Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Mai 2000
Aktenzeichen: 25 W (pat) 157/99

(BPatG: Beschluss v. 11.05.2000, Az.: 25 W (pat) 157/99)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wort/Bildmarkehttp://agora/bpatgkollision/docs/25W(pat)157-99.1.3.gifist am 27. Juni 1996 für eine Vielzahl von Waren der Klassen 3, 5 und 30 eingetragen worden. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 30. September 1996.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der am 5. März 1987 für ein "pharmazeutisches Produkt, nämlich ein zur Behandlung der erkrankten Luftwege bei Säuglingen, Kindern und Erwachsenen zu inhalierendes Präparat" eingetragenen Marke 1 103 203 Babix, deren Benutzung nicht bestritten ist.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in dem angefochtenen Beschluß eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Ausgehend von teilweise möglicher Warenidentität, durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der Berücksichtigung allgemeiner Verkehrskreise sei ein deutlicher Markenabstand zu fordern. Dieser sei in klanglicher Hinsicht eingehalten, da sich die wie "Bebi" ausgesprochene angegriffene Marke im Anfangsvokal und dem klangstärksten Konsonanten des Alphabets "x" von der wie "Babix" artikulierten Widerspruchsmarke genügend unterscheide. Selbst wenn man eine mögliche Aussprache der Widerspruchsmarke wie "Bebix" in Betracht ziehe, werde der markante Unterschied "x" bei den recht kurzen Markenwörtern auf jeden Fall wahrgenommen und sorge für ein ausreichend unterschiedliches Klangbild. Schriftbildlich bestehe aufgrund der äußerst prägnant abweichenden Endungen ebenfalls keine Verwechslungsgefahr.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem Antrag, den Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. März 1999 aufzuheben und die Teillöschung der angegriffenen Marke hinsichtlich der Waren "Seifen; Parfümerien; ätherische Öle, kosmetische Erzeugnisse, Haarpflegeprodukte, Körperpflegeprodukte und Hautbehandlungsprodukte; pharmazeutische und medizinische Erzeugnisse und Substanzen; Nährstoffe für medizinische Zwecke; für den medizinischen Gebrauch geeignete diätetische Substanzen, Kinder- und Krankennahrung; Kräutertees für medizinische Zwecke und aus Kräutern hergestellte oder Kräuter enthaltende medizinische Erzeugnisse; Nahrungsmittelergänzungspräparate und Nahrungsmittelzusätze, auch mit Vitaminen, Mineralien, Proteinen, Spurenelementen, Fetten und Kohlehydraten, soweit in Klasse 5 enthalten; Nahrungs- und Lebensmittel zur Gewichtsreduzierung für medizinische Zwecke; Nahrungs- und Lebensmittel zur Gesundheitsförderung; Stärkungsmittel und Getränke für medizinische Zwecke; Zuckerwaren; Kräuter" zu beschließen.

Auch wenn das Wort "Baby" Bestandteil der deutschen Sprache geworden sei, müsse berücksichtigt werden, daß dieses englische Wort in einzelnen Verkehrskreisen den deutschen Ausspracheregeln gemäß wie "Babi" artikuliert werde. Die übereinstimmende Konsonantenstruktur der beiden Zeichen werde durch den sich wiederholenden Konsonanten "b" bestimmt, so daß insgesamt die Gemeinsamkeiten das klangliche Gesamtgefüge der jeweiligen Wörter beherrschten. Auch schriftbildlich bestehe Verwechslungsgefahr, da die jeweiligen Endbuchstaben der Markenwörter nicht so prägnant seien wie die Markenstelle glaube, sondern eine ähnliche, aus schrägen und kreuzweise angesetzten Strichen gebildete Kontur aufwiesen. Der angefochtene Beschluß habe sich im übrigen nicht mit der zwischen Waren- und Markenähnlichkeit bestehenden Wechselbeziehung auseinandergesetzt.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Da es sich bei der Widerspruchsmarke um eine phantasievolle Wortneuschöpfung handele, bei der ein Anklang an die englische Sprache und somit auch an die englische Aussprache von großen Teilen des Verkehrs nicht in Betracht gezogen werde, sei eine derartige Aussprache des Wortes "Babix" eher zu vernachlässigen. Demgegenüber werde das schon seit langer Zeit in den deutschen Sprachbereich übernommenen Wortes "Baby" von großen Teilen des deutschen Verkehrs gemäß der englischen Lautregeln wie "bäibi", zumindest aber von den übrigen Verkehrsteilnehmern wie "bebi" ausgesprochen, so daß sich - selbst bei einer englischsprachigen Aussprache der Widerspruchsmarke wie "bäibix" - klanglich die Wörter "bäibi" bzw "bebi" und "bäibix" gegenüberstünden. Hier reiche zur hinreichenden Unterscheidung der kurzen Markenwörter bereits der klanglich prägnante Endkonsonant "x" in der Widerspruchsmarke aus. Schriftbildlich bestehe ebenfalls wegen der Abweichungen dieses auch graphisch auffälligen Endbuchstabens keine Verwechslungsgefahr mit der angegriffenen Marke, zumal bei dieser als Wort/Bildmarke auch der durch die aufwendige graphische Gestaltung hervorgerufene bildliche Gesamteindruck mitzuberücksichtigen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluß sowie die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt, § 66 Abs 1 Satz 1, Abs 2 MarkenG.

In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Es besteht auch nach Auffassung des Senats keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG hinsichtlich der im Beschwerdeverfahren noch verfolgten Teillöschung des Warenverzeichnisses der angegriffenen Marke. Der Widerspruch ist deshalb von der Markenstelle auch insoweit zu Recht zurückgewiesen worden.

Der Senat geht bei seiner Entscheidung mangels entgegenstehender Anhaltspunkte von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus.

Die Marken können sich auch nach der im Beschwerdeverfahren maßgeblichen Warenkonstellation hinsichtlich der von der jüngeren Marke beanspruchten Waren "pharmazeutische und medizinische Erzeugnisse und Substanzen" noch auf identischen Waren begegnen, für welche mangels Festschreibung einer Rezeptpflicht in den Warenverzeichnissen uneingeschränkt Laien als maßgebliche Verkehrskreise einzubeziehen sind. Zu berücksichtigen ist allerdings auch, daß selbst Laien allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt, eine gesteigerte Aufmerksamkeit beizumessen pflegen (BGH GRUR 1995, 50, 53 - Indorektal/Indohexal) und deshalb nicht auf den "flüchtigen" Verbraucher abzustellen ist (vgl auch BGH GRUR 1998, 942, 943 li Spalte - ALKA-SELTZER). Auch wenn im Bereich möglicher Warenidentität danach an den zur Vermeidung von Verwechslungen erforderlichen Markenabstand strenge Anforderungen zu stellen sind, so werden diese auch nach Auffassung des Senats von der angegriffenen Marke in jeder Hinsicht erfüllt.

Der Gesamteindruck der angegriffenen Marke als Wort/ Bildmarke bestimmt sich nach der gewählten Gesamtgestaltung und beruht, da die auffälligen graphischen Elemente jedenfalls in der speziellen Kombination mit dem Wortbestandteil nicht als bedeutungslose Zutat vernachlässigt werden können und an der Prägung des Gesamteindrucks (wesentlich) teilhaben, nicht etwa auf dem Wort "Baby" in Alleinstellung (vgl dazu BGH MarkenR 2000, 20, 21 - RAUSCH / ELFI RAUCH; GRUR 1999, 498, 499 - Achterdiek). Dies gilt insbesondere deshalb, weil es sich bei dem Wortbestandteil "Baby" um einen beschreibenden Hinweis auf den Anwendungsbereich bzw die Bestimmung der beanspruchten Waren und damit um einen schutzunfähigen, jedenfalls äußerst kennzeichnungsschwachen Markenbestandteil der angegriffenen Marke handelt. Dem Wort "Baby" kommt deshalb keine allein prägende und selbständig kollisionsbegründende Bedeutung innerhalb der angegriffenen Marke zu. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, daß die angegriffene Marke bei mündlicher Benennung wohl kaum anders als mit "Baby" bezeichnet wird. Denn eine solche, auf Bestandteile mit beschreibendem Gehalt verkürzte Markenbenennung führt nicht zwingend dazu, daß diese auch im Rechtssinne prägend und isoliert kollisionsbegründend sind (vgl dazu BPatG PA-VIS PROMA, Kliems, 25 W (pat) 57/99 B R A I N ­ BRANE; BPatG MarkenR 2000, 103 - Netto 62).

Aber selbst wenn man zugunsten der Widersprechenden in klanglicher Hinsicht eine isolierte kollisionsbegründende Bedeutung von "Baby" in der angegriffenen Marke unterstellt, kommt eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr nicht in Betracht. Denn auch insoweit weichen die relativ kurzen und in ihrem klanglichen Gesamteindruck leicht erfaßbaren zweisilbigen Markenwörter "Baby" und "Babix" markant voneinander ab. Hierbei ist entgegen der Ansicht der Widersprechenden eine Aussprache des seit langer Zeit zur deutschen Alltagssprache zählenden und täglich auch in der Werbung artikulierten englischen Wortes "Baby" wie "babi" nicht in die Beurteilung der klanglichen Ähnlichkeit der Markenwörter einzubeziehen, da eine derartige Annahme erfahrungswidrig wäre.

Die Widerspruchsmarke wird demgegenüber als phantasievolle Wortneuschöpfung den deutschen Ausspracheregeln folgend wie "babix" ausgesprochen. Selbst wenn man der Auffassung der Widersprechenden folgen wollte und annähme, daß noch erhebliche Teile des Verkehrs "Babix" jedenfalls auf Waren, welche zur Anwendung bei Säuglingen und Kleinkindern bestimmt sind, mit "Baby" assoziierten und deshalb die Widerspruchsmarke auch wie "bebix" oder "bäibix" artikulierten - wovon allerdings schon im Hinblick auf die Schreibweise mit "i" anstelle "y" tatsächlich kaum ausgegangen werden kann (vgl auch Althammer/Ströbele, Markengesetz, 5. Aufl, § 9 Rdn 89) - unterschieden sich die gegenüberstehenden Markenwörter noch hinreichend. Denn auch unter Einbeziehung derartiger, allenfalls in reduziertem Umfang zu berücksichtigenden Sprechweisen findet der klanglich besonders markante Endkonsonant "x" der Widerspruchsmarke in der angegriffenen Marke keine Entsprechung. Da dieser zudem auch eine nur kurz anklingende, von der angegriffenen Marke deutlich abweichende Artikulation des vorangehenden Vokals "i" bewirkt, führt dies insgesamt zu einem markanten Unterschied im jeweiligen klanglichen Gesamteindruck der Markenwörter, der trotz strenger Anforderungen Verwechslungen selbst bei ungünstigen Übermittlungsbedingungen oder undeutlicherer Artikulation nicht befürchten läßt.

Verwechslungsmindernd wirkt sich zusätzlich der in der angegriffenen Marke für jedermann sofort erfaßbare Sinngehalt auf, der in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung findet (vgl auch BGH MarkenR 2000, 130, 132 - comtes/ComTel unter Hinweis auf BGH GRUR 1992, 130, 132 Bally/BALL).

Im schriftbildlichen Markenvergleich halten die sich gegenüberstehenden Markenwörter bereits deshalb einen ausreichenden Abstand ein, weil die angegriffene Wort/Bildmarke in ihrer der Eintragung entsprechenden vollständigen graphischen Wiedergabe gegenüberzustellen ist, welche mit der Darstellung eines sitzenden, mit beschrifteten Würfeln spielenden Babys bereits für eine sichere Unterscheidung von der Widerspruchsmarke sorgt.

Nach alledem war die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlaß, § 71 Abs 1 MarkenG.

Kliems Vors. Kliems ist urlaubs-

bedingt abwesend unddeshalb verhindert zuunterschreiben.

Knoll Knoll Engels Pü






BPatG:
Beschluss v. 11.05.2000
Az: 25 W (pat) 157/99


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