Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. September 2000
Aktenzeichen: 26 W (pat) 56/00

(BPatG: Beschluss v. 13.09.2000, Az.: 26 W (pat) 56/00)

Tenor

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für die Waren

"Möbel, Bettzeug (auch Bettwäsche), Auflagen, Matratzen, Federholzrahmen, Schoner"

unter der Nr 397 00 311 eingetragene Wortmarke AEROTEX ist Widerspruch erhoben worden aus der prioritätsälteren Marke 395 45 768 AEROFLEX, die für die Waren

"Matratzen und Bettrahmen"

geschützt ist.

Die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts hat dem Widerspruch mit den Beschlüssen vom 27. Mai 1998 und 27. Oktober 1999 wegen des Bestehens einer Verwechslungsgefahr stattgegeben. Die beiden Entscheidungen sind im wesentlichen damit begründet, daß die beiderseitigen Waren identisch oder ähnlich seien. Obwohl die Widerspruchsmarke aus zwei für sich allein warenbeschreibenden Elementen zusammengesetzt sei, verfüge sie über durchschnittliche Kennzeichnungskraft, denn in der konkreten Zusammensetzung sei sie als Phantasiewort für die konkreten Waren voll kennzeichnungskräftig. Klanglich und schriftbildlich wiesen die sich gegenüberstehenden Marken so viele Gemeinsamkeiten auf, daß im Hinblick auf die Ähnlichkeit bzw Identität der Waren und unter Berücksichtigung der normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke die Gefahr von Verwechslungen nicht ausgeschlossen werden könne. Auch wenn beide Kennzeichnungen aus originalitätsschwachen Elementen bestünden, dürften auch sie im Rahmen der Beurteilung der Markenähnlichkeit nicht vernachlässigt werden. Selbst wenn wegen der Gemeinsamkeit im Anfangsbestandteil "AERO-" die Aufmerksamkeit des Verkehrs stärker auf die Endbestandteile gelenkt würde, reichten die dort vorhandenen Abweichungen unter Berücksichtigung der wiederum gemeinsamen Endungsbuchstaben "-EX" nicht aus, um bei ähnlichen oder gar identischen Waren einen die Gefahr von klanglichen und schriftbildlichen Verwechslungen ausschließenden Abstand im Gesamteindruck herzustellen, zumal auch die Buchstaben "fl" und "t" jeweils Oberlängen aufwiesen. Für eine Verwechslungsgefahr spreche schließlich auch, daß sich die gegenüberstehenden Marken nicht nur an fachlich geschulte Verkehrskreise, sondern an den allgemeinen Verkehr richteten, der zwar beim Kauf höherwertiger Produkte aufmerksamer sei, dem die Bedeutung der Markenbestandteile aber häufig nicht bekannt sein dürfte.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Ihrer Ansicht nach liegt die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke an der untersten Grenze der Schutzfähigkeit, denn die beiden Bestandteile "AERO" (= Luft) und "FLEX" (= flexibel) stellten rein beschreibende Elemente dar. Im Zusammenhang mit den geschützten Waren bedeuteten sie nur, daß diese flexibel seien und in ihnen Luft eingeschlossen sei. Schließlich sei die Verwechslungsgefahr vor allem durch die deutlich unterschiedlichen Sinngehalte der Marken ausgeschlossen, da der Bestandteil "TEX" erkennbar für "Textilien" stehe.

Demgemäß beantragt sie sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Hilfsweise regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Die Widersprechende stellt den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält ihre Marke für durchschnittlich kennzeichnungskräftig, denn "AEROFLEX" beschreibe die geschützten Waren nicht klar und eindeutig. Entsprechendes gelte für die angegriffene Marke "AEROTEX". Beide Marken richteten sich an Endverbraucher, für die die Marken Phantasiebezeichnungen darstellten. Angesichts der teilweisen Identität der Waren bestehe deshalb klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als unbegründet, denn auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen der jüngeren Marke "AEROTEX" und der Widerspruchsmarke "AEROFLEX" Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die Gefahr markenrechtlich erheblicher Verwechslungen ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, die zueinander in einer Wechselbeziehung stehen, umfassend zu beurteilen. Zu den maßgeblichen Umständen gehören insbesondere die Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren sowie die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (vgl EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabel/Puma; BGH GRUR 1995, 216, 219 - Oxygenol II).

Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit ist im vorliegenden Fall von Warengleichheit auszugehen, denn beide Kennzeichnungen sind für "Matratzen und Bettrahmen" bestimmt. Diese Produkte sind wiederum den übrigen Waren der angegriffenen Marke ähnlich.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, die sich nach ihrem Gesamteindruck bemißt, ist entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin noch als nahezu durchschnittlich zu bewerten. Zwar enthält die Widerspruchsmarke mit dem Kurzwort "-FLEX" einen allgemein verständlichen Hinweis auf die Biegsamkeit bzw Flexibilität der betreffenden Matratzen und Bettrahmen. In dem weiteren Markenteil "AERO" wird der hier angesprochene breite Abnehmerkreis aber allenfalls eine vage Andeutung an den Einsatz von Luft(-Kammern) für die Federung der "Matratzen und Bettrahmen" erkennen können. Für den Laien, der Kennzeichnungen in der Regel ohne nähere Analyse begegnet, wirkt die Widerspruchsmarke ohnehin als phantasievolle Gesamtbezeichnung. Sobald sich ein Teil der Endabnehmer gleichwohl Gedanken über die inhaltliche Bedeutung der Widerspruchsmarke "AEROFLEX" macht, dürfte dabei die Vorstellung "luftflexibel" oder "flexibel durch Luft" im Vordergrund stehen, ohne daß er damit eine eindeutig erkennbare, konkrete Vorstellung der betroffenen Waren verbindet. Eine Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke durch ähnliche Drittzeichen auf dem betreffenden Warengebiet hat die Beschwerdeführerin nicht vorgetragen; der Senat hat auch keine entsprechenden Feststellungen zu treffen vermocht.

Im Hinblick auf die Wechselwirkung der für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigenden Faktoren hält die jüngere Marke angesichts der Identität oder nahen Ähnlichkeit der Waren, der breiten Abnehmerkreise, der nahezu normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der klanglichen Ähnlichkeit im maßgeblichen Gesamteindruck der Marken (vgl EuGH aaO - Sabel/Puma) nicht den erforderlichen Abstand ein.

Was die Ähnlichkeit der Marken im einzelnen betrifft, so wird deren klanglicher Gesamteindruck von der ohnehin in der Regel stärker beachteten, identischen Anfangssilbe "AERO" und den klangstarken und markanten Endungsbuchstaben "EX" wesentlich bestimmt. Es bestehen darüber hinaus noch weitere Übereinstimmungen der Vergleichsmarke in der Vokalfolge, der Silbenzahl, der Betonung und der Art der Zeichenbildung. Auch wenn die betreffenden Waren mit einer gewissen Sorgfalt ausgewählt werden und die Endsilben "FLEX" und "TEX" unterschiedliche Sinngehalte anklingen lassen, reichen die jeweils in der weniger beachteten Wortmitte vorhandenen, einzigen Abweichungen "FL" und "T" vor den klangstarken Endbuchstaben "EX" gegenüber dem überwiegenden Gleichklang der Kennzeichnungen nicht aus, ein Verhören aus der Erinnerung heraus hinreichend auszuschließen.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage bestand kein Anlaß für eine Kostenauferlegung gemäß § 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG.

Die Voraussetzung für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs 2 MarkenG liegen nicht vor. Es ist weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Die vorliegende Entscheidung wirft nicht neue Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, die nicht bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung als geklärt anzusehen sind.

Vorsitzender Richter Schülke ist infolge Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert Kraft Eder Kraft Mr/prö






BPatG:
Beschluss v. 13.09.2000
Az: 26 W (pat) 56/00


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