Oberlandesgericht Oldenburg:
Urteil vom 17. Februar 2000
Aktenzeichen: 1 U 155/99

(OLG Oldenburg: Urteil v. 17.02.2000, Az.: 1 U 155/99)

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 1. Juli 1999 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 85.670,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15. September 1997 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger 1/6 und die Beklagte 5/6. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 3/10 und die Beklagte 7/10.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110.000,- DM abzuwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000,- DM abzuwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beschwer beider Parteien übersteigt 60.000,- DM.

Tatbestand

Die Beklagte befaßt sich mit der Produktion und dem Vertrieb von Kalksandsteinen. Der Kläger baute in der Zeit von Mai bis einschließlich Oktober 1992 als zuständiger Bauleiter der D... M... die technischen Anlagen des seinerzeit im Bau befindlichen neuen Werks der Beklagten. Ab dem 1. November 1992 führte er die Geschäfte der Beklagten, zuletzt auf der Grundlage eines Geschäftsführervertrages (i.F.: GFV) vom 22. November 1995 (Bl. 12 ff. Bd. 1 d.A.).

Am 31. Januar 1997 berief die Gesellschafterversammlung den Kläger von seinem Amt als Geschäftsführer ab. Das Dienstverhältnis mit dem Kläger wurde am 31. Januar 1997 nach Maßgabe des § 10 Nr. 1 des GFV zum 30. September 1997 fristgemäß gekündigt; zugleich wurde der Kläger ab dem 1. Februar 1997 unter Fortzahlung seiner Bezüge von monatlich 18.000,- DM und unter Fortbestand eines Tantiemeanspruchs für das Wirtschaftsjahr 1996/97 (160.000,- DM) freigestellt.

Während dieser Freistellungszeit kam es zu Kontakten zwischen dem Kläger und der Firma J... ..., K..., die seinerzeit damit befaßt war, in K... ein neues Kalksandsteinwerk zu errichten. Im Rahmen der Planung und des Aufbaus wurde der Kläger im Zeitraum bis zum 30. September 1997 in streitigem Umfang als freier Mitarbeiter beratend für die K... KG tätig. Nach Angaben des Klägers erstellte er für einen Festpreis von 57.500.- DM zzgl. MwSt. die Vorplanung (Bl. 68 Bd. 1 d.A.). Seit dem 1. Oktober 1997 leitet der Kläger als Geschäftsführer für die K... KG deren K... K..-R..., das im Jahr 1998 in Betrieb genommen wurde. Über seine Aktivitäten nach seiner Freistellung informierte der Kläger die Beklagte nicht selbst. Gleichwohl blieb dies der Beklagten nicht verborgen; konkretere Aufklärung brachten ihr die von einer beauftragten Detektei angestellten Ermittlungen.

Die Beklagte schloß von den ihr mitgeteilten Informationen auf eine vollschichtige Tätigkeit des Klägers für die K.. GmbH. Sie wertete dieses Verhalten des Klägers als Treuwidrigkeit sowie als Verstoß gegen das in § 5 des GFV geregelte Wettbewerbsverbot

("Für die Dauer dieses Vertrages ist es dem Geschäftsführer nicht gestattet, in einem Unternehmen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland das mit der Gesellschaft in Wettbewerb steht, als Inhaber, Gesellschafter oder Angestellter tätig zu werden oder sich an einem solchen Unternehmen direkt zu beteiligen oder es direkt oder indirekt zu beraten oder zu fördern oder direkt oder indirekt eine Vertretung hierfür zu übernehmen. Der Geschäftsführer verpflichtet sich, für jeden Fall des Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot eine Vertragsstrafe in Höhe von DM 100.000,- zu bezahlen. Weitergehende Ansprüche der Gesellschaft bleiben unberührt.")

und verweigerte dem Kläger aus verschiedenen rechtlichen Gründen, u.a. dem Einwand der Verwirkung der Vertragsstrafe die Auszahlung des nunmehr mit der Klage geltend gemachten Septembergehalts von 18.000,- DM, sowie eines Tantiemeteilbetrages i.H.v. 130.000,- DM.

Der Kläger hat gemeint, daß er seine Zahlungsansprüche nicht verwirkt, insbesondere nicht gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen habe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 148.000,- DM nebst 4 % Zinsen auf 48.000,- DM seit dem 15. September 1997 sowie weitere 4 % auf 100.000,- DM seit dem 11. März 1998 auf den sich ergebenden Nettobetrag zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und widerklagend, den Kläger zu verurteilen,

der Beklagten Auskunft über Art, Umfang und Dauer seiner Beschäftigung im Vertragszeitraum 1. Februar bis 30. September 1997 sowie hinsichtlich der von ihm für den Vertragszeitraum erhaltenen und zu beanspruchenden Erlöse zu erteilen,

die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben an Eides Statt zu versichern, an die Beklagte den sich nach Erteilung der Auskunft von der Klägerin noch zu beanspruchenden Betrag nebst 5% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Kläger hat den Auskunftsanspruch unter Protest gegen die Kostenlast anerkannt. Zugleich erteilte er die Auskunft, daß er für die K... KG ohne Anstellungsverhältnis die Vorplanung des Werkes zu einem Festpreis von 57.500,- DM zzgl. gesetzlicher MwSt. durchgeführt hat und belegte dies mit einer nicht unterzeichneten "Auftragsbetätigung" vom 25. April 1997 (Bl. 68 Bd. 1 d.A.).

Die Beklagte hat ihre Zahlungsverweigerung in erster Linie auf den Gesichtspunkt der Verwirkung gestützt und dazu behauptet: Der Kläger habe für die K... KG vollschichtig gearbeitet und über ein eigenes Büro mit Sekretärin verfügt. Er habe maßgeblich an der Entwicklung eines leistungsfähigen Konkurrenzunternehmens mitgewirkt, und zwar unter Ausnutzung der Kenntnisse über Aufbau und Leitung eines Kalksandsteinbetriebes sowie Verbindungen, die er erstmals bei der Beklagten erworben und unterhalten habe. Das zeige sich u.a. daran, daß das K.. Unternehmen die Fertigung über weite Entfernungen rentabel absetzbarer Quadro Steine mit dem Format 50 x 50 eingeführt habe, wobei der Kläger bereits vor seiner Freistellung in die Planungen der Beklagten zu der bei ihr im Mai 1998 angelaufenen Produktion solcher Steine beteiligt war und dieses Wissen für das K.. Werk verwertet habe. Ferner hat sie zum beruflichen Werdegang des Klägers im Einzelnen vorgetragen (Bl. 79 f. Bd. 1 d.A.).

Der Kläger hat erwidert: Er habe ausschließlich Vorplanungen für die Ende September begonnenen Bauarbeiten erledigt und im Rahmen seiner Beratungstätigkeit in der Regel ein- bis zweimal wöchentlich Besprechungen durchgeführt. Ein Büroraum - jedoch keine eigene Sekretärin - sei ihm für die Besprechungen und die Ausarbeitung von Unterlagen zur Verfügung gestellt worden.

Hilfsweise hat die Beklagte mit einem Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 100.000,- DM die Aufrechnung erklärt. Sie hat die Ansicht vertreten, der Kläger habe durch sein Verhalten während der Freistellungsphase gegen das in § 10 des GFV vereinbarte Wettbewerbsverbot verstoßen. Dazu hat sie behauptet, das K... K..-R... konkurriere mit ihr insbesondere im Grenzbereich O..., L... der vorgetragenen Verkaufsbereiche und hat ferner drei nach ihrer Behauptung gemeinsame Kunden benannt. Sie hat ferner die Ansicht vertreten, daß auch die Hilfestellung bei der Schaffung eines erst nach Vertragsbeendigung aktiv werdenden Konkurrenten ein verbotener Wettbewerb sei.

Der Kläger ist diesem Vortrag entgegengetreten und hat ergänzend gemeint, daß das Wettbewerbsverbot in der vereinbarten Form und mit der Folge einer Vertragsstrafe von 100.000,- DM ihn übermäßig belaste und deshalb unwirksam sei.

Ferner hat sich die Beklagte eines Anspruchs auf Anrechnung der von der K... KG erhaltenen Vergütung in Höhe des vom Kläger genannten Betrages von 57.500,- DM zzgl. MwSt. (= 66.125.- DM) aus § 615 Satz 2 BGB berühmt und hat damit gegenrechnen wollen. In diesem Zusammenhang hat sie gemeint, daß wegen des von ihr dargelegten Umfangs der Tätigkeiten des Klägers keine nach § 4 Nr. 2 des GFV ("Zu Nebentätigkeiten bedarf der Geschäftsführer der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung....") genehmigungsfähige Nebentätigkeit vorliege.

Weiter hilfsweise aufgerechnet hat die Beklagte mit folgenden Schadensersatzansprüchen: Zum einen habe der Kläger das ihm auch noch in der Zeit der Freistellung zur Verfügung gestellte Fahrzeug nicht nur - zulässigerweise - für private Zwecke genutzt, sondern nach Maßgabe der bis zur Rückgabe im Juli 1997 gefahrenen 20.000 Km offenbar im Umfang von ca. 15.000 Km auch im Zusammenhang mit den Tätigkeiten für die K... KG. Dafür hat die Beklagte eine Entschädigung i.H.v. 7.500,- DM verlangt. Ferner habe die Beklagte für die erforderlichen Feststellungen der Einzelheiten des Verhaltens des Klägers im Zusammenhang mit seinen Verstößen gegen die §§ 4 und 5 des GFV Kosten für die Beauftragung einer Detektei in Höhe von 28.920,- DM zzgl. Mehrwertsteuer aufwenden müssen. Schließlich hatte die Beklagte in erster Instanz noch Kosten für den Unterhalt einer Lebensversicherung für den Kläger i.H.v. 5.901,90 DM geltend gemacht.

Der Kläger hat die Schadensersatzforderungen dem Grunde und der Höhe nach bestritten.

Das Landgericht hat nach Einholung von Sachverständigenbeweis zur Frage der Überschneidung der Verkaufsgebiete der Beklagten und des K.. Unternehmens mit dem hiermit in Bezug genommenen angefochtenen Urteil der Klage in Höhe von 48.000,- DM stattgegeben, sie im übrigen abgewiesen und dazu im Wesentlichen ausgeführt: Die Zahlungsforderungen des Klägers seien nicht verwirkt. Allerdings habe die Beklagte wirksam mit ihrem Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe i.H.v. 100.000,- DM aufgerechnet. Der Kläger habe durch die Mithilfe beim Aufbau des K... Werkes das rechtlich nicht zu beanstandende Wettbewerbsverbot verletzt. Das K.. Werk sei ein Konkurrenzunternehmen, weil es nach der Darstellung des Sachverständigen keine festen Verkaufsgebiete gebe, so daß eine Konkurrenz überall möglich sei. Die als Schadensersatz geltend gemachten Aufrechnungsgegenforderungen (Detektei, Fahrzeug) seien nicht hinreichend substantiiert. Die Widerklage sei insgesamt abzuweisen, weil die Auskunft erteilt worden sei. Ein Anspruch auf Anrechnung der von der K... KG erlangten Vergütung komme wegen der Freistellung des Klägers von seiner Dienstverpflichtung nicht in Betracht.

Gegen dieses dem Kläger am 23. Juli 1999 und der Beklagten am 15. Juli 1999 zugestellte Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt, und zwar der Kläger am 23. August 1999 und die Beklagte am (Montag, den) 16. August 1999. Der Kläger hat seine Berufung am 23. September 1999 begründet, die Beklagte ihre Berufung - nach entsprechender Fristverlängerung - am 7. Oktober 1999.

Die Parteien verfolgen im Wesentlichen ihre erstinstanzlichen Ziele einer umfassenden Zahlungsverurteilung bzw. einer vollständigen Abweisung der Klage weiter. Die Beklagte macht allerdings eine Verwirkung des klägerischen Zahlungsanspruchs sowie ihre Hilfsaufrechnung mit den Vertragskosten für die Versicherung nicht mehr geltend und greift auch die Abweisung ihrer Widerklage nicht an.

Der Kläger macht geltend, daß das Landgericht der Beklagten zu Unrecht einen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe zuerkannt habe. Insoweit wiederholt und vertieft er seinen erstinstanzlichen Vortrag. Hilfsweise beantragt er eine angemessene Herabsetzung der Vertragsstrafe nach Maßgabe des § 343 Abs. 1 BGB. Zusätzlich erhebt er die auf eine entsprechende Anwendung der §§ 88 Abs.3 AktG und 61 Abs. 2, 113 Abs. 3 HGB gestützte Einrede der Verjährung. Dazu behauptet er, die Beklagte habe von seinem beanstandeten Verhalten spätestens Ende September 1997 durch die Detektei Kenntnis erlangt. Zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung vom 11. März 1999 sei daher Verjährung eingetreten gewesen. Im Hinblick auf § 390 Abs. 2 Satz 2 BGB macht er geltend, daß der Tantiemeanspruch erst mit Vorlage des Jahresabschlusses im Februar 1998 fällig geworden sei.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zu verurteilen ihm weitere 100.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11. März 1999 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen, sowie

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, soweit es ihr günstig ist. Zu den Ergebnissen der Ermittlungen der von ihr beauftragten Detektei trägt sie weitere Einzelheiten vor. Insbesondere sei der Kläger nicht nur mit der Vorplanung, sondern auch danach noch mit der weiteren Planung und der Baubetreuung befaßt gewesen (Bl. 40 Bd.3 d.A.) Im übrigen erstrebt sie in erster Linie eine Verrechnung der Anrechnungsforderung aus § 615 Satz 2 BGB in Höhe eines Bruttobetrages von 67.700,- DM mit den dem Kläger zuerkannten 48.000,- DM, hinsichtlich des überschießenden Betrags hilfsweise mit sonstigen Forderungen, und erneuert jeweils im Wege der Hilfsaufrechnung die Geltendmachung der Ansprüche auf Ersatz der Detekteikosten (jetzt incl. MwSt. = 33.258.- DM) und der Fahrzeugnutzung (jetzt: 7.245,- DM). Dazu wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg und führt zu der ausgeurteilten Erhöhung der Zahlungsverurteilung der Beklagten. Die Berufung der Beklagten hat zwar in der Sache teilweise Erfolg, führt jedoch im Ergebnis nicht zu einer ihr günstigen Reduzierung ihrer Zahlungsverpflichtung.

Dem Kläger steht ein restlicher Zahlungsanspruch i.H.v. 85.670,- DM zu. Gegen die in zweiter Instanz unstreitig gewordenen Ansprüche des Klägers auf Zahlung des Gehalts für September 1997 i.H.v. 18.000,- DM und den restlichen Tantiemeanspruch für 1996/97 i.H.v. 130.000,- DM hat die Beklagte erfolgreich aufgerechnet mit Gegenansprüchen auf Anrechnung der vom Kläger bei der K... KG bezogenen Nettoeinkünfte i.H.v. 57.500,- DM sowie einem Anspruch auf Entschädigung für eine unbefugte Nutzung des von der Beklagten gestellten Pkws i.H.v. 4.830,- DM. Im übrigen haben sich die zur Gegenrechnung gestellten Ansprüche der Beklagten als unbegründet erwiesen.

I. Verwirkung der Vertragsstrafe

Soweit der Kläger geltend macht, eine Reduzierung seiner Bezügeforderungen durch die Vertragsstrafe i.H.v. 100.000,- DM sei nicht gerechtfertigt, ist seine Berufung begründet.

1. Zunächst einmal ist davon auszugehen, daß die Bestimmung in § 5 des GFV nicht grundsätzlich unwirksam ist. Das gilt unabhängig davon, ob man als Maßstab den § 9 AGBG oder § 138 BGB i.V.m. Art. 2, 12 GG anlegt.

a) Der Geschäftsführer unterliegt auch ohne besondere vertragliche Regelung aufgrund der aus seiner Amtsstellung als Organ der Gesellschaft herzuleitenden Treuepflichten während der Amtszeit einem Wettbewerbsverbot, soweit durch sein Verhalten schutzwürdige Interessen der Gesellschaft konkret beeinträchtigt werden. Allerdings stellt § 5 des GFV nicht auf die Dauer der Organstellung ab, sondern auf die des davon zu unterscheidenden Anstellungsvertrages. Diese beiden Rechtsverhältnisse bestehen grds. unabhängig voneinander und können insbesondere dann zu unterschiedlichen Zeiten beendet werden, wenn - wie hier - die sofort wirkende Abberufung mit einer ordentlichen Kündigung verbunden wird, die die Beendigung des Anstellungsverhältnisses erst nach Fristablauf bewirkt. Das aus der Treuepflicht abzuleitende Wettbewerbsverbot ist allerdings nicht an den Anstellungsvertrag, sondern an die Stellung als Geschäftsführer gekoppelt. Das während der Amtszeit des Geschäftsführers bestehende gesetzliche Wettbewerbsverbot endet deshalb grundsätzlich mit der Beendigung des Amtes, also der Abberufung (Goette, Die GmbH nach der BGH - Rechtsprechung, § 8 Rn. 73; Hachenburg - Stein, GmbHG, 8. Aufl., § 38 Rn. 33).

Ob deshalb die hier getroffene Regelung als "nachvertragliches" Wettbewerbsverbot zu werten ist, kann unentschieden bleiben. Denn auch die Vereinbarung eines "nachvertraglichen" Wettbewerbsverbots ist zulässig, wenn es zeitlich, örtlich und gegenständlich begrenzt ist (BGH NJW 1984, 2366). Die zeitliche Begrenzung ergäbe sich aus der in § 10 Nr. 1 des GFV geregelten 6-monatigen Kündigungsfrist (zum 30. September), örtlich und gegenständlich liegt eine Beschränkung durch das Erfordernis einer konkreten Wettbewerbssituation im Bereich der Bundesrepublik Deutschland vor. In Anbetracht der fortdauernden Gehaltszahlungspflicht ist dies auch keine unzumutbare Einschränkung. Überdies wird angenommen, daß der (frühere) Geschäftsführer jedenfalls nach Treu und Glauben (nachwirkende Treuepflicht) an das Wettbewerbsverbot gebunden bleibt, solange die Gesellschaft aufgrund des nach Abberufung fortbestehenden Anstellungsverhältnisses das Gehalt des Geschäftsführers fortbezahlt (Hachenburg - Stein a.a.O. § 38 Rn. 33). Der BGH befürwortet im Prinzip die die Amtsstellung überdauernde Fortwirkung einer die Unterlassung von Wettbewerb gebietenden Treuepflicht und nimmt einen Verstoß dagegen an, wenn der Geschäftsführer eine sog. "Geschäftschance" der Gesellschaft "mitnimmt", d.h. für persönliche Zwecke ausnutzt oder in gleicher Weise mit sonstigem wettbewerbsrelevanten Insiderwissen verfährt (Goette a.a.O.; BGH NJW 1986, 585). Auch dieses Verhalten würde einen die Vertragsstrafe auslösenden Anwendungsfall des § 5 des GFV begründen.

b) Was die vereinbarte Höhe der Vertragsstrafe betrifft, sind die 100.000,- DM nicht per se unverhältnismäßig hoch gegriffen. Das allein würde im übrigen auch nicht ausreichen, um eine Unwirksamkeit nach § 138 BGB zu begründen (BGH WM 1971, 441, 443), zumal auch noch die - hier vom Kläger auch hilfsweise begehrte - Korrekturmöglichkeit nach § 343 BGB verbleibt.

2. Wenngleich das Wettbewerbsverbot danach grundsätzlich wirksam ist, ist die Strafe gleichwohl nicht verwirkt, weil das Verhalten des Klägers keinen relevanten Wettbewerbsverstoß darstellt.

a) Daß das vom Kläger in seiner Freistellungszeit mit aufgebaute K... K...-R... in Bezug auf die (hier weitgehend identischen) Unternehmensgegenstände ein Konkurrenzunternehmen darstellt, ist kaum zu bezweifeln. Ob dies auch hinsichtlich der räumlichen Gegebenheiten so ist, ist nach Ansicht des Senats bislang zwar nicht hinreichend aufgeklärt, kann im Ergebnis jedoch dahingestellt bleiben.

b) Entscheidend gegen die Berechtigung des Vorwurfs einer verbotenen wettbewerblichen Tätigkeit spricht, daß ein schon zuvor bestehendes Wettbewerbsverhältnis der Beklagten zu der K... KG nicht vorgetragen ist, während der Freistellungszeit des Klägers das von ihm betreute Werk noch gar nicht auf dem Markt tätig war und dem Kläger Handlungen zur Vorbereitung eines späteren Wettbewerbs nicht verboten waren. Daß bloße Vorbereitungshandlungen grundsätzlich erlaubt sind, ergibt sich daraus, daß Wettbewerbsklauseln gemessen an den Wertungen der Art. 2, 12 GG restriktiv dahin zu interpretieren sind, daß nur im Falle eines tatsächlichen Vollzugs wettbewerblicher Tätigkeit das die freie Entfaltung und Ausnutzung beruflichen Tätigkeit des Dienstnehmers durch drohende Unterlassungs-, Schadensersatz-, Gewinnabschöpfungs- oder Eintrittsansprüche sowie die drohende Verwirkung einer Vertragsstrafe massiv einschränkende Wettbewerbsverbot durch ein berechtigtes Interesse des Dienstherren gerechtfertigt ist. Es ist auch davon auszugehen, daß es keinen Unterschied machen kann, ob die Vorbereitungshandlungen dem Aufbau eines eigenen Unternehmens dienen oder der Mithilfe am Aufbau eines fremden und zum Zeitpunkt der Vorbereitung noch nicht im Wettbewerb zum Dienstherren stehenden Konkurrenzbetriebs. Die Grenze ist dort zu ziehen, wo die bloße Vorbereitung, einschließlich der Beschaffung der sachlichen Voraussetzungen, in den Beginn der aktiven Geschäftstätigkeit übergeht, wie etwa bei der Anbahnung von Geschäftsbeziehungen. Verboten bleibt allerdings auch die konkrete Ausnutzung von Geschäftschancen der Gesellschaft oder die Verwertung von Geschäftsinterna.

c) Eine Befugnis zur entsprechenden Nutzung vergleichbarer Übergangszeiten ist, zurückgehend auf die Rspr. des Reichsgerichts (RGZ 90, 98, 100), auch für den Geltungsbereich des in § 112 HGB zu Lasten der OHG - Gesellschafter normierten Wettbewerbsverbots im Grundsatz anerkannt (Baumbach - Hopt, HGB, 29. Aufl., § 122 Rn. 3 a.E.; Staub - Ulmer, Großkomm. zum HGB, 4. Aufl., § 112 Rn. 11; Schlegelberger - Martens, HGB, 5. Aufl., § 112 Rn. 9). Der Regelungszweck des § 112 HGB entspricht dem des Wettbewerbsverbots für Geschäftsführer. In beiden Fällen ist Grundlage das aus der Treuepflicht herzuleitende Gebot, nicht gegen die Interessen der Gesellschaft Insiderinformationen oder Geschäftschancen eigen- oder fremdnützig geschäftlich zu nutzen. Es erscheint deshalb unbedenklich, die in Rechtsprechung und Literatur zu § 112 HGB vorgenommene Abgrenzung zwischen verbotenem Wettbewerb und erlaubten Handlungen zur Vorbereitung künftiger Berufsausübung auf das Geschäftsführerverhältnis zu übertragen, weil insoweit gleichermaßen dem grundgesetzlich geschützten Prinzip der freien Berufsausübung in einer dem Dienstherren zumutbaren Weise Genüge getan wird.

d) Mit seiner Rechtsauffassung setzt sich der Senat auch nicht in Widerspruch zu dem von Goette (a.a.O. Rn. 72) zitierten Beschluß des BGH vom 19. Juni 1995 (II ZR 228/94 = DStR 1995, 1359 f. mit Anm. Goette).

Allerdings hat der BGH entschieden, daß ein Geschäftsführer pflichtwidrig handelt, wenn er während seiner Amtszeit die verbleibende Zeit bis zu seinem Ausscheiden dazu ausnutzt, ein Konkurrenzunternehmen aufzubauen. Aus der Anmerkung Goettes (Mitglied des entscheidenden Senats des BGH) ergibt sich, daß ein solches Verhalten gerade auch als Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot gewertet wurde. Allerdings wird der vom BGH beschiedene Sachverhalt durch Umstände geprägt, die ihn von dem des vorliegenden Rechtsstreits maßgeblich unterscheiden. Insbesondere hatte im Fall des BGH der Geschäftsführer bereits lange vor seiner Abberufung als maßgeblicher Entscheidungsträger begonnen, ein Konkurrenzunternehmen aufzubauen. So hebt auch Goettes in seiner Anmerkung hervor, daß der Geschäftsführer bereits zu einem Zeitpunkt aktiv geworden war, als er noch in dieser Funktion Entscheidungen für die Gesellschaft traf, und zwar auch noch mit Hilfe des Personals und unter Verwendung des know how der Gesellschaft. Danach kann aus dieser Entscheidung nicht die Rechtsauffassung des II. Zivilsenats des BGH abgeleitet werden, daß es aufgrund eines Wettbewerbsverbots auch dem von seinem Amt abberufenen und von seinen Pflichten aus dem Anstellungsvertrag bis zum Ablauf der Kündigungsfrist freigestellten Geschäftsführer generell untersagt ist, die Freistellungszeit dazu zu nutzen, für die Zeit nach dem Ablauf des Wettbewerbsverbots eine mit der Gesellschaft konkurrierende Tätigkeit vorzubereiten.

e) Unter diesen Umständen stellt sich das Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit dem Aufbau des Kalksandsteinwerks K..-R... nicht als verbotene Vorbereitungshandlung dar. Denn die Leistungen des Klägers im Zusammenhang mit dem Bau des K.. Werkes schafften zwar die gegenständlichen Voraussetzungen für eine spätere Konkurrenz zu der Beklagten. Die Schwelle zu einer Umsetzung in eine wettbewerbsrechtlich relevante Geschäftstätigkeit war damit nicht überschritten. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang auf die bei ihr bereits unter Mitwirkung des Klägers geplante Fertigung von Quadro Steinen verweist, ergibt sich daraus auch kein taugliches Indiz für die Verwertung von schutzbedürftigen Geschäftsinterna. Denn nach dem eigenen Vortrag der Beklagten werden für die Fertigung bestimmter Steine dieser Art bereits von dritter Seite Lizenzen vergeben, was deutlich macht, daß die Art und Weise der Herstellung von Quadro Steinen nicht etwa außerhalb des Bereichs der Beklagten unbekannt und damit ein Geschäftsgeheimnis oder eine besondere Geschäftschance gewesen sind. Ebensowenig relevant ist der Einwand der Beklagten, der Kläger habe bei seiner Tätigkeit für die K... KG die aus seiner Tätigkeit für die Beklagte gewonnenen Erfahrungen umgesetzt, weil er nach seinem Werdegang über entsprechende Kenntnisse vorher nicht verfügt haben könne. Das ist - unter der Voraussetzung, daß die Tätigkeit an sich nicht gegen das Wettbewerbsverbot verstößt - deshalb unerheblich, weil es dem Kläger nicht verwehrt werden kann, seine Berufserfahrungen auszunützen, soweit sie nicht im o.g. Sinn gebunden sind. Daß die Tätigkeit des Klägers von dem Motiv getragen war, später eine Anstellung als Geschäftsführer bei dem Werk einzunehmen, zwingt zu keiner anderen Bewertung. Denn dieses Motiv ist zum einen durch das legitime Ziel der Beschaffung einer Beschäftigung nach dem Auslaufen des Anstellungsvertrages mit der Beklagten gedeckt und zum anderen handelt es sich dabei nicht um den diskriminierten Fall der Anbahnung von wettbewerbsrelevanten Geschäftsbeziehungen im o.g. Sinne.

An dieser Wertung ändert auch die Darstellung der Beklagten zum Umfang der Tätigkeit des Klägers nichts. Dem steht zwar nicht schon entgegen, daß die Beklagte aufgrund der von ihr veranlaßten Ermittlungen lediglich Schlußfolgerungen vorgetragen hat. Da es sich um Umstände außerhalb ihrer eigenen Erkenntnis handelt, kann die Beklagte zwar Vermutungen äußern. Es müssen dann allerdings auch entscheidungsrelevante Vermutungen sein. Daran fehlt es hier. Die Beklagte hat vorgetragen, der Kläger habe vollschichtig für die K... KG gearbeitet, nicht nur die Vorplanung betrieben, sondern den weiteren Aufbau federführend geleitet und seine Tätigkeit für K... sei "absolut identisch" mit der früheren für die Beklagte. Auch bei vollschichtig federführender Arbeit über die vom Kläger zugestandene Vorplanung hinaus ergibt sich allein daraus kein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot. Die behauptete Identität ist schon deshalb in diesem Zusammenhang nicht aussagekräftig, weil der für die Wettbewerbsfrage maßgebliche Unterschied zwischen Aufbau und Betrieb eines Unternehmens diese Darstellung unerheblich macht.

3. Zu dem von der Beklagten in zweiter Instanz nicht mehr geltend gemachten Einwand der Verwirkung der klägerischen Ansprüche auf Zahlung des Septembergehalts und der Tantieme sei ergänzend erwähnt, daß die Entscheidung des Landgerichts insoweit richtig war. Der BGH hat dazu entschieden (NJW-RR 1988, 352), daß eine Verwirkung nur unter ganz besonders krassen Umständen ("grob unanständiges Verhalten") in Frage kommt. Das ist hier aus den Gründen zu 2) nicht der Fall.

II. Anrechnungsanspruch der Beklagten aus § 615 Satz 2 BGB In der Sache ist die Berufung der Beklagten insoweit erfolgreich, als sie sich gegen die vom Landgericht versagte Anrechnung der vom Kläger während seiner Freistellungszeit von der K... KG erlangten Vergütung auf seine Zahlungsansprüche wendet.

Dieser Anrechnungsanspruch, mit dem die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung erklärt, ergibt sich aus § 615 Satz 2 BGB, der entgegen der Ansicht des Landgerichts auch für die Zeit einer Freistellung vom Dienst grundsätzlich anwendbar ist. Insgesamt steht zur Verrechnung der Nettobetrag der Einkünfte in Höhe von 57.500,- DM zur Verfügung. Der Kläger hat die ihm zugewandte Mehrwertsteuer an das Finanzamt abgeführt und war wegen § 19 Abs. 1 UStG als Kleinunternehmer auch nicht vorsteuerabzugsberechtigt. Damit entfällt der Anspruch des Klägers auf das Septembergehalt und - kraft Aufrechnung - der Tantiemeanspruch in Höhe von 39.500,- DM. Ob der Ausgleichsanspruch rechtlich die Beklagte entspr. § 324 Abs. 1 Satz 2 BGB unmittelbar von der Verpflichtung zur Zahlung des Septembergehalts i.H.v. 18.000,- DM befreit hat (vgl. Palandt - Putzo, BGB, 59. Aufl., § 615 Rn. 18), oder auch in diesem Umfang - wie hinsichtlich des Restbetrages - die Zahlungsforderungen des Klägers durch Aufrechnung erloschen sind, bedarf keiner Entscheidung.

1. § 615 Satz 2 BGB ist auch im Fall der Freistellung anwendbar. Denn es kommt im Fall eines Verzichts des Dienstherren auf jede Dienstleistung (Freistellung) unter Fortzahlung der vereinbarten Vergütung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nach ordentlicher Kündigung weder entscheidend auf den Fortbestand der Leistungsverpflichtung des Dienstnehmers noch darauf an, ob er seinen Dienstherren nach den §§ 293 ff. BGB in Annahmeverzug gesetzt hat (BAGE 15, 259 ff. = AP Nr. 24 zu § 615 BGB mit zustimmender Anm. Hueck; Soergel - Kraft, BGB, 12. Aufl., § 615 Rn. 8; Hueck in Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht, Bd. I., 329 Fn. 15). Nach der Rechtsprechung des BAG (a.a.O.) haben die Dienstvertragsparteien in solchen Fällen eine einverständliche Regelung des Inhalts geschlossen, daß - auch ohne Inverzugsetzung des Dienstherren - das Gehalt nach § 615 Satz 1 BGB trotz Nichtleistung der Dienste weiter gezahlt werden soll, was dann zugleich die Anwendung des § 615 Satz 2 BGB rechtfertige. Ob diese Lösung konstruktiv befriedigt, oder es richtiger ist, aus den §§ 324 Abs. 1 Satz 2, 615 Satz 2, 616 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 11 KSchG den allgemeinen Grundsatz abzuleiten, daß ein Dienstnehmer, der zur Arbeitsleistung nicht mehr verpflichtet ist, sich anderweitige Bezüge für die Verwertung seiner (freien) Arbeitskraft auf den erhalten gebliebenen Entgeltanspruch anrechnen zu lassen (so z.B. Blomeyer Anm. zu BAG AP Nr. 25 § 615 BGB), mag dahingestellt bleiben. Im Ergebnis besteht jedenfalls die Pflicht zur Duldung einer Anrechnung. Denn hinter allen vorgenannten Bestimmungen steht der übergeordnete und unmittelbar aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben ableitbare Regelungszweck, daß der Dienstnehmer "nicht mehr als ihm nach dem Vertrag gebührt, erhalten und nicht auf Kosten des Dienstberechtigten einen Gewinn machen soll" (RGZ 58, 402, 404; BAG NJW 1991, 1002, 1004 m.w.N.).

2. Allerdings wird auch die Möglichkeit erörtert, daß der Dienstherr bei Konstellationen der hier gegeben Art unter Umständen auf seine Anrechnungsbefugnis nach § 615 Satz 2 BGB "verzichtet" haben und deshalb die einverständliche Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung als stillschweigender Ausschluß einer Anrechnung anderweitigen Verdienstes während der Freistellungszeit gewertet werden könnte (Staudinger - Richardi, BGB, 13. Bearb., § 615 Rn. 136). Im Streitfall verbietet sich die Annahme eines rechtsgeschäftlichen Anrechnungsausschlusses, weil ein solcher Wille der Parteien bzw. rückschlußkräftige Indizien weder von dem insoweit darlegungs- und beweisbelasteten (BAGZ 15, 258, 260) Kläger ausdrücklich vorgetragen wurden, noch den sonstigen Umständen eindeutig entnommen werden kann. Eine von § 615 Satz 2 BGB abweichende Regelung muß aber nach der Rechtsprechung des BAG (a.a.O.; ebenso Kraft und Hueck, jeweils a.a.O.) ausdrücklich und zweifelsfrei getroffen werden. Das ist richtig, weil § 615 Satz 2 BGB und die o.g. Regelungen im Zweifel der Billigkeit des dadurch geregelten Interessenausgleichs entsprechen und es nach der Lebenserfahrung auch nicht vermutet werden kann, daß der Dienstherr zu seinen Lasten dem Dienstnehmer über die Gehaltszahlungsverpflichtung hinaus vermögenswerte Vorteile zukommen lassen will.

Soweit die Landesarbeitsgerichte Brandenburg (BB 1998, 2479), Köln (NZA 1992, 123) und Hamm (NZA-RR 1997, 287) einen Anrechnungsausschluß im Fall der Freistellung angenommen haben, beruht dies jeweils auf der entsprechenden Auslegung von Vergleichen mit unbeschränkten Zahlungszusagen und damit auf entscheidungserheblich unterschiedlichen Sachverhalten.

3. Ausgeschlossen ist ein Anrechnungsanspruch allerdings dann und soweit der Verdienst des Klägers bei der Fa. K... auch hätte erzielt werden können, wenn der Kläger weiterhin für die Beklagte tätig gewesen wäre. Denn der Dienstverpflichtete braucht sich nur den anderweitig erzielten Verdienst anrechnen zu lassen, der kausal durch das Freiwerden seiner Arbeitskraft ermöglicht worden ist (BAG NJW 1991, 1002; RGZ a.a.O.).

a) Das BAG (NJW 1991, 1002, 1004) stellt auf eine gemischt subjektive und objektive Betrachtungsweise ab. Bei einem rein subjektiven Ansatz wäre maßgeblich abzustellen auf den Willen des Dienstverpflichteten, das neu eingegangene Beschäftigungsverhältnis an die Stelle des infolge Freistellung nicht mehr zu erfüllenden Schuldverhältnisses zu setzen. Bei einer rein objektiven Betrachtungsweise käme es allein darauf an, ob die beiden Tätigkeiten nach Lage der Tätigkeitszeiten nebeneinander ausgeübt werden könnten. Die vermittelnde Lösung des BAG läuft im Ergebnis auf eine Berücksichtigung der Gesamtumstände hinaus, unabhängig davon, ob sie im o.g. Sinn objektiver oder subjektiver Art sind. Die Beweislast trägt grundsätzlich der Dienstherr (BAG a.a.O.). Allerdings werden dem Dienstherrn in der Regel die näheren Umstände, deren Kenntnis zur Beurteilung der Kausalität erforderlich sind, nicht bekannt sein. Um eine Überforderung des Dienstherrn zu vermeiden, ist es daher ausreichend, wenn er Indizien vorträgt, die für das Vorliegen des Kausalzusammenhangs sprechen. Dann muß der Dienstnehmer darlegen, weshalb die behauptete Kausalität nicht vorliegt (BAG a.a.O.).

In tatsächlicher Hinsicht würde es danach auf den konkreten Umfang der Tätigkeiten des Klägers für die K... KG ankommen. Der ist allerdings streitig und müßte aufgeklärt werden. Im Streitfall haben beide Parteien dazu ausreichend vorgetragen und Beweise angeboten, die erhoben werden müßten. Diese Aufklärung des Sachverhalts ist jedoch entbehrlich, weil hier aus den nachfolgend dargestellten Gründen eine Anrechnung unabhängig vom tatsächlichen Umfang der Tätigkeit des Klägers geboten ist.

b) Der kausale Zusammenhang zwischen der Freistellung und dem bei der K... KG erzielten Einkommen ergibt sich nämlich daraus, daß der Kläger die Tätigkeit für die K... KG nicht hätte durchführen dürfen und diese Einschränkung durch seine Freistellung entfallen ist. Während der aktiven Dienstzeit war dem Kläger nach § 4 GFV eine Nebentätigkeit lediglich unter dem Vorbehalt einer Einwilligung der Beklagten gestattet. Dieser Vorbehalt begründet auch eine Anzeigepflicht, auf deren Verletzung es in diesem Zusammenhang allerdings nicht ankommt, weil die Beklagte die Einwilligung nicht hätte verweigern dürfen, wenn die Arbeiten des Klägers zustimmungspflichtig waren. Die vom Kläger für die K... KG ausgeübte Tätigkeit war nicht zustimmungspflichtig. Es ist auch davon auszugehen, daß die Beklagte sie nicht gestattet hätte.

Die Zustimmungspflicht scheitert nicht schon an der vertraglich geregelten Verpflichtung zum Einsatz seiner vollen Arbeitskraft für die Beklagte. Denn solche Regelungen betreffen nur die für die Tätigkeit des Geschäftsführers notwendige Arbeitszeit. Ist er nicht voll ausgelastet, dann kann ihm eine Nebentätigkeit nicht verweigert werden, weil dies auf eine Verpflichtung zum Nichtstun trotz der Möglichkeit einer sinnvollen Beschäftigung hinausliefe, die mit der Würde des Menschen nicht vereinbar ist und deshalb gegen die guten Sitten (BGHZ 34, 381, 384 f.) bzw. die Freiheit der Berufsausübung (Art. 12 GG - BAG NJW 1991, 1002, 1003) verstößt.

Im übrigen kommt es darauf an, ob im konkreten Einzelfall vorrangige Interessen der Gesellschaft an einer Verhinderung der Nebentätigkeit gegeben und der Geschäftsführer die dadurch bedingte Beschränkung seiner Berufsausübung nach Treu und Glauben zumutbar sind. Da es in diesem Zusammenhang darauf ankommt, ob die Beklagte während der laufenden aktiven Beschäftigung die Zustimmung hätte erteilen müssen, beantwortet sich diese Frage zu Lasten des Klägers schon daraus, daß während dieser Zeit (also vor der Freistellung) das Wettbewerbsverbot auch Handlungen zur bloßen Vorbereitung eines Wettbewerbs mit der Beklagten rechtswirksam verboten hätte. Daraus folgt zugleich mit hinreichender Sicherheit, daß die Beklagte der Tätigkeit für die K... KG auch nicht zugestimmt hätte.

Die Beklagte hätte danach die Zustimmung nicht erteilen müssen. Der Kläger hätte nicht für die K... KG tätig werden dürfen und hätte zu einer entsprechenden Unterlassung auch notfalls gezwungen werden können. Dieses Hindernis ist nach und infolge der Freistellung fortgefallen und hat dem Kläger rechtlich die Beschäftigung und Verdienstmöglichkeiten bei der K... KG eröffnet.

III. Schadensersatzansprüche

Von den von der Beklagten weiter zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzforderungen ist lediglich der Anspruch auf Ausgleich für eine anteilige unerlaubte Nutzung des ihm für die Tätigkeit bei der Beklagten und auch den privaten Gebrauch zu Verfügung gestellten Pkw Daimler Benz E 280 Classic teilweise begründet. Unbegründet ist der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der Detektivkosten.

1. Was die Pkw - Nutzung betrifft, deutet die Km - Leistung von 20.000 (in 5 Monaten - von Februar bis Juli 1997) mit hinreichender Sicherheit tatsächlich auf eine Verwendung auch für Fahrten im Zusammenhang mit der Tätigkeit für die K... KG hin. Eine sonstige (erlaubte) private Nutzung hat der Kläger in diesem Umfang jedenfalls nicht plausibel dargelegt. Der Kläger ist deshalb grundsätzlich verpflichtet, eine Entschädigung wegen schuldhaft pflichtwidriger Nutzung zu zahlen. Der Senat schätzt den Entschädigungsbetrag gem. § 287 ZPO auf 4.830,- DM. Schätzungsgrundlage ist zum einen die Annahme, daß der Kläger während der Nutzungszeit zulässigerweise für private Zwecke, zu denen auch Fahrten zu Bewerbungszwecken zählen, 10.000 Km fahren durfte, so daß die restlichen 10.000 Km auszugleichen sind. Zum anderen hat der Senat die für Entschädigungen für Pkw-Nutzungen übliche Rechenmethode Anschaffungswert (70.000,- DM) x 0,69 % pro gefahrene 1000 Km zugrunde gelegt.

2. Ein materieller Schadensersatzanspruch für die Detekteikosten etwa unter dem Gesichtspunkt einer vertraglichen Nebenpflichtverletzung nach den Regeln der positiven Forderungsverletzung ist schon dem Grunde nach nicht gegeben.

Gegen das Wettbewerbsverbot hat der Kläger - wie festgestellt - nicht verstoßen. Soweit der Kläger im Zusammenhang mit dem für begründet erachteten Anspruch der Beklagten aus § 615 Satz 2 BGB auskunftspflichtig gewesen sein sollte, könnte eine solche Auskunftspflicht erst nach entsprechender Aufforderung durch die Beklagte entstanden sein. Unstreitig ist der Kläger jedoch vor der Veranlassung der Detektivkosten weder zu einer Auskunft aufgefordert noch überhaupt in dieser Richtung befragt worden. Damit fehlt es jedenfalls an einem Ursachenzusammenhang zwischen eventueller Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden.

Ob und in welchem Umfang die Voraussetzungen für eine Liquidation der Aufklärungskosten im Kostenfestsetzungsverfahren gegeben sind (vgl. Zöller - Herget, ZPO, 21. Aufl., § 91 Rn. 13 Stichwort "Detektivkosten"), hat der Senat nicht zu entscheiden.

IV. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO.






OLG Oldenburg:
Urteil v. 17.02.2000
Az: 1 U 155/99


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/da94374a597a/OLG-Oldenburg_Urteil_vom_17-Februar-2000_Az_1-U-155-99




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