Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Juni 2007
Aktenzeichen: 25 W (pat) 65/05

(BPatG: Beschluss v. 28.06.2007, Az.: 25 W (pat) 65/05)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bezeichnung XMLCOM ist am 29. Juni 2001 für die Waren und Dienstleistungen

"Einführung, Pflege und Weiterentwicklung der Kommunikationsstandards für den elektronischen Geschäftsdatenaustausch für die Wirtschaft; Betrieb einer Datenbank; Zurverfügungstellen von Software, online; Computersoftware, Druckereierzeugnisse, insbesondere Druckschriften, Zeitschriften und Bücher, Drucksachen, insbesondere Formulare, bedruckte Papierwaren, soweit in Klasse 16 enthalten"

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Anmeldung wurde wegen Bestehens absoluter Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG beanstandet, wobei die Klärung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses vorläufig zurückgestellt wurde. In der Erwiderung auf die Beanstandung berief sich die Anmelderin insbesondere auf die Mehrdeutigkeit der Abkürzung "COM" und auf Voreintragungen von Marken mit diesem Wortbestandteil.

Mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. November 2004 wurde die Anmeldung durch eine Prüferin des höheren Dienstes gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen.

Die angemeldete Marke sei sprachüblich aus der Abkürzung "XML" (Extensible Markup Language) und dem Kurzwort "COM" für Kommunikation zusammengefügt. In der Gesamtheit ergebe "XMLCOM" die Sachaussage der XML basierten oder in XML geführten Kommunikation. In diesem Sinne werde der Begriff "XML Communication" auch verwendet. "XML COM" besage für Computersoftware, dass diese auf XML basierte Kommunikation ausgerichtet sei bzw. diesen Kommunikationsstandard ermögliche. Für die Waren der Klasse 16 eigne sich die Bezeichnung als Inhalts- oder Themenangabe dahingehend, dass es sich um Veröffentlichungen zu dem speziellen Kommunikationsstandard handele. Für die Dienstleistungen "Einführung, Pflege und Weiterentwicklung der Kommunikationsstandards für den elektronischen Geschäftsdatenaustausch für die Wirtschaft; Betrieb einer Datenbank; Zurverfügungstellen von Software, online" stelle die Bezeichnung den Hinweis auf die Art, den Inhalt und das Thema der Dienstleistungen dar, die sich allesamt mit dem Kommunikationsstandard XML befassen können. Die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses sei nicht davon abhängig, dass die angemeldete Bezeichnung als solche bereits für die einschlägigen Waren und Dienstleistungen lexikalisch nachweisbar sei. Es führe auch nicht zu einer markenrechtlich relevanten Mehrdeutigkeit, dass dem Kurzwort "COM" anderweitige Bedeutungen zukommen könnten, denn im Zusammenhang mit den einschlägigen Waren und Dienstleistungen reduziere sich die Bedeutung des Kurzwortes ausschließlich auf das oben genannte Verständnis. Der angemeldeten Marke fehle zudem für alle angemeldeten Waren und Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft. Die Bezeichnung wirke wegen des im Vordergrund stehenden sachbezogenen Begriffsinhalts nur als Sachhinweis. Die angesprochenen Verkehrskreise, Fachleute und interessierte Endverbraucher, würden wegen des engen sachlichen Zusammenhangs zwischen "Communication" und der entsprechend verwandten "Sprache" XML in dem Gesamtbegriff einen Hinweis auf die XML basierte Kommunikation erkennen. Voreintragungen von Wortmarken mit den Bestandteilen "XML" oder "COM" änderten nichts an der rechtlichen Beurteilung, denn der beschreibende Gehalt könne nicht abstrakt ohne Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen beurteilt werden. Doch selbst eine identische Dritteintragung gäbe der Anmelderin kein Recht auf Eintragung.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die keinen Antrag gestellt hat.

Als Beschwerdebegründung hat sie auf ihre bisherigen Ausführungen im Zusammenhang mit dem vorliegenden Anmeldeverfahren Bezug genommen. Eine weitere Beschwerdebegründung ist nicht eingegangen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Eintragung des angemeldeten Zeichens stehen aus den von der Markenstelle dargelegten Gründen, auf die Bezug genommen wird, Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen, deren Prüfung auch ohne vorherige vollständige Klärung des Waren-Dienstleistungs-Verzeichnisses möglich ist (vgl. Bl. PMZ 2007, 164 - Apotheke am Rathaus).

Die angemeldete Bezeichnung hat bezüglich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen einen sich aufdrängenden beschreibenden Begriffsinhalt, der zugleich dazu führt, dass "XMLCOM" von erheblichen Verkehrskreisen nicht als Marke verstanden wird.

XML ist - wie bereits aus den von der Markenstelle des DPMA dem Beanstandungsbescheid beigefügten Kopien aus Lexika ersichtlich - die Abkürzung für "Extensible Markup Language" (erweiterbare Auszeichnungssprache). Die XML-Anwendung dient zur Darstellung hierarchisch strukturierter Daten in Form von Textdateien. XML wird bevorzugt für den Austausch von Daten zwischen unterschiedlichen IT-Systemen eingesetzt, speziell über das Internet (vgl. auch wikipedia.org/wiki/Extensible_Markup_Language). Der Verkehr wird in Verbindung mit der Abkürzung "XML" für die Extensible Markup Language die Abkürzung "COM" im Sinne von Communication verstehen, da dies eine gängige Abkürzung hierfür ist und dieses Verständnis nahe liegt, zumal der Ausdruck "XML Communication" häufig verwendet wird, was die Markenstelle bereits mit der ihrem Beschluss beigefügten Google Recherche belegt hat. ). Eine "XML Communication" bezeichnet eine Kommunikation, die auf der Extensible Markup Language basiert. Die Verbindung der beiden Abkürzungen zu einer Einheit ändert an dem Verständnis nichts, da die beiden Abkürzungen und die Bedeutung der Kombination auch bei der Zusammenschreibung erkennbar bleiben, zumal die angemeldete Marke wegen der Konsonantenfolge "XML" am Anfang nicht als ein Wort ausgesprochen werden kann und kombinierte Abkürzungen nicht ungewöhnlich sind (z. B. ADSL für Asymmetrisches DSL). Angesichts der in der deutschen Sprache vielfältigen Möglichkeiten, zusammengesetzte Begriffe zu bilden, deren Bedeutung regelmäßig ohne weiteres erkannt wird, kann es auch auf den lexikalischen Nachweis einer solchen Zusammenstellung nicht maßgeblich ankommen. Die bloße Aneinanderreihung solcher beschreibender Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, kann nämlich nur zu einer Bezeichnung führen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, welche im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der genannten Waren und Dienstleistungen dienen können. (EuGH GRUR 2004, 680 Rdn. 39 - Biomild). Die Schutzfähigkeit wird entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin auch nicht dadurch begründet, dass die Abkürzung "COM" noch für andere Wörter als "Communication", z. B. für "commercial", "commission", "command", "compiler", usw., eine Abkürzung oder Kurzbezeichnung sein kann, zumal in der vorliegenden Kombination die Bedeutung eindeutig ist. Außerdem können auch Angaben, die für sich gesehen mehrdeutig sind, der Beschreibung von Waren und Dienstleistungen dienen, und daher als beschreibende Angaben nicht schutzfähig sein.

Die Markenstelle hat im angegriffenen Beschluss zutreffend ausgeführt, dass die angemeldete Marke für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen beschreibend im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist, so dass darauf Bezug genommen wird. Computersoftware kann auf XML basierte Kommunikation ausgerichtet sein bzw. diesen Kommunikationsstandard ermöglichen. Für die Waren "Druckereierzeugnisse, insbesondere Druckschriften, Zeitschriften und Bücher, Drucksachen, insbesondere Formulare, bedruckte Papierwaren, soweit in Klasse 16 enthalten" eignet sich die Bezeichnung als Inhalts- oder Themenangabe, da es sich um Veröffentlichungen zu dem speziellen Kommunikationsstandard handeln kann. Für die Dienstleistungen "Einführung, Pflege und Weiterentwicklung der Kommunikationsstandards für den elektronischen Geschäftsdatenaustausch für die Wirtschaft; Betrieb einer Datenbank; Zurverfügungstellen von Software, online" stellt die Bezeichnung "XMLCOM" den Hinweis auf die Art, den Inhalt und das Thema der Dienstleistungen dar.

Darüber hinaus fehlt ihr auch jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. zur st. Rspr. BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor). Es muss also eine Kennzeichnungskraft mit der Eignung zur Ausübung der Herkunftsfunktion verbunden sein, auch wenn eine Marke zusätzlich noch weitere Funktionen haben kann (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. § 8 Rdn. 39).

Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren und Dienstleistungen abzustellen ist.

Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor). Jedoch hat der EuGH auch darauf hingewiesen, dass eine unmittelbar beschreibende Bedeutung nicht Voraussetzung für die Annahme fehlender Unterscheidungskraft ist. Vielmehr kann die Unterscheidungskraft auch aus anderen Gründen fehlen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 680 - Biomild).

Dabei reicht zur Versagung der Eintragung bereits aus, wenn das Zeichen nur für einen Teil der Waren nicht schutzfähig ist, der unter die jeweiligen Oberbegriffe fällt (vgl. BGH WRP 2002, 91 - AC).

Auch Wortzusammenstellungen, die lexikalisch nicht nachweisbar sind, erfüllen nicht die Anforderungen an die Unterscheidungskraft (vgl. BGH GRUR 2001, 1151 - marktfrisch; BGH GRUR 2001, 1153 - antiKALK), wenn es sich um eine sprachübliche Begriffsbildung mit unmittelbar beschreibendem Waren- oder Dienstleistungsbezug handelt. Die bloße sprachübliche Zusammenstellung der beiden beschreibenden Abkürzungen zu einer Sachangabe begründet keine Schutzfähigkeit. Zudem bleibt im Allgemeinen die bloße Kombination von Bestandteilen, von denen jeder Merkmale der Waren und Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, selbst beschreibend.

Die Bezeichnung "XMLCOM" ist hinsichtlich der angemeldeten Waren und Dienstleistungen für den hier einschlägigen Verkehr, der sich zu einem erheblichen Teil aus Fachverkehr bzw. fachlich versierten Laien zusammensetzt, nicht unterscheidungskräftig.

Wie bereits ausgeführt, wird die angemeldete Marke als Abkürzung bzw. Kurzwort für "Extensible Markup Language Communication" verstanden und weist darauf hin, dass die fraglichen Waren und Dienstleistungen die XML basierte Kommunikation ermöglichen bzw. diese bei der Erbringung der Dienstleistungen in Anspruch genommen wird. Für das Verständnis des Verkehr hat es keine Bedeutung, dass die Abkürzung "COM" in anderem Zusammenhang für andere Wörter als "Communication" stehen kann, da in der vorliegenden Kombination der Sinngehalt eindeutig ist.

Voreintragungen von Zeichen mit dem Bestandteil "COM" oder "XML", auf die sich die Anmelderin beruft, begründen kein Recht auf Eintragung eines neu angemeldeten Zeichens (BPatG PMZ 2007, 160 Papaya). Abgesehen davon, dass es sich bei der Frage der Schutzfähigkeit von angemeldeten Marken nicht um eine Ermessensfrage, sondern um eine Rechtsfrage handelt (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdn. 25), und daher aus Voreintragungen kein Rechtsanspruch auf Eintragung selbst einer identischen Marke hergeleitet werden kann, ist jedes angemeldete Zeichen in der konkret angemeldeten Gestaltung und in Verbindung mit den jeweils angemeldeten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen.

Die Beschwerde war zurückzuweisen.






BPatG:
Beschluss v. 28.06.2007
Az: 25 W (pat) 65/05


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