Bundespatentgericht:
Urteil vom 20. April 2004
Aktenzeichen: 3 Ni 46/02

(BPatG: Urteil v. 20.04.2004, Az.: 3 Ni 46/02)

Tenor

Das europäische Patent 0 331 207 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 17. März 1989 unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Patentanmeldung DE 38 14 272 vom 27. April 1988 und der deutschen Patentanmeldung DE 39 02 171 vom 25. Januar 1989 angemeldeten und ua mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patentes EP 0 331 207 (Streitpatent), das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 589 00 516 geführt wird. Das Streitpatent betrifft ein "Verfahren zum Pelletieren" und umfasst in der im europäischen Einspruchsverfahren aufrechterhaltenen Fassung (EP 0 331 207 B2) 8 Patentansprüche, von denen Patentanspruch 1 wie folgt lautet:

"1. Verfahren zum Pelletieren von Futtermitteln, bei dem das zu pelletierende Material oder Materialgemisch vor dem Pelletieren in einem Reaktionsbehälter bei erhöhter Temperatur konditioniert wird, wobei das Material im Reaktionsbehälter durch die Wirkung eines Förderelementes komprimiert wird, so dass sich am Austragsende des Reaktionsbehälters ein auf das Material oder Materialgemisch wirkender Arbeitsdruck einstellt, und wobei dieser auf diese Materialmenge wirkende Druck anschließend durch Entspannung auf einen verminderten, unterhalb dieses Drucks liegenden Entspannungsdruck abgesenkt wird, dadurch gekennzeichnet, dass das Konditionieren bei Temperaturen von bis zu 170¡C, insbesondere 150¡C durchgeführt wird, und dass das Pelletieren nach Entspannen auf Atmosphärendruck in einer Pelletpresse erfolgt."

Wegen des Wortlauts der auf Patentanspruch 1 mittelbar oder unmittelbar zurückbezogenen Patentansprüche 2 bis 8 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.

Die Klägerin macht geltend, das Streitpatent offenbare die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Darüber hinaus sei die beanspruchte Erfindung nicht patentfähig, weil die Gegenstände der Patentansprüche 1 bis 8 nicht neu seien und nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhten. Zur Begründung bezieht sich die Klägerin auf folgende Dokumente:

K4: IFF Report "Das Pelletieren von Mischfutter", K6: US 4 001 452, K7: US 3 246 594, K8: Lehrbuch von Louis David und Jean Lefumeux, "Pratique de la Compression et Techniques Nouvelles", 1972, K9: US 4 696 634, K10: EP 0 212 391, K11: NL-OS NR-A-66, 17758, K12: FR-PS 651.699, K13: Erklärung der anwaltlichen Vertreter der Beklagten vom 26. März 2002, K14: Erklärung von Dr. van Zuilichem vom 25. Oktober 2002, K15: Werbeblätter "The new shape of the feedstuff with the annular gap Expander without pelleting: expanded product", K16: Homepage der Firma Tech Sales Co. (Auszug), K17: Online-Wörterbuch der EU zu "korrelmachine", K18: Erklärung von LaVon Wenger vom 15. Dezember 2003, K19: US 3 385 709.

Die Klägerin beruft sich weiterhin auf eine offenkundige Vorbenutzung durch die amerikanische Firma Triple F bzw deren Abteilung Insta Pro sowie die Firma Wenger. Diese Firmen hätten schon vor dem Prioritätstag öffentlich Produkte vorgeführt und durch Prospekte beworben, die der im Streitpatent beanspruchten Erfindung entsprächen.

Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 0 331 207 in vollem Umfang mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen; hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent in der Fassung der Patentansprüche gemäß in der mündlichen Verhandlung am 20. April 2004 überreichten Hilfsanträgen 1 bis 4 in dieser Reihenfolge und beantragt insoweit Klageabweisung.

Wegen des Wortlauts der Patentansprüche in der jeweils hilfsweise verteidigten Fassung wird auf die überreichten Hilfsanträge Bezug genommen.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen entgegen und hält das Streitpatent in der verteidigten Fassung für patentfähig. Zur Stützung ihres Vorbringens verweist sie auf folgende Dokumente:

B1: Tabelle "Vapor Pressure of Water Above 100¡C" aus dem Handbook of Chemistry und Physics, fortysixth edition, B2: Langenscheidts Enzyklopädisches Wörterbuch, Englisch-Deutsch, Stichwort patty, patty forms und patty pan B3: dieselben Stichwörter wie B2 in Cassell's German-English, English-German Dictionary, B4: Prospektblätter der Firma Wenger, B5: DE-OS 1 692 446, B6: DE 35 29 229 C1, B7: DE 35 44 298 A1, B8: Lueger, Lexikon der Verfahrenstechnik, Band 16, 1970, S. 129 "Expandertrocknung", B9: Online-Wörterbuch: Übersetzung von "Korrelmachine", B10: Online-Wörterbuch: Übersetzung von "Pelletpresse" in die niederländische Sprache, B11: Online-Wörterbuch: Übersetzung von "Pelletpresse" in die französische Sprache.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als begründet.

Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, Art II § 6 Abs 1 Nr 1 IntPatÜG, Art 138 Abs 1 lit a, Art 52, 54, 56 EPÜ.

I 1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum Pelletieren von Futtermitteln, bei dem das zu pelletierende Material oder Materialgemisch vor dem Pelletieren in einem Reaktionsbehälter bei erhöhter Temperatur konditioniert wird gemäß Oberbegriff des Anspruchs 1.

Nach den Angaben der Streitpatentschrift ist es bekannt, dass staub-, pulverförmige und ähnliche Substanzen durch Pelletieren in leichter zu lagernde und besser zu verwendende Formen übergeführt werden können. Zu diesem Zweck werde das Ursprungsmaterial z.B. durch Bohrungen in Matrizen gedrückt, wobei es der Bewegung durch Reibung einen Widerstand entgegensetzte, so dass das Material verdichtet werde. Nach dem Hindurchtreten würden die so erzeugten Stränge dann durch sich relativ zur Matrize bewegende Messer auf gewünschte Längen abgeschnitten, so dass man Pellets erhalte. Auf diese Weise könnten z.B. mehlförmige und pulverförmige Materialien, die man an Tiere nur unter Inkaufnahme von Nachteilen verfüttern könne, zu Pellets verarbeitet werden, die als Futtermittel vorteilhafte Verwendung finden könnten (Streitpatentschrift S 2 Z 6-13).

Vor dem Pelletieren werde häufig eine Konditionierung vorgenommen. Wesentlicher Zweck der Konditionierung sei die positive Beeinflussung der physiologischen Eigenschaften des Futters bzw. von dessen Komponenten, also der Verdaulichkeit durch die Tiere. Auch damit der Pelletierungsvorgang erfolgreich sei, müsse meist vorher eine Konditionierung vorgenommen werden, die maßgebend den Verdichtungsvorgang, die Pressfähigkeit der Komponenten, die Festigkeit der Pellets und damit die Qualität des Futters beeinflusse (IFF-Report Nr. 1 "Das Pelletieren von Mischfutter", herausgegeben vom Forschungsinstitut Futtermitteltechnik der Internationalen Forschungsgemeinschaft Futtermitteltechnik e.V. (IFF), Frickenmühle, 38110 Braunschweig-Thune), vergleiche Streitpatentschrift Seite 2 Zeilen 14-21.

Mit der Konditionierung oder Vorbereitung sollten unterschiedliche Rohwarenfeuchtigkeiten in der Mischung ausgeglichen werden, die Elastizität der Teilchen solle verbessert werden, der Widerstand bei der Formgebung (Verdichtung) solle verringert werden, es sollten Haftkräfte durch Feuchtigkeitsbrücken aufgebaut werden, die Stärke solle teilweise reduziert werden, es sollten Klebeeigenschaften mobilisiert werden (Streitpatentschrift S 2 Z 22-25).

Die entsprechende Konditionierung, die auch bei anderen Materialien als Futtermitteln durchgeführt werde, bestehe meistens in einer Erwärmung und einer Zugabe von Feuchtigkeit. Bei der sogenannten Kurzzeitkonditionierung liege die Durchlaufzeit des Materials durch die Konditionierung normalerweise unter einer Minute; die Konditionierung erfolge dabei z.B. in einer Mischschnecke. Bei der Langzeitkonditionierung erfolge die Mischung vorher, die Konditionierung erfolge dann in einem größeren Behälter, in dem das Material relativ wenig bewegt werde. Die Verweilzeit bei der Langzeitkonditionierung betrage mindestens 10 Minuten, könne aber auch ein Vielfaches davon ausmachen. Anschließend werde dann häufig noch vor dem Einführen in die Pelletpresse eine Kurzzeitkonditionierung durchgeführt (Streitpatentschrift S 2 Z 26-33).

In allen diesen Fällen herrsche während des Konditioniervorganges im wesentlichen Atmosphärendruck. Selbst wenn das Material physisch durch Schneckenpressen oder dergleichen zusammengepresst werde, stehe das Material immer noch mehr oder weniger ungehindert mit der umgebenden Atmosphäre in Verbindung.

Ein weiterer Nachteil einiger der vorbekannten Konditionierer bestehe darin, dass der Durchsatz durch den Konditionierer nicht ohne weiteres an wechselnde Arbeitsgeschwindigkeiten der Pelletpresse angepasst werden könne. So müsse bei plötzlich höherer Leistung der Pelletpresse auch die Durchsatzgeschwindigkeit durch den Konditionierer erhöht werden, was eine geringere Verweilzeit des Materials in demselben zur Folge habe. Diese geringere Verweilzeit könne dann aber nicht ohne weiteres durch höhere Temperaturen oder Feuchtigkeiten ausgeglichen werden, da z.B. bei erhöhter Dampfzugabe derselbe teilweise entweichen würde, bevor er in das Material eindringen oder mit demselben in Wechselwirkung treten könne (Streitpatentschrift S 2 Z 34-43).

Es sei zwar bekannt, das Material bei den Drücken und Temperaturen des Konditionierers zu formen. Bei einem solchen Verfahren (FR-A-65 1699) werde allerdings auf eine spezielle Presse verzichtet; das Formen der Stränge geschehe vielmehr in den Kanälen, in denen auch der höhere Druck und die höhere Temperatur herrsche. Die Erzeugnisse hätten eine unregelmäßige Form, da sie nach dem Formungsvorgang noch auf Normaldruck gebracht würden und dabei expandierten.

Ähnliche Verhältnisse beständen bei einem Verfahren der eingangs genannten Art (US-A-4 696 634). Bei diesem Verfahren müsse das Brikettieren bei erhöhtem Druck und erhöhter Temperatur durchgeführt werden, damit sich die gebildeten Nahrungsmitteltabletten oder -briketts anschließend in der Form expandierten und aus der Form heraussprängen. Dieses Verfahren habe verschiedene Nachteile.

1. Es sei technisch aufwendig, da auch die Brikettiervorrichtung unter erhöhtem Druck gehalten werden müsse.

2. Aufgrund der Tatsache, dass die Konstruktion aufwendig sei, könne offenbar nur mit verhältnismäßig geringen Drücken und verhältnismäßig niedrigen Temperaturen gearbeitet werden, die den niedrigen Drücken entsprächen. So sei in der Entgegenhaltung von einer Temperatur von 240¡F (115,6¡C) in Spalte 2, Zeile 34 die Rede. Bei diesen niedrigen Temperaturen könnten nicht alle Konditionierfunktionen (zB Abtötung von Keimen usw) in vernünftiger Zeit erzielt werden. Es sollte daher eine Konditionierung auch bei höheren Temperaturen möglich sein.

3. Da die fertig geformten Teilchen noch expandierten, hätten sie keine gut definierte Größe (Streitpatentschrift S 2 Z 44 - S 3 Z 4).

2. Nach den Angaben der Streitpatentschrift besteht die Aufgabe der Erfindung in der Schaffung eines Verfahrens, das einfacher durchzuführen ist und Pellets mit genauer definierten Abmessungen liefert (Streitpatentschrift S 3 Z 6-7).

3. Zur Lösung dieser Aufgabe beschreibt Patentanspruch 1 in der im europäischen Einspruchsverfahren aufrechterhaltenen Fassung:

1. ein Verfahren zum Pelletieren von Futtermitteln, 2. das zu pelletierende Material oder Materialgemisch wird vor dem Pelletieren in einem Reaktionsbehälter bei erhöhter Temperatur konditioniert, 3. das Material im Reaktionsbehälter durch die Wirkung eines Förderelementes komprimiert 4. Infolge dessen stellt sich am Austragsende des Reaktionsbehälters ein auf das Material oder Materialgemisch wirkender Arbeitsdruck ein, 5. dieser auf die Materialmenge wirkende Druck wird anschließend durch Entspannung auf einen verminderten, unterhalb dieses Drucks liegenden Entspannungsdruck abgesenkt 6. das Konditionieren wird bei Temperaturen von bis zu 170¡C, insbesondere 150¡C durchgeführt, 7. das Pelletieren erfolgt nach Entspannen auf Atmosphärendruck in einer Pelletpresse.

II 1. Das Verfahren zum Pelletieren von Futtermitteln gemäß Patentanspruch 1 ist nicht neu und damit nicht patentfähig.

Das beanspruchte Verfahren ist in der US-Patentschrift 400 1452 (K6) mit allen seinen Merkmalen neuheitsschädlich vorbeschrieben. Denn auch dort ist ein Verfahren zum Pelletieren von Futtermitteln beschrieben (Merkmal 1; K 6 Anspruch 1), wobei das Material vor dem Pelletieren bei erhöhter Temperatur konditioniert wird (Merkmal 2; K 6, Spalte 4 Zeilen 5 bis 21). Auch dort wird das Material im Reaktionsbehälter durch die Wirkung eines Förderelements - naturgesetzlich - komprimiert, wodurch sich im Austragsende ein auf das Material wirkender Arbeitsdruck einstellt (Merkmale 3 und 4; K 6 Fig 1 Förderschnecke 16). Der Druck wird auch beim bekannten Verfahren anschließend durch Entspannen auf Atmosphärendruck, dh auf einen verminderten unterhalb des Arbeitsdrucks liegenden Entspannungsdruck abgesenkt (Merkmal 5; K6 Sp 4 Z 18 bis 21). Bedingt durch das "pressure cooking" in K6 ergibt sich für den Fachmann, dass das Konditionieren bei erhöhter Temperatur stattfindet, wodurch das Merkmal 6 (Temperaturen von bis zu 170¡C) erfüllt ist. Das nachfolgende Pelletieren in einer Pelletpresse (Merkmal 7) ergibt sich aus K6 Figur 1 in Verbindung mit Anspruch 1 die letzten beiden Zeilen.

Die Beklagte wendet zwar ein, dass sich das erfindungsgemäße Verfahren von dem der K6 grundlegend unterscheide, da ihnen völlig unterschiedliche physikalische Verhältnisse zugrunde lägen. Sie verweist insbesondere auf die unterschiedlichen Druck- und Temperaturverhältnisse in dem Reaktionsbehälter. Dabei räumt sie aber ein, dass auch in K 6 im Reaktionsbehälter ein Überdruck herrscht und Temperaturen von ca 121¡C vorliegen (vgl ihre Eingabe vom 14. März 2003, S 5 Abs 2). Da aber das Merkmal 4 nur pauschal einen Arbeitsdruck (ohne Wertangabe) und das Merkmal 6 eine Temperatur bis zu 170¡C anspricht, umfassen diese Angaben auch die physikalischen Bedingungen von K6. Des weiteren macht die Patentinhaberin geltend, der wesentliche Unterschied des erfindungsgemäßen Verfahrens zum bekannten bestehe in der starken mechanischen Bearbeitung, bei der nicht nur eine erhöhte Temperatur erzeugt werde, sondern auch das Material mechanisch so beansprucht werde, dass der Aufschluss der Nährstoffe gefördert werde (Eingabe vom 14. Mai 2003 S 9 Abs 2). Dieser angebliche Unterschied findet aber in den Merkmalen des Patentanspruchs 1 keinen Niederschlag.

Auch die Merkmale der Ansprüche 2 bis 8 sind entweder nicht neu oder nicht erfinderisch. Auch in K 6 wird dem Material im komprimierten Bereich ein unter Druck stehendes Fluid zB Wasserdampf zugeführt (vgl Streitpatent Ansprüche 2 u 3 und K 6 Sp 4 Z 12 bis 14). Dass auch beim bekannten Verfahren das Konditionieren bei Temperaturen von ca 120¡C durchgeführt wird (Patentanspruch 4), räumt die Beklagte selbst ein (s o).

Der bevorzugte streitpatentgemäße Feuchtigkeitsanteil von 10 bis 30% Gew.-% (Patentanspruch 5) ist eine Größenordnung, die sich auch in K 6 einstellt. Denn dort wird aufgezeigt, dass der Feuchtigkeitsgehalt ua von der Temperatur abhängt, und bei 100¡C und Atmosphärendruck zwischen 7 und 18 % liegt (vgl K 6 Sp 3 Zeilen 33 bis 41). Dem Fachmann ist geläufig, dass bei den auch in K 6 angewandten höheren Drucken sich auch höhere Feuchtigkeitsanteile ergeben. Es steht im Belieben des Fachmanns, bestimmte Anteile des Futtermittels je nach Zusammensetzung zu konditionieren oder auch nicht, so dass auch im Patentanspruch 6 keine Erfindung gesehen werden kann. In der K 6 wird insbesondere in der Figur 1 eine Vorrichtung gezeigt, bei der ein als Anpresskopf ausgebildetes, die Antriebsöffnung während der Aufbauphase des Arbeitsdrucks verschließendes Ventilelement an ein Gegendruckelement angeschlossen ist (vgl Patentanspruch 7 und K 6 Fig 1 Bezugszeichen 15 und 18 iVm mit der Figurenbeschreibung). Daraus resultiert aber auch die in Patentanspruch 8 beschriebene Arbeitsweise einer solchen Vorrichtung, so dass auch in diesem Patentanspruch nichts Erfinderisches erkennbar ist.

2. Die von der Beklagten hilfsweise verteidigten Fassungen der angegriffenen Patentansprüche erweisen sich ebenfalls als nicht bestandsfähig.

a) Die gemäß 1. Hilfsantrag verteidigte Fassung des Patentanspruchs 1 unterscheidet sich von der erteilten Fassung dadurch, dass im Patentanspruch 1 dreimal das Wort "Reaktionsbehälter" durch das Wort "Expander" ersetzt wurde. Diese Änderung lässt sich aus der Beschreibung des Streitpatents Seite 3 Zeilen 32 bis 54 ableiten und ist daher zulässig.

Die Verwendung von Expandern bei der Konditionierung und Herstellung von Tierfutter ist aus dem Stand der Technik bekannt (vgl K 8 S 240 oder B6 Sp 10 Z 27 bis 37 iVm Sp 2 Z 47 und Fig 5). Sollte dem Fachmann der Aufbau des Reaktionsgefäßes 14 in K 6 zu kompliziert sein, wird er zu einfacheren Lösungen greifen wie sie zB in K 8 (aaO) oder B 6 (aaO) beschrieben sind. Ein Austausch des aus K 6 bekannten Vorrichtungsteils, das wegen seiner Expansionswirkung bereits als Expander bezeichnet werden könnte, gegen Expander aus dem oben zitierten Stand der Technik ist nicht erfinderisch. Das im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 beschriebene Verfahren beruht daher auf keiner erfinderischen Tätigkeit und ist daher auch nicht patentfähig.

b) Die gemäß 2. Hilfsantrag verteidigte Fassung des Patentanspruchs 1 unterscheidet sich von der Fassung des 1. Hilfsantrags dadurch, dass der Expander mit einer oder mehreren Austrittsöffnungen mit variablem Querschnitt versehen ist. Auch diese Änderung lässt sich aus der Beschreibung des Streitpatents und zwar auf Seite 3 Zeile 39 herleiten und ist damit zulässig. Aber auch mit diesem neu eingeführten Merkmal kann eine erfinderische Tätigkeit nicht begründet werden, da bereits zB aus B 6 bekannt ist, bei der Kraftfutterherstellung Expander zu verwenden, die am Ende einen Scherspalt, eine Matrize, eine Lochplatte oder ein steuerbares Verschlusselement aufweisen (vgl B 6 Ansprüche 15 u 16).

c) Die gemäß 3. Hilfsantrag verteidigte Fassung des Patentanspruchs 1 unterscheidet sich von der Fassung des 2. Hilfsantrags dadurch, dass das zu pelletierende Material unmittelbar vor dem Pelletieren in dem Expander konditioniert wird. Dieses Merkmal findet sich in der Streitpatentschrift Seite 4 Zeile 26. Auch diese Änderung des Patentanspruchs 1 ist zulässig. Aber auch dadurch wird das Verfahren nicht patentfähig, da dieses Merkmal auch in K 6 veröffentlicht ist, wo das Expansionsgerät unmittelbar der Pelletierpresse vorgeschaltet ist.

d) Die gemäß 4. Hilfsantrag verteidigte Fassung des Patentanspruchs 1 unterscheidet sich von der Fassung des 2. Hilfsantrags dadurch, dass das Material vor dem Pelletieren ohne Dampfzufuhr von außen konditioniert wird. Diese Änderung lässt sich aus dem Streitpatent und zwar aus der Seite 4 Zeilen 33 bis 35 herleiten und ist daher zulässig, kann aber keine erfinderische Tätigkeit begründen, da auch diese Variante in K 6 Anspruch 1 verwirklicht ist. In K 6 wird erst im Anspruch 2 der Wasserdampfzusatz als vorteilhaft beschrieben.

e) Die mit den Hilfsanträgen eingereichten Unteransprüchen entsprechen denen, die bereits in Verbindung mit dem Hauptantrag besprochen wurden und sind aus den dort genannten Gründen nicht patentfähig.

Bei dieser Sachlage erübrigte es sich, auf die von der Klägerin vorgebrachten Nichtigkeitsgründe der mangelnden Offenbarung einer nacharbeitbaren Lehre und auf die vorgetragene offenkundige Vorbenutzung einzugehen.

III Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs 2 PatG iVm § 91 Abs 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs 1 PatG iVm § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

Hellebrand Dr. Niklas Dr. Jordan Brandt Dr. Egerer Be






BPatG:
Urteil v. 20.04.2004
Az: 3 Ni 46/02


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