Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. März 2009
Aktenzeichen: 14 W (pat) 322/06

Tenor

Der Einspruch gegen das Patent 102 15 079 wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

Die Erteilung des Patents 102 15 079 mit der Bezeichnung "Verfahren zum Destillieren oder Entsalzen von Flüssigkeiten"

ist am 24. November 2005 veröffentlicht worden.

Gegen dieses Patent ist am 23. Februar 2006 Einspruch erhoben worden. Der Einspruch ist auf die Entgegenhaltungen

(1)

Prospekt der Dornier System GmbH, 7990 Friedrichshafen, DE, ÇSolare MeerwasserentsalzungÈ (handschriftlich auf ca. 1982 datiert), S. 1 bis 4

(2)

Schlußbericht BMFT FB, Mai 1988, ÇSolarthermische MeerwasserentsalzungÈ, S. 1 bis 4

(3)

Angaben zu einer zweistufigen Rieselturm-Entsalzungsanlage der Firma Dornier, S. 1 bis 3 (undatiert) und

(4)

DE4340745C2 gestützt.

Der Einsprechende macht geltend, dass das patentgemäße Verfahren gegenüber dem zitierten Stand der Technik einen Rückschritt darstelle und daher keine Erfindungshöhe aufweise.

Der Einsprechende beantragt sinngemäß, das Patent 102 15 079 zu widerrufen. Die Patentinhaberin beantragt sinngemäß, den Einspruch als unzulässig zu verwerfen. Sie ist der Ansicht, der Einspruch sei unzulässig, da er nicht auf einen der Widerrufsgründe gemäß § 21 PatG gestützt sei. Unbeachtlich dessen sei der Einspruchnicht ausreichend begründet, da er sich nicht in der gebotenen Weise mit den kennzeichnenden Merkmalen im Anspruch 1 des Streitpatents auseinandersetze. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Der Einspruch ist fristund formgerecht erhoben.

Er ist jedoch nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Weise begründet und daher unzulässig.

1.

Eine Voraussetzung der Zulässigkeit eines Einspruchs ist, dass ein gesetzlich vorgesehener Widerrufsgrund geltend gemacht wird (§ 59 Abs. 1 Satz 3 PatG).

In seinem Schriftsatz führt der Einsprechende aus, dass das patentgemäße Verfahren gegenüber dem zitierten Stand der Technik einen Rückschritt darstelle und somit keine Erfindungshöhe aufweise. Die vom Einsprechenden gewählte Formulierung lässt nach Auffassung des Senats bei verständiger Würdigung erkennen, dass der Einsprechende im Ergebnis die Absicht verfolgt, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Satz 1 PatG zu bestreiten und damit den Widerrufsgrund des § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG geltend zu machen.

2.

Der Einspruch leidet jedoch unter einem erheblichen Begründungsmangel.

Nach § 59 Abs. 1 Satz 4 und 5 PatG sind die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen sollen, innerhalb der Einspruchsfrist im Einzelnen anzugeben. Der Bundesgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung hervorgehoben, es sei keineswegs in das Belieben des Einsprechenden gestellt, was und in welchem Umfang er zur Stützung seines Einspruchsbegehrens vorträgt (vgl. u. a. BGH BlPMZ 1988, 289, 290 -Messdatenregistrierung und BGH BlPMZ 1987, 203 -Streichgarn). Danach genüge die Begründung des Einspruchs den gesetzlichen Anforderungen (vgl. § 59 Abs. 1 Satz 4 PatG) nur dann, wenn sie die für die Beurteilung des behaupteten Widerrufsgrundes -im vorliegenden Fall mangelnde Patentfähigkeit -maßgeblichen Umstände so vollständig darlegt, dass das Bundespatentgericht und die Patentinhaberin daraus ohne eigene Ermittlungen abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufgrundes ziehen können.

Diesen Anforderungen wird das innerhalb der Einspruchsfrist eingegangene Einspruchsvorbringen nicht gerecht.

Der erteilte Anspruch 1 betrifft nach seinem Oberbegriff ein Verfahren zum Trennen einer Flüssigkeit von den in ihr gelösten Fremdstoffen, bei dem die Flüssigkeit erwärmt wird, die erwärmte Flüssigkeit einem Verdunstungsbefeuchter (1) zugeführt wird, dem Befeuchter (1) im Gegenstrom zu der erwärmten Flüssigkeit ein Trägergas zugeführt wird, das in dem Befeuchter (1) befeuchtete Trägergas einem im Gegenstrom von kühlerer Rohflüssigkeit durchströmten Entfeuchter (3,4) zugeführt wird, und die aus dem Trägergas auskondensierte Flüssigkeit aus dem Entfeuchter (3,4) abgezogen wird, und weist im kennzeichnenden Teil die Merkmale auf, dass 1.

ein Teil der Flüssigkeit aus dem Befeuchter (1) unter Verringerung des Massestroms der Flüssigkeit derart abgeleitet wird, dass die mittlere Temperaturdifferenz zwischen Flüssigkeit und Trägergas an jeder Stelle der Befeuchtungsstrecke etwa gleich groß ist, und 2.

der aus dem Befeuchter (1) abgeleitete Teil der Flüssigkeit dem Entfeuchter an Stellen zugeführt wird, an denen die Temperatur des jeweiligen Teilstroms der Temperatur der dem Entfeuchter im Gegenstrom zugeführten Rohflüssigkeit entspricht.

Mit keinem der beiden im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 genannten Merkmalen befasst sich der Einspruchsschriftsatz im Einzelnen. Vielmehr verweist der Einsprechende pauschal auf das in seiner eigenen Patentschrift DE 43 40 745 C2 (vgl. Druckschrift (4)) beschriebene Verfahren, in dem eine genaue Dosierung von Teilluftströmen und damit eine automatische Anpassung des Luftmassenstroms aufgrund freier Konvektion an den jeweiligen Flüssigkeitsstrom erreicht werde. Es wird jedoch nichts dazu vorgetragen, welche Hinweise oder Angaben in der Druckschrift (4) den Fachmann veranlassen könnten, ausgehend von der darin beschriebenen Anpassung des Luftmassenstroms eine Anpassung des Solemassenstroms, wie mit dem patentgemäßen Verfahren vorgesehen, durchzuführen (vgl. Streitpatent, Abs. 0010). Zudem lassen die Ausführungen des Einsprechenden nicht erkennen, ob die beiden kennzeichnenden Merkmale im Anspruch 1 des Streitpatents durch die in der Druckschrift (4) beschriebenen verfahrenstechnischen Maßnahmen für den Fachmann nahegelegt werden.

Zur Stützung seines Vorbringens verweist der Einsprechende des Weiteren aufein Prospekt der Firma Dornier mit dem Titel "Solare Meerwasserentsalzung" (vgl. Druckschrift (1)), auf Informationen zu einer zweistufigen Rieselturm-Entsalzungsanlage der Firma Dornier, bei denen es sich den Angaben des Einsprechenden zufolge um ein Teilgutachten der Universität München handelt (vgl. Druckschrift (3)), sowieauf einen an das Bundesministerium für Forschung und Technologie gerichteten Schlussbericht betreffend das Konzept für zwei Prototypanlagen zur Durchführung eines solaren Destillations-Entsalzungsprozesses (vgl. Druckschrift (2)).

Die bloße Nennung von Firmenprospekten, Auszügen von Gutachten oder Forschungsberichten, die sich ersichtlich an eigens autorisierte Nutzer richten und deren öffentliche Zugänglichkeit vor dem Anmeldetag des Streitpatents nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann, vermögen die vorgebrachte Einspruchsbegründung auch nicht weiter zu substantiieren (vgl. Schulte, PatG, 8. Auflage, § 59 Rdn. 105).

3. Da eine Nachholung des versäumten Tatsachenvortrags nach Ablauf der Einspruchsfrist nicht mehr möglich ist, war der Einspruch ohne mündliche Verhandlung als unzulässig zu verwerfen.

Schröder Harrer Gerster Münzberg Fa






BPatG:
Beschluss v. 12.03.2009
Az: 14 W (pat) 322/06


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