Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 19. Januar 2012
Aktenzeichen: I-2 U 9/08

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 19.01.2012, Az.: I-2 U 9/08)

Tenor

I.

Die Berufung des Klägers gegen das am 11. Dezember 2007 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

II.

Dem Kläger werden auch die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zwangsweise beizutreibenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.500.000,-- Euro festgesetzt.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger ist gemeinsam mit C. R. aus A. eingetragener Inhaber des am 1. April 2003 angemeldeten und am 30. September 2004 veröffentlichten deutschen Patentes (Klagepatent, Anlage K 1) betreffend eine Hydroformpresse zum Durchtakten breiter Bleche. Aus diesem Schutzrecht nimmt er die Beklagten u.a. auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Vernichtung der angegriffenen Gegenstände und zur Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadenersatz in Anspruch.

Anspruch 1 des Klagepatentes lautet wie folgt:

Hydroformpresse zum Durchtakten breiter Bleche,

-bestehend aus einem oder mehreren ringförmigen Zugankern,

-in denen gegenüberliegende nahezu spaltfrei gleitend eingepasste halbkreisähnliche Formstücke angeordnet sind,

-zwischen denen eine schmale rechteckförmige offen bleibende Beschickungs- und Entnahmeöffnung vorhanden ist und

-wo im oberen oder unteren halbkreisähnlichen Formstück ein flacher Formkolben eingearbeitet ist, dessen Querschnittsfläche sich möglichst vollständig über den quergestreckten Umformbereich erstreckt und ein eingelegtes Blech über das Werkzeug gegen das zweite halbkreisähnliche Formstück zum Abdichten und Zuhalten des Umformbereichs anpresst.

Die nachstehend wiedergegebenen Bezeichnungen Figuren 1 bis 3 aus der Klagepatentschrift zeigen eine bevorzugte Ausführung der erfindungsgemäßen Hydroformpresse in Seiten- (Figur 1) sowie in Frontansicht (Figur 2) und eine Detailansicht aus Figur 1 mit eingelegtem und teilweise bearbeitetem Blech (Figur 3).

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Die Nichtigkeitsklage der Beklagten zu 1) (Anlage B 29) hat das Bundespatentgericht mit Urteil vom 19. November 2009 (Anlage BK 9) abgewiesen.

Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2. und 3. sind, besitzt eine von ihr hergestellte Hydroformpresse mit der Bezeichnung "P.B." (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform), deren konstruktiver Aufbau im Wesentlichen Figur 1 der Anlage B 1 entspricht. Die weitere Ausgestaltung dieser Presse geht zudem aus den Abbildungen Anlagen K 3-1, B 29a/1 bis 4 sowie den in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht überreichten Bildfolgen und Handskizzen und der im Berufungsverfahren vorgelegten Fotoserie Anlage BB 1, 5 - 7, 9 und 10 hervor. Von diesen Darstellungen sind nachstehend die Anlagen B 1 (Figur 1), B 29a/1 bis 4) und BB 6 eingeblendet.

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Der Kläger, an den der Mitinhaber seine Rechte aus dem Klageschutzrecht zum Zwecke der Durchführung dieses Verfahrens abgetreten hat, meint, die angegriffene Maschine, die von den Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland auch beworben und vertrieben werde (insoweit vor dem Landgericht unstreitig), verwirkliche die im Klagepatent unter Schutz gestellte technische Lehre wortsinngemäß. Die Beklagten meinen demgegenüber, sie verletzten das Klagepatent nicht. Sie haben vor dem Landgericht vorgetragen, die angegriffene Vorrichtung könne keine breiten Bleche durchtakten; vielmehr müsse jeder Rohling einzeln eingelegt und nach Hineinfahren des oberen Werkzeugträgers einzeln umgeformt werden. Nach dem Umformen des Rohlings müsse der obere Werkzeugträger nach hinten aus der Presse ausgefahren und das fertige Werkstück nach unten ausgestoßen werden. Da der obere Werkzeugträger verfahre, gebe es auch keine schmale rechteckförmig offen bleibende Beschickungs- und Entnahmeöffnung. Sofern man überhaupt von einer Beschickungsöffnung sprechen könne, sei diese halbkreisförmig. Eine Entnahmeöffnung besitze die angegriffene Ausführungsform nicht, da das geformte Werkstück nach unten ausgestoßen werde. Weiterhin fehlten die erfindungsgemäßen ringförmigen Zuganker, nahezu spaltfrei gleitend in diese eingepasste Formstücke und ein Formkolben, der in einem dieser Formstücke eingearbeitet sei. Sollte dennoch von einer Verwirklichung der klagepatentgeschützten Lehre auszugehen sein, stehe ihnen ein Vorbenutzungsrecht zu.

Mit Urteil vom 11. Dezember 2007 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angegriffene Ausführungsform mache von der im Klagepatent unter Schutz gestellten technischen Lehre keinen Gebrauch. Sie diene weder dem Durchtakten breiter Bleche im Sinne der Erfindung noch verfüge sie über eine schmale rechteckförmige offen bleibende Beschickungs- und Entnahmeöffnung. Auch die vom Kläger erstinstanzlich zusätzlich herangezogene Geheimhaltungsvereinbarung vom 2./6. September 2002 mit der Beklagten zu 1) (Anlage K 4) könne die erhobenen Ansprüche nicht tragen. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzlich erfolglos gebliebenes Begehren weiter und erhebt darüber hinaus Ansprüche auf Gestattung der Besichtigung der angegriffenen Maschine durch einen gerichtlichen Sachverständigen. Zur Begründung führt er unter ergänzender Bezugnahme aus seinen erstinstanzlichen Sachvortrag aus: Das Landgericht habe sein Urteil, die angegriffene Vorrichtung sei zum Durchtakten breiter Bleche nicht geeignet, allein auf das für unwidersprochen gehaltene Vorbringen der Beklagten gestützt, entsprechend der von ihnen in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung überreichten und im erledigten Berufungsantrag eingeblendeten Handskizze radial um das Werkzeug des oberen Trägers angeordnete Abstützzylinder stünden wegen ihres geringen Abstandes der Einführung breiter Bleche im Weg und ließen nur die Bearbeitung einzeln zugeschnittener und eingelegter Bleche zu. Übergangen habe das Landgericht, dass die betreffenden Rückdrückzylinder auf anderen von ihm - dem Kläger - überreichten Bildern nicht behindernd platziert und auf weiteren Bilddarstellungen der Beklagten überhaupt nicht gezeigt würden, dass die Werbung der Beklagten selbst auf die Eignung der angegriffenen Presse hinweise, Bleche direkt vom Coil zu bearbeiten und dass er - der Kläger - für sein Vorbringen, die angegriffene Ausführung erlaube ein Durchtakten breiter Bleche, Beweis durch Sachverständigengutachten angetreten habe. Auch hätten die Beklagen in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 22. November 2007 eingeräumt, die angegriffene Vorrichtung sei zum Durchtakten in der Lage und mit ebenfalls nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 5. Dezember 2007, die angegriffene Vorrichtung habe keine Abstützzylinder zum Abstützen des oberen Werkzeugträgers. Diese Zylinder könnten auch nicht radial gleichmäßig um das obere Werkzeug verteilt sein, weil sie sonst das eingelegte Blech beim Einfahren des oberen Werkzeugträgers vor dem Umformen vom Formkolben wegschöben und die angegriffene Maschine nicht einmal beladen werden könnte. Die Beklagten hätten in ihrem erwähnten Schriftsatz vom 22. November 2007 gleichfalls eingeräumt, dass die angegriffene Maschine durchtakten und horizontal beschickt werden könne; durchtakten könne sie bis zu 800 mm breite Bleche. Mit der angegriffenen Vorrichtung würden Zierblenden für Autoräder geformt, deren Raddurchmesser üblicherweise bei 450 bis 500 mm liege. Rechne man einen zur Abdichtung und Klemmung erforderlichen seitlichen Überstand von 100 bis 150 mm hinzu, komme man auf 700 bis 800 mm breite Bleche; die für die Beschickung und den ungehinderten Durchlauf des Bleches verfügbare Breite der Öffnung liege bei 1.100 mm. Soweit das Landgericht davon ausgegangen sei, das Durchtakten müsse maschinell erfolgen, habe es in den Klagepatentanspruch 1 ein dort nicht genanntes Merkmal hineingelesen.

Unzutreffend habe das Landgericht ferner festgestellt, die angegriffene Maschine habe keine schmale rechteckförmige und offen bleibende Beschickungs- und Entnahmeöffnung zwischen den Formstücken und erlaube nur, Bleche einzeln von oben durch den dann etwa halbkreisähnlichen Freiraum einzulegen.

Der Kläger beantragt,

I.

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagten zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu 2 Jahren; wobei die Ordnungshaft im Hinblick auf die Beklagte zu 1) an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollstrecken ist, zu unterlassen,

in der Bundesrepublik Deutschland Hydroformpressen zum Durchtakten breiter Bleche herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, die aus einem oder mehreren ringförmigen Zugankern bestehen, in denen gegenüberliegende nahezu spaltfrei gleitend eingepasste halbkreisähnliche Formstücke angeordnet sind, zwischen denen eine schmale rechteckförmige offen bleibende Beschickungs- und Entnahmeöffnung vorhanden ist und wo im oberen oder unteren halbkreisähnlichen Formstück rein flacher Formkolben eingearbeitet ist, dessen Querschnittsfläche sich möglichst vollständig über den quergestreckten Umformbereich erstreckt und ein eingelegtes Blech über das Werkzeug gegen das zweite halbkreisähnliche Formstück zum Abdichten und Zuhalten des Umformbereichs anpresst;

2. dem Kläger darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklage zu 1), die zu I 1 bezeichneten Handlungen seit dem 30. Oktober 2004 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter

Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen

unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der

Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe,

Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des

erzielten Gewinns,

wobei

den Beklagten vorbehalten bleiben mag, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt dem Kläger einem von diesem zu bezeichnenden und ihm gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, dem Kläger auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

3. die im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder im Eigentum der Beklagten befindlichen Erzeugnisse entsprechend vorstehender Ziffer 1. an einen von dem Kläger zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;

4. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die zu I 1 bezeichneten und seit dem 30. Oktober 2004 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;

II.

gemäß §§ 142, 144 ZPO anzuordnen, dass die Beklagte zu 1) den Zwischenbericht zum 30. September 2003 (Anlage K 15) vollständig und ungeschwärzt vorlegt und für eine vom Gericht zu bestimmende Zeit auf der Geschäftsstelle verbleiben und dort von Patentanwalt Dr. R. N. und Rechtsanwalt C. K. eingesehen werden können, wobei diese verpflichtet werden, Tatsachen, die im Zuge der Begutachtung zu ihrer Kenntnis gelangen und den Geschäftsbetrieb der Beklagten zu 1) betreffen, geheim zu halten, und zwar auch gegenüber dem Kläger und seinen Mitarbeitern;

Soweit der Kläger darüber hinaus begehrt hatte,

III.

1.

im Wege eines Teilurteils einem vom Gericht bestellten Sachverständigen unter Anwesenheit von Patentanwalt Dr. R. N. und Rechtsanwalt C. K. die Begutachtung der von der Beklagten zu 1) hergestellten Hydroformpresse mit der Bezeichnung "P.B." der Beklagten zu 1) einschließlich sämtlicher Werkzeuge zur Verwendung in dieser Hydroformpresse in den Räumlichkeiten der Beklagten zu 1), einschließlich der Begutachtung im Betrieb der Hydroformpresse und insbesondere der Begutachtung zur Prüfung, ob die Hydroformpresse ein Durchtakten von breiten Blechen ermöglicht, zu gestatten, wobei insbesondere auch die Begutachtung zur Prüfung dahingehend gestattet wird, ob

a) gemäß der nachfolgend einkopierten Handskizze

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Abstütz- oder Rückstellzylinder radial gleichmäßig verteilt um das obere Werkzeug angeordnet sind;

b) diese Abstütz- oder Rückstellzylinder einziehbar sind;

c) diese Abstütz- oder Rückstellzylinder so lang ausgeführt sind, dass sie durch Nuten durch die auf den Formkolben aufgebrachte Druckplatte geführt werden müssen, oder vielmehr über die auf dem Formkolben aufgebrachte Druckplatte geführt werden können;

d) jede Blechbreite, die als Platine nach manuellem Einlegen auf die Druckplatte mit dieser Hydroformpresse umgeformt werden kann, auch im Durchtaktverfahren, also als Blechband, umgeformt werden kann,

wobei dem Sachverständigen im Interesse der Wahrung etwaiger Betriebsgeheimnisse der Beklagten zu 1) aufgegeben wird, jeden unmittelbaren Kontakt mit dem Kläger zu vermeiden und notwendige Korrespondenz entweder über das Gericht oder mit den anwaltlichen Vertretern des Klägers zu führen. Der Sachverständige hat darüber hinaus auch gegenüber Dritten Verschwiegenheit zu wahren. Patentanwalt Dr. R. N. und Rechtsanwalt C. K. werden verpflichtet, Tatsachen, die im Zuge der Begutachtung zu ihrer Kenntnis gelangen und den Geschäftsbetrieb der Beklagten zu 1) betreffen, geheim zu halten, und zwar auch gegenüber dem Kläger und seinen Mitarbeitern;

2.

hilfsweise für den Fall, dass der Antrag nach 1. abgewiesen wird, gemäß §§ 142, 144 ZPO die Begutachtung der Hydroformpresse P.B.durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen anzuordnen und dessen schriftlichen Bericht darüber einzuholen, ob die Hydroformpresse der Beklagten zu 1) unter der Bezeichnung P.B., die angegriffene Ausführungsform, ein Durchtakten von breiten Blechen ermöglicht, ob insbesondere

gemäß der vorstehend einkopierten Handskizze die vorstehend zu III.1 angegebenen Merkmale vorhanden sind,

haben die Parteien in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 6. Dezember 2011 den Rechtsstreit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt und stellen insoweit wechselseitige Kostenanträge.

Die Beklagten beantragen im Übrigen,

die gegnerische Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise,

den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen das Klagepatent erhobene Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und treten den Ausführungen des Klägers ebenfalls unter ergänzender Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag wie folgt entgegen: Die in der Berufungsinstanz vorgenommene Klageänderung sei mangels Sachdienlichkeit unzulässig. Insgesamt seien Berufung und Klage auch unbegründet. Die angegriffene Presse sei nicht vertrieben worden. Es existiere ein einziger Prototyp, der sich noch in ihrem - der Beklagten - Besitz befinde und auch nicht zur Produktion eingesetzt werde. Es seien weder Angebote an Interessenten gegangen noch habe es Werbung für Vertrieb oder Herstellung gegeben.

Die angegriffene Ausführungsform entspreche auch nicht der im Klagepatent unter Schutz gestellten technischen Lehre. Sie könne keine breiten Bleche verarbeiten. Hierunter verstehe das Klagepatent solche mit einer Breite in einer Größenordnung von 1.250 mm. Die angegriffene Maschine verarbeite Bi-Polarplatten; diese hätten maximal Maße von 200 bis 500 mm. Zum Umformen absenkbar sei nur ein kreisförmiger Bereich mit einem Durchmesser von etwa 500 mm. Auch ermögliche die angegriffene Maschine kein rationelles Arbeiten, wie es das Klagepatent verlange. Bei jedem Pressvorgang müsse der obere Werkzeugträger öffnen und schließen, was wegen des erforderlichen Gleichlaufs beim Hochfahren des Arbeitszylinders nur mit geringer Schließgeschwindigkeit geschehen könne.

Darüber hinaus könne die angegriffene Maschine auch keine Bleche durchtakten, worunter das Klagepatent das taktförmige Bearbeiten aufeinander folgender Blechabschnitte verstehe. Wie sich aus der vorstehend wiedergegebenen, im Berufungsverfahren als Anlage BB 6 vorgelegten Zeichnung ergebe, seien die Abstützzylinder rund um das obere Werkzeug angeordnet; die lichte Weite zwischen den Zylindern beiderseits der Durchlaufbahn des Werkstücks betrage 250 mm. Schöbe man ein breiteres Blech in der vom Klagepatent angegebenen Größenordnung nach dem Umformen des ersten Abschnitts weiter und formte sodann einen anschließenden weiteren Abschnitt um, würden die Gleichlauf- und Rückdrückzylinder die zuvor ausgeführte Umformung zerstören; sie träfen unvermeidbar auf Umformungen und auch außerhalb des Umformbereiches auf das Blech und machten mit den dabei verursachten Beschädigungen das Erzeugnis insgesamt unverwertbar. Einer Eignung zum Durchtakten stehe ferner entgegen, dass vor jedem Umformvorgang die Beschickungsöffnung vorn mit einer Schutzscheibe verschlossen werden müsse, die das Bedienpersonal vor Verletzungen durch unter hohem Druck austretendes Wasser schütze, sollte die Dichtung versagen. Auf der Rückseite sei die Maschine durch eine Gehäusetür verschlossen (vgl. Abbildungen Anlage BB 10); sobald eine dieser beiden Türen geöffnet werde, sei die Presse in ihrer Funktion blockiert. Durch diese Arbeitsweise bleibe die Beschickungsöffnung auch entgegen der technischen Lehre des Klagepatentanspruches 1 nicht offen. Auch das Fehlen einer Fördereinrichtung für abschnittsweise zu bearbeitende Endlosbleche verhindere ein Durchtakten; jedes Blech müsse vielmehr einzeln und von Hand eingelegt und nach erfolgter Bearbeitung wieder entnommen werden.

Darüber hinaus seien die Werkzeugträger auch nicht nahezu spaltfrei gleitend in Zugankern eingepasst. Die Formstücke seien vielmehr auf Spalt gearbeitet, damit der obere Werkzeugträger wie ein Pressenstößel beweglich sei, um für eine große halbkreisförmige Beschickung ausreichenden Platz zu bieten. Nur während des Umformprozesses höben die ausfahrenden Rückstellzylinder den Werkzeugträger vorübergehend aus seinen seitlichen Führungsschienen und drückten ihn gegen die Innenwandung des Pressengehäuses, damit dieses die während des Umformprozesses anliegenden Kräfte aufnehmen könne; danach führen die Rückdrückzylinder wieder ein, der Werkzeugträger werde wieder auf die Schienen abgesetzt, auf denen er anschließend aus dem Pressengehäuse herausfahre. Die erwähnten Zylinder übten mehrere Funktionen aus. Als Abdrückzylinder hätten sie die oben beschriebene Funktion, den oberen Werkzeugträger in das Pressengehäuse abzudrücken und aus den Führungsschienen zu heben, als Rückstellzylinder stellten sie den Formkolben in seine Ausgangsposition zurück und als Rückdrückzylinder wirkten sie der Hubbewegung des Formkolbens beim Druckaufbau gesteuert entgegen und drückten ihn zurück, um eine gleichmäßige und verkantungsfreie Hubbewegung des großflächigen Formkolbens sicherzustellen. Beim Hochfahren überwinde der Betriebsdruck des Formkolbens den weiterhin aufrecht erhaltenen Betriebsdruck der Zylinder.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen. Der Kläger hat zwei Gutachten von Universitätsprofessor Dr.-Ing. J. F. vom Lehrstuhl und Institut für allgemeine Konstruktionstechnik des Maschinenbaus der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule A. vom 8. Februar 2007 (Anlage K 20) und vom 10. November 2010 (Anlage BK 10) zu den Akten gereicht.

Professor Dr.-Ing. Dipl.-Wirtsch.-Ing. P. G., Institut für P. und U. der Technischen Universität D., hat im Auftrag des Senates als gerichtlicher Sachverständiger ein schriftliches Gutachten erstattet, durch ein weiteres schriftliches Gutachten ergänzt und in der mündlichen Verhandlung vom 6. Dezember 2011 vor dem Senat mündlich erläutert. Wegen des Ergebnisses wird auf das schriftliche Hauptgutachten vom 12. Mai 2010 (Bl. 487-525 d.A., das Ergänzungsgutachten vom 25. März 2011 (Bl. 635-638 d.A.) und auf die Niederschrift der Sitzung vom 6. Dezember 2011 (nachfolgend: Anhörungsprotokoll, Bl. 711 - 759 d.A.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Beweisaufnahme vor dem Senat hat sein Vorbringen, die angegriffene Hydroformpresse entspreche der im Klagepatent unter Schutz gestellten technischen Lehre, nicht bestätigt. Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene und nicht nachgelassene Schriftsatz des Klägers vom 5. Januar 2012 rechtfertigt keine andere Beurteilung und bietet auch keine Veranlassung, die ordnungsgemäß geschlossene mündliche Verhandlung nach § 156 ZPO wiederzueröffnen.

A.

Die Klage ist auch im Umfang ihrer Erweiterung, mit der der Kläger Besichtigungsansprüche erstmals in der Berufungsinstanz geltend macht, zulässig. Insoweit gilt § 264 Nr. 2 ZPO, so dass es weder einer Sachdienlichkeitsprüfung noch einer Zustimmung der Beklagten bedarf.

B.

Die Klage ist jedoch insgesamt unbegründet. Nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme lässt sich nicht feststellen, dass die angegriffene Vorrichtung von der im Klagepatent unter Schutz gestellten technischen Lehre Gebrauch macht.

1.

Das Klagepatent betrifft eine Hydroformpresse zum Durchtakten die Presse überragender langer und breiter Bleche, die vor allem in der Lage ist, in derartige Bleche takt- bzw. abschnittweise immer wiederkehrende gleiche Strukturen mittels Wasserdruck zu formen und nahtlos aneinander zu setzen, wie es etwa bei Höckerblechen, Noppenplatten oder Wärmetauscherplatten erforderlich ist (Klagepatentschrift, Anlage K 1, Abs. [0001]; BPatG, Anlage BK 9, S. 6, 7 und 8).

Beim Hydroformen wird ein Blech oder ein daraus herausgetrennter Teil - eine Platine - zwischen zwei Werkzeugteilen positioniert und eingeklemmt, von denen eines die Negativform des herzustellenden Bauteils darstellt. Sodann wird das Blech auf der der Negativform abgewandten Seite mit dem Druck eines Wirkmediums - beispielsweise Wasser - beaufschlagt und bei ausreichender Druckhöhe plastisch verformt und nimmt die durch das Negativ vorgegebene neue Form bleibend an. Nach dem Formen werden die Werkzeugteile nach Druckabsenkung des Wirkmediums auseinandergefahren, um eine Entnahme des umgeformten Bauteils zu ermöglichen.

Wie die Klagepatentschrift weiter ausführt (Abs. [0002]), werden an Hydroformpressen in Bezug auf die Materialbeanspruchung, die Dichtigkeit sowie die Lebensdauer der Pressenkomponenten hohe Anforderungen gestellt, da beim Umformen mittels Wasserdruck mehrere Tausend Bar wirken. Insbesondere wenn Konturen mit kleinen Radien und/oder Bauteile mit großen Grundflächen durch Hydroformen ausgeformt werden sollen, werden hohe Drücke des Wirkmediums benötigt, die nicht nur auf das umzuformende Bauteil selbst wirken, sondern auch die Werkzeugteile auseinanderdrücken und eine wirksame Dichtung zwischen Werkstück und Werkzeugteilen notwendig machen. Das erfordert eine aufwendige Dichtungstechnik sowie hohe aufzubringende Kräfte zum Zuhalten der Werkzeugteile (vgl. auch Hauptgutachten, S. 4 und 5, Bl. 490, 491 d.A.).

Nach den weiteren Ausführungen der Klagepatentschrift (Abs.[0002] a.E.) gehören zum Stand der Technik in zahlreichen dort angegebenen Schutzrechten offenbarte Rahmenpressen mit ein- oder zweiseitigen Kissen sowie mit zusätzlichen Balg- und Rahmenpressen mit beidseitigen Ausgleichskolben. Als Nachteil dieser Bauarten wertet das Klagepatent die fehlende Eignung der Pressen, breite, die Presse (gemeint ist offensichtlich in Zuführrichtung) überragende Bleche hindurchzuführen und etwa direkt vom Coil zu verarbeiten. Die bei diesen Bauarten verfolgten Rahmen- und Tischbauweisen fielen extrem hoch, breit und massiv aus; um einen 1250 mm breiten und 400 mm tiefen Bereich mit 1500 Bar gleichzeitig ausformen zu können, müsse die Presse eine Schließkraft von 75 MN beherrschen können, was 7500 Tonnen entspricht. Solche Kräfte ließen sich in eckigen Rahmen- oder Säulenpressen nur durch hohen Aufwand unterbringen; die als Begleiterscheinung auftretenden hohen Spannungen in den Rahmenecken und großen Tischdurchbiegungen, die dann wieder zu kompensieren sind, erschwerten das Abdichten des Umformbereichs.

Als geeigneter werden in der Patentbeschreibung (Anlage K 1 Abs.[0003]) im Einzelnen genannte Bauarten zum Hydroformen flächiger Blechausprägungen angesehen, bei denen die Schließkräfte über Ringsegmente, durchgehende zylindrische Rohre oder ringförmige Ummantelungen aufgenommen werden. Das Blech wird hier über einen verbleibenden Spalt - in einer Rollwanne liegend - eingeführt und innerhalb der Presse positioniert, wo es indirekt durch eine Gummi-Membran getrennt mit Wasserdruck beaufschlagt und umgeformt wird. Der Rahmen der Rollwanne bildet dabei einen umlaufend abschließenden Dichtrahmen aus, gegen den die Presse sich beim Schließen vorspannt. Eine nicht mit einer Gummiblase, sondern mit einem Gummikissen arbeitende Abwandlung dieser Bauarten offenbart die in der Klagepatentschrift erörterte deutsche Offenlegungsschrift 37 42 541 (Anlage K 4), deren Figuren 1 und 2 nachstehend wiedergegeben sind. Der Außenrahmen besteht aus ringförmigen Zugankern (3; Bezugszeichen entsprechen den nachstehend wiedergegebenen Abbildungen der älteren Druckschrift), Druckstücken (4, 7), Kofferecken (5) sowie Stützelementen (11); ein Gummikissen (6) ersetzt das Wirkmedium. Zum Umformen wird das Blech zwischen das Werkzeug (10) und das Gummikissen gebracht und mit Hilfe des Zylinders (2) in das Gummikissen gedrückt; dabei legt sich das Blech bei einer ausreichenden Kraft an die Form des Werkzeugs an (vgl. Hauptgutachten Seiten 6 und 7; Bl. 492, 493 d.A.). Auch diese Bauarten sind - wie das Klagepatent kritisch hervorhebt - nicht für breite streifenartige Umformungen bei großer Umformfläche, etwa 1,25 Meter breit x 0,4 Meter tief = 0,5 m²) geeignet; das Durchtakten von Blechen ist nicht möglich, da ein die Presse überragendes langes Blech nicht abschnittsweise durchgesetzt werden kann (Anlage K 1, Abs. [0003] a.E.).

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Die Aufgabe (das technische Problem) der Erfindung besteht aus der Sicht des angesprochenen Durchschnittsfachmanns - als solcher kann mit dem Bundespatentgericht (Anlage BK 9 Seite 6 Abs. 2) und dem gerichtlichen Sachverständigen (Hauptgutachten Seite 3; Bl. 489 d.A.) ein Maschinenbauingenieur mit langjähriger Berufserfahrung angesehen werden, der sich mit der Konstruktion von Umformpressen und/oder -prozessen befasst - eine Hydroformpresse bereitzustellen, die über die heutigen Möglichkeiten hinaus Bleche in einer großen Breite rationell durchtakten kann (BPatG a.a.O. S. 7, großer Absatz, untere Hälfte; Klagepatentschrift, Abs. [0001]). Objektiv geht es hierbei nicht nur um das abschnittsweise Durchführen langer die Presse überragender Bleche, sondern auch darum, die beim Verarbeiten breiter Bleche benötigten höheren Schließkräfte besser und mit weniger Aufwand zu beherrschen, als es in der Klagepatentschrift diskutierten Stand der Technik möglich war.

Zur Lösung dieser Aufgabe sieht das Klagepatent in Anspruch 1 die Kombination folgender Merkmale vor:

Hydroformpresse zum Durchtakten breiter Bleche (11);

die Hydroformpresse besteht aus einem oder mehreren ringförmigen Zugankern (1);

in dem Zuganker bzw. den Zugankern sind gegenüberliegende halbkreisähnliche Formstücke (2, 2´ ) angeordnet;

die Formstücke sind nahezu spaltfrei gleitend eingepasst;

zwischen den Formstücken ist eine schmale rechteckförmige offen bleibende Beschickungs- und Entnahmeöffnung vorhanden;

im oberen oder unteren halbkreisähnlichen Formstück ist ein flacher Formkolben (3) eingearbeitet,

dessen Querschnittsfläche sich möglichst vollständig über den quergestreckten Umformbereich erstreckt und der

ein eingelegtes Blech (11) über das Werkzeug (5) gegen das zweite halbkreisähnliche Formstück zum Abdichten und Zuhalten des Umformbereichs anpresst.

Die Merkmale 5 bis 8 lehren die erfindungsgemäßen Maßnahmen zum Hindurchführen und Bearbeiten langer und breiter Blechformate. Damit die Presse überragende lange Bleche hindurchgeführt werden können, muss die Beschickungs- und Entnahmeöffnung entsprechend Merkmal 5 offenbleiben, und um eine möglichst breite Bearbeitungsfläche zu bilden, wird entsprechend den Merkmalen 6 bis 8 ein flacher Formkolben in einem der halbkreisähnlichen Formstücke mit einer sich möglichst vollständig über den quergestreckten Umformbereich erstreckenden Querschnittsfläche vorgesehen, der ein eingelegtes Werkzeug gegen das zweite halbkreisähnliche Formstück zum Abdichten und Zuhalten des Umformbereichs presst. Die Merkmale 2 bis 4 lehren dagegen Maßnahmen, um die erforderlichen großen Schließkräfte zu beherrschen, wobei nur wenige Bauteile benötigt werden (vgl. Anlage K 1 Abs. [0005]). Da die beiden gegenüberliegenden halbkreisähnlichen Formstücke nahezu spaltfrei gleitend in den oder die ringförmigen Zuganker eingepasst sind, lassen sich aufgrund des ringförmigen Rahmens extrem große Schließkräfte beherrschen bei einem nahezu hydrostatischen Spannungszustand in den Ringen. Aufgrund der hohen Steifigkeit der halbkreisförmigen Formstücke sowie der Art der hydrostatischen Kraftübertragung reicht ein einseitiger flacher Formkolben zum Abdichten des Umformbereiches aus. Zweiseitige Ausgleichsmechanismen zur Kompensation der Rahmenverformung sind überflüssig, da die halbkreisähnlichen Formstücke auch unter Volllast nahezu eben bleiben und der flache Formkolben sich dieser minimalen Verformung ausgleichend anpasst und damit das durchgeführte Blech immer flächig auf das Formstück und die Dichtung presst (Klagepatentschrift, a.a.O.). Bei Entlastung durch Abbau des Schließdruckes, der den Formkolben ausfährt, spannen sich die beiden halbkreisähnlichen Formstücke über die Endlager gegeneinander und bilden eine Art Brückenkonstruktion, die die Vorspannung im Ringanker beibehält. Die Formstücke sind durch ihre bauchige Form optimal für eine möglichst geringe Rückfederung bei Entlastung der Presse geeignet (Klagepatentschrift, a.a.O., S. 2 rechte Spalte unten).

Vor diesem technischen Hintergrund erschließt sich dem Durchschnittsfachmann auch die Bedeutung der Anweisungen in den streitigen Merkmalen des Klagepatentanspruchs 1.

a) Soweit das Merkmal 1 der vorstehenden Merkmalsgliederung verlangt, dass die erfindungsgemäße Hydroformpresse breite Bleche durchtakten kann, meint es die Eignung der Vorrichtung, überragende lange (und breite) Bleche abschnittsweise sukzessive durchzusetzen und umzuformen, um immer wiederkehrende gleiche Strukturen auf dem Blech auszuformen und naht- und randlos aneinanderzusetzen (Klagepatentschrift, Abs. [0001] und [0003] a.E.; BPatG, S. 8 vorletzter Absatz; Sachverständigengutachten S. 10, Abs. 2 a. E.; Bl. 496 d.A.). Wie das Landgericht zutreffend ausführt, ist das Erfordernis "zum Durchtakten breiter Bleche" keine bedeutungslose Wirkungs- oder Funktionsangabe, sondern nimmt vielmehr als Bestandteil des Patentanspruches an dessen Aufgabe teil, die unter Schutz gestellte Vorrichtung zu bestimmen und damit zugleich zu begrenzen. Es definiert die erfindungsgemäße Hohlraumpresse dahingehend, dass diese aufgrund ihrer räumlichkörperlichen Ausgestaltung die Funktion des Durchtaktens breiter Bleche erfüllen kann (vgl. BPatG, a.a.O., S. 6). Daraus ergibt sich zweierlei: Ein Durchtakten setzt zum Einen eine Länge des zu bearbeitenden Bleches voraus, die mindestens zwei hintereinander umzuformende Abschnitte umfasst; Bleche, die diese Länge nicht erreichen, werden nicht durchgetaktet, auch wenn sie etwa wenige Zentimeter länger sein mögen als die Presse. Nur die Notwendigkeit, mindestens zwei Abschnitte hintereinander umformen zu müssen, führt zu einem taktweisen Durchsetzen des zu bearbeitenden Bleches. Zum Anderen bedingt die Vorgabe "durchtakten" Anforderungen an den Weg, den das Blech vom Beschicken über die Bearbeitung bis zur Entnahme durch die Vorrichtung läuft. Überzeugend führt der gerichtliche Sachverständige in diesem Zusammenhang aus (Hauptgutachten S. 10 bis 12; Bl. 496 bis 498 d.A.), dass dieser Weg für den ungehinderten Durchgang des Werkstückes frei sein muss und keine Vorrichtungsteile aufweisen darf, die in Vorschubrichtung einen formschlüssigen Anschlag für das zu transportierende Blech bilden, an dem es während des Transports hängenbleibt oder die das Blech während des Umformvorganges oder danach beschädigen. Das schließt selbstverständlich nicht aus, die Öffnung zum Umformen und Abdichten des Werkstückes vorübergehend undurchlässig zu machen und das Werkstück festzuhalten, wenn es gegen das Werkzeug gepresst wird. Sobald das Blech nach dem Umformen eines Abschnittes weiter vorgeschoben werden soll, um den folgenden Abschnitt bearbeiten zu können, muss der ungehinderte Durchgang jedoch wieder frei sein. Davon ist auch der gerichtliche Sachverständige zutreffend ausgegangen (vgl. Anhörungsprotokoll S. 14, 20 und 21; Bl. 724, 730, 731 d.A.). Merkmal 5 bestätigt den Fachmann in dieser Sichtweise, indem es zwischen den Formstücken eine schmale rechteckförmige Beschickungs- und Entnahmeöffnung verlangt, die offenbleibt; dass das Offenbleiben nur auf den Beschickungs- und Entnahmebereich bezogen ist, ist bedingt durch die notwendige Schließung des Umformbereichs während des Bearbeitungsvorgangs.

Zutreffend führt der gerichtliche Sachverständige (Hauptgutachten S. 10 Abs. 3 a. E.; Bl. 496 d.A.) aus, dass es auf die Art des Vorschubes nicht ankommt. Das Klagepatent setzt keinen maschinellen Vortrieb voraus, sondern umfasst auch den Vorschub von Hand; der Sachverständige hat dies überzeugend damit begründet (a.a.O.), es gebe in zahlreichen Produktionsbetrieben Lösungen für manuelle Handhabungsaufgaben mit ausreichend genauer Positionierung und festem Takt. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob das Blech durch die erfindungsgemäße Vorrichtung gezogen oder geschoben wird; auch das hat der gerichtliche Sachverständige überzeugend ausgeführt (Anhörungsprotokoll S. 10/11, Bl. 720/721 d.A.).

Soweit Anspruch 1 die Eignung der erfindungsgemäßen Hydroformpresse zum Durchtakten breiter Bleche verlangt, gibt er nicht genauer an, was erfindungsgemäß unter breit zu verstehen ist, so dass der Fachmann den Sinngehalt dieser Vorgabe anhand der Patentbeschreibung ermitteln muss. Das dort an zwei Stellen (Abs. [0002] und [0003]) genannte Breitenmaß von 1.250 mm gibt dem Fachmann jedoch eine Größenordnung an die Hand, bei deren Erreichen ein Blech in jedem Fall breit im Sinne der Erfindung ist. An beiden Stellen bemängelt die Klagepatentbeschreibung, vorbekannte Vorrichtungen eigneten sich nicht für breite Umformungen mit einer Breite von 1250 mm. Wenn die Erfindung vor diesem Hintergrund in Merkmal 1 des Klagepatentanspruches 1 die Eignung der geschützten Vorrichtung zum Durchtakten breiter Bleche vorsieht, kann das aus der Sicht eines Fachkundigen nur bedeuten, dass ein breites Blech im Sinne der Erfindung jedenfalls vorliegt, wenn es die Maße von 1,25 m erreicht oder gar überschreitet. Davon geht auch der gerichtliche Sachverständige aus (Anhörungsprotokoll S. 3, Bl. 713 d.A.); zutreffend weist er ferner darauf hin, dass dieses Maß aber nicht erreicht werden muss, sondern auch schmalere Bleche noch breit im Sinne der Erfindung sein können. Nicht zuzustimmen vermag ihm der Senat allerdings, soweit er auch Bleche mit einer Breite von 223 mm als vom Sinngehalt des Anspruches 1 erfasst ansieht (Anhörungsprotokoll S. 4, Bl. 714 d.A.). Er hat dies damit begründet, das Klagepatent lasse für den Fachmann keine bestimmte Mindestbreite erkennen, weil die Erfindung nicht darauf gerichtet sei, breitere Bleche als bisher verarbeiten zu können, sondern anstrebe, die Zuhaltekräfte besser beherrschen zu können, die schon bei schmalen Blechen problematisch seien und mit zunehmender Breite des Bleches immer schwieriger würden (Anhörungsprotokoll S. 3, 4 und 33 bis 35; Bl. 713, 714 und 743 bis 745 d.A.). In seinem Hauptgutachten hält er ein Blech dann für breit, wenn es aufgrund seiner Größe in konventionellen Pressen zu den in der Klagepatentschrift genannten unerwünscht hohen Beanspruchungen führt, zu hohe Spannungen in den Rahmenecken und zu große Tischdurchbiegungen erzeugte und wenn ihre Breitenausdehnung mindestens ihrer Tiefe entspricht (Hauptgutachten S. 13 und 26, Bl. 499 und 512 d.A.). Bei einem solchen Verständnis wäre die Vorgabe eines breiten Bleches sinnentlehrt. Dass die Problematik der Zuhaltekräfte, die auch die Klagepatentbeschreibung am angegebenen Ort erörtert, mit zunehmender Breite des Bleches immer schwieriger wird, bedeutet indessen auch, dass sie bei schmaleren Blechen ein geringeres Gewicht hat und mit den bisher bekannten Mitteln noch befriedigend gelöst werden konnte, bei Erreichen einer bestimmten Breite aber nicht mehr; davon geht auch die Klagepatentbeschreibung aus (Abs. [0002]). Diese Grenzlinie hatte auch der Sachverständige in seinem schriftlichen Hauptgutachten gezogen, aber nicht näher durch konkrete Maßangaben präzisiert. Dass die Klagepatentschrift in diesem Zusammenhang das Breitenmaß von 1.250 mm nennt, zeigt für den angesprochenen Durchschnittsfachmann, dass die Zuhaltekräfte bei Blechen dieses Breitenmaßes im Stand der Technik nicht mehr mit vertretbarem Aufwand zufriedenstellend beherrscht werden konnten; hätte die Erfindung schon bei Blechen deutlich geringerer Breite Handlungsbedarf gesehen, gäbe die Klagepatentschrift auch ein entsprechend geringeres Breitenmaß als Orientierung an. Unter diesen Umständen wird der Fachmann den Bereich dessen, was das Klagepatent als breites Blech im Sinne des Merkmals 1 ansieht, nicht zu weit unterhalb der ausdrücklich genannten Marke von 1.250 mm ansetzen; dieser Bereich mag Breiten von etwa 1.100 mm noch umfassen, aber nicht mehr solche von 500 mm oder gar 223 mm. Diese Grenzziehung ist auch aus Gründen der Rechtssicherheit geboten, denn das gleichwertig neben der Sicherstellung einer angemessenen Belohnung des Erfinders für die Offenbarung einer neuen technischen Lehre stehende Gebot der Rechtssicherheit für Dritte verlangt, dass für außenstehende Dritte hinreichend sicher vorhersehbar sein muss, für welche Ausgestaltung sie aus einem bestimmten Schutzrecht in Anspruch genommen werden können, während es Sache des Patentanmelders ist, dasjenige, für das er Schutz beansprucht, in den Patentansprüchen vollständig und eindeutig zu umschreiben. Auf das Verhältnis der Breite des Bleches zu seiner Dicke kann es entgegen der Auffassung des Klägers erst recht und schon deshalb nicht ankommen, weil jedes Blech deutlich breiter als dick ist und bei den hier gegebenen Blechstärken von etwa 0,4 mm oder weniger schon ein 1 cm breiter Streifen als breit im Sinne der Erfindung zu gelten hätte. Dass dies nicht gemeint sein kann, liegt auf der Hand.

b) Soweit Anspruch 1 in Merkmal 4 eine nahezu spaltfreie Lagerung der Formstücke in den Zugankern verlangt, bezieht der Sachverständige (Hauptgutachten S. 16/17 [Bl. 502/503 d.A.]; Anhörungsprotokoll S. 5, [Bl. 715 d.A.]) diese Vorgabe überzeugend auf den maximalen Belastungszustand. Das ergibt sich für den angesprochenen Durchschnittsfachmann nicht zuletzt aus den Ausführungen aus der Klagepatentschrift (Beginn Abs. [0005]), die in die Ringanker oben und unten gegenüberliegend und passgenau eingesetzten Formstücke bewältigten aufgrund des ringförmigen Rahmens extrem große Schließkräfte. In dieser Betriebssituation wirkt sich die Möglichkeit aus, mit Hilfe des Merkmals 4 einen Vorspannungszustand zu erzeugen, der die Differenz zwischen den Kräften verringert (vgl. Anhörungsprotokoll S. 39/40; Bl. 749/750 d.A.), während im unbelasteten Zustand die beim Anpressen auftretenden Kräfte noch nicht wirksam werden (vgl. Anhörungsprotokoll S. 5, Bl. 715 d.A.).

c) Die Bedeutung des Merkmals 5, das zwischen den Formstücken eine schmale rechteckförmige offenbleibende Beschickungs- und Entnahmeöffnung verlangt, erschließt sich dem Durchschnittsfachmann aus dem technischen Zusammenhang mit Merkmal 1, denn Merkmal 5 ist ein wesentliches Mittel zum Umsetzen der Vorgabe des Merkmals 1, die erfindungsgemäße Hydroformpresse zum Durchtakten breiter Bleche auszubilden. Wie bereits erwähnt, ist das Erfordernis "zum Durchtakten breiter Bleche" keine bedeutungslose Wirkungs- oder Funktionsangabe, sondern definiert die erfindungsgemäße Hohlraumpresse dahingehend, dass sie sich aufgrund ihrer räumlichkörperlichen Ausgestaltung zum Durchtakten breiter Bleche eignet (BPatG, a.a.O., S. 6). Damit diese Eignung gegeben ist, muss der Weg, den das Werkstück durch die Presse nimmt, wie schon oben im Zusammenhang mit Merkmal 1 ausgeführt wurde, jedenfalls dann offen und ohne Hindernisse für das zu bearbeitende Blech sein, wenn es durch die Presse vorgeschoben werden soll. Der gerichtliche Sachverständige hat dies zutreffend dahin formuliert, die Vorrichtung müsse während der Beschickung und Entnahme des Werkstücks offen bleiben; das Blech müsse im Ausgangszustand und nach der Umformung hindurch geführt werden können (Hauptgutachten S. 18 [Bl. 504 d.A.]; vgl. auch oben Abschnitt a) und Anhörungsprotokoll S. 5 und 20 [Bl. 715, 730 d.A.]). Dass während des Umformvorgangs zwischen den Umformwerkzeugen notwendig ein Spalt entsprechend der Dicke des dort eingeklemmten Werkstückes verbleibt, ist entgegen der Ansicht des Klägers (vgl. Anhörungsprotokoll S. 20, Bl. 730 d.A.) kein offener Zustand im Sinne des Klagepatentes, weil das Werkstück in dieser Phase festgehalten wird und nicht versetzt werden kann (Sachverständiger, Anhörungsprotokoll S. 20/21; Bl. 730/731 d.A.). Merkmal 5 bezieht sich nur auf den Bereich der Formstücke und lässt offen, wie die Beschickungs- und Entnahmeöffnung außerhalb dieses Bereiches ausgebildet ist. Da das Merkmal aber zusammen mit der in Merkmal 1 vorgegebenen Eignung zum Durchtakten von Blechen steht, ist dem Fachmann klar, dass jedenfalls das Merkmal 1 fordert, dass der gesamte Weg für das Blech beginnend mit dem Zuführen vom Vorrat und endend mit der Entnahme des umgeformten Erzeugnisses frei sein muss. In diesem Bereich darf der Weg für das Blech auch nicht durch Sicherheitseinrichtungen versperrt sein, die während des Umformvorgangs geschlossen werden (vgl. Hauptgutachten S. 29; Bl. 515 d.A.). Weil solche den Vorschub blockierende Einrichtungen die Öffnung insgesamt versperren, wirken sie sich aber insofern auf die Verwirklichung des Merkmals 5 aus, als die Öffnung zwischen den Formstücken in diesem Zustand nicht zum Beschicken der Presse oder zur Entnahme des Umformproduktes benutzt werden kann.

Dass die Öffnung schmal und rechteckförmig sein muss, bezieht sich auf die vertikale Erstreckung der Öffnung und definiert so den Abstand der beiden Formstücke voneinander, der erfindungsgemäß gering sein muss (vgl. Anhörungsprotokoll S. 5 und 23; Bl. 715 und 733 d.A.); weiterhin definiert es den Querschnitt der Öffnung, der es ermöglichen muss, das Werkstück, dessen Höhe sich durch das Umformen geändert hat, auch wieder aus der Vorrichtung herauszuführen. Auf die Breite des Werkstücks kann sich die Vorgabe schmal schon deshalb nicht beziehen, weil sie dann nicht mit der Vorgabe des Merkmals 1 in Einklang zu bringen wäre, das gerade die Eignung zur Bearbeitung breiter Bleche fordert, die naturgemäß auch eine entsprechend breite und keine schmale Öffnung bedingen.

Entgegen der Auffassung des gerichtlichen Sachverständigen (Anhörungsprotokoll S. 9, 24 f. und 29; Bl. 719, 734 f. und 739 d.A.) verlangen aber weder die Vorgabe der Durchtaktbarkeit in Merkmal 1 noch das Merkmal 5, das das Blech beim Zuführen geradlinig und nicht gebogen verläuft. Weder eines der Anspruchsmerkmale noch die zu ihrer Auslegung heranzuziehende Beschreibung gibt derartiges vor, und keine der Parteien hat Gründe dafür dargelegt, dass die erfindungsgemäße Lehre nur bei geradliniger Zufuhr der Bleche ausführbar ist. Soweit der Sachverständige seine Auffassung damit begründet hat, zwischen den Formstücken sei die Öffnung dann nicht mehr rechtwinklig (Anhörungsprotokoll S. 30, Bl. 740 d.A.), schließt das einen gekrümmten Verlauf des Zuführweges außerhalb der Formstücke nicht aus, und dass eine einwandfreie Zuführung des Bleches auf gebogenem Weg jedenfalls mit Hilfe entsprechender Führungseinrichtungen gewährleistet werden kann, sieht auch der gerichtliche Sachverständige so (Anhörungsprotokoll S. 26, Bl. 736 d.A.).

2. Dass die angegriffene Hydroformpresse der Beklagten von der so verstandenen technischen Lehre des Klagepatentes Gebrauch macht, hat die Besichtigung und Begutachtung durch den gerichtlichen Sachverständigen nicht ergeben.

a)

Wie der Sachverständige anlässlich seiner Besichtigung festgestellt hat, arbeitet die angegriffene Hydroformpresse der Beklagten folgendermaßen (Hauptgutachten S. 25/26; Bl. 511/512 d.A.):

Im Ausgangszustand ist das obere Formstück in der Linearführung nach hinten aus dem Pressenrahmen heraus gefahren; der Formkolben und die oberen Hydraulikzylinder sind eingefahren.

Nachdem ein Blech eingelegt worden ist, fährt das obere Formstück in der Linearführung nach vorn.

Wenn das obere Formstück seine vordere Position erreicht hat, fahren die Kolben der oberen Hydraulikzylinder - 10 Stück in der Anordnung gemäß der nachstehend wiedergegebenen Abbildung 11 auf S. 24 des Gutachtens (Bl. 510 d.A.) - nach unten aus.

Abbildung

Während des dann beginnenden Umformprozesses werden Formkolben und Druckmedium mit Druck beaufschlagt; während des Druckaufbaus wird das obere Formstück aus den Linearführungen herausgehoben und legt sich an den Pressenrahmen an. Nach dem Abbau des Drucks auf den Formkolben wird dieser durch die kleinen Hydraulikzylinder nach unten zurück bewegt; das obere Formstück entfernt sich wieder vom Pressenrahmen und senkt sich in die Linearführungen ab.

Nachdem die Kolben der oberen Hydraulikzylinder nach oben und das obere Formstück wieder nach hinten verfahren wurden, kann das ausgeformte Werkstück entnommen werden.

b) Es lässt sich nicht feststellen, dass die angegriffene Hydroformpresse das Merkmal 1 des Klagepatentanspruches 1 erfüllt. Daran ändern auch die Ausführungen des Klägers in seinem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 5. Januar 2012 (Bl. 756 ff. d.A.) nichts.

aa) Es fehlt bereits an einer Eignung der angegriffenen Vorrichtung zum Durchtakten breiter Bleche. Der gerichtliche Sachverständige hat bei Besichtigung der angegriffenen Presse nur festgestellt, dass Bleche mit einer Breite von 223 mm durch den Umformbereich hindurchgeführt werden konnten, ohne mit den während des Umformvorganges ausgefahrenen oberen Hydraulikzylindern zu kollidieren (Hauptgutachten S. 26 unten, Bl. 512 d.A.; Anhörungsprotokoll S. 22, Bl. 732 d.A.). Ein solches Blech ist auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen kein breites im Sinne des Klageschutzrechtes. Nennenswert größere Blechbreiten lassen sich auch nicht bearbeiten, wenn man zu Gunsten des Klägers davon ausgeht, die oberen Hydraulikzylinder seien versetzbar, was nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen lediglich voraus setzt, an dem oberen Werkzeugträger neue Bohrungen anzubringen, die Zylinder dort zu montieren und deren Versorgungsleitungen entsprechend anzupassen (Anhörungsprotokoll S. 7, Bl. 717 d.A.). Versetzte man die Hydraulikzylinder in die Bohrungen des oberen Werkzeugträgers, die der Sachverständige bei der Besichtigung der angegriffenen Maschine vorgefunden hat (vgl. Abbildung 11 auf S. 24 seines Gutachtens und Abbildungen 4 und 5 des Besichtigungsprotokolls, Bl. 510, 521 d.A.), ließe sich jedoch keine Breite in einer Größenordnung erreichen, die auch nur annähernd der im Klagepatent angegebenen Größenordnung entspricht. Auch wenn man zu Gunsten des Klägers weiterhin davon ausgeht, man könne die Zylinder auf einem größeren Kreisumfang auch mit kürzeren Abständen anordnen und auf diese Weise die Durchgangsöffnung für das Blech verbreitern, ergeben sich keine die Größenordnung des Klagepatentes erreichenden Blechbreiten. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt (Anhörungsprotokoll S. 8/9, Bl. 718/719 d.A.), die Anordnung müsse möglichst gleichmäßig erfolgen; anderenfalls bestehe die Gefahr von Kippeffekten, die auf die Dauer sogar die Funktionsfähigkeit der angegriffenen Vorrichtung beeinträchtigen könnten. Unter diesen Umständen muss der Senat davon ausgehen, dass auch ein Versetzen der Hydraulikzylinder nur die Verarbeitung der vom Kläger selbst vorgetragenen Blechbreiten bis zu 500 mm ermöglicht, nicht jedoch in einer Breite von etwa 1.100 mm, die die Öffnung nach der oben wiedergegebenen Abbildung Anlage BB 6 insgesamt umfasst und die nach Meinung des Klägers für die Beschickung und den ungehinderten Blechdurchlauf zur Verfügung steht. Wie die Zeichnung gemäß Anlage BB 6 zeigt, deren Maßangaben der Kläger nicht durch von ihm festgestellte abweichende Maße widerlegt hat, zeigt, dass auch bei einem Versetzen der Hydraulikzylinder nach außen ein freier Durchlauf nur in einer Breite von etwa 700 bis 800 mm erreicht werden kann. Wählt man Bleche mit der gesamten Öffnungsbreite von etwa 1.100 mm, senken sich im Randbereich des Bleches die Hydraulikzylinder auf dem Blech ab und hinterlassen Prägeabdrücke, wie sie auf der Abbildung 6 der als Anlage BB 1 vorgelegten Fotoserie zu erkennen sind. Dass solche Abdrücke das bearbeitete Blech in aller Regel unbrauchbar machen, liegt auf der Hand. Dass bei der Besichtigung der angegriffenen Vorrichtung auf den hindurchgeführten Blechen keine Abdrücke der Hydraulikzylinder aufgetreten sind, hat seine Ursache lediglich darin, dass nur Blech mit einer Breite von 223 mm verwendet worden ist, das an den Hydraulikstempeln auch in der vorgefundenen Position kollisionsfrei vorbei laufen konnte.

c) Wie der gerichtliche Sachverständige zu Recht ausgeführt hat, ist das Merkmal 1 jedoch vor allem nicht verwirklicht, soweit es die Eignung der unter Schutz gestellten Vorrichtung zum Durchtakten von Blechen voraus setzt und ebenso wenig das Merkmal 5, soweit es verlangt, dass die Beschickungs- und Entnahmeöffnung zwischen den Formstücken offen bleibt. Der Verwirklichung dieser beiden Vorgaben steht entgegen, dass die angegriffene Ausführung auf ihrer Vorderseite ein Sicherheitstor aufweist (vgl. Abbildung Anlage BB 10), das nach den Ausführungen des Sachverständigen den Bediener der Anlage daran hindern soll, während des Umformvorganges in den Arbeitsraum zu greifen (Anhörungsprotokoll S. 27, Bl. 737 d.A.), und dass das Gehäuse rückseitig mit einer Tür verschlossen ist, die für einen ungehinderten Durchtritt des Bleches geöffnet werden müsste; insoweit hat der Sachverständige vom Bedienpersonal der angegriffenen Maschine jedoch die vom Kläger nicht widerlegte Information erhalten, die Maschine arbeite nur, solange das vordere Sicherheitstor und die rückseitige Gehäusetür verschlossen sind und stelle ihren Betrieb ein, sobald eine der beiden Vorrichtungen oder beide geöffnet werden. Ein Durchtakten längerer Bleche durch eine für den gesamten Bearbeitungsvorgang einschließlich Zuführung und Entnehmen des Bleches freie Öffnung ließe sich nur erzielen, wenn das vordere Sicherheitstor und die rückseitige Gehäusetür während des Umformvorganges offen bleiben könnten, und dies setzt nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Eingriffe in die Steuerung voraus (vgl. Anhörungsprotokoll S. 9/10 und 16/17, Bl. 709/710, 726, 727 d.A.). Da sich die angegriffene Vorrichtung jedoch nicht in einem entsprechenden Zustand befindet und auch keine Anzeichen dafür erkennbar sind, dass die Beklagten sie in diesen Zustand versetzen, kann er auch einer Patentverletzung nicht zugrunde gelegt werden. Den Beklagten kann nur dann eine Verletzung des Klageschutzrechtes zur Last gelegt werden, wenn sie selbst die betreffende Vorrichtung in einen Zustand hergestellt, angeboten oder in den Verkehr gebracht haben, indem sie mit der im Klagepatent unter Schutz gestellten technischen Lehre übereinstimmt (vgl. BGH, GRUR 2006, 923 - Luftabscheider für Milchsammelanlage Tz. 15 a.E.). Darauf, ob Abnehmer oder auch die Beklagten selbst entsprechende Änderungen vornehmen könnten, um die Vorrichtung in einen patentverletzenden Zustand zu versetzen, kommt es im Rahmen einer unmittelbaren Patentverletzung nicht an. Ein Durchtakten durch eine offenbleibende Beschickungs- und Entnahmeöffnung ist in dem Zustand, in dem der gerichtliche Sachverständige die Maschine bei der Beklagten vorgefunden hat, nur möglich, wenn man das Blech unter dem vorderen Sicherheitstor hindurch führt und nach dem Bearbeiten des ersten Abschnittes den Prozess unterbricht, die hintere Gehäusetür öffnet, nachdem die Maschine ausgeschaltet ist, das Blech dann weiter zieht und die Tür hinten wieder schließt, die Maschine wieder in Betrieb nimmt und dann den nächsten Abschnitt bearbeitet (vgl. Anhörungsprotokoll S. 17, Bl. 727 d.A.). Hierzu müsste das zugeführte Blech wie im Gutachten Prof. Dr. F. (Anlage BK 10 Abb. 2) dargestellt in zweifacher Weise gebogen werden, weil die Unterkante des vorderen Sicherheitstores tiefer liegt als der Pressspalt im Bearbeitungsbereich der angegriffenen Hydroformpresse. Da die angegriffene Vorrichtung keine Einrichtungen besitzt, um das Werkstück auf einem solchen gekrümmten Weg zuzuführen und zu halten (vgl. Anhörungsprotokoll S. 26, Bl. 736 d.A.), muss das Blech, wie es auch bei der Besichtigung der angegriffenen Vorrichtung geschehen ist, von Hand entsprechend gebogen und zugeführt werden. Diese ausgesprochen umständliche Bedienungsweise, die zum Einen wieder ein Unterbrechen des Produktionsprozesses zum Öffnen der rückseitigen Gehäusetür und das mühsame und auch personalaufwendige Zuführen und Entnehmen des Bleches von Hand und damit auch einen immensen Zeitaufwand erfordert, kommt für eine gewerbliche Nutzung nicht ernsthaft in Betracht; zu Recht hat auch der gerichtliche Sachverständige Zweifel daran geäußert, ob die angegriffene Vorrichtung für eine solche Betriebsweise "überhaupt gemacht" ist (vgl. Anhörungsprotokoll S. 25, Bl. 735 d.A.). Weil sich auf diese Weise allenfalls nur äußerst geringe Stückzahlen produzieren lassen und die Vorrichtung in dieser Arbeitsweise kaum wettbewerbsfähig ist, hätte es konkreter Darlegungen des Klägers dazu bedurft, dass eine solche Betriebsweise dennoch wirtschaftlich sinnvoll praktiziert werden kann.

Soweit der Kläger meint, man könne auch das vordere Sicherheitstor zusammen mit der rückwärtigen Gehäusetür öffnen, um so eine zum Durchtakten geeignete offenbleibende Beschickungs- und Entnahmeöffnung zu erhalten, führt auch das nicht zum Erfolg. In dem bei ihrer Besichtigung vorgefundenen Zustand müsste die Maschine ebenfalls abgeschaltet werden, um das Sicherheitstor öffnen zu können, und das Sicherheitstor müsste zur Durchführung des Umformvorganges wieder geschlossen werden. Dabei müsste das Blech, damit es unter dem verschlossenen Sicherheitstor hindurchgeführt werden kann, auf die bereits beschriebene doppelte Biegung gebracht werden; für eine solche intermittierende Arbeitsweise gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Dieses bei jedem Schließvorgang erneut erforderlich werdende Biegen lässt sich zwar vermeiden, indem das Sicherheitstor verkleinert und eine geradlinige Zuführung des Bleches ermöglicht wird, aber auch das ist ein nachträglicher Eingriff in die bestehende Anlage, und es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagten diesen Eingriff vornehmen werden oder entsprechende Anlagen bereits in den Verkehr gebracht haben. Dem allem kann der Kläger auch nicht mit Erfolg entgegen halten, sowohl das vordere Sicherheitstor als auch die rückseitige Gehäusetür gehörten nicht zu der in Anspruch 1 des Klagepatentes umschriebenen Vorrichtung, der sich mit Problemen der Betriebssicherheit oder der Einhausung der erfindungsgemäßen Presse nicht befasse. Auch insoweit gilt der Grundsatz, dass für die Beurteilung der Patentverletzung die angegriffene Vorrichtung als in sich geschlossene Einheit zugrunde zu legen ist, die nur in dem vorgefundenen Zustand funktionsfähig ist und nicht, wenn man das vordere Sicherheitstor und die rückseitige Gehäusetür weg lässt. Aus diesem Grund lässt sich Patentverletzung auch nicht daraus ableiten, dass der gerichtliche Sachverständige zum Schluss seiner mündlichen Erläuterungen geäußert hat (Anhörungsprotokoll S. 42; Bl. 752 d.A.), die angegriffene Vorrichtung mache, denke man sich das vordere Sicherheitstor und die rückseitige Gehäusetür hinweg, von der unter schutzgestellten technischen Lehre Gebrauch.

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Beklagten in ihren vom Kläger herangezogenen Werbeaussagen und Presseveröffentlichungen wiederholt geäußert haben, die angegriffene "P.B." könne auch Bleche im automatisierten Durchlaufbetrieb bzw. vom Coil verarbeiten (vgl. Anlage K 3-0, S. 291, 294; Anlage BK 3, S. 1 und 2; Anlage K 17, Bl. 5; Anlage BK 2, S. 21). Soweit sich die Klage gegen das Herstellen, Inverkehrbringen, Gebrauchen, und Einführen und Besitzen der angegriffenen Anlage zu den genannten Zwecken richtet, kommt es nicht darauf an, was über die angegriffene Vorrichtung in Werbeveröffentlichungen geäußert wird, sondern darauf, wie er tatsächlich beschaffen ist. Erweisen sich bei diesem Vergleich die Werbeaussagen insoweit als unzutreffend, mag dem Werbenden möglicherweise irreführende Werbung anzulasten sein, an der tatsächlich nicht vorhandenen klagepatentgemäßen Beschaffenheit der angegriffenen Vorrichtung ändert das jedoch nichts.

3. Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass die Beklagten patentverletzende Gegenstände angeboten haben. Dass konkrete Angebote an interessierte Personen unter Vorstellung des angegriffenen Gerätes gemacht worden sind, hat der Kläger nicht vorgetragen, sondern er beruft sich nur auf Aussagen der Beklagten in den genannten Unterlagen und Veröffentlichungen. Solche Unterlagen mit einer Darstellung des Gegenstandes brauchen nicht sämtliche Merkmale der patentgeschützten technischen Lehre zu zeigen, sofern deren Vorliegen aus sonstigen objektiven Gesichtspunkten zuverlässig geschlossen werden kann (BGH GRUR 2003, 1031 - Kupplung für optische Geräte; GRUR 2005, 665 - Radschützer; Senat, GRUR 2004, 417 = InstGE 3, 179 - Cholesterinspiegelsenker; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Aufl., Rdnr. 136). Dies wird in der Regel nur bejaht werden können, wenn der fragliche Gegenstand in einer patentverletzenden Ausgestaltung bereits existiert und den von dem Angebot angesprochenen Verkehrskreisen bekannt oder für sie - etwa anhand der Typenbezeichnung o.ä. Umstände - ermittelbar ist. Im vorliegenden Fall ist jedoch nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagten ein klagepatentverletzendes Gerät hergestellt und/oder in den Verkehr gebracht haben, das die von dem Angebot angesprochenen Verkehrskreise zu der Annahme bringen könnte, die genannten Werbeaussagen beträfen ein derartig ausgestaltetes Gerät. Dem steht bereits entgegen, dass das angegriffene Gerät wie vorstehend dargelegt mit der technischen Lehre des Klageschutzrechtes nicht überein stimmt. Allein die vom Kläger herangezogene Werbeaussage, die beworbene Anlage sei in der Lage, automatisiert, direkt vom Coil Bleche zu verarbeiten, lässt nicht erkennen, wie die so beschriebene Maschine im Einzelnen ausgestaltet sein soll. Dass es auch andere Möglichkeiten gibt, eine Vorrichtung zum Durchtakten von Blechen geeignet auszubilden, zeigt nicht zuletzt die Klagepatentschrift selbst, die gleich zu Beginn der Beschreibung diese Fähigkeit als grundsätzlich bekannt voraussetzt (Abs. [0001]) und nur den Aufwand zur Beherrschung der Schließkräfte bei der Bearbeitung breiter Bleche zu verringern lehrt.

4. Es bestand auch keine Veranlassung zu der vom Kläger begehrten Anordnung der Vorlage des Zwischenberichtes gemäß Anlage K 15 in einer ungeschwärzten Fassung, weil die hierfür vom Bundesgerichtshof (GRUR 2006, 962, Tz. 41 bis 43 - Restschadstoffentfernung; vgl. ferner Kühnen, a.a.O., Rdn. 362 - 365) aufgestellten Voraussetzungen nicht gegeben sind. Zwar wird dort ausgeführt, als Anlass für eine Vorlageanordnung könne es ausreichen, dass eine Benutzung des Schutzgegenstandes wahrscheinlich sei, und in Analogie zur Rechtsprechung zum materiellrechtlichen Vorlageanspruch aus § 809 BGB könne es sogar genügen, dass das Vorliegen einer Rechtsverletzung ungewiss sei. Dem Vorbringen des Klägers ist jedoch nicht zu entnehmen, dass aus diesem Zwischenbericht mehr hervor geht, als die Besichtigung der streitbefangenen Anlage durch den gerichtlichen Sachverständigen ergeben hat.

III.

Da die Berufung des Klägers erfolglos geblieben ist, hat er gemäß § 97 Abs. 1 ZPO auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen; entsprechendes gilt nach § 91a ZPO hinsichtlich der auf den erledigten Teil des Rechtsstreits entfallenden Kosten. Die insoweit geltend gemachten Besichtigungsansprüche wären dem Kläger ohne die Erledigung ebenfalls nicht zuerkannt worden. Es fehlt insoweit an der für einen Besichtigungsanspruch nach § 140c PatG als Eingangsvoraussetzung aufgestellten Wahrscheinlichkeit einer Patentverletzung. Sie bedeutet, dass zwar letztlich noch ungewiss sein darf, ob eine Rechtsverletzung vorliegt, dass aber eine Besichtigung nicht wahllos erfolgen kann, sondern konkrete Anhaltspunkte erforderlich sind, die die Möglichkeit einer Rechtsverletzung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit nahe legen. Solche Anknüpfungstatsachen, die eine gewisse Wahrscheinlichkeit begründen, können sich etwa aus der Beschaffenheit im Ausland vertriebener Parallelprodukte des Besichtigungsschuldners, aus dem Bestehen eines Industriestandards, von dem angenommen werden kann, er wird allgemein eingehalten, aus der Vermutungswirkung des § 139 Abs. 3 PatG oder daraus ergeben, dass in Bezug auf den Besichtigungsgegenstand einzelne Ausstattungsmerkmale bekannt sind und die dem Produkt zugeschriebenen Vorzüge dafür sprechen, dass auch die weiteren erfindungsgemäßen Merkmale verwirklicht werden (vgl. Kühnen, a.a.O., Rdnrn. 270 - 275). Solche Anknüpfungstatsachen hat der Kläger jedoch nicht vorgetragen. Auch die Besichtigung der angegriffenen Anlage durch den gerichtlichen Sachverständigen hat solche Anknüpfungstatsachen nicht ergeben, wie der Senat vorstehend ausführlich dargelegt hat.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Als Einzelfallentscheidung wirft die Rechtssache keine entscheidungserheblichen Fragen auf, die wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung einer Entscheidung durch den Bundesgerichtshof als Revisionsgericht bedürfen.

Dr. B. S. K.






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 19.01.2012
Az: I-2 U 9/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/ed3d9dbf2936/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_19-Januar-2012_Az_I-2-U-9-08




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