Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. März 2009
Aktenzeichen: 27 W (pat) 145/08

(BPatG: Beschluss v. 23.03.2009, Az.: 27 W (pat) 145/08)

Tenor

Die Beschwerde sowie der Antrag auf Rückzahlung der Erinnerungsgebühr werden zurückgewiesen.

Gründe

I Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patentund Markenamts hat mit Beschluss eines Beamten des gehobenen Dienstes vom 6. Juli 2007 die Anmeldung der Wortmarke GarageSaleals Kennzeichnung für die Waren und Dienstleistungen Klasse 9 Gespeicherte Computersoftware, insbesondere gespeicherte Computersoftware für E-Commerce-Anwendungen oder zur Durchführung von Online-Auktionen; herunterladbare Computerprogramme, insbesondere herunterladbare Computerprogramme für E-Commerce-Anwendungen oder zur Durchführung von Online-Auktionen; Magnetaufzeichnungsträger; optische Datenträger; CDs, DVDs, Speicher für Datenverarbeitungsanlagen; Disketten; Datenverarbeitungsgeräte und Computer Klasse 16 Druckereierzeugnisse; Benutzerhandbücher, insbesondere für Computersoftware; Lehrbücher; Zeitschriften; Etiketten aus Papier Klasse 42 Computersoftwareentwicklung, insbesondere Entwicklung von Software für E-Commerce-Anwendungen oder zur Durchführung von Online-Auktionen; Computersystemdesign; Computersoftwareund Hardwareberatung; Installieren von Computerprogrammen; Kopieren von Computerprogrammen; Aktualisierung von Computersoftware; Vermietung von Computersoftware; Wartung von Computersoftware; Computersystemanalysen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Bereitstellen von Computerprogrammen in Datennetzen; Dienstleistungen eines EDV-Programmierers; EDV-Beratung; Implementierung von Computerprogrammen in Netzwerkennach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen, weil die erkennbar aus den beiden englischen und dem inländischen Verkehr geläufigen Grundwörtern "garage" und "sale" zusammengesetzte Marke ohne Weiteres im Sinne "Garagenverkauf" verständlich sei, worunter eine traditionelle private Verkaufsform, die mittlerweile auch im Internet erfolge, verstanden werde. Damit beschreibe die Anmeldemarke aber lediglich die beanspruchten Waren und Dienstleistungen, da diese für die Durchführung solcher tatsächlichen oder virtuellen Garagenverkäufe geeignet und bestimmt sein könnten.

Gegen diesen Beschluss hat die Anmelderin am 12. Oktober 2007 Erinnerung eingelegt. Nachdem auf ihren Antrag vom 8. Juli 2008 keine Erinnerungsentscheidung ergangen ist, hat sie am 1. Oktober Beschwerde nach § 66 Abs. 3 MarkenG erhoben, mit der sie beantragt, den Beschluss der Markenstelle vom 6. September 2007 aufzuheben und ihr die Erinnerungsgebühr zurückzuerstatten.

Sie hält die Anmeldemarke für schutzfähig, weil es sich um keine die beanspruchten Waren unmittelbar beschreibende Angabe handele. Es sei nämlich schon zweifelhaft, ob den inländischen Verbrauchern die Verkaufsmodalitäten in den USA bekannt seien. Darüber hinaus sei auch der von der Markenstelle genannte deutsche Begriff "Garagenverkauf" nicht eindeutig, da er auch den Verkauf von Garagen meinen könne. Schließlich würden auch die konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht im Rahmen eines Garagenverkaufs angeboten. Für die Schutzfähigkeit spreche letztlich auch die Eintragung vergleichbarer Marken.

II. A. Die nach § 66 Abs. 3 MarkenG zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass.

1. Der Senat teilt die Auffassung der Markenstelle, dass die angemeldete Bezeichnung nach § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mangels jeglicher Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen ist.

a) Die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG geht auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurück, der wiederum mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. b) GMV wortidentisch ist. Da die Auslegung der vorgenannten europarechtlichen Normen nach Art. 234 EGV allein dem Europäischen Gerichtshof vorbehalten ist, ist auch für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "Unterscheidungskraft" in § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausschließlich dessen Rechtsprechung maßgeblich und für alle nationalen Gerichte bindend. Danach ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen, derzufolge diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren soll, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] - Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] -SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] -BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] -SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] - SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] -Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] -Das Prinzip der Bequemlichkeit).

b) Dies ist bei der vorliegend zu beurteilenden angemeldeten Kennzeichnung der Fall, weil sie nur einen im Vordergrund stehenden, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt hat (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

aa) Die Marke wird aufgrund der Binnengroßschreibung ohne jedes Nachdenken im Sinne von "garage sale" aufgefasst. Beide Begriffe gehören, wie auch die Anmelderin nicht ernsthaft in Abrede stellt, zu den einfachsten englischen Grundwörtern; sie sind teilweise wegen der Identität mit dem entsprechenden deutschen Begriff (was für "garage" = "Garage" zutrifft) bzw. wegen ihrer Verwendung auch im Inland (was für "sale" gerichtsbekannt ist) schon breitesten Verbraucherkreisen, erst recht den Abnehmern der hier in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen, bei welchen die Verwendung englischer Begriffe auch im Inland üblich ist, geläufig. Die angesprochenen Verkehrskreise werden die Anmeldemarken daher ohne Weiteres spontan im Sinne von "Garagenverkauf" verstehen.

bb) Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen verbinden die angesprochenen Verkehrskreise mit der so verstanden Anmeldemarke aber lediglich den Sachhinweis, dass diese für Garagenverkäufe geeignet oder bestimmt sein können.

aaa) Soweit die Anmelderin geltend macht, der Begriff "Garagenverkauf" könne auch im Sinne von "Verkauf von Garagen" verstanden werden, ist ein solches Verständnis für die angesprochenen Verkehrskreise schon deshalb nicht nahe gelegt, weil nach dem Warenund Dienstleistungsverzeichnis die Anmeldemarke ihnen weder unmittelbar noch mittelbar im Rahmen eines Verkaufs von Garagen begegnen wird. Ungeachtet dessen würde es auch in diesem Fall dabei verbleiben, dass das Publikum in der Anmeldemarke lediglich einen Sachhinweis und damit keinen Herkunftshinweis verbinden würde; nur im letztgenannten Fall käme aber eine Schutzfähigkeit in Betracht.

bbb) Soweit das Publikum die als "Garagenverkauf" verständliche Anmeldemarke im Sinne "Verkauf in Garagen" versteht, wird er hierin in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen nur einen Sachhinweis sehen. Solche Verkäufe sind nicht nur in den USA, sondern auch im Inland üblich. Darüber hinaus wird der Begriff, wie die Markenstelle durch zahlreiche Fundstellen nachgewiesen hat, auch für vergleichbare Angebote im Internet gebraucht. Da die beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 42 als technische Waren bzw. Dienstleistungen dazu geeignet und bestimmt sein können, solche "virtuellen Garagenverkäufe" durchzuführen, wird der Verkehr auch in Zusammenhang mit diesen Waren und Dienstleistungen die Anmeldemarke nur als Sachhinweis auf diese Eignung, nicht aber als Hinweis auf deren Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen verstehen. Ob daneben die beanspruchten Waren und Dienstleistungen auch im Rahmen von (physischen oder virtuellen) Garagenverkäufen angeboten werden (was die Anmelderin bestreitet), kann damit dahinstehen. Bei den Waren der Klasse 16 wiederum kommt die Anmeldemarke bereits als Inhaltsangabe für Druckereierzeugnisse, welche sich, etwa als Einkaufsratgeber, mit Garagenverkäufen befassen, in Betracht, so dass für diese Waren schon aus diesem Grund Schutzfähigkeit ausscheidet. Darüber hinaus können auch diese für die Durchführung (virtueller oder physischer) Garagenverkäufe geeignet und bestimmt sein.

c) Ohne Erfolg beruft sich die Anmelderin auch auf (ihrer Meinung nach) vergleichbare Markeneintragungen. Ob die von ihr genannten Beispiele mit der hier in Rede stehenden Anmeldemarke tatsächlich vergleichbar sind, bedarf dabei keiner näheren Betrachtung. Aus der Schutzgewährung für andere Marken kann die Anmelderin nämlich keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (EuGH MarkenR 2008, 163, 167 [Rz. 39] -Terranus); GRUR 2004, 674, Nrn. 43, 44 -Postkantoor; GRUR 2004, 428, Nr. 63 -Henkel; BPatG MarkenR 2007,351, 352 f. -Topline; GRUR 2007, 333, 335 ff. -Papaya). Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung vermag der Senat der gegenteiligen Auffassung des 29. Senats (vgl. MarkenR 2008, 124 -Schwabenpost) nicht näherzutreten. Damit scheidet eine Aussetzung des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über das Vorabentscheidungsersuchen des 29. Senats aus.

2. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen.

B. Für eine Rückzahlung der Erinnerungsgebühr nach § 64 Abs. 5 MarkenG und der Beschwerdegebühr nach § 71 Abs. 3 MarkenG besteht keine Veranlassung, denn besondere Umstände, aufgrund derer es unbillig wäre, Erinnerungsund Beschwerdegebühr einzubehalten (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. 2006, § 71 Rn. 31 ff.; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 71 Rn. 35 ff.) sind nicht ersichtlich. Zwar hat die Markenstelle über die Erinnerung nicht innerhalb der in § 66 Abs. 3 MarkenG genannten Fristen entschieden; dies rechtfertigt jedoch nicht, die grundsätzlich bereits mit der Einlegung von Erinnerung und Beschwerde fällig werdenden Gebühren zurückzuzahlen, weil sich Rechtsbehelf und Rechtsmittel letztlich in der Sache als unbegründet erwiesen haben.

Dr. Albrecht Kruppa Schwarz Me






BPatG:
Beschluss v. 23.03.2009
Az: 27 W (pat) 145/08


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