Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. August 2007
Aktenzeichen: 32 W (pat) 127/05

(BPatG: Beschluss v. 22.08.2007, Az.: 32 W (pat) 127/05)

Tenor

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wort-/Bildmarkeist am 7. Oktober 2002 für die Waren und Dienstleistungen

"Druckereierzeugnisse; Lehr- und Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate), insbesondere Seminarbroschüren, Checklisten, Fachliteratur; Werbung; Marketing; Ausbildung; Fortbildung; Organisation und Veranstaltung von Kongressen und Konferenzen; Veranstaltung und Durchführung von Workshops und Seminaren"

unter der Nummer 302 06 031 in das Register eingetragen und am 8. November 2002 veröffentlicht worden.

Hiergegen ist Widerspruch erhoben vom Inhaber der Wortmarke 301 04 834 ifoderen Waren- und Dienstleistungsverzeichnis lautet:

"Druckerzeugnisse, insbesondere Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Berichte, Druckschriften; bespielte Datenträger einschließlich Bereitstellung von Publikationen via Internet; Tätigkeit eines Verlages, nämlich Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen, Zeitschriften, Berichten, Druckschriften, bespielten Datenträgern; Informationsveranstaltungen für Schulungszwecke und Verkaufszwecke; Veranstaltung von Kongressen, Schulungen, Seminaren und Lehrgängen, insbesondere für Wissenschaft, Wirtschaft, nämlich Unternehmen, Verbände und andere Wirtschaftsorganisationen, und der Politik, auch für Studenten; Tätigkeit eines Datenbankanbieters, insbesondere Erstellen, Verwalten, Pflege und Betrieb von Datenbanken; Durchführen von Datenbankrecherchen; Bereitstellen von Daten, Publikation über Telekommunikationsnetze, wie Intranet und Internet, nämlich Bereitstellung von elektronischen Zeitungen und Zeitschriften, Herausgabe von Publikationen in elektronischer Form; Dienstleistung einer Bibliothek, insbesondere Buch-, Zeitschriften- und Aufsatzbeschaffung; wirtschaftswissenschaftliche Forschung, auch Analysen, Prognosen und Tests; Meinungsforschung; Durchführung von Unternehmensbefragungen; Beratung der Politik, von Wirtschaftsunternehmen und anderen gesellschaftlichen Gruppen, nämlich betriebswirtschaftlich und volkswirtschaftlich; Beratung zum Aufbau wirtschaftlicher Informationssysteme; Erstellen von Statistiken, Analysen, Vergleichen und Prognosen; empirische Untersuchung wirtschaftlicher Fragestellungen; Tätigkeit eines Gutachters, insbesondere auf wirtschaftswissenschaftlichem Gebiet."

Die mit einem Angestellten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 23. September 2005 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 301 04 834 die Löschung der Marke 302 06 031 angeordnet. Die Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke seien mit den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke teilweise identisch und im Übrigen hochgradig ähnlich. Bei der Widerspruchsmarke sei von einem normalen Schutzumfang und einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft auszugehen. Die von der Widersprechenden geltend gemacht erhöhte Kennzeichnungskraft sei nicht belegt. Die angegriffene Marke werde von dem wie das eigentliche Kenn- und Merkwort wirkenden Bestandteil "IFU" geprägt. Die graphische Gestaltung der angegriffenen Marke, die sich in der horizontalen und vertikalen Anordnung der Buchstabenfolge "IFU" innerhalb eines Kreises manifestiere, wirke nicht eigenständig herkunftshinweisend. Damit stünden sich "IFU" und "ifo" gegenüber. Die beiden Markenwörtern gemeinsame Kombination von zwei Vokalen mit einem Konsonanten in der Mitte lasse darauf schließen, dass beide nicht als Einzelbuchstaben, sondern als zusammenhängendes Wort ausgesprochen würden. Der einzige Unterschied zwischen den beiden Markenwörtern bestehe im Schlussvokal. Dies sei aber im Hinblick darauf, dass die Vokale "u" und "o" in ihrem dunklen Klangcharakter verwandt seien, nicht ausreichend, um die Gefahr von Verwechslungen in klanglicher Hinsicht auszuschließen.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie hat sich im Beschwerdeverfahren bisher nicht zur Sache geäußert. Im Verfahren vor der Markenstelle hat sie geltend gemacht, dass die beiderseitigen Waren- und Dienstleistungsverzeichnisse nur geringfügig identisch seien, nämlich lediglich in Bezug auf die Ware "Druckerzeugnisse" und die Dienstleistung "Veranstaltung von Kongressen und Seminaren". Bei der von der jüngeren Marke beanspruchten Ware "Lehr- und Unterrichtsmaterial" bestehe allenfalls eine Teilidentität mit den von der Widerspruchsmarke erfassten "Druckerzeugnissen". Die weiteren Dienstleistungen der angegriffenen Marke seien mit den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke nicht ähnlich. Trotz der teilweisen Identität bestünden zwischen den jeweiligen Waren und Dienstleistungen keine Berührungspunkte, da sich die Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke im Unterschied zu denjenigen der Widerspruchsmarke ausschließlich an Rechtsanwälte und Steuerberater richteten. Dieser Adressatenkreis sei durchaus in der Lage, die angegriffene Marke von der Widerspruchsmarke zu unterscheiden. Auch die hohe Bekanntheit sowohl der angegriffenen Marke als auch der Widerspruchsmarke schlössen eine Verwechslungsgefahr aus. Bei der Prüfung der Ähnlichkeit der Marken sei zu berücksichtigen, dass die jüngere Marke durch die kreuzweise Anordnung des Bestandteils "IFU" geprägt werde. Dem Bestandteil "IFU" komme als solchem ohne die graphische Ausgestaltung keine prägende Bedeutung zu, da dieser Bestandteil aufgrund zahlreicher Markeneintragungen mit dieser Buchstabenfolge und der ebenfalls häufigen Verwendung außerhalb des Markenregisters, beispielsweise im Internet, kennzeichnungsschwach sei. Schließlich beeinträchtige die angegriffene Marke nicht den wettbewerbsrechtlichen Besitzstand der Widerspruchsmarke. Angesichts der geringen Eigenart der angegriffenen Marke könne sich der Widersprechende nicht auf Verwässerung berufen. Die Markeninhaberin sei selbst schon seit langem erfolgreich tätig und beabsichtige keine Anlehnung an die Widerspruchsmarke. Aufgrund des speziellen und eng eingegrenzten Verkehrskreises, den die Markeninhaberin mit ihrem Angebot anspreche, könne die angegriffene Marke auch nicht vom Ruf der Widerspruchsmarke profitieren, so dass von einem unberechtigten Imagetransfer nicht die Rede sein könne.

Die Markeninhaberin beantragt (sinngemäß), den angefochtenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben und den Widerspruch aus der Marke 301 04 834 zurückzuweisen.

Der Widersprechende beantragt (sinngemäß), die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hat sich im Rahmen des Beschwerdeverfahrens bisher ebenfalls nicht in der Sache geäußert. Im Verfahren vor der Markenstelle hat er sich auf einen hohen Bekanntheitsgrad und daraus folgend auf eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke berufen. Darüber hinaus hat er geltend gemacht, dass die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen teilweise identisch und im Übrigen hochgradig ähnlich seien. Da der Gesamteindruck der jüngeren Marke durch den Bestandteil "IFU" geprägt werde, bestehe auch eine hochgradige Ähnlichkeit der Vergleichsmarken und damit Verwechslungsgefahr.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist in der Sache nicht begründet. Die Markenstelle hat zu Recht angenommen, dass zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke "ifo" unmittelbare Verwechslungsgefahr besteht (§ 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG).

Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofs als auch des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (vgl. EuGH GRUR 1998, 387, 389 (Nr. 22) - Sabèl/Puma; GRUR Int. 2000, 899, 901 (Nr. 40) - Marca/Adidas; GRUR 2006, 237, 238 (Nr. 18 f.) - PICASSO; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/REVIAN; GRUR 2002, 626, 627 - IMS; GRUR 2004, 865, 866 - Mustang; GRUR 2005, 513, 514 - MEY/Ella May; GRUR 2006, 859, 860 - Malteserkreuz). Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr nicht verneint werden.

Die Benutzung der Widerspruchsmarke ist von der Markeninhaberin nicht bestritten worden. Für die Beurteilung der Ähnlichkeit der von den Vergleichsmarken erfassten Waren und Dienstleistungen kommt es daher ausschließlich auf den Registerstand und nicht auf das tatsächliche Betätigungsfeld der Beteiligten an. Dementsprechend kann die Markeninhaberin mit ihrer Argumentation, dass sich ihr Angebot ausschließlich an Rechtsanwälte und Steuerberater richte und daher mit den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke keine Berührungspunkte aufweise, nicht durchdringen. Die Markenstelle ist zu Recht davon ausgegangen, dass die beiderseitigen Waren und Dienstleistungen teilweise identisch sind und im Übrigen zwischen ihnen eine mittlere bis enge Ähnlichkeit besteht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen der Markenstelle in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist zumindest als durchschnittlich einzustufen. Ob der Widerspruchsmarke eine erhöhte Kennzeichnungskraft zukommt, kann letztlich offen bleiben. Einerseits würde eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke entgegen der Auffassung der Markeninhaberin die Verwechslungsgefahr nicht reduzieren. Vielmehr können Marken mit erhöhter Kennzeichnungskraft sogar einen erweiterten Schutzumfang beanspruchen (Hacker in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdn. 182). Andererseits ist der Abstand der jüngeren Marke von der Widerspruchsmarke angesichts der teilweisen Identität und engen Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen auch dann nicht als ausreichend anzusehen, wenn auf Seiten der Widerspruchsmarke eine (nur) durchschnittliche Kennzeichnungskraft zugrunde gelegt wird.

Den Anforderungen an den einzuhaltenden Abstand wird die jüngere Marke jedenfalls in klanglicher Hinsicht nicht gerecht. Zwar unterscheidet sich die jüngere Marke in ihrer Gesamtheit ausreichend von der Widerspruchsmarke. Eine Verwechslungsgefahr kommt jedoch auch dann in Betracht, wenn sich die Vergleichsmarken in nur einem von mehreren Bestandteilen verwechselbar nahe kommen, sofern der betreffende Bestandteil den Gesamteindruck der mehrteiligen Marke prägt und die übrigen Bestandteile demgegenüber weitgehend in den Hintergrund treten (vgl. Hacker in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 233 ff.). Beim Zusammentreffen von Wort- und Bildbestandteilen ist nach ständiger Rechtsprechung davon auszugehen, dass der Verkehr in der Regel dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Bedeutung zumisst (Hacker in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 296 m. w. N.). Die Markenstelle hat insoweit zutreffend angenommen, dass der Verkehr die jüngere Marke bei der mündlichen Wiedergabe mit dem Bestandteil "IFU" benennen wird. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin haftet diesem Bestandteil keine Kennzeichnungsschwäche an, die seine Eignung zur Prägung des Gesamteindrucks der jüngeren Marke ausschließen würde. Eine beschreibende Bedeutung der Buchstabenfolge "IFU" für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ist nicht ersichtlich. Auch auf der Grundlage der von der Markeninhaberin genannten Markeneintragungen mit dem Bestandteil "IFU" kann nicht von einer Schwächung der Kennzeichnungskraft ausgegangen werden, da über die Benutzung dieser Marken weder etwas vorgetragen noch sonst bekannt ist (vgl. Hacker in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 198 ff.). Da der Bestandteil "IFU" eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft aufweist, besteht keine Veranlassung, von dem Grundsatz "Wort vor Bild" abzugehen. Der klangliche Gesamteindruck der angegriffenen Marke wird damit allein durch den Bestandteil "IFU" geprägt.

Der Bestandteil "IFU" kommt der Widerspruchsmarke "ifo" in klanglicher Hinsicht verwechselbar nahe. Die Vergleichsmarken unterscheiden sich nur in den Vokalen am Ende. Diese Abweichung ist aber im Hinblick darauf, dass die Vokale "U" und "O" beide einen dunklen Klangcharakter haben und die Vergleichsmarken im Übrigen identisch sind, nicht geeignet, die Gefahr von Verwechslungen in klanglicher Hinsicht mit hinreichender Sicherheit zu verhindern. Dies gilt unabhängig davon, ob die Vergleichsmarken als Einzelbuchstaben oder - wie die Markenstelle angenommen hat - als zusammenhängendes Wort ausgesprochen werden.

Die Markenstelle hat nach alledem zu Recht die Löschung der Marke 302 06 031 angeordnet.

Die von der Markeninhaberin angesprochenen wettbewerbsrechtlichen Aspekte sowie die Fragen der Verwässerung und Rufausbeutung einer Marke sind gemäß § 42 Abs. 2 MarkenG nicht Gegenstand des registerrechtlichen Widerspruchsverfahrens und waren daher nicht zu erörtern.

Es bestand kein Anlass, einem der Beteiligten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Prof. Dr. Hacker Kruppa Dr. Kober-Dehm Hu






BPatG:
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Az: 32 W (pat) 127/05


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