Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Juni 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 30/04

(BPatG: Beschluss v. 21.06.2005, Az.: 27 W (pat) 30/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen, soweit die Markenstelle mit dem angefochtenen Beschluss aufgrund des Widerspruchs aus den Marken 395 36 135 und 303 12 398 die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet hat. Im Übrigen ist die Beschwerde zur Zeit gegenstandslos.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der Marke Grafik der Marke 39871590.4 für

"Schuhe, Schuhwaren"

ist - jeweils beschränkt auf die genannten Waren - Widerspruch erhoben worden 1. aus der Marke 395 36 135 Grafik der Marke 39536135.4 eingetragen unter anderem für:

"Bekleidungsstücke, Miederwaren, Sportbekleidung, Bekleidungsstücke aus Leder, Gürtel für Bekleidung, Schuhwaren, Sportschuhe, Kopfbedeckungen"

2. aus der Marke 303 12 398 MUSTANG eingetragen für "Schuhwaren, Sportschuhe", 3. aus der in die nationale Marke 303 12 398 umgewandelten GM 357 178 MUSTANG eingetragen unter anderem für

"Bekleidungsstücke, Korsetts, Sportbekleidung, Bekleidungsstücke aus Leder, Gürtel, Kopfbedeckungen";

Mit Beschluss vom 26. November 2003 hat die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes die jüngere Marke wegen der Gefahr der mittelbaren Verwechslung mit den Widerspruchsmarken gelöscht. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Widerspruchsmarke zu 3) sei nach ihrer Umwandlung in eine deutsche Marke in das Verfahren eingetreten. Die von dem Markeninhaber erhobene Einrede der Nichtbenutzung gegen die Widerspruchsmarke zu 1) sei unzulässig, da die Benutzungsschonfrist noch laufe. Zwischen den Waren der angegriffenen Marke und den für die Widerspruchsmarken zu 1) und 2) geschützten Waren bestehe im Hinblick auf "Schuhwaren, Sportschuhe" Identität, im Hinblick auf die übrigen Waren der Widerspruchsmarken zu 1) und 2) sowie die Waren der Widerspruchsmarke zu 3) hohe Ähnlichkeit. Aufgrund des gemeinsamen Bestandteils "MUSTANG" bzw. "mustang" bestehe die Gefahr assoziativer Verwechslungen. Der Wortbestandteil "by" des angegriffenen Zeichens vermittele dem angesprochenen Publikum, dass es sich bei dem nachfolgenden Wort "mustang" um einen Hinweis auf die Herstellerin der betreffenden Produkte handele. Für den angesprochenen Verbraucher liege deshalb die Vermutung nahe, die Vergleichswaren stammten aus demselben Herstellungsbetrieb. Auf dem Modesektor gebe es keinen Erfahrungssatz, nach dem einem Herstellerhinweis keine maßgeblich prägende Bedeutung zukomme. Vielmehr sei es der Beurteilung im Einzelfall vorbehalten, ob aus der Sicht des Verkehrs die Herstellerangabe in den Hintergrund trete oder nicht. Bei den hier einschlägigen Waren sei der Verkehr seit langem daran gewöhnt, dem Hinweis auf den Hersteller bzw. den/die Designer/in eine besondere Bedeutung beizumessen. Vorliegend trete der Bestandteil "by mustang" grafisch auch nicht derart in den Hintergrund, dass er unter diesem Gesichtspunkt vom Publikum nicht wahrgenommen werden würde. Vielmehr sei die bildliche Ausgestaltung eher einfach und überschaubar und der Bestandteil "by mustang" nur unmaßgeblich kleiner gehalten. Das angesprochene Publikum werde nach alledem davon ausgehen, die gegenseitigen Waren würden von ein und demselben Unternehmen angeboten bzw. vertrieben werden.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Markeninhabers. Er trägt zu Fragen der unmittelbaren Verwechslungsgefahr vor und ist im Übrigen der Auffassung, eine Warenähnlichkeit zwischen Bekleidungsstücken und Schuhwaren sei nicht gegeben. Die von der Widersprechenden geltend gemachte hohe Bekanntheit für den Bekleidungsbereich, die in Abrede gestellt werde, strahle jedenfalls nicht in den Bereich der Schuhwaren ab. Der angefochtene Beschluss könne sich zudem nicht auf die umgewandelte Gemeinschaftsmarke stützen, weil die nationale Marke zwar den Zeitrang der Gemeinschaftsmarke genieße, jedoch gälten die hinsichtlich der Gemeinschaftsmarke vorgenommenen Verfahrenshandlungen nicht als für die nationale Marke vorgenommen. Die Feststellungen der Markenstelle zur Frage der Zulässigkeit der Nichtbenutzungseinrede gegenüber der Widerspruchsmarke zu 1) greift der Markeninhaber nicht an.

Er beantragt, den angegriffenen Beschluss aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens als zutreffend und tritt im Übrigen den Ausführungen des Markeninhabers zur Frage der Zulässigkeit des Widerspruchs aus der umgewandelten Gemeinschaftsmarke entgegen.

Den zunächst von dem Markeninhaber hilfsweise gestellten Antrag auf Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung hat er durch seine Verfahrensbevollmächtigten zurücknehmen lassen.

II.

Soweit die Beteiligten über die Frage streiten, ob die Markenstelle den Widerspruch auch aus der Widerspruchsmarke zu 3) zu Recht als zulässig angesehen hat (vgl. dazu BPatG Beschl. v. 9.11.2004 - 27 W (pat) 172/02), bedarf es vorliegend hierzu weder vertiefender Überlegungen noch einer abschließenden Entscheidung. Der Widerspruch ist jedenfalls aus den Widerspruchsmarken zu 1) und 2) zulässig und begründet. Die Markenstelle hat die angegriffene Marke insoweit zu Recht und mit zutreffenden Gründen wegen der Gefahr von Verwechslungen gemäß §§ 42 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG gelöscht.

Nach den genannten Vorschriften ist eine Marke zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht zu ziehenden Faktoren auszugehen, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken, der Warennähe und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke (st. Rspr.; vgl. BGH, GRUR 2003, 1040, 1042 - Kinder; GRUR 2003, 1044, 1045 - Kelly; GRUR 2004, 239 - DONLINE).

Zwischen den Waren, für die die Widerspruchsmarken zu 1) und 2) eingetragen sind (Schuhe und Schuhwaren), und den Waren, für die die Kollisionsmarke Schutz beansprucht, besteht Warenidentität. Selbst bei Annahme einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken hat die Markenstelle - ohne zu der Frage der unmittelbaren Verwechslungsgefahr Stellung zu nehmen, auf die der Widerspruch auch nicht gestützt worden ist - zu Recht angenommen, es bestehe die Gefahr, dass das Publikum die Kollisionszeichen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 MarkenG gedanklich miteinander in Verbindung bringt. Diese Art der Verwechslungsgefahr kommt in Betracht, wenn der Verkehr zwei an sich unterschiedliche Marken wegen eines gemeinsamen charakteristischen Bestandteils derselben betrieblichen Ursprungsstätte zuordnet. Ist eine Marke zugleich Unternehmenskennzeichen, so kann eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne zu bejahen sein, wenn der Verkehr die Unterschiede zwischen den Zeichen erkennt, wegen ihrer teilweisen Übereinstimmung aber von wirtschaftlichen oder organisatorischen Zusammenhängen zwischen den Markeninhabern ausgeht (vgl. EuGH, GRUR 1994, 286 - quattro/Quadra; BGH, WRP 2004, 907, 909 - Kleiner Feigling, m.w.N.; GRUR 2004, 865ff - Mustang). So liegt der Fall auch hier. Die Widersprechende benutzt "Mustang" auch als Unternehmenskennzeichen. Die angesprochenen Verkehrskreise erkennen in der Kollisionsmarke den mit dem Unternehmenskennzeichen der Widersprechenden identischen Wortbestandteil infolge der Herausstellung durch das vorangestellte "by" ohne weiteres als Herstellerangabe. Unter Berücksichtigung der Identität der beiderseits beanspruchten Waren wird der Verkehr bei der mit dem Unternehmenskennzeichen der Widersprechenden identischen Herstellerangabe in der Kollisionsmarke von wirtschaftlichen Zusammenhängen zwischen den Markeninhabern ausgehen (so auch der Fall BGH aaO - Mustang, der eine sehr ähnliche Kollisionsmarke betraf).

Soweit über die Zulässigkeit des Widerspruchs aus der umgewandelten Marke 303 12 398 keine Entscheidung getroffen worden ist, wird das Verfahren weitergeführt werden, wenn dieser Beschluss nicht rechtskräftig wird.

III.

Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG abzuweichen, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.

Dr. van Raden Schwarz Prietzel-Funk Na






BPatG:
Beschluss v. 21.06.2005
Az: 27 W (pat) 30/04


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