Landgericht Köln:
Urteil vom 8. Mai 2002
Aktenzeichen: 84 O 33/02

(LG Köln: Urteil v. 08.05.2002, Az.: 84 O 33/02)

Tenor

Die einstweilige Verfügung vom B. März 2002 wird aufgehoben; der auf ihren Erlaß gerichtete Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung durch die Antragsgegnerin gegen Sicherheitsleistung von 3.000,00 abwenden, sofern nicht die Antragsgegnerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe erbringt.

Gründe

Die Parteien vermitteln Telefonate im Festnetz, wobei die Antragsgegnerin Pre-Selection-Betreiberin ist.

Die Antragstellerin ist Inhaberin der Farbmarke "N", die unter dem 12. 9. 2000 eingetragen wurde; die Farbe benutzt die Antragstellerin für ihre und ihrer Tochtergesellschaften "Corporate Identity".

Aufgrund des nachfolgend in schwarzweiß wiedergegebenen Prospektes der Antragsgegnerin erwirkte die Antragstellerin gegen diese im Beschlußwege die folgende einstweilige Verfügung:

... Die Antragsgegnerin hat es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu Euro 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Dienstleistungen der "T" mit der Aussage: "Mit '0' geht's los... Die einfachste Art, Telefonkosten zu sparen!" und / oder mit der Farbe N zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn dies wie in dem nachfolgend wiedergegebenen Prospekt (dieser im Original farbig) geschieht:

- Es folgt eine Abbildung -

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Streitwert: Euro 100.000

Die Antragstellerin behauptet, daß die Aussage "Mit "0" geht's los ...Die einfachste Art Telefonkosten zu sparen!" eine preisliche Alleinstellungswerbung darstelle. Dem angesprochenen Verkehr werde mit dieser Aussage suggeriert, daß er bei jedem Gespräch, das mit der "0" beginnt, durch Inanspruchnahme der Dienstleistungen der Antragsgegnerin auf "einfachste Art", d.h. gleichsam automatisch, Telefonkosten einsparen könne. Dies sei aber unzutreffend, weil die Antragsgegnerin nicht dauerhaft die günstigsten Tarife anbiete; auch die Antragstellerin sei gegenüber dem Minutenpreis der Antragsgegnerin von 2,9 Cent im Tarifbereich "City", soweit das Gespräch über das Ortsnetz hinausgehe, mit einem rechnerischen Minutenpreis von 1,55 Cent günstiger.

Die Verwendung der Farbe "N" in dem Prospekt für die "0" auf der Titelseite und für die in dieser Weise farblich hervorgehobene Werbung "Special-Tarif 2002 Türkei 24 Cent" auf der ersten Innenseite stelle eine Verletzung ihrer Marke "N" dar. Die Farbe "N" habe sich im Verkehr bei Telekommunikationsdienstleistungen als Hinweis auf die Antragstellerin und deren Tochterunternehmen durchgesetzt und werde vom Verkehr mit der Antragstellerin jedenfalls in Zusammenhang gebracht.

Nach Widerspruch beantragt die Antragstellerin,

die einstweilige Verfügung zu bestätigen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

wie erkannt,

hilfweise ihr eine Aufbrauchfrist von 8 Wochen einzuräumen.

Die Antragsgegnerin behauptet, daß der angegriffene Slogan lediglich eine wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstandende bloße reklamehafte Anpreisung darstelle. Die Farbe "N" bzw. "Pink" sei in dem Prospekt nicht kennzeichenmäßig benutzt worden und werde deshalb vom Verkehr nicht als Hinweis auf die Antragstellerin verstanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die einstweilige Verfügung war aufzuheben, weil ihr Erlaß angesichts des weiteren Vortrags der Parteien nicht gerechtfertigt war.

Wegen des Slogans auf der Titelseite des Prospekts besteht kein Anspruch aus § 3 UWG, weil er keine irreführende Behauptung enthält. In dem angegriffenen Slogan sieht die Kammer keine Berühmung der Antragsgegnerin dahingehend, daß sich mit der Antragsgegnerin am preisgünstigten telefonieren lasse. Es wird lediglich in reklamehafter Manier auf eine Möglichkeit verwiesen, Telefonkosten sparen zu können, soweit eine mit "0" beginnende Einwahlnummer vorgewählt bzw. voreingestellt wird. Auf diese Voreinstellung im Wege der Pre-Selection bezieht sich ersichtlich "die einfachste Art". Tatsächlich sind die Tarife der Antragsgegnerin, und zwar schon aufgrund der Abrechnung im Sekundentakt, vielfach preisgünstiger als etwa diejenigen der Antragstellerin.

Der Verbraucher versteht die Aussage aber nicht dahingehend, daß die Antragsgegnerin für jedes Telefonat den preisgünstigsten Tarif bietet. Es wird vielmehr nur allgemein auf eine Möglichkeit verwiesen, Telefonkosten zu sparen, ohne gleichzeitig auch nur mittelbar zu versichern, daß über die Antragsgegnerin bei jedem oder nahezu jedem Telefonat auf diese Weise gegenüber der Antragstellerin und allen übrigen Anbietern Telefonkosten gespart werden können. Aufgrund des inflationären Gebrauchs des Begriffs "Sparen" in der Werbung ist es der Verbraucher gewohnt, hiermit nur den Hinweis auf einen günstigen Preis, nicht aber den Hinweis auf den günstigsten Preis zu verbinden; von der Notwendigkeit, Preise zu vergleichen, sieht er sich durch die werbliche Verwendung des Wortes "Sparen" nicht entlastet. Nicht anders verhält es sich im vorliegenden Fall, zumal die Aussage "Die einfachste Art Telefonkosten zu sparen!" grafisch gegenüber dem Eingangssatz "Mit "0" geht's los..." in keiner Weise hervorgehoben, sondern eher erheblich zurückgenommen erscheint.

Soweit in der angegriffenen Werbung die "0" auf der Titelseite sowie auf der ersten Innenseite der Hinweis auf den Spezialtarif für Gespräche in die Türkei dadurch hervorgehoben sind, daß. sie gegenüber der sonstigen schwarzen Schrift und in Blautönen gehaltenen Aufmachung in Pink erscheinen, sieht die Kammer hierin keine Verletzung der für die Antragstellerin geschützten Farbmarke. Zwar liegt der verwendete Farbton, zumal wenn keine Möglichkeit besteht, ihn unmittelbar mit der Farbe "N" vergleichen zu können, sehr nahe an der Farbmarke der Antragstellerin. Der Unterlassungsanspruch aus § 14 Markengesetz würde jedoch voraussetzen, daß die Antragsgegnerin den von ihr verwendeten Farbton kennzeichenmäßig benutzt hätte; dies ist jedoch nicht der Fall. Denn die Verwendung von Pink für die einzelne Ziffer "0" bzw. für den sich am unteren Rande der ersten Innenseite befindlichen Hinweis wird vom Verkehr nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der angebotenen Dienstleistungen verstanden, sondern als dekoratives Element in der Werbung, mit dem, ein Blickpunkt geschaffen wird und die Aufmerksamkeit des Betrachters geweckt und geleitet wird.

Dabei erfolgt diese Aufmerksamkeitssteigerung mittels der -äußerst sparsamen - Verwendung der Farbe Pink in einem andersfarbigen, nämlich blauen Umfeld. Zwar mag der eine oder andere Betrachter des Prospekts aufgrund des verwendeten Pinks an das werbliche Auftreten der Antragstellerin und ihrer Tochterfirmen unter Verwendung der Farbe N denken; daß er jedoch angesichts des Pinks in dem Prospekt der Antragsgegnerin zugleich annimmt, daß es sich um eine Werbung der Antragstellerin oder einer ihrer Tochterfirmen handelt oder daß jedenfalls auf Dienstleistungen dieser Unternehmen Bezug genommen wird, diese Annahme liegt angesichts der sonstigen Aufmachung des Prospekts, die sich aufgrund der durchgängigen Herausstellung der Farbe Blau und des mit einem gelben Ball unterlegten Firmenlogos der Antragsgegnerin auf der Titelseite grundlegend von der Werbung der Antragstellerin und ihrer Töchter unterscheidet, fern.

In der Verwendung der Farbe Pink für wenige Elemente des Prospekts kann auch keine unzulässige Rufausbeutung gesehen werden, so daß ein Unterlassungsanspruch auch nicht aus § 1 UWG begründet ist. Die bloße Assoziation eines Betrachters des Prospekts dahingehend, daß die Antragstellerin in ihrer Werbung einen dem Pink ganz ähnlichen Farbton verwendet, bedeutet nicht, daß er zugleich Güte- und Wertvorstellungen, die er möglicherweise im Hinblick auf die Antragstellerin hat, auf die Antragsgegnerin überträgt; die Werbung der Antragsgegnerin gibt hierzu keinerlei Anlaß.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 6 ZPO.






LG Köln:
Urteil v. 08.05.2002
Az: 84 O 33/02


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