Finanzgericht Münster:
Beschluss vom 10. Juli 2012
Aktenzeichen: 11 Ko 3705/11 KFB

(FG Münster: Beschluss v. 10.07.2012, Az.: 11 Ko 3705/11 KFB)

Tenor

Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

Die Erinnerungsführerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Gründe

I.

Streitig ist, ob eine Geschäftsgebühr zur Hälfte auf eine nach der Steuerberatergebührenordnung (StBGebV) entstandene Verfahrensgebühr anzurechnen ist.

In dem Verfahren 11 K 2192/11 E vor dem Finanzgericht (FG) Münster wurden nach Erledigung der Hauptsache mit Beschluss vom 05.10.2011 dem Erinnerungsgegner (Eg) die Kosten des Verfahrens aufgelegt und mit Beschluss vom 12.10.2011 die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt.

Die Erinnerungsführerin (Efin) beantragte mit Schriftsatz vom 10.10.2011 folgende Kostenfestsetzung:

1. Vorverfahren

Gegenstandswert 3.244,11 €

(2000: 607,91 €

2001: 544,04 €

2002: 560,16 €

2003: 545,00 €

2004: 967,00 €

11,5/10 Geschäftsgebühr

§ 40 Abs. 2, 5 StBGebV 249,55 €

Gebühren für Post und Telekommunikationsleistungen

(§ 16 StBGebV) 20,00 €

Zwischensumme 269,55 €

19 % Umsatzsteuer (§ 15 StBGebV) 51,21 €

Summe 1 320,76 €

2. Klageverfahren Gegenstandswert 3.244,11 €

1,6 Verfahrensgebühr § 45 StBGebV

§§ 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 3200, 1008 VV 347,20 €

1,0 Erledigungsgebühr, § 45 StBGebV

§§ 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 1003 VV 217,00 €

Gebühren für Post und Telekommunikationsleistungen

(§ 45 StBGebV, Nr. 7001 f VV) 20,00 €

Zwischensumme 584,20 €

19 % Umsatzsteuer (§ 45 StBGebV Nr. 7008 VV) 111,00 €

Summe 2 692,20 €

Gesamtsumme 1.015,96 €.

Mit Beschluss des FG Münster vom 12.10.2011 hat der/die Urkundsbeamte/in der Geschäftsstelle die zu erstattenden Kosten auf 391,84 € festgesetzt. Zur Begründung hat er/sie ausgeführt, dass sich der Streitwert nach der steuerlichen Auswirkung bei der ESt richte und im vorliegenden Verfahren 1.968,82 € betrage. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Beschluss verwiesen. Zur weiteren Begründung hat er/sie ausgeführt, dass die Geschäftsgebühr zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr im gerichtlichen Verfahren anzurechnen sei. Des Weiteren sei eine Erledigungsgebühr nicht entstanden. Nach diesem Beschluss berechnen sich die Kosten wie folgt:

1. Vorverfahren

11, 5/10 Geschäftsgebühr 152,95 €

Auslagen 20,00 €

2. Klageverfahren

1,6 Verfahrensgebühr 212,80 €

Anrechnung ½ Geschäftsgebühr ./. 76,47 €

Auslagen 20,00 €

Gesamt 329,28 €

Umsatzsteuer, 19 v.H. 62,56 €

Gesamt 391,84 €

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 12.10.2011 verwiesen, der sich in der beigezogenen Gerichtsakte in dem Verfahren 11 K 2192/11 E vor dem FG Münster befindet.

Hiergegen hat die Efin. mit Schriftsatz vom 17.10.2011 Erinnerung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass nach der StBGebV eine Geschäftsgebühr nicht auf die Verfahrensgebühr anzurechnen sei. Der Wortlaut des RVG sei eindeutig und beziehe sich nur auf die anwaltliche Geschäftsgebühr nach den Nummern 2300 bis 2303 RVG VV. § 40 StBGebV enthalte keinen Hinweis auf das RVG. Es handele sich um eine völlig selbstständige Vorschrift für das Rechtsbehelfsverfahren. Die sinngemäße Anwendung der Vorschrift des RVG sei ausdrücklich auf die Vergütung des Steuerberaters im gerichtlichen Verfahren beschränkt (§ 45 StBGebV). Die §§ 40 ff. StBGebV sähen keinen Hinweis auf das RVG vor, da sie nicht das gerichtliche Verfahren beträfen. Sie seien - anders als § 45 StBGebV - im 6. Abschnitt der StBGebV geregelt. Die sinngemäße Anwendung der Vorschriften der RVG bezöge sich gemäß § 45 StBGVO eben gerade nicht auf das Vorverfahren. Die Verfahren, für die die sinngemäße Anwendung in Frage komme, seien in § 45 StBGebV abschließend aufgezählt. Mithin könne es sich bei der Geschäftsgebühr für das Vorverfahren nicht um eine Geschäftsgebühr i.S.v. Nr. 2300 ff. RVG VV handeln. Dies wäre aber Voraussetzung für eine hälftige Anrechnung.

Die Efin. weist weiter darauf hin, dass es eine entsprechende Anrechnungsvorschrift auch in der BRAGO gegeben habe, ohne dass diese jahrzehntelang auf Steuerberater angewandt worden sei. Es seien keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des RVG etwas daran ändern wollte. Gebührenminderungstatbestände seien im Übrigen in § 40 Abs. 2 bis 4 und 6 StBGebV enthalten. Eine Anwendung der Anrechnungsvorschrift des RVG würde wegen der speziellen Gebührenminderungsvorschriften zu einer doppelten Anrechnung bei Steuerberaten führen, die nicht sachgerecht sei und für die es keine Rechtsgrundlage gäbe.

Würde man die Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG auf die Geschäftsgebühr des § 40 StBGebV anwenden, würde dies nicht zu einer Gleichbehandlung, sondern zu einer Schlechterstellung der Steuerberater gegenüber Rechtsanwälten führen. Schließlich müsse die besondere Struktur der Finanzgerichtsbarkeit in ihrem lediglich zweistufigen Aufbau berücksichtigt werden. Nach Ansicht des Gesetzgebers sei die Tätigkeit vor dem FG vergleichbar mit der Tätigkeit vor einem Rechtsmittelgericht, da die Struktur des FG dem eines Rechtsmittelgerichts entspräche. Das Vorverfahren vor der Verwaltungsbehörde habe deshalb die Funktion eines ersten Rechtszuges. Zudem sei ohne Vorverfahren eine Klage vor dem FG nicht zulässig (§ 44 Abs. 1 FGO). Für eine Anrechnung von Gebühren des ersten Rechtszuges auf die Gebühren des Berufungsgerichts gebe es keine Rechtsgrundlage.

II.

Für die Entscheidung über die Erinnerung ist gemäß § 79a Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 4 FGO nicht der Senat, sondern der Berichterstatter zuständig.

Zwar enthält § 149 FGO für Erinnerungen gegen die Festsetzung des Kostenerstattungsanspruchs - anders als § 66 des Gerichtskostengesetzes - GKG - für Erinnerungen gegen den Ansatz der Gerichtskosten - keine ausdrückliche Zuweisung an den Einzelrichter.

Die gesetzliche Zuständigkeit des Berichterstatters für die Entscheidung über Kosten (§ 79 a Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 4 FGO) erstreckt sich jedoch auch auf die Entscheidung über Erinnerungen, sofern die Kostenentscheidung im vorbereitenden Verfahren durch den Berichterstatter getroffen worden ist (so FG Münster Beschluss vom 07.06.2010 - 9 Ko 647/10 KFB, EFG 2010, 2021). Dies war hier der Fall.

Zur Begründung verweist das Gericht auf die ausführlich begründeten Beschlüsse des FG des Saarlandes vom 29. Juli 1994, 2 S 69/94 (EFG 1995, 379) und des FG Düsseldorf vom 07. Februar 2001, 14 Ko 583/01 (DStRE 2001, 1131). Dabei ist insbesondere hervorzuheben, dass nach der Gegenauffassung für die Zuständigkeitsvorschrift des § 79a Abs. 1 Nr. 5 FGO (Entscheidung „über Kosten“) kein eigener Anwendungsbereich verbliebe, da die Kostengrundentscheidung in Fällen der Klagerücknahme bzw. Hauptsacheerledigung bereits unter § 79a Abs. 1 Nr. 2 oder 3 FGO fiele. Dies entspricht auch der ganz herrschenden Meinung in Finanzgerichtsbarkeit und Literatur (vgl. nur die Beschlüsse des FG Baden- Württemberg vom 01. Juni 1993 6 Ko 3/92, EFG 1994, 52; vom 07. Januar 1994, 6 Ko 6/92, EFG 1994, 669, und vom 27. August 2007 8 Ko 1/07, EFG 2007, 1972, unter V.; FG Münster, Beschluss vom 21. April 1994 6 Ko 6774/93, EFG 1994, 671; Seer in Tipke/Kruse, § 79a FGO Tz. 11, Stand Februar 2009; Brandis in Tipke/Kruse, § 149 FGO Tz. 21, Stand Januar 2010; Thürmer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 79a FGO Rz. 82, Stand Juni 2009).

Dieser instanzgerichtlichen Rechtsprechung der Finanzgerichtsbarkeit hat sich zur Parallelvorschrift des § 87a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO ) auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) angeschlossen (BVerwG-Beschluss vom 13. März 1995 4 A 1/92, NJW 1995, 2179, unter II 1.).

Zum Parallelproblem der Zuständigkeit für Erinnerungen gegen Gerichtskostenfestsetzungen (vor Schaffung der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 66 GKG) wurde von der überwiegenden Meinung zudem dieselbe Auffassung vertreten (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Dezember 1993, 6 Ko 12/93, EFG 1994, 668; FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04. Januar 1996, 6 Ko 5/94, EFG 1996, 560; Niedersächsisches FG, Beschluss vom 09. Februar 2001, 2 Ko 16/99, EFG 2001, 654).

Der Senat ist nur dann zuständig, wenn die Kostenentscheidung nicht im vorbereitenden Verfahren ergeht, d.h. insbesondere dann, wenn bereits die Kostenentscheidung in einem Senatsbeschluss enthalten war (vgl. hierzu FG Münster, Beschluss vom 07. November 2002, 15 Ko 4204/02, EFG 2003, 345).

Soweit in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung teilweise die Gegenauffassung vertreten wird (FG Bremen, Beschluss vom 15. Dezember 1994, 2 94.238 E2, EFG 1995, 381; FG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 08. Mai 2006, 4 Ko 269/06, EFG 2006, 1344; Gräber/Koch, FGO, 6. Aufl. 2006, § 79a Rd. 15; Just, DStR 2008, Beihefter zum Heft 40, 77), vermag das Gericht dem aus den genannten Gründen nicht zu folgen. Weitere in diesem Zusammenhang genannte Entscheidungen, in denen scheinbar die Gegenauffassung vertreten wird, sind im Streitfall schon deshalb nicht einschlägig, weil in den dortigen Fällen entweder bereits die Kostenentscheidung durch den Senat getroffen war (FG Bremen, Beschluss vom 03. November 1993, 2 93.079 E2, EFG 1994, 162; FG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19. Sept. 1995 II 1/95 Ko, EFG 1996, 149), oder weil die Entscheidungen Erinnerungen nach dem GKG vor Inkrafttreten des § 66 GKG betrafen (FG Bremen, Beschluss vom 08. Dezember 1993 2 93,322 E2, EFG 1994, 305).

III.

Die Erinnerung ist unbegründet. Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss ist rechtmäßig.

Die Efin. kann vom Eg. nur die Erstattung von einer um die Hälfte der für die Vertretung im außergerichtlichen Vorverfahren nach § 40 StBGVO entstandenen 11,5/10 Geschäftsgebühr (76,47 €) gekürzten 1,6 Verfahrensgebühr verlangen. Der/die erkennende Berichterstatter/in folgt insoweit den Rechtsauffassungen des FG Köln, Beschluss vom 30. Juli 2009, 10 Ko 1450/09 EFG 2009, 1857; des Niedersächsischen FG, Beschlüsse vom 06. Juli 2010, 3 Ko 6/10 NVBZ - RR 2010, 704 und vom 28. Februar 2011, 16 Ko 7/10, Nachweis in juris; des Hessischen FG, Beschluss vom 26. Februar 2010, 11 Ko 103/10 RVG Report 2010, 308 und des FG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Mai 2012, 11 Ko 3244/11 KF, Nachweis in juris.

1. Nach § 139 Abs. 1 und 3 FGO gehören zu den erstattungsfähigen Kosten auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendung einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. Gemäß § 139 Abs. 3 Satz 1 FGO sind gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistandes, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO nur erstattungsfähig, wenn das Gericht - wie im Streitfall geschehen - die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt.

2. Nach § 45 StBGebV sind auf die Vergütung eines Steuerberaters im Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit die Vorschriften des RVG sinngemäß anzuwenden. Nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Teil 3 VV RVG - welcher u.a. die Gebührentatbestände im Verfahren der öffentlich rechtlichen Gerichtsbarkeit, mithin auch der Finanzgerichtsbarkeit regelt - wird eine wegen desselben Gegenstands nach den Nummern 2300 bis 2303 entstandene Geschäftsgebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Die Anrechnung erfolgt nach dem Wert des Gegenstands, der auch Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist. Im Streitfall führt die Anwendung dieser Regelung dazu, dass auf die Verfahrensgebühr eine halbe Geschäftsgebühr kürzend anzurechnen war.

a) Die Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG findet auch im finanzgerichtlichen Verfahren Anwendung. Soweit hiergegen eingewandt wird, dass die Vorbemerkung nicht anwendbar sei, da die Anrechnungsvorschrift ausschließlich auf eine Nr. 3100 VV RVG entstandene Verfahrensgebühr anwendbar sei, nicht aber auf die im finanzgerichtlichen Verfahren entstandene Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG, weil das FG seiner Struktur nach ein Obergericht sei und die höheren Gebühren gerechtfertigt seien, weil das FG die erste und gleichzeitig die letzte Tatsacheninstanz und die Tätigkeit des Rechtsanwalts im finanzgerichtlichen Verfahren mithin nicht vergleichbar mit seiner Tätigkeit vor den sonstigen erstinstanzlichen Gerichten sei, vermag der/die Berichterstatter/in dem nicht zu folgen. Auch dem Einwand, dass eine Anrechnung der Verfahrensgebühr der ersten gerichtlichen Instanz auf die Verfahrensgebühr der Berufungsinstanz nicht vorgesehen sei und mithin die Anrechnung einer im Vorverfahren nach Nr. 2300 ff. VV RVG entstandenen Gebühr auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG sinnwidrig sei, vermag sich der/die Berichterstatter/in nicht anzuschließen. Denn die Vorbemerkung 3 VV RVG ist dem Teil 3 des VV RVG - anders als die weiteren Vorbemerkungen zu den jeweiligen Abschnitten dieses Teils - insgesamt vorangestellt, so dass sie auch für den gesamten Teil 3 - mithin auch für die Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG - Geltung beansprucht. Im Übrigen handelt es sich bei der Anrechnung nicht um eine Anrechnung von Gebühren eines erstinstanzlichen Verfahrens auf die eines zweitinstanzlichen, sondern um die von der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG gerade bezweckte Anrechnung einer entstandenen Gebühr für das außergerichtliche Vorverfahren auf die des nachfolgenden Gerichtsverfahrens. Der Grund für die Anrechnung besteht nach der Gesetzesbegründung gerade darin, dass sowohl die Geschäftsgebühr für das finanzbehördliche Vorverfahren als auch die Verfahrensgebühr für das anschließende gerichtliche Verfahren in einem bestimmten Umfang dieselbe Tätigkeit entgelten. Durch die Anrechnung soll deshalb verhindert werden, dass der Anwalt für die betreffende Tätigkeit doppelt honoriert wird (BT-Drucksache 16/12717, S. 58f).

b) Die Efin. vermag auch nicht mit Erfolg einzuwenden, eine Anrechnung sei im Streitfall ausgeschlossen, weil die Geschäftsgebühr für die Vertretung im außergerichtlichen Vorverfahren nicht auf der Grundlage der Nr. 2300 bis 2303 VV RVG entstanden ist, sondern auf § 40 StBGebV beruhe. Auch wenn der Wortlaut der Bestimmung nur die Anrechnung einer nach den Nr. 2300 bis 2303 VV RVG entstandenen Geschäftsgebühr vorsieht, so ergibt sich aus der in § 45 StBGebV vorgeschriebenen sinngemäßen Anwendung der Vorbemerkung 3 Abs.4 VV RVG auch auf Steuerberatervergütungen im finanzgerichtlichen Verfahren, dass eine Anrechnung auch dann zu erfolgen hat, wenn die Geschäftsgebühr für das außergerichtliche Vorverfahren auf der Grundlage von § 40 StBGebV entstanden ist (ebenso FG Köln Beschluss vom 30. Juli 2009, 10 Ko 1450/09 EFG 2009, 1857; Niedersächsisches FG, Beschlüsse vom 06. Juli 2010, 3 Ko 6/10 NVBZ - RR 2010, 704 und vom 28. Februar 2011, 16 Ko 7/10, Nachweis in juris; Hessisches FG, Beschluss vom 26. Februar 2010, 11 Ko 103/10 RVG Report 2010, 308 und FG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Mai 2012, 11 Ko 3244/11 KF, Nachweis in juris). Denn der Geschäftsgebühr eines Rechtsanwalts nach Nr. 2300 bis 2303 VV RVG entspricht die Geschäftsgebühr des Steuerberaters nach § 40 StBGebV und beide Berufsgruppen sind hinsichtlich der im finanzgerichtlichen Verfahren zu berücksichtigenden Gebühren nach § 45 StBGebV gleich zu behandeln.

c) Auch der Einwand der Efin., dass auf Grund der Gebührenminderungstatbestände der Absätze 2 bis 4 und 6 des § 40 StBGebV bereits Abschläge vorgenommen würden, die im Falle der Anwendung der Anrechnungsvorschrift des RVG zu einer doppelten Anrechnung bei Steuerberatern führen würden, kann im vorliegenden Fall nicht gefolgt werden. Es ist zwar zutreffend, dass im vorliegenden Verfahren nach § 40 Abs. 2 StBGebV die Geschäftsgebühr mit einem ermäßigten Mittelsatz von 11,5/10 in Ansatz zu bringen war, da bereits eine Gebühr nach § 28 StBGebV angefallen war. Eine entsprechende Regelung enthält aber auch das RVG. Gemäß Nr. 2301 VV RVG beträgt die Geschäftsgebühr für einen Rechtsanwalt, bei dem eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist, eine theoretische Mittelgebühr von 9/10, wegen der amtlichen Anmerkung II aber nur 7/10 (s. Hartmann, Kostengesetze, 41. Auflage 2011 Nr. 2301 VV RVG Rz. 4 mit weiterem Nachweis). Hieraus wird ersichtlich, dass sich im vorliegenden Fall keine Schlechterstellung bei der Abrechnung nach der StBGebV ergibt. Der von der Efin. aufgeführte Beispielsfall, wonach die Steuererklärung erst im Einspruchsverfahren eingereicht worden ist (z.B. in Schätzungsfällen) war vorliegend nicht zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Gerichtskosten sind in Ermangelung eines gesetzlichen Gebührentatbestandes nicht zu erheben.






FG Münster:
Beschluss v. 10.07.2012
Az: 11 Ko 3705/11 KFB


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