Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Juli 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 175/99

Tenor

Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Mai 1999 und vom 16. April 1998 aufgehoben.

Gründe

I.

Nach der in der mündlichen Verhandlung von der Anmelderin erklärten Einschränkung soll die Wortfolge

"DENTAL WORLD"

noch für "pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; chirurgische, ärztliche und zahnärztliche Instrumente und Apparate, künstliche Zähne; orthopädische Artikel; chirurgisches Nahtmaterial" eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in zwei Beschlüssen die Anmeldung zurückgewiesen. Der Marke fehle jegliche Unterscheidungskraft. Der Bestandteil "DENTAL" sei sowohl im Englischen als auch - als Fremdwort - im Deutschen gebräuchlich und bedeute "die Zähne betreffend". "WORLD" gehöre zum Grundwortschatz der englischen Sprache und sei damit den inländischen Verkehrskreisen in seiner Bedeutung "Welt" verständlich. "Welt" werde in der deutschen Werbesprache ebenso wie zunehmend auch "World" oder die vergleichbaren Begriffe "Land" und "Paradies" häufig als Bezeichnung für Vertriebsstätten verwendet, wobei "Welt" regelmäßig ein hinsichtlich Qualität und Vielfalt umfassendes Warensortiment oder Dienstleistungsangebot beschreibe. Dementsprechend weise die angemeldete Wortfolge - zu übersetzen mit "die Zähne betreffende Welt" - lediglich auf Art und Charakter des Ortes hin, an dem die beanspruchten Waren und Dienstleistungen angeboten würden, d.h. alles, was im Zusammenhang mit Zähnen und deren medizinischer Versorgung stehe. Da der Verkehr Kombinationen mit "World" regelmäßig als Geschäfts- oder Etablissementbezeichnungen auffasse, sei die hier lediglich mit einer Sachangabe hinsichtlich des Geschäftsgegenstandes verbundene Wortverknüpfung nicht geeignet, auf ein bestimmtes Unternehmen hinzuweisen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde macht die Anmelderin im wesentlichen geltend, "DENTAL WORLD" sei mangels unmittelbar produktbeschreibenden Charakters nicht freihaltebedürftig; das Zeichen als ganzes verfüge auch über die erforderliche geringe Unterscheidungskraft. Der vom Verkehr als "Zahnwelt" aufgefaßte Begriff habe, auch wenn er auf Waren für den Zahnbedarf hindeute, keinen klaren Sinngehalt und werde daher als Herkunftsbezeichnung verstanden, zumal der Begriff "WORLD" vielfach als Herkunftshinweis bekannt sei.

Die Anmelderin beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist begründet, da der angemeldeten Marke für die vom Beschwerdeverfahren noch betroffenen Waren weder die Unterscheidungskraft fehlt noch sich ein Freihaltebedürfnis feststellen läßt (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 und 1 MarkenG).

1. Das von der Markenstelle im Beschluß vom 16. April 1998 angenommene und im Beschluß vom 6. Mai 1999 offen gelassene Freihaltebedürfnis für die angemeldete Wortfolge "DENTAL WORLD" konnte der Senat hinsichtlich der noch verfahrensgegenständlichen Waren nicht feststellen. Soweit sich die Wortverknüpfung im Rahmen einer vom Senat durchgeführten und in der mündlichen Verhandlung mit der Anmelderin erörterten Internet-Recherche nachweisen ließ, stand "DENTAL WORLD" jeweils im Zusammenhang mit Dienstleistungen, vor allem Angeboten auf nähere Informationen und Unterrichtungen sowie Beratungen aus dem im weitesten Sinn zahnmedizinischen Bereich. Eine produktbeschreibende Verwendung hinsichtlich der beanspruchten Waren lag in keinem Fall vor. Eine für diese Waren eindeutig beschreibende Bedeutung i.S.v. § 8 Abs.2 Nr. 2 MarkenG läßt sich der angemeldeten Marke "DENTAL WORLD" auch ansonsten nicht beimessen. Im Einklang mit der Markenstelle kann davon ausgegangen werden, daß den angesprochenen Verkehrskreisen die Bedeutungen der Bestandteile "DENTAL" und "WORLD" geläufig sind. "Dental" ist im Deutschen als Fremdwort im Sinne von "die Zähne betreffend" gebräuchlich (Der Große Duden, Fremdwörterbuch 1971), beispielsweise in den Zusammensetzungen Dentallabor oder Dentaltechnik. "World" gehört zum Grundwortschatz der englischen Sprache (z.B. Klett, Grund- und Aufbauwortschatz Englisch 1992) und ist den inländischen Verkehrskreisen in seiner Bedeutung "Welt" bekannt. Der Verkehr wird das sprachüblich gebildete Zeichen als Ganzes danach ohne weiteres, wie von der Markenstelle angenommen, als "die Zähne betreffende Welt" oder auch gleichbedeutend damit als "Zahnwelt/ dentale Welt/ Welt des Zahns/ Welt der Zähne" auffassen. Zusammensetzungen mit "Welt" oder "WORLD" werden zwar gedanklich regelmäßig mit einer in sich geschlossenen Sphäre verbunden. Welcher tatsächliche Hintergrund oder Umfang aber im Hinblick auf "Zähne" mit einer solchen Welt gemeint ist, bleibt diffus. Auch wenn Zusammensetzungen mit "World" oder "Welt" in der Werbesprache immer gebräuchlicher werden und die Annahme der Markenstelle, der Verkehr werde bei solchen oder vergleichbaren mit "Paradies" oder "Land" gebildeten Bezeichnungen eine Hinweis auf eine Vertriebsstätte mit einem hinsichtlich Qualität und Vielfalt umfassenden Warensortiment (oder Dienstleistungsangebot) auffassen, grundsätzlich richtig ist, erscheint es zweifelhaft, ob dies auch für die vorliegend betroffenen, üblicherweise nicht derart angepriesenen Waren aus dem medizinischen und zahnmedizinischen Bereich zutrifft. Die Anmelderin zweifelt dies im Hinblick auch auf die angesprochenen Fachkreise mit einiger Berechtigung an. Bei den von der Markenstelle angesprochenen Wortfolgen "Modewelt", "Wohnwelt" oder vergleichbaren Zusammensetzungen wie beispielsweise "Möbelparadies" besteht darüber hinaus jeweils auch ein deutlicherer Sachbezug zum Angebot als bei "DENTAL". Letztlich kann dies aber offen bleiben. Denn die Wortfolge "DENTAL WORLD" unterliegt auch dann, wenn der Verkehr sie als allgemeinen Hinweis auf eine im weitesten Sinne gut sortierte Vertriebsstätte aufnimmt, keinem Freihaltebedürfnis für die von der einzutragenden Marke konkret erfaßten Waren (vgl. BGH GRUR 1999, 365 ff, 366 - HOUSE OF BLUES). "DENTAL WORLD" hat für diese Waren in keiner der oben genannten möglichen Interpretationen einen scharf umrissenen ausschließlich sachbeschreibenden Sinngehalt, der für den Wettbewerb ungehindert zur Verfügung stehen müßte und daher als eindeutig beschreibend nicht monopolisiert werden dürfte (BGH GRUR 1997, 627 ff - à la carte). Die Marke gibt auf Grund ihrer Unschärfe lediglich einen vagen Hinweis auf einen Zusammenhang mit Zähnen im Sinne eines sprechenden Zeichens, was nicht zu einem Freihaltebedürfnis führt (BGH a.a.O. - HOUSE OF BLUES). Unabhängig davon, daß dieser Hinweis bei einem nicht unerheblichen Teil des Warenverzeichnisses nicht zutrifft, hat der Fachverkehr regelmäßig kein Interesse an derart verschwommenen Angaben (BPatG GRUR 1997, 532 - Du darfst).

Für die Annahme einer hier zukünftig eintretenden Änderung fehlen jegliche Anhaltspunkte.

2. Entgegen der Auffassung der Markenstelle besitzt die angemeldete Wortfolge auch die erforderliche Unterscheidungskraft. Grundsätzlich gilt bei der Beurteilung der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ein großzügiger Maßstab. Ausreichend ist jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft, um das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu überwinden (stRspr, zuletzt BGH GRUR 2000, 321 ff - Radio von hier; GRUR 2000, 323 ff - Partner with the Best). Diese besteht für die Wortfolge "DENTAL WORLD". Wie ausgeführt, kann ihr für die in Frage stehenden Waren kein beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden, weshalb der Verkehr, wenn ihm die kurz und prägnant erscheinende Marke auf der Ware begegnet, ohne weiteres einen Hinweis auf eine betriebliche Herkunft annehmen wird.

Meinhardt Dr. Vogel von Falckenstein Baumgärtner Cl






BPatG:
Beschluss v. 12.07.2000
Az: 29 W (pat) 175/99


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