Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Januar 2011
Aktenzeichen: 17 W (pat) 119/06

(BPatG: Beschluss v. 13.01.2011, Az.: 17 W (pat) 119/06)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat mit seinem Beschluss vom 13. Januar 2011 die Beschwerde gegen einen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts zurückgewiesen. In dem Verfahren ging es um eine Patentanmeldung, die ein Verfahren zur Visualisierung eines Körpervolumens betrifft. Das Verfahren umfasst die Erfassung von Gewebestrukturen mittels unterschiedlicher Diagnoseverfahren und die räumliche Zuordnung der erfassten Gewebestrukturen zu einem synthetisierten Datensatz. Dieser Datensatz wird in einem dreidimensionalen Bild dargestellt. Die Beschwerdeführerin hatte verschiedene Anträge gestellt, jedoch hat das Gericht entschieden, dass keiner der Ansprüche auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Es wurde festgestellt, dass die in den Ansprüchen genannten Merkmale bereits aus dem Stand der Technik bekannt waren. Daher wurden die Anträge abgelehnt. Dies gilt auch für die abhängigen Ansprüche, da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann./p>




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 13.01.2011, Az: 17 W (pat) 119/06


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung ist am 11. September 2001 unter Inanspruchnahme der Priorität einer inländischen Anmeldung vom 11. September 2000 beim Deutschen Patentund Markenamt unter der Bezeichnung

"Verfahren und Vorrichtung zur Visualisierung eines Körpervolumens und Computerprogrammprodukt"

eingereicht worden. Die Prüfungsstelle für Klasse G06T hat durch Beschluss vom 4. September 2006 die Anmeldung zurückgewiesen, da (unter Anderem) der Patentanspruch 1 mangels Neuheit seines Gegenstandes nicht gewährbar sei.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

gemäß Hauptantrag mit Patentansprüchen 1 bis 25, überreicht in der mündlichen Verhandlung, noch anzupassender Beschreibung Seiten 1 bis 23 vom 4. Januar 2007 und 7 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1, 2, 3a, 3b, 4a, 4b, 5 vom Anmeldetag, gemäß Hilfsantrag 1 mit Patentansprüchen 1 bis 23, überreicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie Hauptantrag, gemäß Hilfsantrag 2 mit Patentansprüchen 1 bis 23, überreicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie Hauptantrag, gemäß Hilfsantrag 3 mit Patentansprüchen 1 bis 23, überreicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie Hauptantrag.

Im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt sind folgende Druckschriften genannt worden:

D1: US 5335 173 A D2: US 4816 681 A D3: DE 195 02 411 A1 D4: DE 36 20 261 A1 D5: DE 39 31 531 A1.

Vom Senat wurde zusätzlich die Druckschrift D6: DE 37 38 636 A1 eingeführt.

Zu den Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht. Sie konnte jedoch keinen Erfolg haben, da die Gegenstände des Patentanspruchs 1, des nebengeordneten Patentanspruchs 14 und des nebengeordneten Patentanspruchs 15 nach Hauptantrag sowie des jeweiligen Patentanspruchs 1 und der jeweiligen nebengeordneten Patentansprüche 13 und 14 nach den Hilfsanträgen 1, 2, und 3 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen (§ 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Satz 1 PatG).

1. Die Patentanmeldung betrifft die Visualisierung eines Körpervolumens. Medizinische Datensätze eines Körpervolumens, die mit unterschiedlichen Aufnahmebzw. Diagnoseverfahren (z. B. Computertomographie CT, Magnetresonanztomographie MRT) aufgenommen wurden und jeweils unterschiedliche Gewebestrukturen (z. B. Knochen, Gefäße) besonders gut zeigen, werden einander räumlich zugeordnet und zu einem synthetisierten Datensatz kombiniert. Die dreidimensionale Bilddarstellung der kombinierten Daten erlaubt eine Betrachtung unterschiedlicher Gewebestrukturen in einem einzigen Bild.

Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag betrifft ein Verfahren zur Visualisierung unterschiedlicher Gewebestrukturen, wie Knochenund Gefäßstrukturen eines Körpervolumens, bei dema) mit einem ersten Diagnoseverfahren, das zur bildlichen Wiedergabe einer ersten Gewebestruktur des Körpervolumens besonders geeignet ist, diese erste Gewebestruktur erfasst und im Speicher eines Rechners abgelegt wird und b) mit wenigstens einem weiteren Diagnoseverfahren, das zur bildlichen Wiedergabe wenigstens einer weiteren, von der ersten Gewebestruktur unterschiedlichen Gewebestruktur des Körpervolumens besonders geeignet ist, diese wenigstens eine weitere Gewebestruktur erfasst und im Speicher eines Rechners abgelegt wird, wobeic) aus den wenigstens zwei Datensätzen ein synthetisierter Datensatz berechnet wird, der die erfassten unterschiedlichen Gewebestrukturen einander räumlich zuordnet, wobeid) eine bildliche Darstellung des synthetisierten Datensatzes die erste und die wenigstens eine weitere Gewebestruktur zusammen in einem dreidimensionalen Bild detailgenau wiedergibt, wobeie) die Datenwerte der synthetisierten Darstellung jeweils als mathematische Funktion von zumindest einem Datenwert jedes der ausgewählten Datensätze berechnet werden, und wobeif) anhand eines Kriteriums für jedes Pixel eines ausgewählten Datensatzes festgelegt wird, ob das Pixel einem Bildhintergrund zugeordnet ist oder nicht, und diejenigen Pixel, die einem Bildhintergrund zugeordnet sind, zur Berechnung der synthetisierten Darstellung nicht berücksichtigt werden.

Zudem betrifft die Anmeldung gemäß dem Patentanspruch 14 nach Hauptantrag ein Computerprogrammprodukt, das direkt in den Arbeitsspeicher eines Digitalrechners ladbar ist, welches Softwarecodeabschnitte zum Ausführen der Verfahrensschritte nach einem der vorhergehenden Ansprüche umfasst, wenn das Produkt auf dem Digitalrechner läuft.

Der nebengeordnete Patentanspruch 15 nach Hauptantrag ist (nach Änderung der Gliederungszeichen zur Unterscheidung von den Merkmalen des Anspruchs 1) gerichtet auf eine Vorrichtung zur Visualisierung eines Körpervolumens, insbesondere zur Ausführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 13, umfassend:

A) ein Datenverarbeitungsmittel, um aus zumindest zwei ausgewählten diagnostischen Datensätzen, die nicht identisch sind und eine vorbestimmte räumliche Zuordnung zueinander haben, eine synthetisierte Darstellung so zu berechnen, dass die Datenwerte der synthetisierten Darstellung jeweils als mathematische Funktion von zumindest einem Datenwert jedes der ausgewählten Datensätze berechnet sind, und B) einen Display, um die synthetisierte Darstellung, deren Datenwerte das Körpervolumen repräsentieren, dreidimensional darzustellen, C) wobei anhand eines Kriteriums für jedes Pixel eines ausgewählten Datensatzes festgelegt wird, ob das Pixel einem Bildhintergrund zugeordnet ist oder nicht, wobei diejenigen Pixel, die einem Bildhintergrund zugeordnet sind, zur Berechnung der synthetisierten Darstellung nicht berücksichtigt werden.

Gemäß dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist zusätzlich zu den Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hauptantrag vorgesehen, dassg) zur Berechnung der synthetisierten Darstellung der Datenwert eines jeweiligen Pixels eines ausgewählten Datensatzes mit einem Transparenzfaktor und der Datenwert eines zugeordneten Pixels eines anderen ausgewählten Datensatzes mit einem komplementären Transparenzfaktor multipliziert wird.

Entsprechend ist gemäß dem nebengeordneten Anspruch 14 nach Hilfsantrag 1 zusätzlich zu den Merkmalen des nebengeordneten Anspruchs 15 nach Hauptantrag (nach Änderung des Gliederungszeichens und Beseitigung eines offensichtlichen Schreibfehlers) vorgesehen, dass D) zur Berechnung der synthetisierten Darstellung der Datenwert eines jeweiligen Pixels eines ausgewählten Datensatzes mit einem Transparenzfaktor und der Datenwert eines zugeordneten Pixels eines anderen ausgewählten Datensatzes mit einem komplementären Transparenzfaktor multipliziert wird.

Die Ansprüche 1 und 14 nach Hilfsantrag 2 gehen aus von den Ansprüchen 1 und 14 nach Hilfsantrag 1, wobei im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 anstelle des Merkmals e) gemäß dem (hier umbenannten) Merkmale') die Datenwerte der synthetisierten Darstellung jeweils als mathematische Funktion von zumindest einem Datenwert jedes der ausgewählten Datensätze eineindeutig berechnet werden, wobeiund im nebengeordneten Anspruch 14 nach Hilfsantrag 2 anstelle des Merkmals A) vorgesehen ist A') ein Datenverarbeitungsmittel, um aus zumindest zwei ausgewählten diagnostischen Datensätzen, die nicht identisch sind und eine vorbestimmte räumliche Zuordnung zueinander haben, eine synthetisierte Darstellung so zu berechnen, dass die Datenwerte der synthetisierten Darstellung jeweils als mathematische Funktion von zumindest einem Datenwert jedes der ausgewählten Datensätze eineindeutig berechnet sind, und Somit ist in Hilfsantrag 2 die mathematische Funktion zur Berechnung der synthetisierten Darstellung aus den ausgewählten Datensätzen eineindeutig.

Die Ansprüche 1 und 14 nach Hilfsantrag 3 gehen aus von den Ansprüchen 1 und 14 gemäß Hilfsantrag 2, wobei im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 die Merkmale a) und b) ersetzt sind durch (die Gliederungszeichen wurden geändert)

a) mit einem CT-Diagnoseverfahren, das zur bildlichen Wiedergabe einer ersten Gewebestruktur des Körpervolumens besonders geeignet ist, diese erste Gewebestruktur erfasst und im Speicher eines Rechners abgelegt wird undb) mit einem MRI-Diagnoseverfahren, das zur bildlichen Wiedergabe wenigstens einer weiteren, von der ersten Gewebestruktur unterschiedlichen Gewebestruktur des Körpervolumens besonders geeignet ist, diese wenigstens eine weitere Gewebestruktur erfasst und im Speicher eines Rechners abgelegt wird, wobeiund im nebengeordneten Anspruch 14 nach Hilfsantrag 3 anstelle des Merkmals A) vorgesehen ist A'') ein Datenverarbeitungsmittel, um aus zumindest zwei ausgewählten diagnostischen Datensätzen, nämlich einem CT-Datensatz und einem MRI-Datensatz, die nicht identisch sind und eine vorbestimmte räumliche Zuordnung zueinander haben, eine synthetisierte Darstellung so zu berechnen, dass die Datenwerte der synthetisierten Darstellung jeweils als mathematische Funktion von zumindest einem Datenwert jedes der ausgewählten Datensätze eineindeutig berechnet sind, und Somit ist Hilfsantrag 3 dahingehend konkretisiert, dass das erste Diagnoseverfahren ein CT-Diagnoseverfahren und das weitere Diagnoseverfahren ein MRI-Diagnoseverfahren ist (Anspruch 1) bzw. die zumindest zwei ausgewählten diagnostischen Datensätze ein CT-Datensatz und ein MRI-Datensatz sind (Anspruch 14).

Der jeweilige nebengeordnete Anspruch 13 nach den Hilfsanträgen 1, 2 und 3 entspricht wörtlich dem nebengeordneten Anspruch 14 nach Hauptantrag.

Der Anmeldung soll gemäß der geltenden Beschreibung S. 2 Abs. 3 die Aufgabe zugrunde liegen, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur zweioder dreidimensionalen Visualisierung eines Körpervolumens zu schaffen, womit ein noch höherer Informationsgehalt und eine noch höhere Diagnosegenauigkeit möglich ist.

Zur Berechnung der synthetisierten Darstellung aus den einem Objektbereich zugeordneten Pixeln und den einem Bildhintergrund zugeordneten Pixeln (vgl. die Merkmale f und C) ist dem Ausführungsbeispiel in den Anmeldeunterlagen S. 20 Abs. 1 und S. 20 le. Abs. bis S. 22 Abs. 2 Folgendes zu entnehmen: Nach der Zuordnung der Pixel zum Objektoder Hintergrundbereich wird den Hintergrundpixeln ein bestimmter Wert (z. B. Null oder ein Hintergrundfarbwert) zugeordnet. Die Objektpixel der ausgewählten Datensätze werden einer weiteren Rechenoperation unterzogen (Multiplikation mit einem Transparenzfaktor) und zur Synthese addiert. Im Unterschied zu den Objektpixeln werden die Werte der Hintergrundpixel der weiteren Operation nicht unterzogen, was zu einer Ersparnis von Rechenzeit und Speicherplatz führt, vgl. S. 21 le. Abs. bis S. 22 Abs. 1. Nach dieser Operation werden zugehörige Hintergrundpixel und Objektpixel aus unterschiedlichen Datensätzen in der synthetisierten Darstellung überlagert, vgl. S. 22 Abs. 2. Die Angabe in den Merkmalen f) und C), wonach die einem Bildhintergrund zugeordneten Pixel zur Berechnung der synthetisierten Darstellung nicht berücksichtigt werden, ist damit so zu verstehen, dass die Hintergrundpixel bei der Synthese lediglich in Form eines einheitlichen Hintergrundwerts (der auch Null sein kann) berücksichtigt werden, jedoch nicht wie die Objektpixel vor der Überlagerung weiteren Rechenoperationen (etwa einer Normierung) unterworfen werden.

Der Anmeldung sind keine Einzelheiten hinsichtlich der verwendeten Hardware, etwa schaltungstechnischer Art zu entnehmen, auch nicht im Hinblick auf die auf S. 6 Abs. 1 der Anmeldeunterlagen angesprochene Möglichkeit der Echtzeitverarbeitung. Somit ist davon auszugehen, dass die Lehre der Anmeldung auf einem in der medizinischen Bilddatenverarbeitung üblichen Computersystem ausgeführt werden kann. Auch zu den für die Verarbeitung und Darstellung verwendeten Algorithmen (und deren programmtechnische Umsetzung) werden in der Anmeldung keine tiefergehenden Einzelheiten genannt, es wird lediglich an mehreren Stellen auf deren Bekanntsein aus dem Stand der Technik verwiesen.

Als Fachmann sieht der Senat hier einen Ingenieur der Fachrichtung Informatik mit mehrjähriger Erfahrung in der Verarbeitung und Darstellung medizinischer Daten, insbesondere Bildund Volumendaten aus medizinischen Aufnahmeverfahren an. Ein solcher Fachmann, der in der Lage ist, die in der Anmeldung (wie oben erläutert nur in recht allgemeiner Form) dargelegte Lehre auszuführen, hat sehr gute Kenntnisse in der Verarbeitung und Darstellung medizinischer, zweioder dreidimensionaler Bilddaten einschließlich der hierfür einsetzbaren Algorithmen. Zudem sind ihm aus seiner Praxis unterschiedliche medizinische Aufnahmebzw. Diagnoseverfahren und deren Eigenschaften (insbesondere deren unterschiedliche Eignung zur Darstellung der verschiedenen Gewebearten) bekannt.

2. Als im Stand der Technik besonders relevant sieht der Senat die Druckschriften D4, D5 und D6 an. Diese zeigen Folgendes:

Die Druckschrift D4 betrifft die Überlagerung und Darstellung von Bildern eines sich ändernden Vorgangs. Ein Referenzbild und ein Aktualbild (etwa aus dem medizinischen Bereich, vgl. Sp. 2 Z. 11 bis 21) sollen verglichen werden. Hierfür wird das Referenzbild oder das Aktualbild mit einem Differenzbild von Referenzund Aktualbild überlagert. Das Referenzoder Aktualbild wird schwarz/weiß dargestellt, das Differenzbild farbig (oder umgekehrt); dadurch sind auch geringfügige Helligkeitsänderungen gut beobachtbar, vgl. die Zusammenfassung und Sp. 2 Z. 48 bis 68.

D5 zeigt eine medizinische Diagnostikanlage mit zwei unterschiedlichen bildgebenden Systemen. Das erste System kann ein mit Röntgenstrahlen arbeitendes Angiographiesystem sein, mit dessen Hilfe feine Blutgefäße (auch dreidimensional) dargestellt werden können, vgl. Sp. 1 Z. 6 bis 10 und Sp. 2 Z. 16 bis 41. Das zweite System kann ein Magnetresonanzsystem (MR) oder ein Computertomograph sein; durch dieses werden mehrere Schichten eines Untersuchungsobjekts erzeugt, die als dreidimensionales Bild darstellbar sind, die aber die Darstellung feiner Blutgefäße nicht ermöglichen, vgl. Sp. 1 Z. 10 bis 17 und in der Figur das Bezugszeichen 29 mit der zugehörigen Beschreibung. Gemäß D5 werden die Bilddaten des ersten und des zweiten Systems maßgerecht überlagert, so dass das durch das zweite System erzeugte dreidimensionale Bild durch die Darstellung feiner Blutgefäße aus dem ersten System verbessert wird, vgl. Sp. 1 Abs. 3 und 4 sowie Sp. 2 Z. 64 bis Sp. 3 Z. 10, Sp. 3 Z. 16 bis 24 sowie Anspruch 1.

D6 betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung, in dem bzw. der aus unterschiedlichen Diagnoseverfahren stammende Datensätze zur Bilddarstellung synthetisch überlagert werden. Ein durch Röntgen eines Patienten ohne Kontrastmittel gewonnener erster Datensatz zeigt das Skelett (Knochengewebe), vgl. Sp. 3 Z. 59 bis 64. Ein zweiter Datensatz wird durch Subtraktion von mit Kontrastmittel aufgenommenen Daten von den (räumlich zugeordneten) Daten des ersten Datensatzes gewonnen und zeigt Blutgefäße, vgl. Sp. 3 Z. 64 bis Sp. 4 Z. 13. Die beiden Datensätze werden in Bildspeichern abgespeichert und zur Darstellung mathematisch überlagert, vgl. Fig. 1 und 2. Hierbei wird der erste Datensatz pixelweise durch eine Konstante dividiert, danach werden die beiden Datensätze pixelweise addiert, vgl. Fig. 3 mit Beschreibung, insbesondere in Sp. 4 Z. 26 bis 38 und Sp. 4 Z. 66 bis Sp. 5 Z. 7. In Sp. 6 Z. 9 bis 17 und Z. 20 bis 25 ist die Überlagerung von zwei oder mehr Bildern erwähnt; es können nicht nur Röntgenbildsignale, sondern auch verschiedenartige Bildsignale wie Ultraschallbildsignale und Kernmagnetresonanzbildsignale überlagert werden.

3. Die Gegenstände des geltenden Anspruchs 1 und der nebengeordneten Ansprüche 14 und 15 nach Hauptantrag und ebenso die Gegenstände des jeweiligen Anspruchs 1 und der jeweiligen nebengeordneten Ansprüche 13 und 14 nach den Hilfsanträgen 1, 2 und 3 beruhen nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

a) Wie oben erläutert, war dem Fachmann vor dem Anmeldetag der vorliegenden Patentanmeldung eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Visualisierung unterschiedlicher Gewebestrukturen, nämlich Knochenund Gefäßstrukturen bekannt, vgl. D6. Es werden zwei Datensätze aufgenommen (und gespeichert), und zwar über ein erstes Diagnoseverfahren (Röntgenverfahren), das zur Wiedergabe von Knochengewebe besonders gut geeignet ist, und über ein zweites Diagnoseverfahren (Röntgen-Angiographieverfahren), das zur Wiedergabe von Blutgefäßen besonders gut geeignet ist -Merkmale a), b). Aus den beiden Datensätzen wird mathematisch pixelweise ein synthetisierter Datensatz berechnet, in dem die unterschiedlichen Gewebestrukturen einander räumlich zugeordnet sind -Merkmal c), wobei die Berechnung über eine mathematische Funktion zugeordneter Datenwerte jedes der ausgewählten Datensätze (einschließlich einer Addition zugeordneter Datenwerte) erfolgt -Merkmale e), A). Dieser synthetisierte Datensatz wird als Bild auf einem Display dargestellt und gibt dabei beide Gewebestrukturen so detailgenau wieder, wie das mit den jeweiligen Aufnahmeverfahren möglich ist -teilweise Merkmale d), B).

In D6 ist nicht genau angegeben, ob es sich bei den beiden aufgenommenen und dargestellten Datensätzen um zweioder dreidimensionale Daten handelt; in der das Prinzip erläuternden Fig. 2 sind zweidimensionale Bilder dargestellt. Jedoch war es dem Fachmann aus seinem Fachwissen geläufig, dass mit den in D6 Sp. 2 vorle. Abs. und Sp. 6 le. Abs. beschriebenen Datenaufnahmeverfahren, etwa Röntgenstrahlen verwendende Verfahren oder Kernmagnetresonanzverfahren (NMR = "Nuclear magnetic Resonance", in der Fachsprache auch als MRI = "Magnetic Resonance Imgaging" bezeichnet) sowie den hierauf aufbauenden, mit Kontrastmittel arbeitenden Subtraktionsverfahren dreidimensionale Daten erfasst und nachfolgend zur Darstellung gebracht werden können; vgl. beispielsweise die Druckschrift D5, gemäß welcher ebenfalls mit unterschiedlichen medizinischen Verfahren aufgenommene dreidimensionale Daten überlagert dargestellt werden. Für den Fachmann bot es sich an, das in D6 beschriebene Verfahren zur Verarbeitung und Darstellung auch dreidimensionaler Bilddaten einzusetzen, um dem Benutzer (Arzt) möglichst viel Information kompakt darbieten zu können -restlicher Teil der Merkmale d), B).

Wie dem fachkundig besetzten Senat zudem bekannt ist, gehörte es vor dem Anmeldetag der vorliegenden Anmeldung zum Standardwissen des in der Bildverarbeitung tätigen Fachmanns, medizinische Bilddaten zu segmentieren, d. h. interessierende Objektbereiche und Hintergrundbereiche zu trennen, im einfachsten Fall über eine altbekannte Schwellenwertoperation; dies dient dazu, die segmentierten Objekte besser hervorheben zu können und das bei medizinischen Bildaufnahmeverfahren stets auftretende Rauschen möglichst zu vermindern. Um im aus D6 bekannten Verfahren bei der Überlagerung der verschiedenartigen Bilddaten das Hintergrundrauschen nicht in interessierende Objektbereiche zu übertragen und nur die interessierenden Objektbereiche hervorzuheben, bot es sich für den Fachmann an, vor der Überlagerung der Bilddatensätze diese in Objektund Hintergrundbereiche zu trennen und die nicht interessierenden Hintergrundbereiche bei der Berechnung des synthetisierten Bildes nicht oder nur in Form eines einheitlichen Hintergrundwerts (der z. B. Null sein kann) zu berücksichtigen; zu dieser Überlegung gab ihm bereits die Fig. 2 in D6 Anlass, welche nur die jeweils interessierenden Objektbereiche in den Datensätzen (Knochen bzw. Blutgefäße) zeigt -Merkmale f), C).

Durch diese Überlegungen konnte der Fachmann zum Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 nach Hauptantrag gelangen, wozu keine erfinderische Tätigkeit erforderlich war.

Entsprechendes gilt für die nebengeordneten Ansprüche 14 und 15 nach Hauptantrag.

Die Anmelderin ist dagegen der Ansicht, der Fachmann hätte beim aus D6 oder D5 bekannten Verfahren eine Segmentierung vor der Synthese nicht durchgeführt, um eine Erhöhung der Rechenzeit und den Verlust von Bildinformation zu vermeiden.

Dem konnte sich der Senat nicht anschließen. Ergebnis der Segmentierung ist nicht ein Verlust, sondern eine Klarifizierung der Bildinformation, welche dem Benutzer das Verständnis des dargestellten Bildes erleichtert. Eine solche Operation hätte der Fachmann aus diesem Grund auch unter Inkaufnahme einer etwaigen Erhöhung der Rechenzeit ohne Weiteres durchgeführt, zumal der Rechenaufwand für eine einfache Segmentierung über eine Schwellenwertoperation relativ gering war und ist.

b) Gemäß D6 wird außerdem vor der Überlagerung der beiden Datensätze der erste Datensatz pixelweise durch eine Konstante dividiert; dies entspricht einer Multiplikation mit einem Faktor. Dadurch wird das Gewichtsverhältnis der beiden Bilddatensätze im überlagerten Bild geändert (etwa 1:1 gemäß D6 Sp. 4 le. Abs. bis Sp. 5 Abs. 1). Für den Fachmann bot es sich an, bei Bedarf vor der Überlagerung nicht nur den ersten, sondern auch den zweiten Bilddatensatz mit einem geeigneten Faktor zu multiplizieren, um den interessierenden Objekten in jedem der beiden Datensätze ein gewünschtes Gewicht (und eine damit verbundene gewünschte Transparenz) zu verleihen, etwa um die Objekte im zweiten Datensatz, der hier als Differenzdatensatz relativ geringe Werte aufweist, im Vergleich zum ersten Datensatz noch stärker hervorzuheben. Hierbei waren zweckmäßig die beiden Gewichtsfaktoren komplementär zu wählen, so dass sie sich zu dem höchsten im Bild darzustellenden Wert ergänzten und der darstellbare Wertebereich ausgenutzt wurde, um ein möglichst kontrastreiches Bild ohne Verlust von Bilddetails zu erhalten -Merkmale g), D).

Durch diese zusätzlichen Überlegungen, die sich vollständig im fachüblichen Rahmen bewegen, gelangte der Fachmann ohne Weiteres zum Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1, wozu ebenfalls keine erfinderische Tätigkeit erforderlich war.

Entsprechendes gilt für die nebengeordneten Ansprüche 13 und 14 nach Hilfsantrag 1.

Die Anmelderin sieht dagegen als Vorteil des Transparenzfaktors gemäß Hilfsantrag 1 an, dass dieser eine dreidimensionale Darstellung hintereinander liegender Objekte (ein hinten liegendes Objekt ist durch ein anderes hindurch sichtbar) erlaube; dies sei durch den Stand der Technik nicht nahegelegt.

Dem ist entgegenzuhalten, dass sich aus den Anmeldeunterlagen keine spezielle Art der dreidimensionalen Darstellung unter Zuhilfenahme von Transparenzfaktoren ergibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Darstellung der Bilddaten in üblicher, dem Fachmann wohlbekannter Weise erfolgt, wobei teiltransparente Objektstrukturen überlagert dargestellt werden. Durch die Multiplikation mit einem Transparenzfaktor ändert sich die Art der Darstellung nicht, es werden lediglich gewünschte Gewebestrukturen mehr oder weniger stark hervorgehoben; wie oben erläutert, war eine solche Lehre (Multiplikation mit einem Faktor zur Hervorhebung von Objekten in einem bestimmten Datensatz) dem Fachmann durch D6 nahegelegt.

c) Des Weiteren war dem Fachmann aus seinem Fachwissen bekannt, dass zur besseren visuellen Unterscheidung von Objekten aus mehreren Ausgangsdatensätzen diese im überlagerten Datensatz unterschiedlich eingefärbt werden können, vgl. beispielhaft D4; D6 Sp. 5 le. Abs. bis Sp. 6 Abs. 1 liefert hierfür bereits einen Hinweis. Dies setzt im überlagerten (synthetisierten) Datensatz eine Trennbarkeit der Objektbereiche aus den beiden Datensätzen voraus. Hierfür musste die zur Synthese verwendete mathematische Funktion eineindeutig sein, d. h. einen eindeutigen Rückschluss auf die jeweiligen Objektbereiche in den beiden unterschiedlich einzufärbenden Ausgangsdatensätze erlauben -Merkmale e'), A').

Damit beruht auch der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Entsprechendes gilt für die nebengeordneten Ansprüche 13 und 14 nach Hilfsantrag 2.

Die Anmelderin trägt vor, die Eineindeutigkeit der zur Synthese verwendeten mathematischen Funktion (Hilfsantrag 2) sei wichtig, wenn Bilddaten nach der Synthese noch manipuliert werden sollen; dies sei durch den Stand der Technik nicht nahegelegt.

Dem ist entgegenzuhalten, dass eine die Eineindeutigkeit erfordernde Manipulation der Bilddaten nach der Synthese aus den Anmeldeunterlagen nicht hervorgeht, und zudem wie oben dargelegt die Eineindeutigkeit sich für den Fachmann aus dem in der medizinischen Bilddarstellung üblichen Vorgehen ergab, unterschiedliche Strukturen (Gewebe) zur besseren Unterscheidbarkeit farblich getrennt darzustellen.

d) Im Ausführungsbeispiel der Druckschrift D6 wird als erster Datensatz ein Röntgendatensatz zur Darstellung einer ersten Gewebestruktur (Knochen) verwendet, als zweiter Datensatz ein durch Subtraktion aus Röntgendatensätzen mit und ohne Kontrastmittel erzeugter Datensatz zur Darstellung einer zweiten Gewebestruktur (Blutgefäße). Gemäß D6 Sp. 6 vorletzter und letzter Absatz können auch andere medizinische Bildaufnahmeverfahren kombiniert werden; speziell sind dort Ultraschallbildsignale und Kernmagnetresonanzbildsignale genannt. Für den Fachmann, dem wie oben erwähnt unterschiedliche medizinische Aufnahmebzw. Diagnoseverfahren und deren unterschiedliche Eignung zur Darstellung der verschiedenen Gewebearten bekannt waren, boten sich zur Gewinnung und überlagerten dreidimensionalen Darstellung unterschiedlicher Gewebestrukturen verschiedene Kombinationen medizinischer Verfahren an, beispielsweise ein CT-Verfahren zur Darstellung von Knochen und ein Magnetresonanzverfahren (MRI) für die Darstellung von Weichgewebe -Merkmale a), b), A'').

Damit beruht auch der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Entsprechendes gilt für die nebengeordneten Ansprüche 13 und 14 nach Hilfsantrag 3.

Nach alledem waren für den Fachmann aus dem Stand der Technik in Verbindung mit seinem Fachwissen die Verfahren und Gegenstände des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1, 2 und 3 nahegelegt. Entgegen dem Vorbringen der Anmelderin ist ein über die zu erwartenden Wirkungen der einzelnen Maßnahmen hinausgehender, synergistischer Effekt nicht erkennbar. Bei der in D6 (oder D5) gelehrten Synthese von unterschiedliche Strukturen zeigenden Bilddaten aus unterschiedlichen Quellen ergeben sich vielmehr diejenigen Bildverarbeitungsschritte, welche in D6 oder D5 nicht explizit erwähnt sind, aus der Segmentierung und dem Hervorheben segmentierter Objektbereiche (auch durch Farbe); derartige Maßnahmen waren vor dem Anmeldetag der vorliegenden Patentanmeldung in Systemen zur Darstellung medizinischer Bilddaten üblich und können eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen.

4. Nach dem oben Ausgeführten ist der Anspruch 1 nach Hauptantrag nicht gewährbar. Entsprechendes gilt für die nebengeordneten Ansprüche 14 und 15 nach Hauptantrag. Auch der jeweilige Anspruch 1 und die jeweiligen nebengeordneten Ansprüche 13 und 14 nach den Hilfsanträgen 1, 2 und 3 sind nicht gewährbar.

Da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann, sind auch die jeweiligen abhängigen Patentansprüche (2 bis 13 und 16 bis 25 nach Hauptantrag, 2 bis 12 und 15 bis 23 nach den Hilfsanträgen 1, 2 und 3) nicht gewährbar (BGH in GRUR 1997, 120 "Elektrisches Speicherheizgerät").

Dr. Fritsch Eder Prasch Dr. Thum-Rung Fa






BPatG:
Beschluss v. 13.01.2011
Az: 17 W (pat) 119/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/d8439fb932ef/BPatG_Beschluss_vom_13-Januar-2011_Az_17-W-pat-119-06




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