Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Oktober 2006
Aktenzeichen: 33 W (pat) 266/04

(BPatG: Beschluss v. 24.10.2006, Az.: 33 W (pat) 266/04)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. September 2004 aufgehoben.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 9. Dezember 2003 die Wortmarke PicTanfür die Dienstleistung

"Veranlassung von mobilen Zahlungen"

angemeldet worden. Nach Beanstandung durch die Markenstelle hat der Anmelder das Dienstleistungsverzeichnis in

"Veranlassung von Abbuchungen von einem Konto auf ein anderes Konto mit Hilfe mobiler Endgeräte"

geändert.

Durch Formalbeschluss vom 27. September 2004 hat die Markenstelle für Klasse 36 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung ist auf den Beanstandungsbescheid vom 7. Juli 2004 Bezug genommen worden. Darin wird ausgeführt, die Anmeldemarke weise beschreibend darauf hin, dass es sich bei den in Rede stehenden Dienstleistungen um Tätigkeiten auf dem Gebiet von Abbuchungen von einem Konto auf ein anderes mittels mobiler Endgeräte, wie z. B. einem Handy, handele. Derartige Zahlungsmethoden seien schnell, kostengünstig und zuverlässig jederzeit durchzuführen. Ansonsten wird in dem Beanstandungsbescheid allgemein auf Internetseiten der Firma A... verwiesen. Auf diesen wird ein Verfahren mit vielen Anwendungen für die mobile Authentifizierung bei Bezahlvorgängen am Point of Sale (POS) mit dem Namen "Matrix PicTAN" vorgestellt. Die Firma wirbt u. a. damit, dass dieses System das bargeldlose Bezahlen nicht nur höchst komfortabel mache, sondern vor allem auch absolut zuverlässig und fälschungssicher sei. Im weiteren Text wird auch der Begriff "PicTAN" in Alleinstellung verwendet.

Gegen diese Entscheidung hat der Anmelder Beschwerde eingelegt, mit der er beantragt, vor Absetzen einer Entscheidung einen Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen.

In der Beschwerdebegründung wird ausgeführt, dass das Unternehmen A... den Begriff "PicTan" zur Bezeichnung eines von ihr vertriebenen Verfahrens mit Zustimmung des Beschwerdeführers verwende, der ausweislich des beigefügten Handelsregisterauszugs Geschäftsführer der Firma sei. Die Anmeldemarke bestehe zwar aus den unter Umständen freihaltungsbedürftigen Bestandteilen "Pic" als Abkürzung für das englische Wort "picture" und "Tan" als Kürzel für den im Rahmen von Homebanking verwendeten Ausdruck "Transaktionsnummern". In ihrer Gesamtheit seien sie jedoch als solches nicht ohne weiteres erkennbar, zumal die Abkürzung für Transaktionsnummern aus Großbuchstaben bestehe ("TAN") und sie zudem nicht als geläufig anzusehen sei. Daher erwecke die in der Anmeldemarke vorkommende Buchstabenfolge "Tan" eher den Eindruck eines abgeschlossenen Wortes, nicht jedoch den einer Abkürzung. Es seien demzufolge komplizierte gedankliche Operationen notwendig, um der beanspruchten Bezeichnung im Hinblick auf die angemeldeten Dienstleistungen eine beschreibende Bedeutung entnehmen zu können. An einer zum Nachdenken anregenden sowie an einer neuartigen und sprachunüblichen Wortfolge bestehe jedoch kein Freihaltungsbedürfnis.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1. Der Beschwerdeführer hat zwar keinen konkreten Antrag auf Aufhebung des angegriffenen Beschlusses gestellt. Ein solcher ist jedoch für die Zulässigkeit einer Beschwerde nicht erforderlich. Fehlt ein Antrag, muss von einer Anfechtung des Beschlusses in vollem Umfang ausgegangen werden (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Auflage, § 66, Rdnr. 33).

Eine mündliche Verhandlung war trotz des nicht hilfsweise gestellten Antrags seitens des Beschwerdeführers entbehrlich, da dem mit der Beschwerde verfolgten Begehren entsprochen wurde (vgl. Schulte, Patentgesetz mit EPÜ, 7. Auflage, § 78, Rdnr. 18). Im Übrigen erklärte sich der Vertreter des Beschwerdeführers auf Nachfrage damit einverstanden, dass auf eine mündliche Verhandlung in diesem Fall verzichtet wird.

2. Der Senat hält die angemeldete Marke für hinreichend unterscheidungskräftig, so dass ihrer Eintragung nicht das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht. Hierbei ist von dem geänderten Dienstleistungsverzeichnis "Veranlassung von Abbuchungen von einem Konto auf ein anderes Konto mit Hilfe mobiler Endgeräte" auszugehen, da es sich lediglich um eine Konkretisierung und nicht um eine unzulässige Erweiterung handelt.

Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Dienstleistungen, zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist. Kann einer Wortmarke ein für die fraglichen Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice).

Den danach an die Unterscheidungskraft einer Marke zu stellenden Anforderungen wird die angemeldete Bezeichnung jedoch gerecht. Weder kann ihr ein eindeutiger, im Vordergrund stehender beschreibender Bedeutungsgehalt zugeordnet werden noch sind Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass sie nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden wird.

a) Die englischsprachige Anmeldemarke lässt sich unabhängig von Groß- oder Klein- bzw. Zusammenschreibung der beiden Bestandteile "Pic" und "Tan" als Gesamtbegriff lexikalisch nicht nachweisen (vgl. LEO-Wörterbuch unter "http://dict.leo.org/ende€lp=ende&lang=de&searchLoc=0&cmpType=relaxed§-Hd..."; Abkürzungsverzeichnis unter "http://www.abkuerzungen.de/noresult.php€-language=de&abbreviation=PicTAN"; Wikipedia unter "http://de.wikipedia.org/wiki-/Spezial:Search€search=Pic+TAN&fulltext=Suche"). Das erste Element "Pic" weist die Bedeutungen "Foto" und "Film" auf (vgl. Pons Großwörterbuch, Englisch-Deutsch, 1. Auflage, Seite 656). In der Praxis wird die vom englischen Wort "picture" (vgl. Pons, a. a. O., Seite 657) abgeleitete Abkürzung "Pic" auch als Umschreibung für Bild gebraucht (vgl. LEO-Wörterbuch unter "http://dict.leo.org-/ende€lp=ende&lang=de&searchLoc=0&cmpType=relaxed§Hdr=on&spellToler=on&search=Pic&relink=on"; Pixel-Quelle-Magazin unter "http://magazin.pixelquelle.de/fotokurs/Fotos_am_Computer_aufpeppen.php"; Google-Trefferliste unter "http://www.google.de/search€hl=de&q=Pic&btnG=Google-Suche&meta=cr%3-Dcoun...").

Der weitere Bestandteil "Tan" kann zwar u. a. auch mit "braun werden" oder "Sonnenbräune" übersetzt werden (vgl. Pons, a. a. O., Seite 930). Doch in Verbindung mit der angemeldeten Dienstleistung liegt die Interpretation als Kürzel für "Trans Action Number" (vgl. Abkürzungsverzeichnis unter "http://www.abkuerzungen.de/result.php€abbreviation=TAN&language=de&style=stan...") oder "Transaktionsnummer" (vgl. Wikipedia unter "http://de.wikipedia.org/wiki/Transaktionsnummer") sehr viel näher. Es handelt sich hierbei um ein Einmalpasswort, das im Rahmen des Onlinebanking zur Anwendung kommt. Gerade heutzutage werden Bankgeschäfte vermehrt per Datenfernübertragung (z. B. Internet oder Direkteinwahl bei der Bank) abgewickelt, bei der die TAN die Funktion einer elektronischen Unterschrift übernimmt (vgl. Wikipedia unter "http://de.wikipedia.org/wiki/Electronic_Banking"). Die von der angemeldeten Dienstleistung angesprochenen Verkehrskreise müssen mit den Grundbegriffen des Electronic Banking vertraut sein, so dass ihnen die Bedeutung des Bestandteils "Tan" bekannt sein wird. Hierbei spielt die Groß- oder Kleinschreibung entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keine Rolle, da die Buchstabenfolge als solche klar erkennbar bleibt und der Verkehr - wie sich auch den Fundstellen im Internet entnehmen lässt (vgl. Abkürzungsverzeichnis unter "http://www.abkuerzungen.de/result.php€abbreviation=Tan&language=de&style=stand..." und "http:-//www.abkuerzungen.de/result.php€abbreviation=tan&language=de&style-=stand...") - der Schreibweise kaum maßgebliche Bedeutung beimessen wird.

Insgesamt vermittelt die Anmeldemarke damit den Sinngehalt "Picture Trans Action Number", "Foto-Transaktionsnummer" oder "Bild-Transaktionsnummer".

b) Nach den Recherchen im Internet konnte festgestellt werden, dass die Bezeichnung "PicTAN" lediglich von der Firma B... in Verbindung mit der angemeldeten Dienstleistung verwendet wird. Auch Recherchen nach der Anmeldemarke in Groß- bzw. Kleinschreibung oder - aufgrund der konkreten Darstellung nicht fernliegend - mit Leerzeichen im Internet führten immer wieder zu der oben genannten Firma. Es wurden zwar weitere Fundstellen ermittelt, doch wiesen sie keinen Bezug zu der beanspruchten Tätigkeit auf.

Die B... gebraucht die Anmeldemarke konkret in Zusammenhang mit einem mobilen Authentifizierungssystem zum bargeldlosen Bezahlen am POS. Dieses ist dadurch gekennzeichnet, dass der Kunde mit einem Anruf bei seinem Kreditinstitut sein Kontingent an PicTANs - immer maximal drei auf einmal, die er sich als einzelne Bild-SMS auf sein Handy oder PDA schicken lässt - ordert (vgl. Infoseiten des Unternehmens unter "http://www.matrixsolutions.de/pp_process.html"). Demzufolge sollen die beiden Bestandteile der Anmeldemarke andeuten, dass die TAN im Rahmen des Short Message Service (vgl. Wikipedia unter "http://de.wikipedia.org/wiki/Sms") nicht in Textform als Folge einzelner Ziffern, sondern als komplettes Bild an den Kunden auf sein Handy übermittelt wird.

Die teilweise beschreibende Verwendung des Begriffs "PicTAN" durch die Firma ("Ist ein PicTAN verbraucht, wird dem Kunden automatisch ein neuer PicTAN zugesandt.") schließt die Eignung der Anmeldemarke, vom Verkehr als Herkunftshinweis aufgefasst zu werden, nicht aus.

Zum einen wird ein unbefangener Verbraucher die Bezeichnung "PicTan" nicht ohne weiteres als eindeutig beschreibende Angabe ansehen. Sie kann auch die Vorstellung hervorrufen, dass ein Bild und eine TAN übermittelt werden, die TAN bildlich ausgestaltet oder in einem, weitere Elemente aufweisenden Bild enthalten ist. Auch ist die Verknüpfung der Begriffe "Bild" einerseits und "Transaktionsnummer" bzw. "Passwort/Geheimnummer" andererseits nicht aus sich heraus verständlich, sondern regt zum Nachdenken an. Dies vor allem auch deshalb, weil bei der angemeldeten Dienstleistung nicht die Übermittlung eines zur Betrachtung gedachten Bildes, sondern die Bereitstellung eines Passwortes oder einer Geheimnummer in einem eigentlich für Bilder gedachten Format im Vordergrund steht. Zudem ist gerade in Zusammenhang mit der beanspruchten Tätigkeit eine eindeutige Sinninterpretation nur bedingt möglich. Unter Veranlassung von Abbuchungen von einem Konto auf ein anderes Konto mit Hilfe mobiler Endgeräte fallen vielfältige Aktionen, bei der die Übersendung einer TAN nicht im Mittelpunkt steht. Insofern bedarf es zusätzlicher Überlegungen, um der Anmeldemarke einen offensichtlichen Sachhinweis entnehmen zu können. Die Unterscheidungskraft ist jedoch umso eher zu bejahen, je unklarer und verschwommener eine mögliche Gesamtaussage erkennbar wird (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8, Rdnr. 92).

Zum anderen ist die Möglichkeit, mit Hilfe einer SMS eine TAN zu erhalten und mit dieser anschließend einen Zahlungsvorgang durchzuführen, noch nicht weit verbreitet. So verschickt nach den bisher vorliegenden Rechercheergebnissen die Postbank per SMS TANs zur Abwicklung von Überweisungsvorgängen. Hierfür wird jedoch die Bezeichnung mTAN oder SMSTAN verwendet (vgl. Wikipedia unter "http://de.wikipedia.org/wiki/Transaktionsnummer"). Der Begriff "PicTan" ist in diesem Zusammenhang nicht gebräuchlich. Die Verwendung durch die B... kann hierbei unberücksichtigt bleiben, da sie dem An- melder zuzurechnen ist. Wie sich aus dem der Beschwerdebegründung beigefügten Handelsregisterauszug vom 10. August 2004 ergibt, ist er Geschäftsführer der C..., die wie- derum persönlich haftende Gesellschafterin der B... ist. Laut Gesellschaftsvertrag darf er Insichgeschäfte abschließen und könnte somit die Marke auch auf die B... übertragen oder ihr eine Lizenz einräumen. Somit ist unabhängig von der Schreibweise ein Allgemeininteresse an der Bezeichnung "PicTan" zu verneinen. Diese Tatsache spricht ebenfalls für die Unterscheidungskraft der Anmeldemarke (vgl. BPatG GRUR 2004, 333 - ZEIG DER WELT DEIN SCHÖNSTES LÄCHELN).

Die Anmeldemarke ist damit als "sprechendes" Zeichen anzusehen, das in noch ausreichendem Umfang als eigenartig und damit unterscheidungskräftig erscheint.

3. Wie sich aus den bereits bei der Unterscheidungskraft erwähnten Fundstellen ergibt, benötigen die Mitbewerber des Anmelders die gegenständliche Bezeichnung nicht. Des Weiteren sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass in Zukunft ein solches Freihaltungsbedürfnis entstehen wird. Insofern liegen auch die Voraussetzungen des Schutzhindernisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht vor.

Andere absolute Schutzhindernisse sind nicht ersichtlich, so dass der Beschwerde stattzugeben war.






BPatG:
Beschluss v. 24.10.2006
Az: 33 W (pat) 266/04


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