinweise.

Die Inhaberin der jüngeren Marke weist darauf hin, dass das Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke keine "Spielautomaten" beinhaltet. Für die gewerbliche Nutzung von Spielautomaten, insbesondere Münzspielgeräten bestünden besondere Vorschriften, die elektrische und elektronische Spiele regelmäßig nicht erfüllen müssten. Diese Vorschriften führten dazu, dass die auf dem deutschen Markt angebotenen Spielautomaten, insbesondere Münzspielgeräte sich untereinander ähnelten. Die angesprochenen Verkehrskreise seien daher daran gewöhnt, auf die Besonderheiten und Unterschiede in der Kennzeichnung dieser Waren zu achten. Angesprochen seien nicht Durchschnittsverbraucher, und es sei auch nicht von den flüchtigen Betrachtungen des Verkehrs auszugehen. Wenn man die Trefferhäufigkeit im Internet von "Lions" einerseits und "majestic" andererseits als Indiz für die Kennzeichnungskraft ansehen wollte, wie die Widersprechende geltend mache, dann sei für "Lions" von einer erheblich geringeren Kennzeichnungskraft als für "majestic" auszugehen. Der Annahme assoziativer Verwechslungsgefahr stehe entgegen, dass von 157 nationalen Marken mit dem Bestandteil "Lion" oder "Lions" nur ein Bruchteil auf die Widersprechende zurückzuführen sei.

In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihre Standpunkte erläutert und vertieft. Die Widersprechende meint, die einander gegenüberstehenden Waren seien identisch, was sich schon aus der neuen Klassifizierung von (geldbetätigten) Spielautomaten ersehen lasse. In Verbindung mit "Lion" habe "majestic" keine eigene Bedeutung, sondern verstärke "Lion" lediglich nach Art des Begriffs "weißer Schimmel". Die Markeninhaberin weist darauf hin, dass die angesprochenen Verkehrskreise für ihre Waren nicht die Benutzer der Spielgeräte, sondern die Aufsteller seien. Es bestehe keine Veranlassung, den Gesamtbegriff "Majestic Lions" zu analysieren. Die einander gegenüberstehenden Waren seien nicht identisch.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet, weil die Markenstelle zutreffend eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG verneint hat.

Die Gefahr von Verwechslungen ist von mehreren Komponenten abhängig, die miteinander in Wechselbeziehung stehen, und zwar insbesondere von der Ähnlichkeit oder Identität der Marken, der Ähnlichkeit oder Identität der von ihnen erfassten Waren und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd/Loints), wobei bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Marken auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der betreffenden Waren unterschiedlich hoch sein kann (EuGH MarkenR 1999, aaO, RdNr 26).

Im Zusammenhang mit den relevanten Waren kann die Widerspruchsmarke normale Kennzeichnungskraft und daraus resultierend einen durchschnittlichen Schutzumfang beanspruchen (vgl. BGH BlPMZ 1999, 197, 198 - White Lion). Die hohe Trefferhäufigkeit des Wortes "Lions" im Internet, die bei vergleichbarer Suche (identische Suchmaschine, identischer Suchumfang) die Trefferanzahl des Wortes "majestic" weit überschreitet, kann schon deshalb nicht ohne weiteres als Indiz für eine Schwächung dieses Begriffs im Hinblick auf eine Verwendung als Marke angesehen werden, weil die Kennzeichnungskraft eines Markenwortes immer im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu sehen ist - ein Bericht im Internet über Löwen in der Serengeti oder über eine Löwendressurnummer in einem Zirkus zB ist wohl kaum geeignet, die Kennzeichnungskraft des Wortes "Lions" für Spielautomaten zu beeinflussen. Anhaltspunkte dafür, dass das Wort "Lions" besonders häufig im Zusammenhang mit Spielautomaten oder elektrischen oder elektronischen Spielen verwendet wird und insoweit eine besondere Bedeutung hat, sind nicht bekannt geworden.

Die einander gegenüberstehenden Waren "Spielautomaten, insbesondere Münzspielgeräte" einerseits und "elektrische und elektronische Spiele" (für "Spielautomaten" ist die Widerspruchsmarke nicht geschützt) andererseits können im Einzelfall durchaus im Bereich engster Ähnlichkeit liegen oder sogar identisch sein. Denn zu den Waren der jüngeren Marke gehören auch zB Simulationsspielautomaten (Autorennen, Skirennen etc), die wiederum Simulationsprogrammen für Computer oder Playstation vergleichbar sind. Das Warenverzeichnis der jüngeren Marke ist weder auf für den gewerblichen Bereich bestimmte Spielautomaten noch auf Münzspielgeräte eingeschränkt. Von daher geht der Hinweis der Markeninhaberin auf die Abnehmerkreise und damit die angesprochenen Verkehrskreise fehl: es mag durchaus sein, dass die Anmelderin derzeit nur (Münz-)Spielautomaten für den gewerblichen Bereich anbietet und auch nicht vorhat, dies zu ändern. Insoweit sind tatsächlich die Automatenaufsteller die angesprochenen Verkehrskreise. Nach der Fassung des Warenverzeichnisses ist die Inhaberin der angegriffenen Marke aber nicht gehindert, unter der Bezeichnung "Majestic Lions" auch Spielautomaten für den privaten Bereich anzubieten, die alle Verbraucher ansprechen und die zu elektrischen und elektronischen Spielen sehr ähnlich bis identisch sein können.

Gleichwohl ist eine relevante Verwechslungsgefahr zu verneinen, weil - wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat - die jüngere Marke auch unter Berücksichtigung einander gegenüberstehender identischer Waren und einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu dieser einen die Gefahr von Verwechslungen mit ausreichender Sicherheit ausschließenden Abstand einhält.

Die jüngere Marke stellt einen ohne weiteres verständlichen Gesamtbegriff dar, bei dem mit einer Verkürzung auf einen Bestandteil, insbesondere auf "Lions" nicht zu rechnen ist. Denn wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, erzeugt "Majestic Lions" die der Literatur entstammende Vorstellung vom Löwen als König der Tiere, weil man sich bei diesem Begriff einen Löwen in besonders "majestätischer" Ausgestaltung - mit Mähne und in Pose - vorstellt. Anders als zB bei dem Begriff "weißer Schimmel" ist "majestätisch" im Zusammenhang mit "Löwe" auch keine Tautologie - während ein Schimmel per definitionem immer weiß ist, ist ein Löwe nicht notwendig majestätisch (man stelle sich Bilder von tapsigen, spielenden Löwenjungen vor). Insgesamt bewirkt also gerade die Kombination der Wörter "majestic" und "lions" einen Gesamtbegriff mit einer durch beide Bestandteile geprägten Bedeutung.

"Majestic Lions" einerseits und "Lions" andererseits sind klanglich, (schrift-)bildlich und begrifflich so unterschiedlich, dass die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen ohne weiteres auszuschließen ist.

Assoziative Verwechslungsgefahr würde voraussetzen, dass die insoweit zu berücksichtigenden fachlich orientierten oder zumindest interessierten, über eine beachtliche Branchenkenntnis verfügenden Teile der angesprochenen Verkehrskreise (Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl, § 9 RdNr 212) in Marken mit dem Bestandteil "Lions" im Zusammenhang mit den relevanten Waren einen Hinweis auf die Widersprechende sehen. Hiergegen spricht zunächst, dass es sich bei "Majestic Lions" um einen Gesamtbegriff handelt, der in der Regel nicht auseinandergerissen wird (vgl BGH aaO - White Lion). Weiter steht dem auch entgegen, dass die Widersprechende über entsprechend gebildete Serienmarken nicht verfügt und ihre Marke im Zusammenhang mit den von der jüngeren Marke beanspruchten oder zu diesen identischen oder ähnlichen Waren auch keine erhöhte Kennzeichnungskraft aufweist. Schließlich gibt es - worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - noch zwei weitere rechtsbeständige Marken anderer Markeninhaber, die für Spielautomaten bestimmt sind (Silver Lion und Lucky Lion). Dies spricht zusätzlich gegen eine Zuordnung von Marken mit dem Bestandteil "Lion(s)" zu dem Unternehmen der Inhaberin der Widerspruchsmarke.

Nach alledem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben. Veranlassung zur Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand nicht, denn die in erster Linie entscheidende Frage, ob der Verkehr die Bezeichnung "Majestic Lions" als Gesamtbegriff ansieht, liegt im tatsächlichen Bereich.

Hinsichtlich der Kosten verbleibt es bei der Regel des § 71 Abs 1 S 2 MarkenG. Gründe, hiervon abzuweichen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Dr. Schermer Richter Schwarzkann wegen Urlaubsnicht unterschreiben.

Dr. Schermer Friehe-Wich Pü






BPatG:
Beschluss v. 14.05.2002
Az: 27 W (pat) 342/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/eeb4ae54857e/BPatG_Beschluss_vom_14-Mai-2002_Az_27-W-pat-342-00


Admody

Rechtsanwälte Aktiengesellschaft


service@admody.com

0511 60 49 81 27 ☏

Kontaktformular ✎

Rückrufbitte ✆

Admody RAe AG
Theaterstraße 14 C
30159 Hannover
Deutschland

www.admody.com ▸





Für Recht.
Für geistiges Eigentum.
Für Schutz vor unlauterem Wettbewerb.
Für Unternehmen.
Für Sie.



 



§
Justitia

Bundesweite Dienstleistungen:

  • Beratung
  • Gerichtliche Vertretung
  • Außergerichtliche Vertretung

Rechtsgebiete:

Gewerblicher Rechtsschutz

  • Wettbewerbsrecht
  • Markenrecht
  • Domainrecht
  • Lizenzrecht
  • Designrecht
  • Urheberrecht
  • Patentrecht
  • Lauterkeitsrecht
  • Namensrecht

Handels- & Gesellschaftsrecht

  • Kapitalgesellschaftsrecht
  • Personengesellschaftsrecht
  • Handelsgeschäftsrecht
  • Handelsstandsrecht
  • Internationales Kaufrecht
  • Internationales Gesellschaftsrecht
  • Konzernrecht
  • Umwandlungsrecht
  • Kartellrecht
  • Wirtschaftsrecht

IT-Recht

  • Vertragsrecht der Informationstechnologien
  • Recht des elektronischen Geschäftsverkehrs
  • Immaterialgüterrecht
  • Datenschutzrecht
  • Telekommunikationsrecht



Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share









Admody Rechtsanwälte Aktiengesellschaft






Jetzt Kontakt aufnehmen:


service@admody.com

☏ 0511 60 49 81 27

✎ Kontaktformular

✆ Rückrufbitte





Admody Rechtsanwälte Aktiengesellschaft Stamp Logo




Hinweise zur Urteilsdatenbank:
Bitte beachten Sie, dass das in der Urteilsdatenbank veröffentlichte Urteil weder eine rechtliche noch tatsächliche Meinung der Admody Rechtsanwälte Aktiengesellschaft widerspiegelt. Es wird für den Inhalt keine Haftung übernommen, insbesondere kann die Lektüre eines Urteils keine Beratung im Einzelfall ersetzen. Bitte verlassen Sie sich nicht darauf, dass die Entscheidung in der hier angegeben Art und Weise Bestand hat oder von anderen Gerichten in ähnlicher Weise entschieden werden würde.

Sollten Sie sich auf die angegebene Entscheidung [BPatG: Beschluss v. 14.05.2002, Az.: 27 W (pat) 342/00] verlassen wollen, so bitten Sie das angegebene Gericht um die Übersendung einer Kopie oder schlagen in zitierfähigen Werken diese Entscheidung nach.
Durch die Bereitstellung oder Zusammenfassung einer Entscheidung wird weder ein Mandatsverhähltnis begründet noch angebahnt.
Sollten Sie eine rechtliche Beratung und/oder eine Ersteinschätzung Ihres Falles wünschen, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.


"Admody" und das Admody-Logo sind registrierte Marken von
Rechtsanwalt Sebastian Höhne, LL.M., LL.M.

29.03.2024 - 11:19 Uhr

Tag-Cloud:
Rechtsanwalt Domainrecht - Rechtsanwalt Internetrecht - Rechtsanwalt Markenrecht - Rechtsanwalt Medienrecht - Rechtsanwalt Wettbewerbsrecht - Mitbewerber abmahnen lassen - PayPal Konto gesperrt


Aus der Urteilsdatenbank
BPatG, Beschluss vom 3. Dezember 2002, Az.: 33 W (pat) 323/01VG Köln, Urteil vom 15. Mai 2009, Az.: 27 K 2080/07BGH, Beschluss vom 3. Juli 2006, Az.: AnwZ (B) 26/06BAG, Urteil vom 26. August 2009, Az.: 4 AZR 280/08LG Aachen, Urteil vom 27. Januar 2004, Az.: 41 O 95/03OLG Hamm, Urteil vom 31. Januar 2012, Az.: I-4 U 100/11BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2004, Az.: I ZR 273/01BPatG, Urteil vom 22. Mai 2003, Az.: 4 Ni 27/02LG Arnsberg, Urteil vom 21. April 2011, Az.: 8 O 104/10LG Köln, Urteil vom 29. November 2005, Az.: 33 O 152/05