Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. April 2007
Aktenzeichen: 29 W (pat) 142/06

(BPatG: Beschluss v. 18.04.2007, Az.: 29 W (pat) 142/06)

Tenor

1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Oktober 2006 wird aufgehoben, soweit die Marke 398 10 000 für die Dienstleistungen "Erziehung und Ausbildung, alle vorgenannten Dienstleistungen bezogen auf Haustiere, Vögel und Fische" gelöscht wurde.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der Wortmarke 398 10 000 WALTHAM FOCUS, die für die Waren und Dienstleistungen

"Drucksachen aller Art, insbesondere über Haustiere, Vögel und Fische; Erziehung und Ausbildung, vorgenannte Dienstleistungen sämtlich bezogen auf den Bereich Haustiere sowie Vögel und Fische; Sammeln und Liefern von Informationen über Haustiere, Vögel und Fische; Veröffentlichung von Drucksachen aller Art, insbesondere über Haustiere, Vögel und Fische"

der Klassen 16, 38 und 41 eingetragen ist, wurde uneingeschränkt Widerspruch eingelegt aus der älteren Wortmarke 394 07 564 FOCUS, die für die Waren und Dienstleistungen

"Dienstleistungen eines Redakteurs; Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton- und Bildträger; Veranstaltung und Verbreitung von Hörfunk und Fernsehsendungen; Organisation von Veranstaltungen kultureller, wissenschaftlicher, sportlicher und auch politischer Art sowie Vermittlung von Karten für Veranstaltungen; Vermittlung von Reisen, von Unterkünften einschließlich Hotels, auch von Mietwagen; Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Schminken, Kosmetika, Haarwässer, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Rasierwässer und -cremes, Deodorants; Toilettenartikel, nämlich Toilettenpapier, Reinigungsmittel und Zahncreme; Zahnputzmittel; pharmazeutische Erzeugnisse sowie Erzeugnisse für die Gesundheitspflege, diätetische Erzeugnisse, auf der Basis von Vitaminen, von Eiweiß und/oder auf der Basis von Kohlehydraten als Nahrungsmittel für die Aufbau- oder nährstoffreduzierte, kalorienkontrollierte Ernährung, als sportliche Aufbaumittel, Vitamin- und Mineral- sowie spurenelementhaltige auch stimulierende Aufbaupräparate o. ä.; Waren aus unedlen Metallen, soweit in Klasse 6 enthalten, Schilder aus Metall und/oder Kunststoff; Anstecknadeln, modische Accessoires, nämlich Schnallen, Schlösser bzw. Schließen aus Metall und/oder Kunststoff; motorgetriebene Werkzeug-Maschinen, insbesondere motorgetriebene Werkzeuge als Handwerker- und Hobbywerkzeuge; Messerschmiedewaren, Gabeln, Löffel; handbetätigte Werkzeuge und Geräte; Übertragung von Signalen; Magnetaufzeichnungsträger; Lautsprecher, elektronische Verstärker; Edelmetalle und deren Legierungen; Juwelierwaren; Edelsteine; Uhren und andere Zeitmessinstrumente; Modeschmuck insbesondere Manschettenknöpfe, Krawattennadeln, Armbänder, Broschen, Anstecknadeln, Ohrringe; Schmuckgegenstände (soweit in Klasse 14 enthalten); Aschenbecher; Musikinstrumente; Druckschriften, Zeitungen und Zeitschriften, Bücher, Poster, Aufkleber, Kalender, Photographien; Schreibwaren, Klebstoffe (für Papier- und Schreibwaren), Schreibmaschinen- und Büroartikel, nämlich nichtelektrische Bürogeräte, Schreibgeräte, Kugelschreiber, Füllfederhalter; Lehr- und Unterrichtsmittel auch in Form von Modellen und Anschauungstafeln; Ledergürtel; kleine handbetätigte Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall); Bürsten; Glaswaren, Porzellan und Steingut (soweit in Klasse 21 enthalten); Web- und Wirkstoffe; Bett- und Tischdecken; Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Handtücher, Frottee-Textilien (soweit in Klasse 25 enthalten); Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten, Spielzeug, nämlich Spielzeugautos, Modellautos; Spiele, Computer-Spiele; Biere; Fruchtgetränke; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; milchhaltige Getränke; Spirituosen; Rohtabak und Tabakfabrikate; Raucherartikel, nämlich Zigarrenabschneider, Zigaretten- und Zigarrenspitzen, Streichhölzer, Feuerzeuge; Beherbergung; Verpflegung und Unterbringung von Gästen; Betrieb von Gymnastik- und Fitnessanlagen und Freizeitparks sowie Spielbanken; Betrieb von Fan-Clubs"

der Klassen 3, 5, 6, 7, 8, 9, 14, 15, 16, 18, 21, 24, 25, 26, 28, 29, 30, 32, 33, 34, 36, 38, 39, 41 und 43 eingetragen ist.

Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die jüngere Marke mit Beschluss vom 4. Oktober 2006 antragsgemäß gelöscht. In der Begründung wird ausgeführt, dass die Waren der angegriffenen Marke "Drucksachen aller Art, insbesondere ..." mit den "Druckschriften, Zeitungen und Zeitschriften, Büchern" der Widerspruchsmarke ohne Weiteres identisch seien. Enge Ähnlichkeit bestehe zwischen den von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen "Veröffentlichung von Drucksachen aller Art, insbesondere ..." und denen der Widerspruchsmarke "Dienstleistungen eines Redakteurs; Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton- und Bildträger". Insoweit gebe es deutliche Gemeinsamkeiten im Hinblick auf Art, Gegenstand, Einsatzzweck, Erbringung, Inanspruchnahme, mögliche thematische Ausrichtung, Organisationsstruktur der Anbieterbetriebe und wirtschaftliche Bedeutung. Es handle sich um Leistungen, die im Medienbereich von denselben Unternehmen erbracht und eingesetzt oder als sich ergänzende Angebote miteinander in Berührung kommen könnten. Auch wiesen "Erziehung und Ausbildung, vorgenannte Dienstleistungen sämtlich bezogen auf den Bereich Haustiere sowie Vögel und Fische" mit den Waren und Dienstleistungen "Druckschriften; Organisation von Veranstaltungen kultureller, wissenschaftlicher, sportlicher und auch politischer Art" der Widerspruchsmarke deutliche Übereinstimmungen bis hin zur Identität auf. Angebote für Ausbildung und Schulung würden häufig durch schriftliches Unterrichts- oder Informationsmaterial ergänzt. Im Hinblick darauf, dass die Widerspruchsmarke im Medienbereich umfangreich verwendet werde, komme ihr im Verhältnis zur unbenutzten jüngeren Marke jedenfalls eine gute Position zu. Den danach erforderlichen großen Abstand zur Widerspruchsmarke halte die angegriffene Marke nicht ein. Zwar unterschieden sich die einander gegenüberstehenden Zeichen in ihrer maßgeblichen Gesamtheit durch den Bestandteil "Waltham". Gleichwohl bestehe unter dem Gesichtspunkt der Markenusurpation Verwechslungsgefahr. Außerdem habe sich die Inhaberin der jüngeren Marke auf eine eigene Zeichenserie mit dem unterscheidungskräftigen Fantasiebegriff "Waltham" berufen, weshalb der hinzugefügte Bestandteil "Focus" in der jüngeren Marke seine selbstständig kennzeichnende Stellung behalte.

Hiergegen hat die Markeninhaberin Beschwerde eingelegt. Sie hat das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis wie folgt eingeschränkt:

Klasse 16: Fachpublikationen für Tierärzte, bezogen auf Haustiere, Vögel und Fische;

Klasse 41: Erziehung und Ausbildung, Sammeln und Liefern von Informationen, Veröffentlichung von Fachpublikationen für Tierärzte, alle vorgenannten Dienstleistungen bezogen auf Haustiere, Vögel und Fische.

Sie ist der Auffassung, dass der Widerspruchsmarke, wenn überhaupt, höchstens bei politischen Nachrichtenmagazinen eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zukomme. Bei den übrigen Waren und Dienstleistungen liege wegen des beschreibenden Sinngehalts im Sinn von "Brennpunkt, Gegenstand des Interesses" nur eine geringe Unterscheidungskraft vor. Angesichts der nunmehr noch beanspruchten Spezialwaren und -dienstleistungen, die sich wegen ihres eng umgrenzten Themenbereichs nur an das Fachpublikum wendeten, bestehe nur eine entfernte Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit. Denn die einander gegenüberstehenden Druckerzeugnisse unterschieden sich hinsichtlich ihrer betrieblichen Herkunft, ihrer Vertriebsstätte und ihres Einsatzzwecks. Noch weiter entfernt seien die einander gegenüberstehenden Dienstleistungen. Denn das Zusammenstellen von veterinärmedizinischen Publikationen und Informationen erfordere andere Kompetenzen als die Veröffentlichung allgemeiner Magazine oder die Dienstleistungen eines Redakteurs mit generell mehr journalistischem als fachlichem Schwerpunkt. Dies gelte erst recht für die Leistungen der Erziehung und Ausbildung für den speziellen, veterinärmedizinischen Sektor, der nur noch entfernt ähnlich zu den allgemeinen Leistungen kultureller oder gar sportiver Art oder zu den Druckschriften der Widersprechenden sei.

Danach sei der Abstand zwischen den Marken noch ausreichend, um für das Fachpublikum eine Differenzierung zu gewährleisten. Eine Markenusurpation liege nicht vor, da einer selbstständig kennzeichnenden Stellung des Bestandteils "Focus" dessen lediglich beschreibende Funktion entgegenstehe.

Im Übrigen verweist die Markeninhaberin auf eine von ihr unter deutschen Veterinärmedizinern durchgeführte Umfrage, die nicht zu Verwechslungen geführt habe.

Die Markeninhaberin beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Oktober 2006 aufzuheben.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie bezweifelt, dass die von der Markeninhaberin vorgenommene Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses wirksam ist. Im Übrigen ist sie der Auffassung, dass die Beschränkung an der Identität beziehungsweise engen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen nichts ändere. Eine Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke liege nicht vor, da der Begriff "Brennpunkt", der der Bezeichnung "Focus" entspreche, keine thematische Vorgabe für Zeitschriften enthalte und auch sonst keine Sachangabe der Druckereierzeugnisse sei. Aufgrund der umfassenden Verwendung der Widerspruchsmarke für das weithin bekannte Nachrichtenmagazin habe bereits im Zeitpunkt der Anmeldung der jüngeren Marke eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke vorgelegen. Zwischen den Vergleichszeichen bestehe jedenfalls mittelbare Verwechslungsgefahr, da Teile der Verkehrskreise eine wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Widersprechenden und der Markeninhaberin sehen würden. Zumindest komme dem Bestandteil "Focus" in der angegriffenen Marke eine selbstständig kennzeichnende Stellung zu.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, soweit die Markenstelle die angegriffene Marke für "Erziehung und Ausbildung, alle oben genannten Dienstleistungen bezogen auf Haustiere, Vögel und Fische" gelöscht hat. Zwischen diesen Dienstleistungen und den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke besteht keine Ähnlichkeit. Im Übrigen war die Beschwerde aber zurückzuweisen. Zwar besteht zwischen den Vergleichszeichen keine unmittelbare Verwechslungsgefahr. Da aber der Bestandteil "FOCUS" in der jüngeren Marke neben dem weiteren Bestandteil "WALTHAM" seine selbstständige kennzeichnende Stellung beibehält, besteht angesichts der identischen bzw. im Bereich engster Ähnlichkeit liegenden Waren für die angesprochenen Verkehrskreise die Gefahr, dass die einander gegenüberstehenden Marken i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Bei dem Begriff der Verwechslungsgefahr handelt es sich um einen einer Beweisaufnahme nicht zugänglichen Rechtsbegriff, bei dessen Beurteilung es nicht darauf ankommt, ob tatsächlich Verwechslungen vorgekommen sind (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl. 2006, § 9 Rn. 10, 16). Daher ist die von der Markeninhaberin durchgeführte Befragung bei einigen wenigen Veterinärmedizinern unbehelflich. Sie ist auch in keiner Weise repräsentativ für den Nachweis einer gegenteiligen Verkehrsauffassung.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und der Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; GRUR Int. 1998, 875, 876 f. - Canon; BGH GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling; GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder; GRUR 2006, 60 ff. - Rn. 12 - coccodrillo; GRUR 2006, 859 ff. - Rn. 16 - Malteserkreuz).

1. Benutzungsfragen sind vorliegend nicht angesprochen, so dass für die Frage der Identität oder Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen von der Registerlage in der Fassung auszugehen ist, die das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der jüngeren Marke durch die zulässige Einschränkung erhalten hat. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden bestehen insoweit keine Bedenken, da sie nur eine Konkretisierung der ursprünglich allgemeiner beanspruchten Waren und Dienstleistungen bedeutet. "Fachpublikationen für Tierärzte, bezogen auf Haustiere, Vögel und Fische" beschränkt die ursprünglich beanspruchten Waren "Drucksachen aller Art, insbesondere über Haustiere, Vögel und Fische" nach ihrer Gattung von allgemeinen Drucksachen auf Fachliteratur, also in zulässiger Weise auf ein bestimmtes Segment. Eine Eingrenzung in der Art, dass die betroffenen Waren bestimmte Merkmale nicht aufweisen, liegt danach nicht vor (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 ff., Rn. 114 - 117 - Postkantoor). Gleiches gilt für die darauf bezogenen Veröffentlichungsdienstleistungen. Bezüglich der übrigen Dienstleistungen stellt die neue Formulierung "Erziehung und Ausbildung, Sammeln und Liefern von Informationen, alle vorgenannten Dienstleistungen bezogen auf Haustiere, Vögel und Fische" gegenüber dem ursprünglichen Wortlaut "Erziehung und Ausbildung, vorgenannte Dienstleistungen sämtlich bezogen auf den Bereich Haustiere sowie Vögel und Fische; Sammeln und Liefern von Informationen über Haustiere, Vögel und Fische" keine inhaltliche Änderung, insbesondere keine unzulässige Erweiterung dar.

1.1. Die Waren der jüngeren Marke "Fachpublikationen für Tierärzte, bezogen auf Haustiere, Vögel und Fische" sind entgegen der Auffassung der Markeninhaberin mit den "Druckschriften, Zeitungen und Zeitschriften, Büchern" der Widerspruchsmarke ohne Weiteres identisch. Denn Fachpublikationen erfolgen regelmäßig durch Druckschriften, insbesondere durch Fachzeitungen und -zeitschriften oder durch Bücher. Soweit die Markeninhaberin darauf abstellt, dass sich das von der Widersprechenden herausgegebene Magazin von den Fachpublikationen der jüngeren Marke hinsichtlich ihrer betrieblichen Herkunft, ihrer Vertriebsstätte und ihres Einsatzzwecks unterscheide, übersieht sie, dass es nicht darauf ankommt, wie die Marken tatsächlich im Verkehr eingesetzt werden, sondern nur darauf, welche Waren und Dienstleistungen im Register eingetragen sind (vgl. Ströbele/Hacker MarkenG, 8. Aufl. 2006, § 9 Rn. 56, 71 jeweils m. w. N.).

1.2. Für die Frage der Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs auf alle erheblichen Faktoren abzustellen, die das Verhältnis der Waren und Dienstleistungen zueinander kennzeichnen. Dies sind insbesondere ihre Beschaffenheit, ihre regelmäßige betriebliche Herkunft, ihre regelmäßige Vertriebsart, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung, ihre wirtschaftliche Bedeutung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte. Wenn sie in diesen Bereichen so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die angesprochenen Verkehrskreise meinen könnten, die einander gegenüber stehenden Waren oder Dienstleistungen würden unter der Kontrolle desselben Unternehmens oder von einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Betrieb hergestellt, vertrieben oder erbracht, das für ihre Qualität verantwortlich ist, besteht eine markenrechtlich relevante Ähnlichkeit (vgl. EuGH GRUR 1998, 922 ff. - Canon; BGH WRP 2004, 357 ff. - GeDIOS; GRUR 1999, 731 ff. - Canon II; GRUR 1999, 586 ff. - White Lion; Ströbele/Hacker MarkenG, 8. Aufl. 2006, § 9 Rn. 44). Stehen sich Dienstleistungen einerseits und Waren andererseits gegenüber, so ist es für deren Ähnlichkeit maßgeblich, ob bei den beteiligten Verkehrskreisen der Eindruck entstehen kann, diese Waren und Dienstleistungen unterlägen der Kontrolle desselben Unternehmens. Hierbei kommt es darauf an, dass bei Beachtung der objektiven Branchenverhältnisse unterstellt werden kann, dass die beteiligten Verkehrskreise annehmen, dass Warenhersteller oder -vertreiber einerseits und Dienstleistungsunternehmen andererseits sich jeweils auch auf dem anderen Gebiet eigenständig gewerblich betätigen (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O., § 9 Rn. 83).

Zwischen den Dienstleistungen "Sammeln und Liefern von Informationen, über Haustiere, Vögel und Fische, alle vorgenannten Dienstleistungen bezogen auf Haustiere, Vögel und Fische" der jüngeren Marke und den "Dienstleistungen eines Redakteurs" besteht eine engste Ähnlichkeit. Denn das Recherchieren, also das Sammeln und Liefern von Informationen, gehört zum Berufsbild eines Redakteurs. Enge Ähnlichkeit besteht auch zwischen den Dienstleistungen "Veröffentlichung von Fachpublikationen für Tierärzte, alle vorgenannten Dienstleistungen bezogen auf Haustiere, Vögel und Fische" der jüngeren Marke und den Waren "Druckschriften, Zeitungen und Zeitschriften, Bücher" der Widerspruchsmarke, da beides untrennbar zum Kernbereich der Tätigkeit von Verlagen gehört, also zwangsläufig der Kontrolle desselben Unternehmens unterliegt. Bezüglich der von der Markeninhaberin betonten Unterschiede zwischen der von der jüngeren Marke erfassten Dienstleistungen im Bereich tierärztlichen Fachpublikationen und den in Verbindung mit politischen Magazinen zu erbringenden Dienstleistungen wird auf das oben Gesagte Bezug genommen.

1.3. Keine Ähnlichkeit besteht dagegen zwischen den Dienstleistungen "Erziehung und Ausbildung, alle vorgenannten Dienstleistungen bezogen auf Haustiere, Vögel und Fische" und den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke. Dass Organisatoren von Veranstaltungen kultureller, wissenschaftlicher, sportlicher und politischer Art eigenständige auf Erziehung, also auf Persönlichkeitsbildung gerichtete Dienstleistungen anbieten oder Ausbildungsleistungen für Dritte erbringen, konnte nicht festgestellt werden, ebenso wenig bei Herstellern von Lehr- und Unterrichtsmaterialien.

2. Die Widerspruchsmarke ist für die hier relevanten Waren und Dienstleistungen uneingeschränkt geeignet, als Herkunftshinweis zu dienen, sie hat daher eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Von einer verringerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für die Waren "Druckschriften, Zeitungen und Zeitschriften, Bücher" kann nicht ausgegangen werden. Auch die Bedeutung "Brennpunkt" des Begriffs "FOCUS" hat keinen konkreten Inhaltsbezug. Allenfalls besteht ein Anklang an ein redaktionelles Konzept.

Ob der Widerspruchsmarke für Zeitschriften eine erhöhte Kennzeichnungskraft zukommt, kann dahinstehen. Denn auch bei normaler Kennzeichnungskraft muss die jüngere Marke zur Widerspruchsmarke wegen der Identität bzw. der engen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen einen großen Abstand einhalten, was hier aber nicht der Fall ist.

3. Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Marken ist nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Um die Markenähnlichkeit zu bejahen, reicht in der Regel bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche aus (vgl. EuGH GRUR 1998, 387, 390 Tz. 23 - Sabèl/Puma; BGHZ 139, 340, 347 - Lions; BGH GRUR 2006, 60 ff. - coccodrillo). Maßgeblich für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist dabei der Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen (BGH a. a. O. - Malteserkreuz Rn. 17). Denn auch der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke normalerweise als Ganzes wahr und achtet nicht auf verschiedene Einzelheiten.

3.1. Hiervon ausgehend scheidet vorliegend eine unmittelbare Verwechslungsgefahr in klanglicher, schriftbildlicher und begrifflicher Hinsicht aus aufgrund des Bestandteils "Waltham" in der jüngeren Marke aus, die in der älteren Marke keine Entsprechung hat.

3.2. Allerdings kann der Gesamteindruck einer Marke auch durch einen einzelnen Bestandteil geprägt werden, wenn die übrigen Markenbestandteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können. Dies kann für den Bestandteil "Focus" der jüngeren Marke nicht angenommen werden, da es sich bei "Waltham" um einen kennzeichnungsstarken Fantasiebegriff handelt, so dass keine Gründe ersichtlich sind, warum dieser in der Wahrnehmung der Verkehrskreise zurücktreten sollte.

3.3. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin besteht hier aber Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Markenusurpation i. S. d. der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu "Thomson Life" (GRUR 2005, 1042 ff.) und des Bundesgerichtshofs zu "Malteserkreuz" (GRUR 2006, 859 ff.). Danach kann bei identischen Waren oder Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr für das Publikum bestehen, wenn das streitige Zeichen durch die Verbindung einer Unternehmensbezeichnung eines Dritten mit einer normal kennzeichnungskräftigen eingetragenen Marke gebildet wird und letztere in dem zusammengesetzten Zeichen, ohne allein seinen Gesamteindruck zu prägen, eine selbstständig kennzeichnende Stellung behält (EuGH a. a. O., Rn. 30; BGH a. a. O., Rn. 18; vgl. auch BGH GRUR 2002, 171, 174 - Marlboro-Dach; GRUR 2004, 865, 866 - Mustang). Bei Identität dieses selbstständig kennzeichnenden Bestandteils mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang kann das Vorliegen von Verwechslungsgefahr zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH a. a. O., Rn. 31). Wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, löst der durch das jüngere Zeichen hervorgerufene Gesamteindruck beim Publikum die Vorstellung aus, die fraglichen Waren oder Dienstleistungen stammten zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen (EuGH a. a. O., Rn. 31).

So liegt der Fall auch hier. Die angegriffene Marke stimmt zum Einen mit der Widerspruchsmarke nicht in dem einem Unternehmenskennzeichen hinzugefügten Teil überein. Vielmehr wurde der übereinstimmende Teil dem kennzeichnungskräftigen weiteren Bestandteil "Waltham" hinzugefügt. Dies führt aber nicht dazu, dass deshalb die Verwechslungsgefahr zu verneinen ist. Die berechtigten Interessen der Abnehmer und Mitbewerber an einer irrtumsfreien Zuordnung der Produkte zu einem Herkunftsbetrieb sowie die Eigentumsrechte des Inhabers der älteren Marke sind nicht nur dann berührt, wenn ein weiterhin kennzeichnungskräftiges Zeichen mit dem Firmenkennzeichen des Inhabers eines jüngeren Zeichens zu einer neuen Marke verbunden wird. Sie werden in gleichem Maße tangiert, wenn eine gedankliche Verbindung zwischen den Marken hergestellt wird, die Anlass zu Verwechslungen gibt (vgl. BPatG GRUR 2003, 64 ff. - T-Flexitel/FLEXITEL). Ein derartiger Anlass besteht, wenn die ältere Marke in der jüngeren Marke ihre selbstständig kennzeichnende Stellung beibehält, mit anderen Worten dort ihre Hauptfunktion nicht einbüßt. Diese besteht darin, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie es ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung ohne Verwechslungsgefahr von denjenigen anderer Herkunft zu unterscheiden (EuGH a. a. O., Rn. 23 m. w. N., BPatG a. a. O.). Dem Schutz der Herkunftsfunktion dient die Löschung verwechselbarer Zeichen (EuGH a. a. O., Rn. 24). Um den absoluten Schutz umfassend zu gewährleisten, den eine eingetragene Marke gewährt, erstreckt er sich auch auf solche Fälle, in denen die weiterhin selbstständig kennzeichnende ältere Marke die jüngere weder prägt noch dominiert (EuGH a. a. O., Rn. 30 - 33). Für die Frage, ob die ältere Marke ihre Herkunftsfunktion verliert, kann es daher auch nicht darauf ankommen, ob sie einem Unternehmenskennzeichen, einem bekannten Handelsnamen oder einer bekannten Marke hinzugefügt wird. Vielmehr ist dies allein anhand der Vergleichsmarken zu beurteilen. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs enthält insoweit keine abschließende Aufzählung, sondern führt nur Beispiele an. Ausgehend von der Vorlagefrage, die sich auf den Fall einer Unternehmensbezeichnung bezog (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2004, 322 - THOMSON-LIFE), hat der Europäische Gerichtshof als weitere Möglichkeiten, in denen die usurpierte Marke ihre selbstständig kennzeichnende Stellung nicht verliert, die Verbindung mit einem bekannten Handelsnamen oder mit einer bekannten Marke genannt. Verliert aber die ältere Marke ihre Kennzeichnungsfunktion sogar dann nicht, wenn der weitere, nicht mit ihr übereinstimmende Teil dominiert (EuGH a. a. O., Rn. 34), dann folgt daraus, dass sie diese Stellung auch dann behält, wenn sie einem wie hier kennzeichnungskräftigen Bestandteil in der jüngeren Marke hinzugefügt wird. Andernfalls könnte der in Art. 5 Abs. 1 MarkenRichtl, § 14 Abs. 1, 2 MarkenG gewährte Schutz allein dadurch unterlaufen werden, dass der älteren Marke beliebige weitere Bestandteile hinzugefügt werden. Auch der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung "Malteserkreuz" (a. a. O.) für die Frage der selbstständig kennzeichnenden Stellung nicht darauf abgestellt, welchen weiteren Bestandteilen die ältere Marke in der jüngeren hinzugefügt wurde, sondern allein auf den mit der älteren Marke übereinstimmenden bzw. ähnlichen Teil.

Eine selbstständig kennzeichnende Stellung der älteren Marke ist allerdings dann nicht gegeben, wenn sie ihre Hinweisfunktion in der jüngeren Markevollständig verliert. Dies ist dann der Fall, wenn die ältere Marke mit den anderen Bestandteilen der jüngeren Marke in einer Aussage oder einem Begriff so zusammenwirkt, dass eine Herausnahme aus der Aussage oder dem Begriff nicht möglich ist, ohne deren Sinn zu zerstören. Eine solche Konstellation liegt hier aber nicht vor.

Damit ist eine selbstständig kennzeichnende Stellung der älteren Marke "FOCUS" in der jüngeren Marke "WALTHAM FOCUS" zu bejahen, so dass - insbesondere auch, weil "FOCUS" das Firmenschlagwort der Inhaberin der älteren Marke ist - bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Vorstellung ausgelöst wird, die fraglichen Waren und Dienstleistungen stammten zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen.

Diese Gefahr der gedanklichen Verbindung der Vergleichszeichen wird nicht dadurch wieder beseitigt, dass die einander gegenüberstehenden Dienstleistungen nicht vollständig identisch sind. Da sie üblicherweise von denselben Unternehmen oder unter deren Kontrolle erbracht werden und sich in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und in ihrem Nutzen für die angesprochenen Verkehrskreise entsprechen, besteht auch für diese im engsten Ähnlichkeitsbereich liegenden Dienstleistungen die Gefahr, dass sie irrtümlich der Inhaberin der jüngeren Marke zugeordnet werden. Daher ist die Beschwerde im Umfang der identischen und eng ähnlichen Waren und Dienstleistungen zurückzuweisen.

4. Eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen war nicht veranlasst, § 71 Abs. 1 MarkenG.

5. Auch eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst, da die vorliegende Entscheidung nicht von in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs entwickelten Rechtsgrundsätzen abweicht.

Baumgärtner Fink Dr. Mittenberger-Huber WA






BPatG:
Beschluss v. 18.04.2007
Az: 29 W (pat) 142/06


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