Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. August 2002
Aktenzeichen: 29 W (pat) 163/00

(BPatG: Beschluss v. 14.08.2002, Az.: 29 W (pat) 163/00)

Tenor

Der Beschluß der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Januar 2000 wird aufgehoben.

Gründe

I Die Wortmarke Lebensmittel Zeitung Direktist für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 16: Druckereierzeugnisse und Klasse 35: Werbungzur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluß vom 20. Januar 2000 gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG zurückgewiesen, weil die angemeldete Marke ausschließlich aus Angaben bestehe, die im Verkehr zur Beschreibung dieser Waren und Dienstleistungen der Klassen 16 und 35 dienen können und daher den einschlägigen Verkehrskreisen zur beschreibenden Verwendung freizuhalten seien. Den einschlägigen Verkehrskreisen erschlösse sich nämlich die angemeldete Wortkombination ohne weiteres. Die angemeldete Marke deute darauf hin, daß es sich bei den Druckereierzeugnissen ihrer Art nach um Zeitungen oder Zeitschriften im Bereich der Lebensmitteldirektvermarktung handeln könne und diese Erzeugnisse sowie die Dienstleistungen im Bereich der Werbung (Zeitschriftenwerbung) die Lebensmitteldirektvermarktung und damit zusammenhängende Fragen zum Gegenstand oder Inhalt haben. Den beschreibenden Charakter des Bestandteils "Lebensmittel" würden die weiteren Bestandteile "Zeitung" und "Direkt" nicht aufheben können, da sie die Beschreibung lediglich ergänzten. Insbesondere das Wort "Direkt" sei als Hinweis auf eine Direktvermarktung im Handel gebräuchlich, wozu die Markenstelle auf die ihr bekannte Zeitschrift "Hof Direkt" Bezug nimmt. Außerdem deute das Bestehen eines Titelschutzes allein keineswegs automatisch auf die Eintragungsfähigkeit als Marke hin. Schließlich ergäben sich für eine Eintragung kraft Verkehrsdurchsetzung weder Anhaltspunkte in den Ausführungen der Anmelderin noch führten die angegebenen Voreintragungen zu einer anderen schutzrechtlichen Beurteilung. Ob der angemeldeten Marke auch jegliche Unterscheidungskraft fehle, könne dahingestellt bleiben.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde macht die Anmelderin geltend, daß der Werktitel "Lebensmittel Zeitung" für sie bereits seit dem 3. April 1976 als Marke unter der Nummer 984 125/16 eingetragen sei und derzeit Schutz bis zum 30. April 2007 genieße. Es bestehe kein Freihaltungsbedürfnis, weil der Zusatz "Direkt" die geschützte Marke "Lebensmittel Zeitung" nicht zu einer rein beschreibenden Bezeichnung mache, der in ihrer Gesamtheit das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegengehalten werden könne.

Unabhängig davon gebe sie unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und verschiedener Oberlandesgerichte zu bedenken, daß Zeitschriftentiteln, die aus Sachangaben bestehen, die erforderliche Unterscheidungskraft zugemessen worden sei.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

II Die zulässige Beschwerde ist begründet, da der angemeldeten Marke weder das Eintragungshindernis einer freihaltungsbedürftigen beschreibenden Angabe nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG noch das eines Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegensteht.

Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dabei ist bei einer aus mehreren Wörtern bestehenden Marke die Wortfolge in ihrer Gesamtheit der Beurteilung zugrunde zu legen und nicht darauf abzustellen, welche Bedeutung den Einzelwörtern zukommt, wenn sie in Alleinstellung als Marke angemeldet würden (vgl BGH GRUR 2001, 162, 163 - RATIO-NAL SOFTWARE CORPORATION m.w.N.). Entscheidend ist, ob die Verbindung der Wörter zu einer klaren und eindeutigen Gesamtaussage führt, die geeignet ist, im Verkehr als Sachangabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG dienen zu können.

Das ist hier nicht der Fall. Zwar weisen die Wörter "Lebensmittel" und "Zeitung" jeweils für sich einen beschreibenden Inhalt in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen auf, was auch die Anmelderin nicht verkennt. Die Kombination der Wörter ist jedoch ungeeignet, als für Mitbewerber freizuhaltende reine Sachbezeichnung zu dienen, weil die Aneinanderreihung der Wörter eine mehrdeutige Gesamtaussage ergibt, die der Interpretation bedarf. Während die Bestandteile "Lebensmittel" und "Zeitung" allgemein gebräuchliche und inhaltlich eindeutige Wörter sind, unter denen sich der Verkehr auch in der Verbindung "Lebensmittel Zeitung" lediglich eine Zeitung vorstellt, die sich mit Lebensmitteln befaßt oder diese bewirbt, so ist das Wort "direkt" in der Kombination mit den vorangestellten Wörtern mehrdeutig. Das zeigt sich schon an der Interpretation, die die Markenstelle vorgenommen hat, in dem sie der Wortfolge "Lebensmittel Zeitung Direkt" den Sinngehalt der Direktvermarktung von Lebensmitteln entnommen hat, obwohl sich nach der konkret angemeldeten Reihenfolge der Begriffe das Markenelement "Direkt" eher auf den Begriff "Zeitung" als auf Lebensmittel bezieht.

Hinzu kommt, daß das Wort "direkt" nach allgemeinem Sprachgebrauch eine Reihe unterschiedlicher Bedeutungen wie z.B. "ohne Umwege", "unverzüglich, sofort", "in unmittelbarer Nähe", "ohne Vermittlung, ohne Mittelsperson, unmittelbar" "durch unmittelbare Beziehung, persönlich" sowie "unmißverständlich, unverblümt" (vgl Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl. 1999, 824 unter dem Stichwort "direkt") hat und damit zu den verschiedensten Interpretationen und Überlegungen Anlaß gibt. So könnte der Verkehr annehmen, es handele sich um eine Zeitschrift, die nur direkt im Sinne von unmittelbar vor Ort, ohne Zwischenhändler bzw. Zeitungsausträger oder ohne Papierausgabe als Online-Version bezogen werden kann bzw. sonstige Vertriebsmodalitäten betrifft oder die sich etwa direkt im Sinne von ohne Umschweife, geradeheraus, unverblümt zu bestimmten Fragen aus dem Lebensmittelbereich äußert, ohne daß damit allerdings eine naheliegende Beschreibung des Inhalts oder des Gegenstands der Druckereierzeugnisse und der Werbedienstleistungen verbunden ist (vgl BGH MarkenR 2001, 363 = GRUR 2001, 1042 - REICH UND SCHÖN).

Die angemeldete Wortkombination ist damit aufgrund der gewählten Aneinanderreihung der Einzelwörter zu unbestimmt und vage, um als konkret waren- oder dienstleistungsbezogene Sachaussage zu dienen und die Voraussetzungen für die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses zur ungehinderten beschreibenden Verwendung von Sachbezeichnungen nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG zu erfüllen.

Aufgrund der Mehrdeutigkeit und der interpretationsbedürftigen Assoziationen, die die angemeldete Bezeichnung hervorruft, wenn sie dem Verkehr in ihrer Gesamtheit entgegentritt und analysierende Überlegungen erforderlich macht, kann ihr auch nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG).

Bei dieser Sachlage kam es nicht mehr darauf an, daß die Bezeichnung "Lebensmittel Zeitung" als Wortmarke der Anmelderin für Fachzeitschriften geschützt ist, weil sie die ansonsten bestehenden Eintragungshindernisse kraft Verkehrsdurchsetzung für die Anmelderin überwunden hat. Allerdings hätte die Markenstelle die betreffende Angabe der Anmelderin berücksichtigen und diesen Umstand in Bezug auf Umfang und Auswirkung der Verkehrsdurchsetzung auf die angemeldete Wortkombination in ihre Prüfung miteinbeziehen müssen (vgl BPatG E 26, 96 - BEKA Robusta).

Der angefochtene Beschluß der Markenstelle war daher aufzuheben.

Grabrucker Pagenberg Guth Cl/Ko






BPatG:
Beschluss v. 14.08.2002
Az: 29 W (pat) 163/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/edf817653c1f/BPatG_Beschluss_vom_14-August-2002_Az_29-W-pat-163-00




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share