Landgericht Dortmund:
Urteil vom 2. Dezember 1993
Aktenzeichen: 20 O 50/92
(LG Dortmund: Urteil v. 02.12.1993, Az.: 20 O 50/92)
Tenor
Die Beklagten zu 1)-3) werden verurteilt, an die Klägerin je
1.500.000,00 DM (i. W.: Deutsche Mark einemillionfünfhundert-
tausend) nebst
9 5/8 (9,6250) % Zinsen vom 24.06.91 - 26.08.91
9 3/4 (9,7500) % Zinsen vom 26.08.91 - 26.09.91
9 7/8 (9,8750) % Zinsen vom 26.09.91 - 28.10.91
9 7/8 (9,8750) % Zinsen vom 28.10.91 - 29.11.91
9 11/16 (9,6875) % Zinsen vom 29.11.91 - 31.12.91
10 9/16 (10,6525) % Zinsen vom 27.12.91 - 27.01.92
10,0500 % Zinsen vom 27.01.92 - 27.02.92
10 1/8 (10,1250) % Zinsen vom 27.02.92 - 27.03.92
10 5/16 (10,3125) % Zinsen vom 27.03.92 - 27.04.92
10,2500 % Zinsen vom 27.04.92 - 27.05.92
10 3/16 (10,1875) % Zinsen vom 27.05.92 - 29.06.92
10,2500 % Zinsen vom 29.06.92 - 29.07.92
10,5500 % Zinsen vom 29.07.92 - 31.08.93
10 3/8 (10,3750) % Zinsen vom 31.08.92 - 30.09.92
9 3/8 (9,3750) % Zinsen vom 30.09.92 - 30.10.92
9 3/8 (9,3750) % Zinsen vom 30.10.92 - 15.12.92
9 5/16 (9,3125) % Zinsen vom 26.11.92 - 28.12.92
8,000 % Zinsen vom 30.12.92 - 06.01.93
8,5625 % Zinsen vom 06.01.93 - 08.02.93
8,2500 % Zinsen vom 08.02.93 - 08.03.93
8,2500 % Zinsen vom 08.03.93 - 08.04.93
8,1000 % Zinsen vom 08.04.93 - 10.05.93
7,6000 % Zinsen vom 10.05.93 - 01.06.93
7,6250 % Zinsen vom 01.06.93 - 01.07.93
7,6250 % Zinsen vom 01.07.93 - 15.07.93
7,2500 % Zinsen vom 15.07.93 - 29.07.93
6,8750 % Zinsen vom 29.07.93 - 05.08.93
6,5000 % Zinsen vom 05.08.93 - 19.08.93
6,5000 % Zinsen vom 19.08.93 - 20.09.93
6,6875 % Zinsen vom 20.09.93 - 27.09.93
6,7000 % Zinsen vom 24.09.93 - 08.10.93
6,7000 % Zinsen vom 08.10.93 - 08.11.93
4 % Zinsen ab 08.11.93
zu zahlen.
Die Beklagten tragen je 1/3 der Gerichtskosten und je 1/3 der
außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Die Beklagten tragen ihre eigenen außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist gegen jeden der Beklagten gegen Sicherheitsleistung
in Höhe von 2.000.000,00 DM vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz
in Höhe von insgesamt 4,5 Mio. DM in Anspruch, da diese unter
Verletzung ihrer Pflichten als ehemalige Vorstandsmitglieder
der Klägerin der P einen ungesicherten Kredit
in Höhe von 15 Mio. DM gegeben haben.
Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft mit einem Grund-
kapital von 127,6 Mio. DM. Hauptgesellschafterin war zum
damaligen Zeitpunkt über Zwischengesellschaften die
P (Bern) mit einer
Beteiligung von 90 %. Hauptgesellschafter der P
war der schweizer Kaufmann S, der zwischenzeitlich nach dem
Zusammenbruch der Holding flüchtig ist.
Seine Unternehmungen zielten größenteils darauf ab, Unter-
nehmen zu erwerben, um diese nach einigen Jahren zu ver-
kaufen. Die hierbei erzielten Gewinne brachten ihm großes
Ansehen in der Wirtschaft ein. Das schlug sich auch in seiner
dominierenden Rolle als Aufsichtsratsvorsitzender der
Klägerin nieder. Seine Erfolge ermöglichten ihm, in der
Regel seine Vorstellungen im Aufsichtsrat der Klägerin
durchzusetzen.
Der dreiköpfige Vorstand der Klägerin bestand damals aus den
Beklagten zu 1) bis 3). Die Beklagten zu 1) und 2) waren am
13.11.1989 zu Vorstandsmitgliedern bestellt worden, nachdem sie
zuvor bereits als Mitarbeiter der P tätig gewesen
waren. Der Beklagte zu 3) gehörte dem Vorstand seit 1985 an.
Der Beklagte zu 2) war gleichzeitig Mitglied der General-
direktion der P in der Schweiz. Hier war er u. a.
zuständig für "Finanzanalysen".
Der Beklagte zu 1) hatte mit seiner Berufung in den Vorstand
seine Tätigkeit bei der P offiziell niedergelegt,
bezog iedoch einen Teil des Gehalts weiterhin von der P,
weil er - wie er vorträgt - als schweizer Staats-
Bürger seine dortige Sozialversicherung und Altersversorgung
in der Schweiz weiter gesichert haben wollte.
Die Aufgabenverteilung innerhalb des Vorstandes der Klägerin
war durch eine Geschäftsordnung des Vorstandes geregelt.
Danach waren dem Beklagten zu 1) die Geschäftsbereiche
"Koordination und Information", Controlling, "betriebswirt-
schaftliche Abteilung" u. a. zugeordnet; dem Beklagten zu 2)
oblagen die Stäbe "Treasury", "Finanzanalysen und Immo-
bilien-Strategie" sowie deren Durchführung. Der Beklagte
zu 3) hatte die Aufgaben "allgemeine Verwaltung", "Rechnungs-
wesen" und Consolidierung", "Bauabteilung", die "Haus- und
Grundstücksverwaltung" sowie "Kraftwirtschaft, Steuern und
Schiffahrt mit Beteiligungen" wahrzunehmen.
Die grundsätzlichen Zuständigkeitsregelungen sind in der
Satzung der Klägerin vom 29.06.1990 enthalten. Hier heißt es
u. a. in
§ 10
Besondere Zuständigkeit
1. Für die Übernahme der nachfolgenden Geschäfte, deren
Gegenstandswert im Einzelfall die vom Aufsichtsrat fest-
gelegte Grenze überschreitet, bedarf der Vorstand der
Zustimmung des Aufsichtsrats:
...
...
g) Gewährung von Darlehen und sonstigen Krediten außerhalb
des üblichen Geschäftsbetriebes;
...
Vorsitzender des Aufsichtsrats war - wie erwähnt -
der schweizer Kaufmann S, Mitglied des Aufsichtsrats war
H, der zugleich Verwaltungsratsmitglied der P
war und gegen den die Klägerin in dem abgetrennten
Verfahren eine Schadensersatzforderung in Höhe von 1,5 Mio.
DM geltend macht.
Der Darlehnsvergabe, auf die die Schadensersatzforderung
gründet, war folgendes Geschehen vorausgegangen:
Im September 1990 beschloß der Vorstand der Klägerin auf
Veranlassung der P, von der P2, einer Tochtergesellschaft der P, deren
Mitbeteiligung an der M2 (M2) zum
Preis von 90 Mio. GBP zu erwerben. In der folgenden Auf-
sichtsratssitzung vom 19.10.1990 billigte der Aufsichtsrat
diesen Erwerb unter der Bedingung, daß ein unabhängiges Gut-
achten die Angemessenheit des Kaufpreises bestätige.
Am 30.10.1990 schlossen die Beklagten einen Kaufvertrag über
3 Aktien a $ 1,00 der J7 (Cayman-
Islands). Die J7, vermittelte über die O2
(Honkong) Beteiligungen an der J (J),
die "wiederum Beteiligungen an der M2 hielt.
Unter dem 27.11.1990 ging dem Vorstand der Klägerin eine
sogenannte "Fairness opinion" der Wirtschaftsprüfer D2,
London, über die Angemessenheit der M2-Transaktion
zu. Hierin führten die Wirtschaftsprüfer u. a. aus, daß sie
"- wie vereinbart weder so etwas wie eine Wirtschafts-
prüfung bei J7, O2 oder J durchgeführt noch die
geschäftlichen Unterlagen dieser Firmen untersucht" hätten.
Ihre Meinung beruhe "ausschließlich auf Besprechungen mit Vor-
standsmitgliedern und Mitarbeitern der P2-
Unternehmensgruppe, von denen zwei ebenfalls
Direktoren von J seien"...
Die vorgelegte "Fairness opinion" erklärte die gesamte Trans-
aktion, basierend auf diesen Informationen, als "fair".
Am 29.11.1990 richteten hausintern die Herren K (zu-
ständiger Projektleiter) und J2 (Leiter der Rechtsab-
teilung der Klägerin) ein gemeinsames Schreiben an die Be-
klagten, in welchem sie auf die Einschränkungen der D2-Vorlage
und die Anforderungen des Aufsichtsratsbe-
schlusses vom 19.10.1990 hinwiesen.
Am 11.12.1990 wurde - da der Vertrag vom 30.10.1990 sich als
unwirksam herausgestellt hatte - ein neuer Kaufvertrag über
den Erwerb der M2-Anteile unter Einschaltung der eigens
hierfür gegründeten J4 unter der
aufschiebenden Bedingung einer Aufsichtsratsgenehmigung ge-
schlossen. In seiner Sitzung vom 13.12.1990 genehmigte der
Aufsichtsrat gegen die Stimmen der Arbeitnehmervertreter
diesen Erwerb. In derselben Sitzung erklärten die Beklagten
in ihrem Vorstandsbericht, daß derzeit keine Liquiditäts-
überschüsse bei der Klägerin vorhanden seien, da der Kredit-
rahmen von 240,5 Mio. DM vollständig in Anspruch genommen
worden sei.
Kurze Zeit später, im Januar 1991, stellte sich heraus, daß
die M2-Gruppe sich in erheblichen wirtschaftlichen
Schwierigkeiten befand.
Die Beklagten zu 1) und 3) schrieben deshalb unter dem
01.02.1991 (Blatt 602 d. A.) an das Aufsichtsratsmitglied
H:
Insbesondere bedingt durch den Golfkrieg hat die Branche
zunehmend mit erheblichen Einbrüchen im Passagierauf-
kommen zu kämpfen. Dies hatte auch für die M2-Gruppe
zur Folge, das geplante Leasingoperationen nicht mehr
programmgemäß durchgeführt werden konnten.
Die M2 hat deshalb die Kapitalbasis mit dem Einver-
ständnis unseres Aufsichtsratsvorsitzenden um GBP
90 Mio. sehr bedeutend erweitert. GBP 40 Mio. neue Bar-
mittel werden von Aktionären und weitere GBP 50 Mio.
durch Umwandlung von Bankkrediten in Kapital durch die
M4 Bank (Hauptbank der M2) zur Verfügung ge-
stellt..."
Um den wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu begegnen, sollte
die Klägerin auf Veranlassung der P einen viel-
fachen Millionenbetrag zur Sanierung der M2 leisten. In
einem persönlichen Gespräch des Aufsichtsratsvorsitzenden L
mit dem Beklagten zu 3) riet dieser hiervon ab.
Streitig ist, ob er in diesem Gespräch auch davon abgeraten
hat, der P unmittelbar einen Kredit zu geben.
Jedenfalls schrieb L unter dem 11.02.1991 an den Vorstand
der Klägerin folgendes:
"J
Sehr geehrte Herren,
ich danke Ihnen für Ihren Brief vom 01.02.1991 und möchte wie
folgt dazu Stellung nehmen:
In Übereinstimmung mit meiner Haltung anläßlich des
Telefongespräches von Ende Januar mit den Herren
J6 und S3, als es um die erste
Orientierung über die Probleme in England ging, möchte
ich Sie bitten, das Engagement von J3 in diesem Ge-
schäft nicht zu erhöhen, bis der Aufsichtsrat einen
neuen Beschluß gefaßt hat.
Auf der J3 Aufsichtsratssitzung vom 11. März 1991
ist eine eingehende Orientierung fällig, die u. a. be-
inhalten sollte:
... - Kreditlinien mit Angabe der Sicherheiten, Fällig-
keiten und wesentlichen Convenants
Im Hinblick auf die Welle negativer Publizität muß auch
die allgemeine Lage von J3 eingehend geprüft
werden, vor allem im Hinblick auf die Liquidität und die
Vorkehren bei Kreditkündigungen von Banken.
Ich danke Ihnen für Ihren Einsatz in dieser schwierigen
Zeit."
Die Beklagten sahen - insbesondere auf Betreiben des Be-
klagten zu 3.) - daher auch davon ab, unmittelbar Gelder in
dieses Projekt zu stecken. Es wurde vielmehr vereinbart, der
P ein kurzfristige Darlehen in Höhe von 15 Mio.
DM zu gewähren. Diese sollte dann das Geld an die J weiter-
leiten und damit das Insolvenzrisiko übernehmen.
Im einzelnen erfolgte die Kreditvergabe wie folgt:
Die Beklagten zu 1) und 2) beschlossen die Kreditvergabe und
unterrichteten den Beklagten zu 3) hiervon. Der Beklagte
zu 2) übersandte am 04.02.1991 eine "Zahlungsinstruktion"
(Anlage 2), auf die der Beklagte zu 3) "o. K. S3"
schrieb, nachdem er zunächst zwischen 9.05 Uhr und 9.33 Uhr
mit seinen beiden Vorstandskollegen eine telefonische Unter-
redung wegen des Kredits gehabt hatte.
Das der P gegebene, als "timedeposit" deklarierte
Darlehn war mit 10 % zu verzinsen und konnte mit 48stündiger
Frist gekündigt werden. Sicherheiten waren nicht verlangt
worden.
Die liquiden Mittel wurden dadurch beschafft, daß die Be-
klagten in einem Optionsgeschäft über den Verkauf von Be-
teiligungen an der C3 sich diesen Betrag, zahlbar zum
04.02.1991, versprechen ließen. Der Verkauf dieser Anteile
war schon längere Zeit geplant und erfolgte mit Billigung
des Aufsichtsrats. Die Zustimmung der Aufsichtsratsmitglieder
war im schriftlichen Umlaufverfahren am 29.01.1991 und
04.02.1991 erfolgt. Am 04.02.1991 wurde die 1. Rate von
15. Mio. DM an J3 gezahlt.
Zeitlich parallel zu diesem Vorgang hatte die Klägerin ge-
wisse Schwierigkeiten mit einem von dem Bankhaus U
gewährten Kredit:
Am Freitag, den 01.02.1992, hatte die Klägerin einen Anruf
des Herrn S2, Angestellter des Bankhauses, erhalten, in welchem auf
die Rückzahlung von 15 Mio. DM aus einem am 04.02.1991 aus-
laufenden 30 Mio. Kredit bis zum nächsten Werktag, dem
04.02.1991, hingewiesen wurde. Der Gesprächspartner der
Klägerin, damalige Finanzprokurist L3, fertigte hierüber
einen Vermerk (K 17), der für die Beklagten zu 1) bis 3)
bestimmt war. Hierin heißt es:
Am 04.02.1991 stehen die gezogenen 30 Mio. DM zur Ver-
längerung an. Heute morgen 8.20 Uhr erhielt ich einen
Anruf von Herrn S2, U.
Er teilte mir mit, daß das Engagement U bei P und
J3 mittlerweile so hoch geworden sei, daß am
04.02.1991 eine Teilrückzahlung von 15 Mio. DM seitens
J3 erforderlich sei. Desweiteren wünscht U,
verunsichert über die J- und B-Transaktion eine
Besicherung der verbleibenden 15 Mio. DM. Herr S2
erwähnte dabei die Möglichkeit, die uns aus dem S5
- Deal - zufließende Zahlung als Sicherheit zu nehmen.
S2 erbittet kurzfristige Antwort.
Am 04.02. fertigte Herr L3 einen weiteren Vermerk,
bestimmt für die Beklagten zu 1) bis 3) (K 18) in dem es
heißt:
Heute morgen, 7.55 Uhr, erhielt ich einen weiteren Anruf
von Herrn S2, U
In Ergänzung und Abänderung seines Anrufs von Freitag
teilte er mir mit, daß die gesamten 30 Mio. DM heute von
J3 zur Rückzahlung fällig sein.
Nur dann, wenn keine ausreichende Liquidität vorhanden
sei, wäre er eventuell für wenige Tage bereit, mit einer
Besicherung des Restbetrages zufrieden zu sein.
Wie sollen wir verfahren€.
Dieses Schreiben will der Beklagte zu 3) erst nach der Dar-
lehensvergabe am Morgen des 04.02.1991 erhalten haben. Herr
L3 habe ihn auch nicht vorher hierauf angesprochen.
Unstreitig ist, daß U am 04.02.1991 ein
Telefax, eingegangen bei der Klägerin um 14.50 Uhr, schickte,
in welchem es u. a. heißt:
Sehr geehrter Herr J6,
Wir haben Ihnen eine Kreditlinie in Höhe von DM
30.000,000,-- bis auf weiteres eingeräumt. Diese wird
nach Rückzahlung von DM 15.000.000,-- am 4.2.1991 zur
Zeit noch mit 15.000.000,-- genutzt.
Unter Bezugnahme auf Paragraph 19, Abs. 1 der Allge-
meinen Geschäftsbedingungen fordern wir Sie auf, in Höhe
der verbliebenen Inanspruchnahme Sicherheiten zu be-
stellen. Dies könnte insbesondere durch Verpfändung der
bereits bei uns in Ihrem Depot lagernden B-Aktien
erfolgen. Den Text einer Verpfändungserklärung fügen wir
diesem Schreiben bei.
Von einer Inanspruchnahme der überschießenden Linie
wollen Sie vor Bestellung weiterer Sicherheiten absehen.
Für die Verpfändung vorstehend genannter Aktien haben
wir uns eine Frist bis zum 6.2.1991 vorgemerkt. Alter-
nativ dürfen wir Sie zu diesem Zeitpunkt um Rückführung
der restlichen Inanspruchnahme bitten.
15 Mio. DM wurden rechtzeitig an U zurückgezahlt.
Am 05.02 - um 16.58 Uhr - ging ein Schreiben der
M-Bank (Anlage 24) ein, indem es
u. a. heißt:
Inzwischen erreichten uns über die Presse irritierende
Nachrichten wie z. B. Berichte über die von der P
übernommene M2-Beteiligung.
Noch unter dem 12.12.1990 hatten Sie uns mitgeteilt,
J3 unterstreiche "mit dieser Transaktion seine aktive
unternehmerische Neuausrichtung auf das europäische
Merchant-Banking-Geschäft". "Dieser Neuerwerb ist eine
interessante und substanzstarke Erweiterung in unserem
Unternehmensportefeuille", versicherten Sie uns weiter.
Schon kurze Zeit danach wird M2 in der Presse als
sanierungsreifes Unternehmen dargestellt (z. B. Observer
vom 3.2.1991). Von Bedeutung ist hierbei, daß M2 offen-
bar kein freiakquiriertes Engagement, sondern Teil einer
Gruppentransaktion ist. Für uns ist deshalb von Be-
deutung, ob und inwieweit sich seit der Mitte des
letzten Jahres die Geschäftspolitik von J3 ge-
ändert hat.
Unsere Sorge wird vertieft durch die anhaltende negative
Presse über Liquidationsschwierigkeiten der P. Des-
halb benötigen wir kurzfristig detaillierte Informa-
tionen über die inzwischen getätigten Geschäfte zwischen
der P-Gruppe und der J3-Gruppe.
In den Kreditverhandlungen wurde Ihrerseits deutlich
gemacht, die J3-Gruppe werde ihr Grundvermögen
nicht belasten. Zur Unterstreichung dieser Absicht
bitten wir Sie, sich uns gegenüber in einer Negativ-
erklärung zu verpflichten, Grundvermögen ohne unsere
Zustimmung nicht zu belasten, solange ein Kreditver-
hältnis besteht.
Wir bitten um Verständnis, daß wir nach § 18 des Kredit-
wesengesetzes verpflichtet sind, die wirtschaftlichen
Verhältnisse wichtiger Kreditnehmer fortlaufend zu über-
prüfen, insbesondere dann, wenn ungünstige Nachrichten
bekannt werden. Bei einer wesentlichen Verschlechterung
des Vermögens eines Kreditnehmers müßten wir Sicher-
heiten einfordern oder notfalls die Rechtsfolgen nach
Nr. 17 unserer Allgemeinen Geschäftsbedingungen herbei-
führen. Deshalb liegt es in unserem gemeinsamen
Interesse, wenn Sie uns kurzfristig folgende Fragen
beantworten würden:
1. Von welchen wirtschaftlichen Erwägungen hat sich die
J3 bei der M2-Transaktion leiten lassen€
2. Wie hoch war der Kaufpreis€
3. Lag der Veräußerung ein Wertgutachten zugrunde und
können Sie uns eine Kopie dieses Gutachtens zur Ver-
fügung stellen€
4. Werden mit dem Geschäft Interessen der P-Gruppe
verfolgt oder entspricht es einem normalen Drittge-
schäft€ .Gibt es Verknüpfungen mit anderen Trans-
aktionen€
5. Welche Probleme bestehen bei M2, und lassen sie sich
mit zusätzlichen Finanzmitteln lösen€ Wie hoch ist
der Anteil von J3 an der beabsichtigten
Kapitalerhöhung€
6. Gibt es seit Mitte des letzten Jahres andere Gruppen-
geschäfte zwischen Pund J3, liegen sie voll
im Interesse von J3 und sind weitere beabsichtigt€
Wir bitten um Verständnis, daß wir entsprechend Ziff. 13
des Darlehensvertrags den Wunsch nach Unterrichtung über
die aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse vorbringen
müssen.
In den folgenden Tagen überschlugen sich die Ereignisse. Am
07.02.1991 fand eine Vorstandsbesprechung statt, über die es
im Protokoll heißt (A 25):
Herr J6berichtete über das Gespräch bei U
am 5. Februar 1991, an dem Herr J7 und er
teilgenommen haben:
Der Ernst der Situation zwingt zu folgenden Maßnahmen,
die bereits mit dem AR-Vorsitzenden abgesprochen worden
sind:
- Die Akquisition M2/J wird rückgängig gemacht. Alle
notwendigen Maßnahmen für die Rückabwicklung werden
vorbereitet und eingeleitet.
- Das Vertragswerk mit D wird abgetreten. D hat
ohnehin den Put von J3 nicht akzeptiert.
Vorbereitung der Texte durch Herrn J2.
- Ein Liquiditätsstatus muß erstellt werden; Lösungen
für die Rückzahlungen der Kredite müssen gefunden
werden. Eine Kreditrückzahlung hatte U
gefordert. Die M-Bank hat die Rückforderung massiv angedroht, sofern
nicht ihr Wissensdurst zur Zufriedenheit gestillt
würde. Die X-Bank hat ebenfalls mit einer
Kündigung gedroht; die E-Bank wünschte zusätzliche
Informationen etc.
Am selben Tage entschloß sich der Vorstand, an die Banken
wegen der Bildung eines Bankenpools zum Zwecke der Um-
schuldung und Besicherung der Kredite heranzutreten.
In den folgenden Tagen häuften sich die Nachrichten in der
Presse über die finanziellen Probleme der P und des
Herrn S
Gleichwohl wurden der P von mehreren Banken,
insbesondere schweizer Banken, weitere Kredite eingeräumt.
Dies verhinderte jedoch nicht, daß die P in
Vermögensverfall geriet.
Am 07.03.1990 verlangte die Klägerin offiziell die Rück-
zahlung des gewährten Darlehens, allerdings vergeblich.
Sie nimmt deshalb die Beklagten zu 1) bis 3) und im abge-
trennten Verfahren das Aufsichtsratsmitglied H auf
Schadensersatz in insgesamt von 6 Mio. DM in Anspruch, und
zwar den Beklagten zu 1) für den ersten Teilbetrag von
1,5 Mio. DM, den Beklagten zu 2) für den zweiten Teilbetrag
von 1,5 Mio. DM und den Beklagten zu 3) für den dritten Teil-
betrag von 1,5 Mio DM und in dem abgetrennten Verfahren das
Aufsichtsratsmitglied H für den vierten Teilbetrag
von 1,5 Mio. DM.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagten zu 1) bis 3)
hätten nicht die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissen-
haften Kaufmanns angewendet, als sie der P ein Darlehen
über 15 Mio. DM ohne Bestellung von Sicherheiten und ohne die
ausdrückliche Aufsichtsratsgenehmigung gewährt hätten. Sie
seien nach der Satzung der Klägerin verpflichtet gewesen,
dieses Geschäft zur Zustimmung dem Aufsichtsrat vorzulegen.
Außerdem verstoße die Darlehensgewährung gegen § 57 AktG. Sie
stelle eine unzulässige Einlagenrückgewähr dar, da eine an-
gemessene Sicherheit von der P nicht gegeben worden sei. In
der unzulässigen Einlagenrückgewähr sei zugleich eine steuer-
rechtlich und zum Schadensersatz verpflichtende verdeckte
Gewinnausschüttung an die Hauptgesellschafterin, der P,
zu sehen. Deshalb sei sie auch - wie unstreitig
ist - wegen verdeckter Gewinnausschüttung steuerlich mit über
8 Mio. DM belastet worden.
Die Klägerin behauptet, die Beklagten hätten bei Hingabe des
Darlehens von der "finanziellen Schieflage" der P
gewußt, zumindest aufgrund negativer Presseartikel wissen
müssen. Außerdem habe der damalige Sachbearbeiter L3
vor Darlehenshingabe - wie bereits ausgeführt - auf die
Liquiditätsprobleme und insbesondere auf die Gespräche mit
der U- Bank hingewiesen (Beweisangebot:
L3). Darüber hinaus seien die Kreditlinien der Klägerin
in Höhe von 240,5 Mio. DM zu diesem Zeitpunkt bereits voll in
Anspruch genommen worden (Beweisangebot: M3).
Im übrigen meint die Klägerin, die Beklagten hätten
spätestens mit Kenntniserlangung des Telefaxes des Bankhauses
U am 04.02.1991 um 14.50 Uhr sofort einen
Vorstandsbeschluß auf Rückführung des Darlehens und die
Kündigung des Darlehens herbeiführen müssen. Eine Rückzahlung
wäre auch zu erwarten gewesen, da die U - Bank in E
noch am 20.02.1991 einen Kredit von
mehreren Millionen DM zurückbezahlt bekommen habe.
Die Klägerin beantragt dementsprechend,
jeden der Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag
von jeweils 1,5 Mio. DM nebst im einzelnen angebener
Zinsen seit dem 01.08.1991 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten zu 1) und 2) rügen die internationale
Zuständigkeit der erkennenden Kammer und bestreiten ein
Rechtsschutzbedürfnis für die vorliegende Klage. Der Beklagte
zu 2) hat ausdrücklich betont, daß er sich deshalb nicht zur
Sache einlasse. Er trage nur im Hinblick darauf vor, daß er
auch nur eine in Deutschland vollstreckbare Entscheidung
vermeiden möchte.
Sämtliche Beklagte machen den Einwand der unzulässigen
Rechtausübung geltend, weil gerade sie in rechtsmißbräuch-
licher Weise in Anspruch genommen würden und die Klägerin damit
gegen § 421 BGB verstieße.
Im übrigen bestreiten sie, von der "finanziellen Schieflage"
der P gewußt zu haben. Sie hätten keinen Einblick
in die Geschäftslage der P gehabt. Daß die P
zu diesem fraglichen Zeitpunkt und auch später in
internationalen Bankkreisen noch über eine uneingeschränkte
Bonität verfügt hätte, zeigten die ihr noch eingeräumten
Kredite. So hätte
die L2 am 28.02.1991 einen Kredit über 27,7 Mio. Schweizer Franken,
die S4 am 28.02.1991 über 51 Mio. Schweizer Franken,
die M-Bank am 27.02.1991 über 21 Mio. Schweizer Franken,
die C-Bank am 25.02.1991 über 31,1 Mio. Schweizer Franken,
die C2-Bank am 19.02.1991 ein Darlehen über 21,3 Mio. Schweizer Franken
gewährt. Selbst im März 1991 seien noch umfangreiche Darlehen
zur Verfügung gestellt worden ( Einzelheiten siehe Blatt 131 d. A.).
Sie seien vor Hingabe des Darlehens auch nicht über die
Schwierigkeiten mit der U- Bank unter-
richtet gewesen.
Im übrigen seien Gruppengeschäfte innerhalb des Konzerns in
der Aufsichtsratsitzung vom 21.02.1990 im Zuge der Neuaus-
richtung hin zur Merchant-Banking generell genehmigt worden
(Beweisangebot: Niederschrift der Aufsichtsratssitzung vom
21.01.1991 und Zeugnis des Herrn L).
Zum Beweise dafür, daß Kredite in dieser Art auch außen-
stehenden Dritten gegenüber gewährt worden seien, führt der
Beklagte zu 3) an, daß die J5 Caymen Islands
an den R, Caymen Islands, am
12.07.1990 ein Darlehen über 28,277 Mio. DM gegeben habe,
das bis zum 01.12.1990 befristet und mit 10,125 % pa. zu
verzinsen gewesen wäre. Auch dieses Darlehen sei - wie es der
Geschäftsüblichkeit entspreche - ohne Sicherheiten gewährt
worden (Anlage B 18). Im übrigen sei die Liquidität der
Klägerin im Zeitpunkt der Darlehenshingabe durch den Verkauf
der C3-Aktien gewährleistet gewesen. Die Kreditlinie sei
noch lange nicht ausgeschöpft gewesen (Beweisangebot: Zeugnis
L3 und L). Gleichzeitig habe man über ein Tages-
festgeld in Höhe von 18 Mio. DM verfügt (Beweisangebot:
M3). Bedenken wegen der Rückzahlung durch die P
hätten sich schon deshalb nicht ergeben, weil bereits früher
gewährte Darlehen pünktlich zurückgezahlt worden seien.
Unstreitig ist insoweit, daß zwei im Dezember fällig ge-
wordene Darlehen, über 255.526,07 Britische Pfund und über
15.237.500,00 US-$, durch Verrechnung mit dem Kaufpreis der
Anteile in dem Komplex J/M2 zurückgezahlt worden sind.
Die Beklagten weisen ferner daraufhin, daß die Liquidität der
P nicht in Zweifel gestanden habe. Es sei nämlich
bekannt gewesen, daß diese einen großen Teil ihrer liquiden
Mittel im Ankauf von B-Aktien gebunden gehabt hatte. Durch
die Pressemitteilung der Holding vom 17.01.1991, aber auch
aus internen Papieren habe der Vorstand noch vor dem
O4.02.1991 erfahren, daß der Verkauf der B-Aktien an die
D-Holding unmittelbar bevorstehe (Vorlage der Presse-
mitteilung vom 17.01.1991 Anlage B 19). Der Vorstand hätte
daher davon ausgehen können, daß der P vielleicht am
04.02.1991 keine ausreichenden liquiden Mittel zur Verfügung
ständen, um in dem J/M2-Komplex ein Darlehen über 15 Mio.
DM zu gewähren, die Liquidität der Holding in den nächsten
Tagen und Wochen sei jedoch gesichert gewesen.
Unstreitig ist, daß P ihren Anteil an B von 53 % der
stimmberechtigten Kapitals an die D-Holding AG, C,
eine Tochter der B3, T,
verkaufte und gleichzeitig 48 % des Aktienskapitals der D
Holding erwarb, während B3 einen gleich großen Anteil des
D-Aktienkapitals hielt. Der endgültige Vollzug der Ver-
einbarungen stand allerdings noch unter dem Vorbehalt der
kartellrechtlichen Genehmigung durch die EG-Kommission.
Tatsächlich ist das Geschäft Ende März 1991 mit anderen
Partnern und zu deutlich schlechteren Konditionen durchge-
führt worden.
Im übrigen - so der Vortrag des Beklagten zu 3) - seien be-
reits Anfang Februar 1991-zuverlässige Prognosen für den
Jahresabschluß 1990 vorhanden gewesen. Man hätte davon aus-
gehen können, daß eine Dividende zwischen 26 und 30 % an die
P ausgeschüttet werden würde. Allein aus der
Ausschüttung dieses Gewinns wären der Holding 30 Mio. DM
zugeflossen.
Aus den von der Klägerin vorgelegten Presseberichte habe man
keine negativen Schlußfolgerungen ziehen können. Die übrigen
Presseberichte seien durchaus positiv gewesen.
Der Beklagte zu 3) weist zusätzlich daraufhin, daß die Ent-
scheidung über die Darlehnsgewährung nicht in sein Vorstands-
ressort gefallen sei. Es sei ihm auch nicht möglich ge-
wesen, den Vorstandsbeschluß rückgängig zu machen. Eine früh-
zeitige Kündigung des Darlehns - die erfolgt sei - sei schon
deshalb erfolglos gewesen, weil die P Holding weder vor
noch nach der Darlehnshingabe finanzielle Mittel zu einer
Rückzahlung gehabt hätte.
Die Beklagten bestreiten schließlich die Höhe des Forderungs-
ausfalls sowie den Zinsanspruch dem Grunde und der Höhe nach.
Hinsichtlich der Höhe des Schadens hat die Kammer Beweis
erhoben durch Einholung einer schriftlichen Auskunft der
Liquidatoren D2. Auf die beiden Rechenschaftsberichte
wird Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist zulässig (siehe unten A) und begründet (siehe
unten B):
1. Die Klägerin ist im vorliegenden Verfahren durch ihren
Aufsichtsrat wirksam vertreten (BGH WM 1991, 941, 942,
Rellermeyer in ZBR 1993 Seite 79 ff.). Die frühere Recht-
sprechung, nach der der Vorstand zur gerichtlichen Ver-
tretung gemäß § 78 AktG berufen ist, wenn es um Ansprüche
gegen ein ausgeschiedenes Mitglied des Vorstandes geht,
ist überholt. Ein folgerichtiges System für die Vertretung
der Gesellschaft gegenüber künftigen, amtierenden oder
ehemaligen Vorstandsmitgliedern läßt sich nur durch eine
umfassende Anwendung des § 112 AktG erzielen. Die Zu-
teilung der Vertretungsmacht kann nur im Rahmen eines
klaren und einfachen Systems folgen, bei dem die Gesichts-
punkte des Einzelfalles außer Betracht zu bleiben haben.
Steht der Klageanspruch im Zusammenhang mit der ehemaligen
Anstellung als Vorstandsmitglied, so obliegt die Ver-
tretung der Gesellschaft dem Aufsichtsrat (Rellermeyer
a.a.O. mit weiteren Zitaten).
2. Die erkennende Kammer ist zuständig - auch soweit die
Beklagten zu 1) und 2) schweizer Staatsangehörige sind.
Die Frage der Zuständigkeit ist nach deutschem Recht zu
prüfen (BGH NJW 1976, 1581). Die internationale Zuständig-
keit unterscheidet sich zwar ihrem Wesen und nach ihrer
Funktion von der örtlichen Zuständigkeit (BGH NJW 1979
1104). Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung
folgt sie jedoch grundsätzlich deren Regeln (BGHZ 69, 730,
44, BGHZ 80, 1, 3, BGHZ 94, 157). Soweit daher nach den
Vorschriften der §§ 12 ff. ZPO über den Gerichtsstand ein
deutsches Gericht zuständig ist, liegt - wenn keine ab-
weichenden Vorschriften bestehen - gleichzeitig die er-
forderliche internationale Zuständigkeit vor (BGHZ 63,
219, 220).
Die Zuständigkeit des Landgerichts Dortmund folgt aus § 29
ZPO. Danach bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit nach
dem Erfüllungsort des Vertragsverhältnisses. Die Haftung
der ehemaligen Vorstandsmitglieder knüpft an ihre organ-
schaftliche Sonderrechtsbeziehung zwischen ihnen und der
Gesellschaft an. Auf ein solches, nicht gesetzlich be-
gründetes Pflichtverhältnis ist § 29 ZPO anwendbar (BGH DB
1992, Seite 830). Hierfür spricht insbesondere auch, daß
die den Beklagten vorgeworfene Verletzung der Organ-
pflichten zugleich einen Schadensersatzanspruch aus posi-
tiver Vertragsverletzung durch schuldrechtlichen An-
stellungsvertrages begründet, für den unstreitig § 29 ZPO
gilt. Die Begründung eines abweichenden Gerichtsstandes
hätte ein Auseinanderfallen der örtlichen Zuständigkeit
trotz desselben Streitgegenstandes zur Folge. Da die
Klägerin ihren Sitz in Dortmund hat, hatten die Beklagten
auch dort ihre Aufgaben zu erfüllen, so daß die örtliche
Zuständigkeit und damit zugleich die internationale ge-
geben ist.
3. Bedenken gegen die Bestimmtheit des Klageantrags bestehen
nicht.
Die Klägerin hat eindeutig durch ihre Anspruchsstaffelung
zu erkennen gegeben, welchen Teilbetrag sie jeweils als
Schadensersatzforderung gegen die Beklagten geltend macht.
Sie begehrt insgesamt 6 Mio. DM, davon den ersten Teilbe-
trag von 1,5 Mio. DM von dem Beklagten zu 1), den zweiten
Teilbetrag von 1,5 Mio. DM von dem Beklagten zu 2), den
dritten Teilbetrag von 1,5 Mio. DM von dem Beklagten zu 3)
und den vierten Teilbetrag von 1,5 Mio. DM von dem nunmehr
gesondert verklagten Aufsichtsratmitglied H. Der
jeweilige Anspruch ist auf die Darlehnsgewährung vom
04.02.1991 und damit verbundenen Ausfall vom Konkursver-
fahren der P gestützt, hilfsweise auf die gegen
die Klägerin geltend gemachte Steuernachzahlung des
Finanzamtes in Höhe von 7,3 Mio. DM wegen verdeckter Ge-
winnausschüttung.
Bedenken bestehen auch nicht, weil die Klägerin in dem
Verfahren 10 0 221/91 (S3 gegen J3) die
Hilfsaufrechnung mit Schadensersatzforderungen
gegen mögliche Ansprüche des Beklagten zu 3) erklärt hat,
da sie mit dem Zinsanspruch aus einem Ersatzanspruch für den
Zeitraum vom 01.03.1991 bis zum 31.07.1991 aufgerechnet
hat und im vorliegenden Verfahren lediglich Zinsen ab dem
01.08.1991 geltend gemacht werden.
4. Die Beklagten zu 1) und 2) können auch nicht damit gehört
werden, daß wegen mangelnder Vollstreckbarkeit ein
Rechtsschutzinteresse für die Kläger nicht gegeben sei.
Das Gericht hatte nicht zu prüfen, ob eine Vollstreckung
aufgrund internationaler Vereinbarungen aus einem
deutschen Urteil in der Schweiz möglich ist. Die Klägerin
hat - auch wenn eine solche Vollstreckungsmöglichkeit
nicht gegeben sein sollte - ein berechtigtes Interesse an
einem Urteil. Abgesehen davon, daß es den Beklagten auch
als schweizer Bürgern unbenommen bleibt, die Konsequenzen
eines deutschen Urteils zu akzeptieren, besteht die
theoretische Möglichkeit, gegebenenfalls auf inländisches
Vermögen zurückzugreifen. Nicht auszuschließen ist auch,
daß - selbst wenn ein deutsches Urteil zur Zeit nicht in der
Schweiz vollstreckt werden kann - die Rechtslage sich im
Laufe der folgenden Jahre ändert.
5. Dadurch, daß die Klägerin die Beklagten und das gesondert
verklagte Aufsichtsratsmitglied Hin Anspruch
nimmt, kann ihr nicht vorgeworden werfen, in rechtsmiß-
bräuchlicher Weise gegen die Auswahlfreiheit des § 421 BGB
verstoßen zu haben. In der Literatur wird teilweise unter
Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH die Ansicht ver-
treten, daß ein Vorstandsmitglied Anspruch auf die Treue
und Fürsorge der Gesellschaft habe, wenn seine persönliche
und wirtschaftliche Existenz betroffen sei (Henze, Höchst-
richterliche Rechtsprechung zum Aktienrecht 1992,
Seite 112). Der BGH hat insoweit entschieden, daß der An-
stellungsvertrag eine Treuepflicht gegenüber dem Organ
schaffen könne, obwohl dieses rechtlich nicht als Arbeit-
nehmerverhältnis zu qualifzieren sei (BGHZ 10, 192, BGH
15, 77, BGH 49, 32). Dabei hat er jedoch immer herausge-
stellt, daß die Treuepflicht nicht die Intensität des
Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer besitzt. Dies
beruhte auf der grundlegenden Überzeugung der Recht-
sprechung, daß ein Vorstandsmitglied in seiner autonomen
Leitungsbefugnis nach § 76 AktG nicht als Arbeitnehmer zu
qualifizieren sei (BGH a.a.O., BGH BM 1988 Seite 299).
Auch die vom Beklagten zu 3) zitierte Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts und dem Oberverwaltungsgerichts
Münster ist hier nicht einschlägig. In der letzteren Ent-
scheidung (OVG Münster NVwZ 1992, 597, 599) handelt es
sich um den Fall eines Beamten, bei dem aufgrund von
Artikel 33 GG andere Regelungen und Grundsätze zur An-
wendung kommen. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
(BAGE 18, 190, 200), behandelt einen Fall mit Drittbe-
teiligung, indem das Gericht als Kernaussage feststellt,
daß sich der Arbeitgeber unter Fürsorge der Gesichtspunkte
zunächst an den Dritten zu halten habe. Aber das gilt auch
hier im vorliegenden Falle nicht, da eine haftungsrecht-
liche Drittbeteiligung nicht zur Diskussion steht.
Im übrigen dient die Vorschrift des § 93 AktG, auf den
sich die Klage stützt, auch dem Gläubigerschutz. Es könnte
deshalb sogar eine Pflichtwidrigkeit der Klägerin dar-
stellen, wenn diese es unterlassen würde, die Vorstands-
mitglieder zur Verantwortung zu ziehen, selbst wenn
weitere Organmitglieder des Aufsichtsrates im Zusammenhang
mit der Darlehnsgewährung pflichtwidrig gehandelt hätten.
Sie hat im Hinblick auf das bestehende Prozeßrisiko auch
ihren Aktionären gegenüber zur Verpflichtung, den Kreis
der Beklagten nicht ohne sachlichen Grund auszuweiten.
Abgesehen davon hat die Klägerin ihren Anspruch ohnehin
jeweils nur auf einen Teilbetrag gegenüber den Beklagten
beschränkt und nicht willkürlich einen der Beteiligen auf
den vollen Schadensersatz in Anspruch genommen.
Die Beklagten sind gemäß § 93 Abs. 2, Abs. 1 (siehe unten l)
und Abs. 3, 5 1 AktG (siehe unten II) zum Ersatz des durch
die Darlehnshingabe der Klägerin entstandenen Schadens ver-
pflichtet. Die gesetzlichen Regelungen nach §§ 311 ff. AktG
stehen der Haftung nicht entgegen (siehe unten III).
Ob eine Haftung der Klägerin allein schon deshalb gegeben
ist, weil möglicherweise der Aufsichtsrat der Darlehnsge-
währung nicht zugestimmt hat, kann dahingestellt bleiben
(siehe unten V).
l.
Nach § 93 Abs. 2 hat ein Vorstandsmitglied, das seine
Pflichten verletzt, den der Gesellschaft entstandenen Schaden
zu ersetzen. Eine Pflichtverletzung liegt vor, wenn die Vor-
standsmitglieder bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt
eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters ver-
letzten. Zu entscheiden war daher, wie ein pflichtbewußter
selbständig tätiger Leiter eines Unternehmens der konkreten
Art, der fremden Vermögensinteressen verpflichtet ist, zu
handeln hat (vgl. OLG Koblenz ZEP 1991, 871, Hefermehl in
Geßler/Hefermehl AktG, § 93 Rn. 10 ff., Mertens in Kölner
Kommentar, AktG, § 93 RZ 6, Pfeffer, AktG, § 93 RZ 4).
Durch die Hingabe des als "timedeposit" deklarierte Darlehn
vom 04.02.1992 an die P ohne die Bestellung einer
Sicherheit haben die Beklagten nach Ansicht der Kammer diese
ihr obliegende Pflicht verletzt, da sie bei der Darlehns-
hingabe den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Konzern-
finanzierung zuwider gehandelt haben.
Es besteht zwar kein Zweifel daran, daß konzerninterne Dar-
lehn einen wesentlichen Bestandteil der konzerninternen
Finanzierung bilden können. Im Rahmen der Kapitalversorgungs-
funktion dienen sie dem schnellen und unkomplizierten Trans-
fer von Liquidität. Sie können deshalb ein bedeutender Faktor
im Rahmen der Konzernfinanzierung sein (Eichholz, Das Recht
konzerninterner Darlehn II, 1993, Seite 208). Die Ausnutzung
des sogenannten Leverage-Effekts - die Erhöhung der Eigen-
kapitalrentabilität durch Fremdfinanzierung - ist legitim und
kann wirtschaftlich sinnvoll sein.
Das kann jedoch dann nicht gelten, wenn sich der Darlehns-
nehmer in derartig großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten
befindet, daß mit einer Rückzahlung des Darlehns nicht zu
rechnen ist.
Unstreitig befand sich die P in solch wirtschaft-
lichen Schwierigkeiten. Das Gericht ist der Ansicht, daß die
Beklagten bei Darlehnshingabe hiermit hätten rechnen müssen
und deshalb Gelder nur gegen ausreichende Sicherheiten als
Darlehn hätten geben dürfen.
Eine ordnungsgemäße Konzernfinanzierung liegt nämlich nur dann
vor, wenn
- entweder ein Informations- und Berichtssystem innerhalb des
Konzerns besteht oder
- die finanzierende Gesellschaft selbständig eine Bonitäts-
prüfung vornimmt oder
ein Konzernkredit gesichert wird.
Dies folgt aus den nachstehenden Überlegungen:
Jedes einzelne Unternehmen im Konzern - erst Recht im
faktischen - stellt eine rechtliche Einheit dar, die nicht
zu Lasten der Konzernfinanzierungsvorgänge umgangen werden
darf (Theisen, Der Konzern, Seite 315, Schneider, Betriebs-
berater 1986, 1997, Eichholz a.a.O., Seite 107 f.). An-
knüpfend an die rechtliche Selbständigkeit und die eigenunter
nehmerisohe Verantwortlichkeit ist primäre Voraussetzung für
jede Form der ordnungsgemäßen Finanzwirtschat die Errichtung
einer geeigneten finanzbezogenen Berichterstattung und eines
entsprechenden Informationssystems. Die Konzernfinanzierung
muß - unabhängig von der Frage, ob diese zentral oder de-
zentral durchgeführt wird - sicherstellen, daß sowohl bei der
Muttergesellschaft als auch bei den abhängigen Unternehmen
das Verbot der Unterkapitalisierung, der Grundsatz der
Kapitalerhaltung, der Grundsatz der Risikobegrenzung und der
Grundsatz der Liquiditätssicherung beachtet werden
(Schneider, ZGR 1984, 522). Die Beachtung dieser Grundsätze
ist jedoch im Falle der Konzernfinanzierung wegen der Be-
teiligungsverhältnisse nur wirkungsvoll möglich, wenn die
einzelnen Gesellschaften über die finanzielle Ausstattung
anderer Konzernunternehmen informiert sind. Ein solches In-
formationssystem, welches die der P ange-
hörenden Gesellschaften zeitnah über die Finanzausstattung im
Konzern informierte, bestand nicht.
Die Beklagten hätten deshalb entweder eine eigene Bonitäts-
prüfung vornehmen oder das Darlehn Besichern lassen müssen.
Da die Konzernfinanzierung die Einschaltung professioneller
Kreditgeber verhindern soll, andererseits aber die rechtliche
Selbständigkeit der Unternehmen zu beachten ist, erscheint es
sachgerecht, daß die geforderte Bonitätsprüfung sich den
allgemeinen Grundsätzen der Kreditwirtschaft anzulehnen hat.
Sie hat sich deshalb an § 18 Satz 1 KWG (in der damaligen
Fassung) zu orientieren, wonach sich das darlehnsgewährende
Unternehmen die wirtschaftlichen Verhältnisse offenlegen
lassen muß. Dabei muß die Prüfung durch das Unternehmen
selbst erfolgen; die Berufung auf Kredite Dritter ist allein
schon wegen der Unkenntnis jener genauen Darlehnsbedingungen
nicht ausreichend. Soweit die kreditierende Gesellschaft auf
eine solche Prüfung verzichtet, verlangt die Sicherung der
treuhänderisch verwalteten Aktionärsinteressen, daß - soweit
keine sicheren Erkenntnisse über die Bonität und die
Liquidität des Darlehnsnehmers vorliegen -, das Darlehn in
geeigneter Weise zu besichern ist. Für diese Forderung nach einer
Besicherung spricht auch, daß gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 KWG
Kredite an mit 25 % beteiligten Unternehmen, die nicht be-
sichert worden sind, nicht der Eigenkapitalausstattung zuge-
rechnet werden dürfen. Die Kapitalausstattung dient, wie § 10
Abs. 1 Satz 1 KWG verdeutlicht, der Sicherung der Gläubiger,
insbesondere zur Sicherheit der den Kreditinstituten anver-
trauten Vermögenswerte. Diese Treuhänderfunktion obliegt der
AG und damit auch dem einzelnen Vorstandsmitglied einer
Aktiengesellschaft.
Im vorliegenden Fall haben die Beklagten weder eine Bonitäts-
noch Liquiditatsprüfung bei der P vorgenommen,
noch den gewährten Kredit besichern lassen. Sie hätten
aufgrund ihrer eigenen jüngsten Erkenntnisse und der
negativen Presseberichte gegenüber der P miß-
trauisch sein und entsprechend handeln müssen. Zu diesem
Schluß ist die Kammer aufgrund folgender Überlegungen ge-
kommen :
Die Beklagten können sich nicht daraufberufen, daß die Banken
im Februar oder auch noch später
Kredite an die P gegeben haben. Dabei spielt es
keine Rolle, ob es sich hierbei um neue Kredite oder nur um
die Verlängerung ausgelaufener Darlehn handelt. Zum einen war
den Beklagten nicht bekannt, zu welchen Konditionen und auf-
grund welcher äußeren Umstände die der P Dar-
lehn gegeben bzw. verlängert worden waren. Selbst wenn objektiv
gleiche Konditionen gewährt worden sind, so können wirt-
schaftliche Überlegungen dahinterstehen, die eine Kredit-
vergabe in einem Fall rechtfertigen, in einem anderen Fall
als grob pflichtwidrig erscheinen lassen.
Abgesehen davon läßt das Schreiben der M - Bank vom
05.02.1991 (Anlage 24) erkennen, daß zu-
mindest bei dieser Bank "Sorge wegen anhaltener negativer
Presse über Liquidationsschwierigkeiten der P" bestanden.
Entscheidend ist hier nicht, daß die Beklagten von diesem
Schreiben erst nach Vergabe des Darlehns,
nämlich erst am Nachmittag des 05.02.1991, erfahren haben.
Bedeutend ist vielmehr, daß ein außenstehender Dritter Sorgen
um die finanzielle Situation der P hatte.
Entsprechendes gilt hinsichtlich des Verhaltens des Bank-
hauses U, die Anfang Februar - vor Darlehnsvergabe -
auf Rückzahlung von 15 Mio. ihres Kredites
bestanden, weil "das Engagement U bei P und J3-
mittlerweile so hoch geworden sei, daß eine Gesamtrückzahlung
oder Teilbesicherung des Kredites an die Klägerin notwendig"
erscheine. Auch hier ist nicht entscheidend, daß die Be-
klagten von diesen Rückforderungen erst nach Vergabe des
Darlehns Kenntnis erhalten haben wollen. Entscheidend ist
vielmehr, daß auch bei dieser Bank eine Beunruhigung zu ver-
zeichnen war.
Eine solche "Beunruhigung" hätte man im damaligen Zeitpunkt
auch von den Beklagten verlangen können. Bei der Darlehnsvergabe
wußten sie, daß das J-M2-Geschäft aufgrund der finan-
ziellen Schwäche dieser Gruppe nur gesichert war, wenn
4O Mio. GBP Barmittel von den Aktionären und weitere 50 Mio.
GBP durch Umwandlung von Krediten in Kapital durch die M4
Bank zur Verfügung gestellt würden. Dies ergibt sich ein-
deutig aus dem Schreiben der Beklagten zu 1) und 2) an das
Aufsichtsratsmitglied H vom 01.02.1991 (Blatt 602
d.A.). Deshalb war S seinerseits auch an den Vorstand der
Klägerin herangetreten, um diese zur Bereitstellung eines
Darlehns an die B4 in Höhe von 15 Mio. DM zu veranlassen.
Nach eigener Einlassung hatte der Beklagte zu 3)
Bedenken gegen B4 als Darlehnsnehmerin geäußert und
die P als Darlehnsnehmerin gefordert. Alle drei
Beklagten wußten, daß das gewährte Darlehn im Zusammenhang
mit diesem Komplex stand. Auch dieser Umstand hätte sie ver-
anlassen müssen, mit besonderer Sorgfalt die Bedingungen des
Darlehns zu prüfen, zumal der stellvertretende Aufsichtsrat-
vorsitzende L unstreitig darum bat, "das Engagement von
J3 in diesem Geschäft nicht zu erhöhen, bis der Auf-
sichtsrat einen neuen Beschluß gefaßt habe". Dieses un-
streitig vor dem 04.02.1991 stattgefundene Gespräch hat L
noch einmal in seinem Schreiben vom 11.02.1991 bestätigt. Es
kann dahingestellt bleiben, ob er hiermit auch - wie die
Klägerin behauptet - auch ausdrücklich die Darlehnshingabe an
die P verbieten wollte. Jedenfalls hätte auch
dieses Gespräch - im Zusammenhang mit dem bereits erörterten
und den noch im folgenden aufgeführten Umständen - Anlaß zur
erhöhten Sorgfalt gegeben müssen.
Denn zu diesem Zeitpunkt waren bereits mehr als
kritische Stimmen in der .Presse über die finanzielle
Situation der P laut geworden:
Zwar haben die Beklagten eine Vielzahl von Pressemitteilungen
vorgelegt, in denen nicht negativ über die finanzielle
Situation über die P berichtet worden ist.
Vielmehr wird in diesen Artikeln auf die durch den B Ver-
kauf zu erwartende Liquidationsspritze und Konsolidierungs-
möglichkeit hingewiesen. Aber auch hier ist zu beachten, daß
diese Zukunftsprognose in überwiegenden Fällen erkennbar auf
den Angaben der Presseerklärung bzw. des Pressesprechers der
P beruhten.
Im übrigen ist nicht entscheidend., ob die Mehrzahl der Presse
im damaligen Zeitpunkt überwiegend positiv oder negativ über
die wirtschaftliche Situation der P berichtet hat. Von Be-
deutung ist vielmehr, daß die Beklagten aufgrund der
negativen Stimmen in der Presse hellhörig und mißtrauisch
hätte werden müssen.
So weist der Mannheimer Morgen in seiner Ausgabe vom
05.12.1990 (Blatt 558) schon auf die Nöte des "Finanzgenies"
S, wenn es in dem Artikel heißt:
Doch mit den steigenden Zinsen und der drohenden
Rezession in den USA scheint sich das Blatt für den
Finanzierungskünstler gewendet zu haben. S will ange-
sichts der ungünstigen Finanzierungsbedingungen einige
seiner Beteiligungen und Unternehmen loswerden, um sich
Liquidität zu verschaffen.
Es heißt dann weiter:
"Wir wollen unser Portefeuille aus Kostengründen
straffen", begründet P-Sprecher O die Ver-
kaufsabsichten "im gegenwärtigen Zinsumfeld" angesichts
einer "befürchteten Rezession". Doch in Finanzkreisen
ist die Formulierung unverblümter. Der Selfmademan S
wolle in erster Linie seine Schulden in Milliardenhöhe
abbauen. "S steht mit dem Rücken zur Wand". Bankier
M5 zufolge muß der Finanzfachmann verkaufen,
weil er ein "Abschreibungsproblem" von geschätzten
500 Mio. Franken hat. Dieser gigantische Abschreibungs-
bedarf sei aus der Überbewertung der B-Aktien in der
Bilanz nach dem Kursverfall in diesem Jahr ent-
standen. Daß die Finanzanalysten auch hier auf
Schätzungen angewiesen sind, liegt an der verschach-
telten und unüberschaubaren Firmenbeteiligungen in S's
Imperium."
Auch die Frankfurter Allgemeine vom 14.12.1990 (Blatt 559)
weist auf die Schwierigkeiten hin, wenn sie schreibt:
"S beschafft sich durch den Verkauf weitere l.iquide
Mittel, die er offensichtlich im Geschäft benötigt. ...
Die Methoden des Financiers und der von ihm be-
herrschten P wurden stets argwöhnisch beob-
achtet: Zu undurchsichtig war das Geflecht seiner Be-
teiligungen und als zu kühn mitunter die Finanzierung.
Das Mißtrauen bekommt S vor allem jetzt zu spüren, da
hohe Zinsen und fallende Börsenkurse das "Finanz-Genie"
plagen. Wie lange, so fragen sich Züricher Analysten,
halten die Kreditgeber still, die seine vielen Be-
teiligungen finanzieren halfen€
P ist kein Papier für die breite Anlegerschaft. Denn
selbst Fachleute haben angesichts der laxen Konsoli-
dierungsvorschriften in der Schweiz Schwierigkeiten,
hinter den Globalzahlen den Wert der einzelnen P-
Beteiligungen zu ermitteln und sich ein detailliertes
Bild über die Situation in der Gruppe zu verschaffen."
Weiter heißt es dann;
"Zu bedenken ist allerdings, daß hohe liquiditätswirk-
same Erträge aus dem Geschäftsbereich notwendig sind,
um die laufenden Fremdkapitalkosten zu decken, da die
anteilig konsolidierten Gewinne der Minoritätsbeteili-
gungen nur zu einem geringen Teil (Dividendenzahlungen)
liquiditätswirksam werden. Die laufende Realisierung
von Buchgewinnen wird für die P somit zur
Überlebensfrage.
...
Müßte der konsolidierten Rechnung nämlich der Börsen-
wert zugrunde gelegt werden, so wäre das Aktienkapital
von 667 Mio. Fr. nur noch zu 60 % mit Eigenkapital
gedeckt. (Blatt 559, 560 d.A.)"
Im "Effecten-Spiegel" vom 10.01.1991 (Blatt 551) wird auf den
wirtschaftlichen Engpaß hingewiesen, wenn dort geschrieben
wird:
"J3-Großaktionär S scheint zunehmend unter Druck
zu geraten, berichtet ein Wirtschaftsmagazin. Wie es
dort weiter heißt, würden die Banken S drängen, Kasse
zu machen; nur eine Großbank halte noch zu ihm."
Wenn es sich bei diesem Blatt - wie die Beklagten behaupten -
um eine "Bild-Zeitung" der Börse handelte und hier nur Ge-
rüchte ohne Tatsachenkern verbreitet worden seien, so ändert
dies doch nichts an der Tatsache, daß - zumindest im Zusam-
menhang mit anderen Veröffentlichungen - ein ordentlicher und
gewissenhafter Kaufmann solchen Hinweisen nachzugehen hat.
Die Schweizer Handels Zeitung vom 10.01.1991 (Blatt 552
d. A.) weist zwar darauf hin, daß durch die Verkäufe der
Beteiligungen kurz vor Jahresende Liquidität und Buchgewinne
geschaffen worden seien, wodurch die Gruppe für 1990 einen
stabilen Gewinn ausweisen könne. Es heißt danach weiter:
"Bei anhaltend hohen Zinsen und sohlechter Börsenlage
sind aber weiterhin liquiditätswirksame Erträge nötig,
um die laufenden Fremdkapitalkosten zu decken. Da die
Gewinne der Beteiligungen dazu nicht ausreichen, werden
weitere Verkäufe für die P zur Überlebensfrage. ...
Müßte der konsilidierten Rechnung der Börsenwert zu-
grundegelegt werden, wäre das Aktienkapital von
667 Mio. Fr. nur noch zu 60 % mit Eigenkapital gedeckt."
In den folgenden Tagen berichtet die Börse dann über den
B-Verkauf, der überwiegend positiv beurteilt wird, weil
hierdurch der P Liquidität zufließen würde.
Hierbei sei aber noch einmal betont, daß aus dem Bericht
hervorgeht, daß die positiven Aspekte auf Selbstauskünften
beruhten.
So schreibt die Frankfurter Allgemeine am 18.01.1991
(Blatt 554 d. A.):
"Dem Financier S, dem offenbar hohe Zinsen und Eigen-
mittelbedarf zu schaffen machen, wurden schon längere
Zeit Verkaufsabsichten nachgesagt.
Mit dem Verkauf von D erreichte P das Ziel,
das Portefeuille an strategischen Beteiligungen so
zu straffen, daß es weitgehend mit Eigenkapital finan-
ziert sei, wurde mitgeteilt."
Am 20.01.1991 (Blatt 555 d. A.) berichtet die Welt am Sonntag
über den B-Komplex, allerdings schon mit deutlichen Warn-
zeichen:
"B ... hat sicherlich gute Zukunftsaussichten. Was
der Börse indes weniger gefällt, ist B3's weitere Ver-
knüpfung mit der etwas undurchsichtigen S-Gruppe. Der
Schweizer erregte bereits vor Jahren durch die Mehr-
heitsübernahme an der deutschen Grundstücksgesellschaft
J3 Mißtrauen.
Angeblich soll sich S zunehmend finanziellen Problemen
gegenüber sehen. Der Verkauf der B-Mehrheit würde
diesen Versionen nicht gerade widersprechen."
Die Züricher Zeitung sieht in ihrer Ausgabe vom 1. Februar
1991 (Blatt 556 d. A.) die finanzielle Lage der S -Gruppe
sehr kritisch:
"H. A. Wer wollte die auf der obersten Führungsebene der
P (Bern) eingetretene Erleichterung nicht
verstehen€ Wäre es nämlich nicht gelungen, die ge-
wichtige Beteiligung am Westschweizer Dienstleistungs-
konzern B zu einem den Umständen entsprechend
unrealistisch hohen Preis zu versilbern, hätten auf
dieser Portefeuille-Position zum Jahresende substan-
tielle Abschreibungen vorgenommen werden müssen. Ab-
schreibungen, die die Bilanzproportionen der P spür-
bar verschlechtern bzw. ein Loch in die Eigennnttel-
ausstattung gerissen hätten. Dieser bittere Kelch, so
glaubt man in Bern, ist nun an S's P
vorbeigegangen. Denn jetzt, da man besagtes Mehrheits-
paket der bisher unbekannten D zu
einem Stückpreis hat andienen können (vgl. NZZ Nr. 14),
den das S -eigene Wirtschaftsmagazin "Bilanz" in der
Gegend des durchschnittlichen Einstandspreises von
1.700 Fr. ansiedelt, hält man sich für berechtigt, die
fraglichen Aktien in der Jahresendbilanz nicht mehr den
"Beteiligungen" zuordnen (und als solche bewerten) zu
müssen, sondern sie zu den "Wertschriften" schlagen und
zum erwähnten Veräusserungspreis einstellen zu dürfen.
- Ob sich die Revisionsstelle dieser bilanzschonenden
Betrachtungsweise anschliessen mag, ungeachtet der
Tatsache, daß die Transaktion erst im Januar 1991 ver-
bindlich beschlossen worden ist und bis zum Vorliegen
der EG-Zustimmung gar nicht rechtskräftig abgewickelt
werden kann, bleibt abzusehen.
...
Und das Entgelt in der Gesamthöhe von "gut und gerne
einer Milliarde Franken" ist der P zu weniger als
der Hälfte in Form disponibler Barmittel zugeflossen
bzw. zugesprochen. Diesen Barerlös muss P wenn nicht
zur Gänze so zweifellos zum grossen Teil umgehend
weitergeben an jene Gläubiger, die ihr die letztes Jahr
umfangreich getätigten Aktienzukäufe finanziert haben.
Viel eher vermittelt sie den Eindruck einer in wachs-
ender Bilanzierungs- und Bewertungsbedrängnis hastig
inszenierten und unter kalendarischem Druck noch im
Blaupausen-Stadium durchgepeitschten Entlastungsaktion.
Denn wie das erwähnte Pressegespräch offenbart hat,
sind wesentliche Punkte noch reichlich ungeklärt."
Es mag zutreffen, daß der Verfasser dieses Artikels als
früherer von S entlassener Pressesprecher bis zu einem
bestimmten Grade gegen diesen voreingenommen gewesen sein
könnte. Gleichwohl durften deshalb seine Recherchen nicht von
vornherein als unseriös abgetan werden.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß es negative
Stimmen in der Presse gab, die Mißtrauen gegen das Finanz-
gebahren der P äußerten und ihre wirtschaftliche
Situation schlecht einschätzten. Darüber hinaus war sich die
Presse - auch in den von den Beklagten vorgelegten Presse-
artikeln - darüber einig, daß die angespannte finanzielle
Situation nur durch den Verkauf der B-Aktien ausgeglichen
werden könne. Dabei ist aber zu beachten, daß der Verkauf
- wie die Beklagten wußten - noch unter dem Vorbehalt der
Genehmigung der zuständigen Kartellbehörden stand. Es war
daher im damaligen Zeitpunkt gar nicht abzusehen, ob die
Genehmigung überhaupt und zu welchem Zeitpunkt sie erteilt
werden würde. Jedenfalls stand eine unmittelbare Liquiditäts-
zufuhr nicht bevor.
Ob die Beklagten die negativen Presseberichte zum damaligen
Zeitpunkt gelesen haben, kann dahingestellt bleiben. Als
ordentliche und gewissenhafte Vorstandsmitglieder hätten sie
jedenfalls dafür Sorge tragen müssen, daß ihnen solche Arti-
kel vorgelegt wurden.
Abgesehen davon hätten sie aufgrund ihrer Verbundenheit mit
der P zumindest auch die Kenntnisse haben
müssen, die außenstehende Journalisten gehabt haben.
Der Einwand des Beklagten zu 3.), der zuständige Sachbear-
beiter bei D2, Herr S6, habe nach
Durchsicht der Akten mitgeteilt, daß er erstmals mit dem
Artikel von B2 in der NZZ vom 06.02.1991 ein Indiz für die
finanzielle Schwierigkeiten der P nach außen
gesehen habe, vermag die Beklagten nicht zu entlasten. Der
Umstand, daß jemand, der zum damaligen Zeitpunkt ohne kon-
krete Verantwortung solche Artikel nicht gelesen oder anders
bewertet haben mag, befreit nicht die im engeren Sinne Ver-
antwortlichen von ihrer Sorgfaltspflicht.
Auch der Einwand, man habe vor Darlehensvergabe aufgrund vor-
läufiger Zahlen damit gerechnet, daß der P von
der Klägerin eine Dividende von rund 30 Mio. DM ausgezahlt
würde, ist unbeachtlich, weil der Beklagte zu 3.) in der
mündlichen Verhandlung vom 27.10.1993 erklärt hat, bei diesen
Zahlen handele es sich um das rein operative Ergebnis, wel-
ches noch nicht um die außerordentlichen Verluste vermindert
worden sei. Das Gericht ist der Ansicht, daß ein sorgfältiger
und gewissenhafter Kaufmann die Gefahr der finanziellen Ver-
luste durch das J/M2 -Geschäft - wie sie auch später tat-
sächlich eingetreten sind - hätte erkennen und in seine Über-
legungen einbeziehen müssen. Zudem hatte der Aufsichtsrat
überhaupt noch nicht über die Verwendung eines
möglichen Gewinns beschlossen. Schließlich war die P
nicht unmittelbar dividenden berechtigt; dies war vielmehr die
eingeschaltete Zwischengesellschaft.
Unbeachtlich ist auch, daß die zwei im Dezember fällig ge-
wordenen Darlehen "ordnungsgemäß zurückgezahlt" worden sind.
Hier handelte es sich nämlich im Grunde nicht um Rückzahlun-
gen, sondern lediglich um Verrechnungen mit dem Kaufpreis der
Anteile in dem Komplex J/M2, dessen "Überleben" schon im
Januar 1991 erkennbar gefährdet war.
Die Berufung auf die erwartete Gewinnausschüttung und den
erwarteten Gewinn durch den Verkauf der B-Aktien spricht
im übrigen auch dafür, daß das Darlehen keinesfalls als "kurz-
fristig" betrachtet wurde. Dies spielt aber im Ergebnis
keine Rolle, weil die Grundsätze der Kreditfinanzierung
innerhalb eines Konzerns zur Sicherung der Fremdaktionäre
auch für kurzfristige Darlehen gilt.
Das Gericht brauchte nicht darüber zu entscheiden, ob die
Klägerin im Zeitpunkt der Darlehensvergabe selbst über aus-
reichende Liquidität verfügt hat. Die Grundsätze zur Prüfung
der Bonität des Darlehensnehmers oder die ausreichende
Sicherung sind nicht davon abhängig, ob der Darlehensgeber
über ausreichende Mittel verfügt oder sich diese selbst be-
sorgen muß. In jedem Falle gebietet die treuhänderische
Funktion die Wahrung der Vermögensinteressen der Aktionäre.
Zusammenfassend ist die Kammer der Ansicht, daß - zumindest
aus der Gesamtschau - im Zeitpunkt der Darlehenshingabe so
viele Umstände einen ordentlichen und gewissenhaften Vorstand
an der Bonität der Darlehensnehmerin hätte zweifeln lassen
müssen und deshalb im Interesse der außenstehenden Aktionäre
eine Darlehensvergabe nur gegen
ausreichende Sicherheiten hätte veranlaßt werden dürfen.
Die Beklagten können sich auch nicht darauf berufen, daß die
Darlehenshingabe hätte "eilig" erfolgen müssen. Der oben
dargestellte Zeitablauf zeigt deutlich, daß es sich nicht um
eine Entscheidung gehandelt hat, die innerhalb von wenigen
Stunden gefallen ist. Vorbereitende Gespräche, die auch dazu
geführt haben, daß das Darlehen nicht unmittelbar an B4,
oder M2/J sondern an die P gegeben wurde, sind erfolgt,
so daß ausreichend Zeit zu Überlegungen bestanden hat.
Ob - wie die Beklagten behaupten - der Aufsichtsrat in der
Sitzung vorn 21.02.1990 generell die Vergabe von Darlehen ,ohne
Sicherheiten genehmigt hat, konnte dahingestellt bleiben,
weil nach § 93 Abs. 4 Satz 2 AktG die Haftung dadurch
nicht ausgeschlossen wird.
Somit steht für die Kammer fest, daß die Beklagten die ihnen
obliegenden Pflichten als Vorstandsmitglieder im Zusammenhang
mit der Darlehenshingabe verletzt haben. Jedenfalls haben sie
sich nicht ausreichend entlasten können, was prozessual ihre
Aufgabe gewesen wäre. Dies gilt auch, soweit die Beklagten
noch auf die nachstehend erörterten Gesichtspunkte hinweisen,
mit denen sie versuchen, sich individuell zu entlasten.
Soweit der Beklagte zu 3.) sich darauf beruft, nach der Ge-
schäftsverteilung innerhalb des Vorstandes nicht für die
Darlehensvergabe zuständig gewesen zu sein, kann er nicht
gehört werden, weil - wie er selbst einräumt - an der Vor-
bereitung der Darlehenshingabe beteiligt war. Gerade er will
veranlaßt haben, daß Darlehensnehmerin nicht die B4,
sondern die P geworden ist.
Der Beklagte zu 2.) kann sich auch nicht darauf berufen, in
einem Interessenkonflikt gewesen zu sein, weil er zugleich in
der Generaldirektion der P tätig gewesen war. Die
Rechtsprechung hat zu Recht entschieden, daß man sich auf
eine solche mögliche Interessenkollision nicht zurückziehen
kann. Solche Interessenkollisionen sind grundsätzlich nicht
in dem Sinne entlastend, daß die Pflichterfüllung gegenüber
der einen die Pflichtverletzung gegenüber der anderen Gesell-
schaft rechtfertigen könnte (RGZ 165, 68, 82, Mertens in
Kölner Kommentar, § 93, Anm. 22 m. w. Z., BGH WM 1980, 173,
BGH ZIP 1984, 578).
Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die Rechtsabteilung
der Klägerin die Beklagten unter dem 06.11.1990 auf die
Pflichten des Vorstandes einer abhängigen Gesellschaft im
faktischen Konzern, hingewiesen hat .(Anlage Nr. 12 in der
Beiakte S3 ./. J3, 10 0 221/91). Der Hin-
weis erfolgte durch eine Ablichtung der diesen Komplex be-
treffenden Fragen aus dem Münchener Handbuch des Gesell-
schaftsrechts, Band IV, Aktiengesellschaft, § 69 Rz. 34 und
35. Unter Rz. 35 ist insbesondere auch zur Frage der oben
erwähnten Interessenkollision hingewiesen, daß solche nicht
in der Form zu lösen seien, daß es dem Vorstandsmitglied
gestattet wäre, die Interessen des einen oder des anderen
Unternehmens den Vorzug zu geben.
Durch das pflichtwidrige Verhalten der Vorstandsmitglieder
ist der Klägerin ein Schaden entstanden. Nach Auskunft der
die Liquidation durchführenden Wirtschaftsprüfer D2
bewegt sich die zu erwartende Auszahlungsquote
zwischen 4,6 und 22,6 %. Damit ist ein Gesamtschaden von
mindestens 6 Mio. DM bewiesen.
Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob der Klägerin auch
durch die steuerliche Nacherhebung ein Schaden entstanden
ist.
II.
Das Verhalten der Beklagten verstößt insbesondere auch gegen
den speziellen Tatbestand der unzulässigen Einlagenrückge-
währ, der nach § 93 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 57 AktG die
Haftung nach § 93 l AktG begründet.
Die ungesicherte Darlehenshingabe ist eine unzulässige Ein-
lagenrückgewähr im Sinne des § 57 Abs. 1 .AktG:
Unter Einlage ist das gesamte Vermögen der Aktiengesellschaft
mit Ausnahme des förmlich, festgestellten Bilanzgewinns zu
verstehen (Lutter in Kölner Kommentar zum Aktiengesetz,
2. Aufl., Band l, §§ 1 bis 75, 2. Aufl., § 57 Rz. 5
m. u. N.). Danach ist alles, was nicht unter die Bilanzge-
winnverteilung fällt, als Einlagenrückgewähr zu qualifizieren
(herrschende Meinung, siehe Lutter in Kölner Kommentar
a.a.O., § 57 Rz. 5). Dieser Ansicht steht nicht der Wort-
laut des § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG, der an die konkrete Ein-
lageleistung des Aktionärs anzuknüpfen scheint, entgegen.
Eine derartige Einschränkung würde dem Normzweck des § 57
AktG entgegenlaufen. Diese Vorschrift verwirklicht das Gebot
der Kapitalerhaltung. Damit dient es sowohl dem Gesell-
schaftsgläubiger als auch dem einzelnen Aktionär. Es wird
verhindert, daß die Grenze zwischen Gesellschafts- und Ge-
sellschaftervermögen zu Gunsten einzelner Aktionäre unter
Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung verschoben
wird (RGZ 107, 168, Lutter/Zöllner in Kölner Kommentar
a.a.O., § 53 a Rz. 38, 73, Lutter in Kölner Kommentar, § 57
Rz. 2). Darüber hinaus sichert § 57 AktG die Kompetenzver-
teilung innerhalb der Aktiengesellschaft, da gemäß § 119
Abs. 1 Nr. 2 AktG die Entscheidung über die Gewinnverwendung
in die unentziehbaren Zuständigkeiten der Hauptversammlung
fällt.
Auch eine Darlehensgewährung kann und ist im vorliegenden
Falle als Einlagenrückgewähr zu betrachten. Zwar hat gemäß
§ 607 BGB die Gesellschaft als Darlehensgeberin einen Rück-
zahlungsanspruch gegen den Aktionär. Andererseits trifft die
Gesellschaft das Insolvenzrisiko des Darlehensnehmers. Auch.
der Normzweck des § 57 Abs. 1 AktG stützt diese Annahme. Die
Vorschrift dient dem Gläubiger und dem Minderheitsaktionärs-
schutz (siehe oben). Der Entzug liquider Mittel aus der Ge-
sellschaft führt dazu, daß die Haftungsgrundlage geschmälert
wird. Der Ersatz besteht in einer Ungewissen Forderung aus
§ 607 BGB. Das Risiko der Realisierung würde auf die
Gläubiger abgewälzt.
Aber auch systematische Überlegungen sprechen für
eine Einlagenrückgewähr. Nach § 27 Abs. 1 AktG
bestehen strenge Mitteilungs- und Prüfungspflichten für den
Fall, daß die grundsätzliche Bareinlagenverpflichtung durch
eine Sacheinlage ersetzt wird. Diesem Fall vergleichbar ist,
daß die zunächst gezahlte Bareinlage in ein Darlehen umge-
wandelt wird, so daß anstelle der liquiden Mittel nunmehr
eine Forderung steht. Die Regelungen der §§ 27, 57 AktG
stehen im Kontex mit dem Grundsatz der Kapitalaufbringung
und -erhaltung. Ihr gemeinsames Ziel ist die Sicherung der
Gläubiger, so daß die systematischen Überlegungen auf beide
Vorschriften anzuwenden sind (vgl. hierzu auch Eichholz
a. a. 0., Seite 140 f.).
Gleichwohl wäre die Hingabe des Darlehens erlaubt und keine
unzulässige Einlagenrückgewähr, wenn es sich hier um ein
Rechtsgeschäft gehandelt hätte, wie es die Klägerin zum
damaligen Zeitpunkt auch mit einem außenstehenden Dritten
abgeschlossen hätte oder hat.
Dies kann insoweit bejaht werden, als kein auffälliges Miß-
verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung hinsichtlich
der Zinsbedingungen bestand. Die Darlehensgewährung erfolgt
mit einem Zinssatz zu 10 % p. A. Im Jahre 1991 betrug die
durchschnittliche Verzinsung von Kontokorrentkrediten über
1 Mio. DM 10,35 %, wobei die Streuung von 9,30 % bis 11,75 %
ging (Monatsbericht der Deutschen Bundesbank, 43. Jahrgang,
Nr. 2, Februar 1991, Seite 51, Statistischer Teil). Der Zins-
satz für 3-Monats-Geld betrug in diesem Zeitraum 9,35 %
(Monatsbericht der Deutschen Bundesbank a. a. 0.). Die
Klägerin selbst hatte einen Kredit des Bankhauses U
zu 9,25 %, so daß hiervon Sonderkonditionen
gegenüber der P nicht gesprochen werden kann.
Eine besondere Kondition des Darlehens ist jedoch die Tat-
sache, daß es ungesichert vergeben worden ist. Lutter (Kölner
Kommentar a.a.O., § 57 Rz. 28) sieht in der ungesicherten
Kreditvergabe den Standardfall einer unzulässigen Einlagen-
rückgewähr. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Ansicht
zu eng ist. Jedenfalls haben und hätten die Beklagten im
damaligen Zeitpunkt einem Dritten einen Kredit in solcher
Höhe nicht ungesichert gegeben und auch nicht geben dürfen.
Soweit die Beklagten sich darauf berufen, daß sie ent-
sprechende Gelder auch ungesichert an Banken gezahlt hätten,
vermag dieser Vergleich nicht zu überzeugen; die Banken
unterstehen nach dem KWG einer strengen Aufsicht und sind mit
anderen Wirtschaftsunternehmen insoweit nicht zu vergleichen.
Auch bei der Hingabe des Darlehens an die R
handelt es sich nicht um ein echtes Drittgeschäft, da auch
diese Gesellschaft Mitglied des faktischen Konzerns der P war.
Wie bereits oben ausgefühft, kann zwar die Vergabe von kon-
zerninternen Darlehen zwecks Ausnutzung des sogenannten
Leverage-Effekts sinnvoll sein, um die Eigenkapitalrentabili-
tät durch Fremdfinanzierung zu erhöhen. Um einen positiven
Effekt hier zu erreichen, muß die Fremdfinanzierung unterhalb
dessen liegen, was die Gesellschaft mit ihrem Eigenkapital
erwirtschaften kann. Die Gefahr besteht jedoch darin, daß der
Anteil des Fremdkapitals bei sinkender Eigenkapitalrenta-
bilität zu einer Überschuldung der Gesellschaft führt. Das
hohe Risiko, welches hiermit verbunden ist, zeigt, daß die
Ausnutzung des Leverage-Effekts nicht gegen die Bestellung
von Sicherheiten spricht. Darüber hinaus gibt dieses
Finanzierungsinstrument darüber keinen Aufschluß, ob ein
ordentlicher und gewissenhafter Kaufmann Fremdmittel ohne
Sicherheiten erhält bzw. Finanzierungskredite ohne solche
gewährt.
Im Ergebnis ist die Kammer deshalb der Ansicht, daß die Dar-
lehenshingabe am 04.02.1991 eine unzulässige Einlagenrückge-
währ ist.
Aber selbst wenn man der Ansicht ist, daß die mangelnde
Bonität des Darlehensnehmers noch hinzukommen muß, um die Hingabe
des Darlehens als unzulässige Einlagenrückgewähr- zu quali-
fizieren, ist auch diese Voraussetzung erfüllt. Objektiv war
die Bonität der P nicht gegeben. Aus den Aus-
führungen zu oben II. folgt, daß die Beklagten, die keine
Bonitätsprüfung durchgeführt haben, entsprechende Zweifel
hätten haben müssen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird
auf diese Ausführungen verwiesen. Auch hier ist - wie sich
aus § 93 Abs. 4 Satz 2 AktG ergibt - nicht entscheidend, ob
der Aufsichtsrat in der Sitzung vom 21.02.1990 die Vergabe
entsprechender Kredite generell genehmigt und die Entwicklung
zur "merchant bank" gebilligt hat.
III.
Die Haftung aus § 93 AktG wird im vorliegenden Falle durch
die §§ 311 ff. AktG nicht ausgeschlossen.
Zwar kommt in diesen Vorschriften die Auffassung zum Aus-
druck, daß das Konzerninteresse eine Schädigung der ab-
hängigen Gesellschaft - gleichgültig welcher Art sie sei -
rechtfertigte, sofern sie nur ausgeglichen wird. Hieraus wird
unter dem Vorbehalt des nachträglichen Schadensausgleiches
gefolgert, daß insoweit das in § 57 enthaltene Verbot der
Einlagenrückgewähr und der verdeckten Gewinnausschüttung
aufgehoben sei, der Vorstand der abhängigen Gesellschaft,
falls er eine seine Gesellschaft schädigende Weisung befolgt,
nicht gegen § 76 verstoße und auch nicht nach § 93 AktG ver-
antwortlich sei. Dies kann jedoch nicht gelten - so
Würdinger, Aktiengesetz, § 311 Anm. 5 -, wenn die Vermögens-
interessen der abhängigen Gesellschaft gefährdet werden. In
der amtlichen Begründung zu § 311 (Zitat bei Würdigner
a. a. 0.) ist gesagt: "Bei den Interessen des herrschenden
Unternehmens handelt es sich, ebenso wie bei den Interessen
der Gesellschaft und ihrer Aktionäre, stets um Vermögens-
interessen. Sie sind unabhängig von ihrer Größe für das Recht
gleichwertig. Kein Gesichtspunkt unserer Rechts- und Wirt-
schaftsordnung gestattet es, den Vermögensinteressen eines
Konzerns nur deswegen den Vorrang einzuräumen, weil sie
quantitativ größer sind". Geboten ist daher die Auffassung,
daß der in § 311 enthaltene Nachteilsausgleich in Erweiterung
der bürgerlichrechtlichen Grundsätze der Kompensation ledig-
lich die Art der Ersatzleistung betrifft, daß er aber die
Schadenszufügung so wenig legalisiert wie die Schadenser-
satzleistung nach bürgerlichem Recht.
Ähnlich sieht dies Eichholz (a. a. 0., Seite 114), wenn er
ausführt, daß die Privilegierung des herrschenden Unter-
nehmens im faktischen Konzern gegenüber den anderen
Aktionären sich nur auf solche Fälle beziehen könne, in denen
der Nachteilsausgleich überhaupt möglich sei. Ähnlich der
Rechtslage bei Vertragskonzernen unterliegen im faktischen
Konzern unzulässige Weisungen zur Darlehensgewährung den
allgemeinen Kapitalerhaltungsvorschriften. Auch Lutter
(a. a. 0., § 57 Rz. 81) sieht den Fall, daß § 311 AktG nicht
zur Anwendung kommt.
Selbst wenn man dieser engen Meinung nicht folgt, steht
im vorliegenden Falle die Vorschrift des § 311 AktG der
Haftung des Vorstandes nicht entgegen.
Nach Koppensteiner (Kölner Kommentar, a. a. 0., Rz. 93) darf
der Vorstand des faktisch abhängigen Unternehmens Rechts-
geschäfte nicht vornehmen, wenn er Zweifel daran hat, ob das
herrschende Unternehmen imstande ist, den Nachteil auszu-
gleichen, z. B. weil die Bonität des herrschenden Unter-
nehmens schon derzeit schwach ist oder auch deshalb, weil ein
Ausgleich wegen der Natur der Nachteile nur so langfristig
möglich ist, so daß ein begründetes Urteil über die
Leistungsfähigkeit des Ausgleichsschuldners nicht mehr ab-
gegeben werden kann (ebenso Kropff in Geßler/Hefermehl,
Rz. 43 m. w. N.). Der Vorstand muß in solchen Fällen das
Rechtsgeschäft ablehnen (Kropff a. a. 0., § 311 Rz. 55).
Rechtsgeschäfte mit unübersehbaren Risiken dürfen vom
herrschenden Unternehmen nicht veranlaßt und vom Vorstand der
abhängigen Gesellschafter auf Veranlassung des herrschenden
Unternehmens nicht eingegangen werden (§ 311 Rz. 40
m. w. Z.), (ebenso Koppensteiner in Kölner Kommentar, § 311
Rz. 106 und 107).
Zusammenfassend bedeutet dies, daß § 311 zwar in der Regel die
Haftungsvorschriften aus §§ 93, 57 AktG als lex specialis
verdrängt, dies jedoch dann nicht der Fall ist, wenn der-
Vorstand der abhängigen Gesellschaft pflichtwidrig die Ver-
mögensinteressen seines Unternehmens nicht beachtet.
Daß dies aber der Fall war - die Beklagten haben sich zu-
mindest insoweit nicht entlasten können - ist oben ausge-
führt worden, so daß das Haftungsprivileg der § 311 ff. nicht
zum Zuge kommt.
IV.
Ob die Beklagten auch deswegen haften, weil sie möglicher-
weise nicht unmittelbar nach dem 05.02.1991 das Darlehen
gekündigt haben, kann dahingestellt bleiben, weil eine
Haftung bereits besteht. Im übrigen kann auch davon ausge-
gangen werden, daß die P unmittelbar nach dem
05.02. genauso illiquide wie vor diesem Stichtag gewesen
ist.
v.
Eine Haftung der Beklagten, weil sie die Zustimmung des Auf
sichtsrats zu der Darlehensgewährung nicht eingeholt haben,
besteht dagegen nicht.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Aufsichtsrat Inder
Sitzung vom 21.02.1990 eine generelle Genehmigung für der-
artige Rechtsgeschäfte gegeben hat. War dieses der Fall, so
ist insoweit die Haftung aufgrund dieser Anspruchsgrundlage
nicht gegeben.
Sollte dies jedoch nicht der Fall sein, haften die Beklagten
ebenfalls nicht, da die entsprechende Bestimmung der Satzung
der Klägerin unwirksam ist.
§ 10 Ziff. 1 g bestimmt, daß für die Gewährung von Darlehen
und sonstigen Krediten außerhalb des üblichen Geschäftsbe-
triebes die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich sei.
Dieser Zustimmungsvorbehalt ist unwirksam.
Zu Recht vertritt Geßler die Ansicht, ein Zustimmungsvorbe-
halt, der sich auf alle außergewöhnlichen Geschäfte bezieht,
sei wegen der starken Einschränkung des Vorstandes und auf-
grund der unzureichenden Praktikabilität unzulässig
(Geßler/Hefermehl, a. a. 0., § 111 Rz. 66, zustimmend
Meyer-Landrut in Kommentar zum Aktiengesetz, § 111 Anm. 15,
Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats 1988,
§ 2 Rz. 21). Mertens sieht eine solche Satzungsklausel als
unwirksam an, da § 111 Abs. 4 Satz 2 im Zusammenhang mit
Abs.4 S. 1 zu lesen sei und die Anordnung der Zustimmungspflicht
nicht zu einer Verlagerung der Geschäftsführung führen dürfe
(Mertens in Kölner Kommentar § 111 Rz. 61 mit Schrifttums-
nachweis). Dieser Ansicht ist zu folgen. Zum einen führt ein
solcher Zustimmungsvorbehalt bei einer Auslegung aus der
Sicht des Aufsichtsrats zu einer Kompetenzverlagerung in
weiten Bereichen. Aber auch die Frage, wann ein solches
außergewöhnliches Geschäft vorliegt, führt zu Rechtsunsicher-
heiten zwischen den Verwaltungsorganen der Aktiengesell-
schaft. Gerade der vorliegende Rechtsstreit verdeutlich,
welche Haftungsrisiken der Vorstand bei dem Vorliegen einer
solchen Klausel ausgesetzt ist. Die Rechtsunsicherheit, die
aufgrund einer solchen unbestimmten Klausel besteht, wider-
spricht dem, was der Gesetzgeber mit der Novellierung im
Jahre 1965 erreichen wollte. Es sollte die aufgrund der Soll-
bestimmung des Aktiengesetzes 1937 entstandene Rechtsun-
sicherheit hinsichtlich der Frage, wann der Vorstand den
Aufsichtsrat zur Mitwirkung heranzuziehen hat, beseitigt
werden (Begründung RegE abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz
§ 111 Seite 155). Diese Unsicherheit mittels unbestimmter
Satzungsbestimmungen durch eine neuere zu ersetzen, wider-
spricht dem Normzweck des § 111 Aktiengesetz.
Diese Überlegungen gelten auch, wenn - wie hier - der Zu-
stimmungsvorbehalt lediglich an außergewöhnliche Kreditver-
gaben verknüpft ist. Für die Unzulässigkeit spricht, daß auch
der Begriff der ungewöhnlichen Kreditvergabe zu vage und unbe-
stimmt ist. Zum einen tritt erneut die Frage auf, wann der
Bereich des gewöhnlichen Geschäfts überschritten wird; zum
anderen bestehen Abgrenzungsschwierigkeiten aufgrund der
Konzernlage: Wie auch die Klägerin zugesteht, können Kredit-
vergabe im Konzern zur Ausnutzung des sogenannten Leverage-
Effekts wirtschaftlich sinnvoll sein. Diese Kredite werden
dann rechtlich anders zu behandeln sein als Darlehnsvergabe
mit gleicher Höhe an Dritte. Schon allein diese Differen-
zierung, die ihren Höhepunkt, wenn man Kreditvergaben an
SchwestergeselIschafter überprüft, zeigt, daß die mangelnde
Praktikabilität zu einer der Kompetenzordnung der Aktienge-
sellschaft zuwiderlaufenden Verschiebung der Zuständigkeiten
führt. Im Ergebnis wäre der Vorstand zum Zwecke der eigenen
Entlastung gehalten, fast jede Kreditvergabe an die Zu-
stimmung des Aufsichtsrats zu knüpfen. Dementsprechend ver-
langen Lutter/Krieger (Rechten und Pflichten des Aufsichts-
rats, 1988, § 2 Rz. 21), zurecht, daß der Zustimmungsvorbe-
halt im Zusammenhang mit Kreditgeschäften diese summenmäßig
genau bestimmt.
Da somit die entsprechende Klausel wegen Verstoßes gegen § 23
Abs. 5 Aktiengesetz unwirksam ist, bestand auch keine Ver-
pflichtung des Vorstandes, die Genehmigung des Aufsichtsauf-
rates insoweit einzuholen.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus einer entsprechenden An-
wendung des § 849 BGB. Die Inanspruchnahme von Kredit und die
Zinshöhe hat die Klägerin durch die Vorlage entsprechender
Unterlagen bewiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
LG Dortmund:
Urteil v. 02.12.1993
Az: 20 O 50/92
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b6d3f05ae930/LG-Dortmund_Urteil_vom_2-Dezember-1993_Az_20-O-50-92