Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Mai 2009
Aktenzeichen: 33 W (pat) 17/09

(BPatG: Beschluss v. 05.05.2009, Az.: 33 W (pat) 17/09)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bezeichnung PreFlightist am 6. November 2007 für die Dienstleistung "Marktforschung" (Klasse 35) zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patentund Markenamts hat in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die Markenanmeldung wegen fehlender Schutzfähigkeit zurückgewiesen.

Nach Auffassung der Markenstelle stellt die angemeldete Marke im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen eine schutzunfähige Angabe dar, der die Unterscheidungskraft fehlt. Der Verkehr werde die angemeldete Bezeichnung "PreFlight" naheliegend mit "vor dem Flug" übersetzen. Damit werde die Dienstleistung "Marktforschung" hinsichtlich ihres möglichen Inhalts unmittelbar beschrieben, nämlich als Marktforschung, die vor dem Flug stattfinde. Zwar handele es sich bei der Marktforschung um eine zahlreiche Vorgänge umfassende Dienstleistung, doch sei die "systematische Beschaffung von marktrelevanten Informationen und Tatbeständen der Gegenwart im Hinblick auf die Beantwortung von Marketingfragen" jedenfalls ein Bestandteil der Dienstleistung, und zwar unabhängig davon, ob sie von einzelnen Marktforschungsunternehmen auf andere Firmen übertragen würden. Folglich verstehe der Verkehr die angemeldete Marke als bloßen Sachhinweis dahingehend, dass im Rahmen der "Marktforschung" Informationen über das Verhalten der Passagiere "vor dem Flug" beschafft würden. Der Umstand, dass der Begriff "Preflight" ein Fachausdruck für Sicherheitsmaßnahmen "vor dem Flug" sei, bedeute nicht, dass er nicht auch für andere Bereiche verwendet werden könne, die vor einem Flug stattfinden würden, zumal der Begriff nicht nur dort verwendet werde, sondern auch im Computerbereich bei der Kontrolle vor dem Drucken. Es könne ein "Preflightshopping" in den Geschäften des Flughafens geben. Folglich sei auch eine Marktforschung vor Flügen denkbar.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die sinngemäß beantragt, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die angemeldete Marke einzutragen.

Der angefochtene Beschluss gehe davon aus, dass Marktforschung "vor dem Flug" erfolgen könne, was unzutreffend sei. Dieser Auffassung der Markenstelle liege anscheinend eine laienhafte Vorstellung zugrunde, was Marktforschung sei. Die Dienstleistung "Marktforschung" richte sich an Verkehrskreise, denen bewusst sei, regelmäßig 10.000,--Euro und mehr für die Erbringung dieser Dienstleistung ausgeben zu müssen. Eine derart teure Dienstleistung könne nicht mal eben "vor dem Flug" erbracht werden. Bei der Beurteilung komme es im Übrigen auf das Sprachverständnis des inländischen Publikums an. Der Begriff "Preflight" bzw. "Preflight-Check" sei ein Fachausdruck auf dem Gebiet der Flugsicherheit. Er sei nur Fachleuten auf diesem Gebiet, nicht aber dem hier maßgeblichen inländischen Verkehr bekannt. Von diesem werde "Preflight" in naheliegender Weise mit "Vorflug" übersetzt. Da es neben einem "Flug" einen "Vorflug" nicht gebe, erscheine der Begriff hinreichend fantasievoll und damit eintragungsfähig.

Im Verfahren hat die Anmelderin in Bezug auf das Dienstleistungsverzeichnis mehrere Hilfsanträge gestellt. Zuletzt hat sie das Dienstleistungsverzeichnis unter Zurücknahme der zuvor gestellten Anträge beschränkt auf "Marktforschung für die chemische Industrie".

Mit der Terminsladung sind der Anmelderin Unterlagen einer Recherche des Senats übermittelt worden zur Verwendung des Begriffs "preflight".

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache keinen Erfolg. Die angemeldete Bezeichnung stellt nach der Erkenntnis des Senats in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen eine beschreibende Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar, der zudem die Unterscheidungskraft fehlt, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die Anmeldung war deshalb von der Markenstelle zu Recht zurückgewiesen worden.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Nach der Rechtsprechung des EuGH verfolgt die mit Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 (Markenrichtlinie) übereinstimmende Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass sämtliche Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreiben können, von allen frei verwendet werden können. Solche Zeichen oder Angaben dürfen deshalb nicht aufgrund einer Eintragung nur für ein Unternehmen monopolisiert werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725 (Nr. 25) "Chiemsee"; GRUR 2004, 146, 147 (Nr. 31) "DOUBLEMINT"; GRUR 2004, 674, 676 (Nr. 54, 56) "Postkantoor"; GRUR 2004, 680, 681 (Nr. 35 -36) "BIOMILD"; vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 176 m. w. N.). In diesem Sinne ist die Bezeichnung "PreFlight" nach Auffassung des Senats beschreibend.

Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 23 ff.). Bei der vorliegend beanspruchten Dienstleistung "Marktforschung für die chemische Industrie" sind insbesondere die für Marketing verantwortlichen Personen in den Unternehmen der chemischen Industrie angesprochen.

Die angemeldete englischsprachige Bezeichnung hat als Adjektiv die Bedeutung "vor dem Flug" und als Verb die Bedeutung "ein Flugzeug für den Flug vorbereiten" (vgl. THE OXFORD ENGLISH DICTIONARY, Second Edition 1989). Ferner handelt es sich bei dem Wort "Preflight" um einen gängigen Begriff aus der EDV. Ein Preflight ist ein softwareseitiges Simulieren des Ausgabeprozesses auf einen Drucker. Schließlich werden Begriffe wie "Pre-Flight" bzw. "Pre-Flight-Bereich" insbesondere auch verwendet im Zusammenhang mit den Bereichen bzw. Zeiten auf Flughäfen, in denen die Fluggäste auf ihren Abflug warten. In diesem Zusammenhang wird u. a. von "Pre-Flight-Wartezeiten", "Pre-Flight-Services" oder "Pre-Flight Dining" gesprochen (siehe dazu die der Anmelderin mit der Terminsladung übermittelten Rechercheunterlagen, Anlage 3, Bl. 98/107 d. A.). Dort ist in diesem Zusammenhang z. B. wörtlich ausgeführt (siehe Bl. 105 d. A.):

"Hot Trend: Airline Lounges erleben in jüngster Zeit ein nachdrückliches Tradingup. Im Wettstreit um die attraktive Zielgruppe der Premium-Kunden entdecken immer mehr Airlines (aber auch Flughafen-Gesellschaften) das Thema "Pre-Flight Services" als Marketing-Instrument mit großen Potenzialen. Es geht um Komfort und Convenience schon vor dem Flug, exklusiv und auf Top-Niveau. Unser exemplarischer europäischer Rundblick schließt einen Ausflug in den Mittleren Osten ein: Auch hier sind jüngst allerlei Vorzeige-Lounges entstanden."

In diesem Sinne wird der Begriff auch von den angesprochenen Fachverkehrskreisen aus dem Bereich der Chemie in einem entsprechenden Kontext ohne weiteres erfasst und verstanden werden, zumal Englisch dort die dominierende Fachsprache ist. Angesichts dieser tatsächlichen Verwendung erscheint der Begriff "Preflight" (oder auch "Pre Flight" bzw. "Pre-Flight") im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen geeignet, deren Merkmale i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, und zwar Art, Beschaffenheit und Bestimmung hinreichend konkret zu beschreiben, insbesondere den "Gegenstand der Marktforschung". Es kann hierbei um die Erforschung des Kaufund Konsumverhaltens der Fluggäste vor dem Abflug oder auch um die Frage gehen, wie die "Preflight-Areas" bzw. "Preflight-Bereiche" auf Flughäfen und die dort befindlichen Ladengeschäfte sowie deren Produktpalette unter dem Gesichtspunkt einer Steigerung der Umsatzzahlen optimal gestaltet werden können. Dem steht nicht entgegen, dass die Anmelderin das Dienstleistungsverzeichnis eingeschränkt hat auf die "Marktforschung für die chemische Industrie". Denn zur chemischen Industrie gehören nicht nur die Hersteller "organischer oder anorganischer Grundstoffe und Chemikalien", sondern u. a. auch die Hersteller "pharmazeutischer Erzeugnisse" und sonstiger chemischer Erzeugnisse wie "Klebstoffe, Gelatine, Seifen, Wasch-, Putz-, Reinigungsmittel, Körperpflegemittel (Kosmetika), Konservierungsmittel" (vgl. dazu unter dem Stichwort "chemische Industrie" bei Wikipedia, Die freie Enzyklopädie im Internet; siehe auch die Internetseite des Verbandes der chemischen Industriee.V. in Deutschland, "www.vci.de" mit zahlreichen Mitgliedsunternehmen auch aus dem Bereich der Körperpflegemittel bzw. Kosmetika). Insbesondere die Hersteller von Mitteln zur Körperund Schönheitspflege können ein Interesse daran haben, das Kaufund Konsumverhalten von Fluggäste vor dem Abflug in den sogenannten "Preflight-Areas" bzw. "Preflight-Bereichen" zu erforschen, zumal hochpreisige Kosmetika und Parfümeriewaren im Dutyfree-Bereich von Flughäfen in großem Umfang angeboten werden. Auch wenn dieser Bereich derzeit noch von Handelsunternehmen oder Parfümerieketten dominiert wird, erscheint es durchaus möglich, dass die Unternehmen der chemischen Industrie dort entweder selbst entsprechend unternehmerisch tätig werden oder im Hinblick auf ihre Produktpalette zumindest eine entsprechende Marktforschung betreiben.

Soweit die Anmelderin in einem ihrer inzwischen zurückgenommenen Hilfsanträge das Dienstleistungsverzeichnis durch einen Disclaimer dahingehend eingeschränkt hatte, das der Marktforschungsbereich "Flug, Flugbetrieb, Flugzeuge, Fluggäste, Flughäfen, Fluggesellschaften und Flugservice" "Marktforschung" ausgenommen war, hätte auch die Einschränkung zu keinem anderen Ergebnis geführt. Dies wäre nur dann beachtlich gewesen, wenn dadurch die Nutzung der Dienstleistungen durch diese Abnehmerkreise ausgeschlossen wäre. Da die Dienstleistung "Marktforschung" auf dem Markt mit einem entsprechenden Ausnahmevermerk nicht in einer sinnvollen Weise angeboten werden kann, kann dadurch der Kreis der angesprochenen Verkehrsbeteiligten auch nicht wirksam beschränkt werden (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 207 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen; siehe zu dem entsprechenden Problem der maßgeblichen Verkehrskreise bei der Frage der Verkehrsdurchsetzung auch § 8 Rdn. 325).

Die Binnengroßschreibung innerhalb einer angemeldeten Bezeichnung stellt kein schutzbegründendes Element dar, da diese Schreibweise werbeüblich ist (siehe auch Ströbele/Hacker MarkenG 8. Aufl., § 8 Rdn. 266 und 100 jeweils mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Begriff "Preflight" auch direkt als Fachbegriff der Marktforschung verstanden werden kann. Üblich sind in der Marktforschung Probebefragungen vor Durchführung der eigentlichen (umfangreichen und aufwändigen) Verbraucherbefragung. Diese Vorgehensweise dient dazu, die Brauchbarkeit der verwendeten Fragebögen zu testen. Solche Probebefragungen könnten durchaus treffend mit "Preflight" bezeichnet werden, zumal der Begriff im EDV-Bereich entsprechend etwa für "Drucksimulationen" verwendet wird. Gegen ein solches Verständnis spricht allerdings der Umstand, dass sich für Probebefragungen in der Marktforschung der Begriff "Pretest" als Fachbegriff eingebürgert zu haben scheint (vgl. dazu Gabler, Lexikon Marktforschung und Koschnick, Standard-Lexikon für Marktund Konsumforschung, jeweils unter dem Stichwort "Pretest").

Abschließend ist festzustellen, dass sich die angemeldete Bezeichnung als beschreibende Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eignet und deshalb vom Markenschutz ausgenommen ist. Da der Verkehr im vorliegend gegebenen Dienstleistungszusammenhang in der angemeldeten Bezeichnung zudem lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt und keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen wird, fehlt der angemeldeten Bezeichnung auch die Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Bender Kätker Knoll Cl






BPatG:
Beschluss v. 05.05.2009
Az: 33 W (pat) 17/09


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