Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg:
Urteil vom 20. August 2015
Aktenzeichen: OVG 12 B 21.14

(OVG Berlin-Brandenburg: Urteil v. 20.08.2015, Az.: OVG 12 B 21.14)

Tenor

Das Berufungsverfahren wird eingestellt, soweit der Beklagte sein Rechtsmittel zurückgenommen hat.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme etwaiger durch die Berufung des Beklagten ausgelöster Kosten, die dieser selbst zu tragen hat.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des Vollstreckungsbetrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Zugang zu der Diensttelefonliste des beklagten Jobcenters.

Der in B€ lebende Kläger bezieht Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch. Unter Berufung darauf, dass er in den ihm zugänglichen Quellen keine Diensttelefonliste des Jobcenters Berlin Treptow-Köpenick gefunden habe, beantragte er mit Telefax vom 29. Dezember 2013, ihm eine €Liste mit allen Durchwahlnummern der Sachbearbeiter und Vermittler sowie den sachbearbeitenden Mitarbeitern der Widerspruchsstelle€ zu übersenden, wobei er die Namen der Mitarbeiter nicht benötige, sofern sich deren Zuständigkeit eindeutig zuordnen lasse.

Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 31. Januar 2014 ab. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Bescheid vom 28. März 2014 zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, bei der begehrten Telefonliste handele es sich nicht um eine vorhandene amtliche Information, weil eine Liste mit den Durchwahlnummern nur der Sachbearbeiter und Vermittler sowie der sachbearbeitenden Mitarbeiter der Widerspruchsstelle des Beklagten nicht existiere. Im Übrigen stehe dem Informationsbegehren des Klägers der Schutz personenbezogener Daten entgegen. Eine Einwilligung der betroffenen Mitarbeiter liege nicht vor. Eine Anhörung aller Mitarbeiter zum Zwecke der Klärung der Frage der Einwilligung sei unzumutbar und unverhältnismäßig.

Auf die am 11. April 2014 erhobene Klage, mit der der Kläger begehrt hat, ihm Zugang zu den Durchwahlnummern aller Sachbearbeiter und Vermittler sowie den sachbearbeitenden Mitarbeitern der Widerspruchsstelle des Beklagten (Stand: 29. Dezember 2013) mit der Angabe ihrer Zuständigkeitsbereiche unter Unkenntlichmachung ihrer Vornamen, hilfsweise auch der Namen, zu gewähren, hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Zugang zu der Diensttelefonliste neu zu bescheiden, soweit sie Mitarbeiter der Widerspruchsstelle und Mitarbeiter betreffe, denen in dieser Liste Anfangsbuchstaben von Kundennamen zugeordnet seien, aber jeweils ohne Vornamen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Bei der Diensttelefonliste handele es sich um amtliche Informationen, für die das Jobcenter aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung informationspflichtige Stelle nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) sei. Der Antrag auf die Gewährung des Informationszugangs könne sich vom Standpunkt eines verständigen Erklärungsadressaten nur auf die bei dem Beklagten bei Antragstellung am 29. Dezember 2013 vorhandene Liste beziehen. Erforderlichenfalls sei der Beklagte verpflichtet, eine Liste mit diesem Stand wiederherzustellen. Gründe, den Informationszugang insgesamt zu versagen, lägen derzeit nicht vor. Ob dem Informationsbegehren der einzig in Betracht kommende Ausschlussgrund des Schutzes personenbezogener Daten der Mitarbeiter entgegenstehe, könne nicht entschieden werden, weil die Sache insoweit noch nicht spruchreif sei. Der Schutz personenbezogener Daten setze nach dem Gesetz zwingend die vorherige ordnungsgemäße Durchführung eines Drittbeteiligungsverfahrens voraus, von dessen Ausgang es abhänge, ob der Informationszugang zu gewähren sei. Bei den dienstlichen Durchwahlnummern handele es sich um personenbezogene Daten; auch wenn sie ohne den Namen zugänglich gemacht würden, sei der Personenbezug gegeben, weil die zugehörige Person leicht durch direkten Anruf bestimmbar sei. Das Informationsinteresse des Klägers überwiege das schutzwürdige Interesse der betroffenen Mitarbeiter am Ausschluss des Informationszugangs nicht. Da der Informationszugang jedoch unabhängig davon zu gewähren sei, wenn die betroffenen Mitarbeiter einwilligten, müsse der Beklagte deren mögliche Einwilligung im Drittbeteiligungsverfahren feststellen. Der Aufwand für dieses Verfahren halte sich angesichts der Möglichkeit einer Befragung aller Mitarbeiter durch eine E-Mail in zumutbaren Grenzen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung trägt er vor: Das Verwaltungsgericht habe den Beklagten zu Unrecht nur zur Neubescheidung nach Durchführung des Drittbeteiligungsverfahrens verpflichtet. Der Beklagte sei unmittelbar zur Gewährung des Informationszugangs verpflichtet, weil es sich bei den Diensttelefonnummern der Sachbearbeiter nicht um geschützte personenbezogene Daten handele. Die Annahme, die Namen der Sachbearbeiter seien durch Anruf bestimmbar, sei unzutreffend. Die hypothetische Rückverfolgbarkeit reiche dafür nicht aus. Entscheidend sei, ob durch Drittwissen eine Zuordnung der Namen ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich sei. Vorliegend fehle es an dem notwendigen Drittwissen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 5. Juni 2014 teilweise zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 31. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2014 zu verpflichten, dem Kläger Zugang zu den dienstlichen Durchwahlnummern aller Sachbearbeiter und Vermittler sowie der sachbearbeitenden Mitarbeiter der Widerspruchsstelle des Beklagten (Stand 29. Dezember 2013) mit Angabe ihrer Zuständigkeitsbereiche unter Unkenntlichmachung ihrer Vornamen und Namen zu gewähren.

Der Beklagte hat seine zunächst eingelegte Berufung zurückgenommen und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Neben dem Schutz des Persönlichkeitsrechts der Mitarbeiter würde mit einer Herausgabe der Telefonliste auch seine organisatorische Entscheidung unterlaufen, zur Steigerung der Effektivität und Qualität der Arbeit der einzelnen Mitarbeiter auf eine direkte telefonische Erreichbarkeit zu verzichten. Im Übrigen handele es sich bei der Telefonliste nicht um eine amtliche Information. Das Gesetz wolle den Zugang zu Informationen nur im Rahmen eines konkreten Vorgangs gewähren, so dass nur solche Informationen, die in diesem Zusammenhang aufbewahrt würden, dem Auskunftsanspruch unterlägen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte und auf den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Gründe

Das Berufungsverfahren war in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen, soweit der Beklagte seine Berufung zurückgenommen hat.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide nur zur Neubescheidung seines Antrages nach Durchführung des Drittbeteiligungsverfahrens verpflichtet; darüber hinaus hat er keinen Anspruch auf Zugang zu der Diensttelefonliste mit den von ihm begehrten Inhalten (§§ 125 Abs. 1 i.V.m. 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).

1. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist die Diensttelefonliste mit dem Stand zum 29. Dezember 2013. Dies gilt unabhängig davon, ob dem Verwaltungsgericht darin zu folgen ist, der beim Beklagten gestellte Antrag auf Informationszugang könne sich bei verständiger Würdigung nur auf die bei Antragseingang €aktuell€ vorhandene Telefonliste beziehen. Der Kläger hat sein Begehren durch seinen erstinstanzlich gestellten Sachantrag zulässigerweise entsprechend konkretisiert und hieran auch im Berufungsverfahren festgehalten, obwohl die begehrte Diensttelefonliste inzwischen mehr als anderthalb Jahre alt ist. Für eine erweiternde Auslegung seines Verpflichtungsbegehrens ist danach auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich eine Telefonliste mit jeder Veränderung aktualisiert, kein Raum (§ 129 VwGO).

2. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend einen Anspruch auf Informationszugang gemäß § 1 Abs. 1 IFG dem Grunde nach bejaht. Das Gesetz findet kraft besonderer gesetzlicher Anordnung in § 50 Abs. 4 Satz 2 SGB II auf den Beklagten, der keine Bundesbehörde, sondern eine gemeinsame Einrichtung von Bund und Land nach Art. 91 e GG ist, Anwendung.

Bei der Diensttelefonliste handelt es sich um eine amtliche Information im Sinne der Begriffsdefinition in § 2 Nr. 1 IFG (vgl. VG Leipzig, Urteil vom 10. Januar 2013 € 5 K 981/11 €, ZD 2013, 193, juris Rn. 27 ff.; VG Arnsberg, Urteil vom 31. März 2014 € 7 K 1755/13 €, juris Rn. 27 ff.; VG Gießen, Urteil vom 24. Februar 2014 € 4 K 2911/13.GI €, juris Rn. 21 ff.; VG Neustadt a. d. Weinstraße, Urteil vom 4. September 2014 € 4 K 466/14.NW € , juris Rn. 33 ff.; VG Regensburg, Gerichtsbescheid vom 4. November 2014 € RN 9 K 14.488 €, juris Rn. 24 f.; a. A. VG Ansbach, Urteil vom 27. Mai 2014 € AN 4 K 13.01194 €, juris Rn. 29 ff.; VG Augsburg, Beschluss vom 6. August 2014 € Au 4 K 14.983 €, juris Rn. 18; siehe auch Bay. VGH, Urteil vom 7. Oktober 2008 € 5 BV 07.2162 €, DVBl. 2009, 323, juris Rn. 37 f.). Dass es sich nach dem Willen des Beklagten bei der Diensttelefonliste um ein Internum handelt, steht der Qualifikation als amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung nicht entgegen. Denn der genannte Zweck des behördeninternen Gebrauchs ist amtlicher Natur; für die €Amtlichkeit€ ist nicht erforderlich, dass die Aufzeichnung Bestandteil von Vorgängen ist oder bei der Aufgabenwahrnehmung nach €außen€ angefallen ist. Maßgeblich ist allein, dass die Diensttelefonliste in Erfüllung und im Zusammenhang mit der amtlichen Tätigkeit des Beklagten erstellt worden ist (Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks. 15/4493, S. 9). Diese Reichweite der Begriffsbestimmung wird bestätigt durch die Begründung des Gesetzentwurfs zu der Vorschrift über die Veröffentlichungspflichten (§ 11 Abs. 2 IFG), nach der Geschäftsverteilungspläne, die Namen, dienstliche Rufnummern und Aufgabenbereiche des einzelnen Mitarbeiters enthalten, nicht der Offenlegungspflicht unterliegen, sondern als €sonstige amtliche Informationen€ € vorbehaltlich etwaiger Ausnahmetatbestande € nur auf Antrag mitzuteilen sind (BT-Drucks. 15/4493, S. 16).

3. Dem Informationszugang steht jedoch der Schutz der personenbezogenen Daten der Mitarbeiter nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG entgegen. Danach darf der Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat.

Bei den den Mitarbeitern zugeordneten dienstlichen Durchwahlnummern handelt es sich um personenbezogene Daten, d. h. Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (vgl. § 3 Abs. 1 BDSG). Für die Annahme des Klägers, dass die dienstlichen Durchwahlnummern bei dem Beklagten bestimmten Zuständigkeitsbereichen zugeordnet sind, besteht kein Anhalt. Die vorhandene Telefonliste mag auch die Zuständigkeit des Mitarbeiters erkennen lassen; die Rufnummer ist dem Mitarbeiter aber nicht wegen dieser Zuständigkeit zugeordnet, sondern der Zusammenhang mit bestimmten Zuständigkeiten ergibt sich daraus, dass der Mitarbeiter die Aufgaben eines bestimmen Dienstpostens wahrnimmt.

Hiernach entfällt der Personenbezug auch nicht dadurch, dass der Kläger sein Begehren insoweit beschränkt hat, dass er die Namen der jeweiligen Mitarbeiter nicht erfahren möchte, sondern nur, welche Kundennamen ihnen bzw. den Teams, zu denen sie gehören, nach Anfangsbuchstaben in der Diensttelefonliste zugeordnet sind. Diese Beschränkung führt nur scheinbar zu einer Anonymisierung, denn der Umstand, dass die namentliche Zuordnung unkenntlich und nur noch die Zuständigkeit des jeweiligen Mitarbeiters ersichtlich ist, hebt die Zuordnung der dienstlichen Rufnummer zu einer bestimmten natürlichen Person nicht auf, zumal auch die Zuständigkeit des betreffenden Mitarbeiters aus der zugänglich gemachten Information ersichtlich ist und die Zuordnung zu einer bestimmten Person wegen des eingegrenzten Arbeitsbereichs erleichtert. Wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, führt der direkte Anruf in der Regel zur Verbindung mit der Person, vielfach wird sich diese auch mit ihrem Namen melden, wie dies üblichen Gepflogenheiten entspricht, so dass auf diesem Weg nicht nur der Bezug zu einer bestimmten Person, sondern sogar zu ihrer Identität herstellbar ist. Wegen dieser direkten Zugriffsmöglichkeit auf die Person bedarf es keines Zusatzwissens oder unverhältnismäßigen Aufwandes (vgl. § 3 Abs. 6 BDSG), um die Entkoppelung durch das Fehlen des Namens aufzuheben und die Verbindung des Datums mit einer bestimmten Person wiederherzustellen (vgl. zur Deanonymisierung: BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 € 7 C 20.12 € NVwZ 2015, 669, juris Rn. 41.).

Dahinstehen kann insoweit, wie weit der Schutz dieser personenbezogenen Daten im Verhältnis zum Dienstherrn und dessen Organisationsgewalt reicht (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 12. März 2008 € 2 B 131.07 € Buchholz 237.8 § 102 RhPLBG Nr. 2, juris Rn. 8). Um dieses Verhältnis und die darin bestehenden Befugnisse geht es im Bereich des Informationsfreiheitsgesetzes nicht (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 19. Juni 2013 € 20 F 10.12 € ZIP 2014,442, juris Rn. 10, 13). Für den grundsätzlich voraussetzungslosen Anspruch auf Gewährung von Zugang zu amtlichen Informationen nach dem IFG hat der Gesetzgeber den Schutz personenbezogener Daten spezifisch ausgestaltet, indem er ihn nach § 5 Abs. 1 IFG grundsätzlich vom Überwiegen des Informationsinteresses des Antragstellers in der Abwägung mit dem schutzwürdigen Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs oder dessen Einwilligung abhängig macht. In den folgenden Absätzen der Vorschrift hat der Gesetzgeber für bestimmte € hier nicht einschlägige € Konstellationen das Abwägungsergebnis negativ (vgl. § 5 Abs. 2 IFG) oder positiv (vgl. § 5 Abs. 3 IFG) vorgegeben. Mit § 5 Abs. 4 IFG hat er eine Ausnahme von dem Ausschlusstatbestand geregelt, nach der u.a. Name und Bürotelekommunikationsnummer von Bearbeitern vom Informationszugang nicht ausgeschlossen sind, soweit sie Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit sind und kein Ausnahmetatbestand vorliegt.

Auf diese Vorschrift kann sich der Kläger entgegen seinem Vorbringen nicht berufen. Nicht jeder Behördenmitarbeiter oder Amtsträger ist schon wegen der Eigenschaft als Beschäftigter auch Bearbeiter im Sinne der Vorschrift. Wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, wird eine derartig weite Interpretation des Bearbeiterbegriffs in § 5 Abs. 4 IFG weder dem Wortlaut noch Sinn und Zweck oder der Systematik des Gesetzes gerecht. Nach der Wortbedeutung ist Bearbeiter nur, wer etwas, d.h. einen bestimmten Vorgang, bearbeitet hat (vgl. in diesem Sinne bereits Senatsbeschluss vom 31. Mai 2011 € OVG 12 N 20.10 €, juris Rn. 14). Die Ausnahme zielt ersichtlich darauf, den Informationszugang zu Sachinformationen aus Vorgängen bei Erkennbarkeit des Bearbeiters von der Erforderlichkeit einer Interessenabwägung oder dessen Einwilligung unabhängig zu machen und damit den sonst mit Schwärzungen verbundenen Aufwand in der Regel zu vermeiden. Die Gesetzesbegründung verweist insoweit auf den Zusammenhang der Daten mit der dienstlichen Tätigkeit und der amtlichen Funktion (vgl. BT-Drucks. 15/4493, S. 14). Systematisch spricht gegen einen über den engen Bearbeiterbegriff hinausgehenden Ausschluss des Schutzes personenbezogener Daten, dass es sich um eine Ausnahmevorschrift zu § 5 Abs. 1 IFG handelt, deren Gehalt sich insbesondere nicht mit der Regelung in § 11 Abs. 2 IFG in Einklang bringen lässt, wenn dort nur Organisationspläne, die keine personenbezogenen Daten (der Mitarbeiter) enthalten, der Veröffentlichungspflicht unterworfen werden. Diese Einschränkung wäre nicht notwendig, wenn der Begriff des Bearbeiters alle Sachbearbeiter ohne Rücksicht auf ihre Beteiligung an einem konkreten Vorgang erfassen würde.

Hiernach kann den Stimmen in Rechtsprechung und Schrifttum, die abstrakt auf den weiten Begriff des Amtsträgers abstellen wollen (vgl. VG Leipzig, Urteil vom 10. Januar 2013, a.a.O., Rn. 35 ff.; VG Gießen, Urteil vom 24. Februar 2014, a.a.O., Rn. 32; Husein, LKV 2014, 529, 531 f.) nicht gefolgt werden. Bearbeiter im Sinne des § 5 Abs. 4 IFG sind vielmehr nur solche Amtsträger, die mit einem bestimmten Vorgang befasst gewesen sind bzw. an ihm mitgewirkt haben (vgl. VG Neustadt a.d. Weinstraße, Urteil vom 4. September 2014 a.a.O., Rn. 43 ff.; VG Braunschweig, Urteil vom 26. Juni 2013 € 5 A 239.10 € , juris Rn. 22; Schoch, IFG, 2009, Rn. 70 ff. zu § 5; Eichelberger, Kommunikation & Recht 2013, 211 [212 m.w.N. ]; wohl auch OVG NW, Urteil vom 15. Januar 2014 € 8 A 467.11 €, juris Rn. 119).

Das Informationsinteresse des Klägers überwiegt nicht das schutzwürdige Interesse der betroffenen Mitarbeiter am Ausschluss des Informationszugangs.

Dass der Kläger Zugang zu den fraglichen Informationen in eigener Angelegenheit begehrt, ist nicht ersichtlich. Er lebt außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Beklagten in B€ und hat nicht dargetan, dass er in einer irgendwie gearteten Beziehung zu dem beklagten Jobcenter steht, aufgrund derer die von ihm begehrte Diensttelefonliste für ihn nützlich wäre. Das gilt auch für die von ihm erstinstanzlich geltend gemachte gelegentliche Tätigkeit als Beistand für andere Empfänger von Leistungen nach dem SGB II, hinsichtlich derer schon das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen hat, dass sie sich nach dem Gesetz (§ 13 Abs. 4 SGB X) auf Vorsprachen bei Behörden konzentriert. Soweit er diese Aufgabe dadurch als erleichtert ansieht, dass er nicht über das Servicecenter des Beklagten, sondern unmittelbar mit dem Mitarbeiter Kontakt aufnehmen könne, läuft das der erkennbaren organisatorischen Intention des Beklagten zuwider, fernmündliche Anfragen, auch zum persönlichen Schutz der Mitarbeiter, über die Anrufmöglichkeit im Servicecenter zu bündeln. Jedenfalls handelt es sich dabei um privates Interesse, das sich gegenüber dem regelmäßig als überwiegend vermuteten Interesse an der Geheimhaltung der personenbezogenen Daten von Behördenmitarbeitern nicht durchzusetzen vermag. Ein besonderes öffentliches Interesse am Zugang zu den in Rede stehenden Informationen besteht nicht. Dem Kläger geht es nicht um eine Kontrolle staatlichen Handelns. Ein allgemeines Interesse an der Förderung der Transparenz reicht für ein überwiegendes Informationsinteresse nicht aus. Denn es geht über das allgemein mit dem Gesetz verfolgte Interesse nicht hinaus. Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass die vom Beklagten sichergestellte Erreichbarkeit über das Servicecenter etwa tatsächlich unzureichend wäre oder die Kontaktaufnahme mit den Mitarbeitern in unzumutbarer Weise erschweren würde, sind vom Kläger nicht vorgetragen worden.

Das Interesse der Mitarbeiter des Beklagten am Schutz ihrer personenbezogenen Daten ist demgegenüber durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 1 i.V.m. Art. 2 GG) grundrechtlich geschützt. Der Umstand, dass Behördenmitarbeiter in Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Aufgaben und somit in ihrer Eigenschaft als Amtswalter tätig werden, ändert nichts daran, dass personenbezogene Angaben wie Namen und Telefonnummern vom Schutzbereich des informationellen Selbstbestimmungsrechts erfasst werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Juni 2013 a.a.O.). Diesem Schutz mag zwar wegen des dienstlichen Zusammenhangs kein besonders großes Gewicht beizumessen sein. Dennoch ist das Schutzinteresse nach dem Gesetz über der Schwelle des in § 5 Abs. 4 IFG als unerheblich bewerteten Geheimhaltungsinteresses von €Bearbeitern€ einzuordnen. Selbst wenn man den privaten Interessen des Klägers € wofür hier allerdings nichts spricht € das gleiche Gewicht wie den Geheimhaltungsinteressen der Mitarbeiter des Beklagten zumessen wollte, reicht dies im Rahmen der ein Überwiegen des Informationsinteresse erfordernden gesetzlichen Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG nicht aus, um dem Kläger Zugang zu den in Rede stehenden Informationen zu gewähren.

Bei diesem Abwägungsergebnis hat das Verwaltungsgericht die Gewährung des Informationszugangs zu Recht als davon abhängig beurteilt, ob die vom Begehren des Klägers erfassten Mitarbeiter im Drittbeteiligungsverfahren ihre Einwilligung zur Herausgabe ihrer dienstlichen Durchwahlnummern erteilen. Dass mit diesem Verfahren kein übermäßiger Aufwand für den Beklagten verbunden ist, hat bereits das Verwaltungsgericht überzeugend ausgeführt; im Übrigen wird dies durch die Durchführung des Verfahrens nach § 8 IFG nach der erstinstanzlichen Entscheidung im parallel bei dem Senat anhängigen Verfahren gegen das Jobcenter Berlin Mitte (OVG 12 B 22.14) belegt.

Muss hiernach die Berufung des Klägers in der Sache erfolglos bleiben, bedarf es keiner Prüfung der Erwägungen zum Ausschlussgrund gemäß § 3 Nr. 2 IFG, die der Beklagte unter Hinweis auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Juni 2015 (8 A 2429/14 € juris) mit seinem Schriftsatz vom 7. August 2015 geltend gemacht hat. Der erstinstanzlichen Verpflichtung zur Neubescheidung des Klägers kann der Beklagte infolge der Rücknahme seiner Berufung nicht mehr erfolgreich entgegentreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache wegen der divergierenden erstinstanzlichen Rechtsprechung grundsätzliche Bedeutung hat.






OVG Berlin-Brandenburg:
Urteil v. 20.08.2015
Az: OVG 12 B 21.14


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