Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 7. Juli 1992
Aktenzeichen: 19 W 26/92

(OLG Köln: Beschluss v. 07.07.1992, Az.: 19 W 26/92)

1. Der Streitwert für das selbständige Beweisverfahren entspricht dem Wert der Hauptsache.

2. Ist die Hauptsache noch nicht anhängig und ist nicht sicher feststellbar, welchen Klageantrag der Antragsteller künftig stellen wird (hier: nach Wandlung oder nach Minderung), so ist es gerechtfertigt, einen Mittelwert aus den Werten der in Betracht kommenden Ansprüche zu bilden und diesen als Streitwert der Hauptsache und damit des selbständigen Beweisverfahrens festzusetzen.

Tenor

wird der Be-schluß der 21. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 25.05.1992 - 21 O H 26/91 - auf die Beschwerde des Klägers abgeändert. Der Streitwert des selb-ständigen Beweisverfahrens wird anderweitig auf 15.000,00 DM festgesetzt.

Gründe

Die gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 GKG zulässige Beschwerde des

Antragstellers führt zur Festsetzung des Streitwerts für das

selbständige Beweisverfahren auf 15.000,00 DM.

Zutreffend ist das Landgericht in seinem Nichtabhilfebeschluß

vom 17.06.1992 davon ausgegangen, daß nach Einführung des

selbständigen Beweisverfahrens dessen Streitwert in der Regel dem

Wert der Hauptsache entspricht. Óberzeugend hält der Senat hierzu

insbesondere den Hinweis darauf, daß nach § 493 Abs. 1 ZPO die

selbständige Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem

Prozeßgericht gleichsteht. Unter diesen Umständen ist keine Grund

ersichtlich, den Streitwert für das selbständige Beweisverfahren

anders als den der Hauptsache festzusetzen. Hinzu kommt, daß nach §

48 BRAGO n. F. auch dem Anwalt im selbständigen Beweisverfahren die

vollen Gebühren des § 31 BRAGO zustehen (vgl. OLG Düsseldorf, OLGR

Düsseldorf 1992, 182; im wesentlichen ebenso OLG Köln, OLGR Köln

1992, 14; 30; Zöller-Schneider, ZPO 17. Auflage, § 3 RN 16

"Beweissicherung"; MK-ZPO/Lappe, § 3 RN 147; die Kommentierung bei

Baumbach-Lauterbach, ZPO 50. Aufl., Anhang zu § 3, ist veraltet,

worauf OLG Köln, OLGR 1992, 30 zutreffend hinweist). Soweit der 7.

Zivilsenat des OLG Köln in seinem Beschluß vom 20.01.1992 (JurBüro

1992, 351 = OLGR Köln 1992, 145) die Ansicht vertritt, das

Interesse des Antragstellers im selbständigen Beweisverfahren sei

in der Regel nicht identisch mit dem Wert der Hauptsache, so vermag

der Senat dem aus den erwähnten Gründen nicht zu folgen. § 48 BRAGO

n.F. spricht entgegen der Ansicht des 7. Zivilsenats gerade dafür,

daß dort das selbständige Beweisverfahren und das

Hauptsacheverfahren in ihrer Bedeutung gleich gesetzt werden. Aus

der Begründung des erwähnten Beschlusses des 7. Zivilsenats des

OLG Köln ergibt sich letztlich auch, daß es eigentlich darum geht,

wie der Wert der Hauptsache bei einem selbständigen

Beweisverfahren, das - noch - nicht zu einem Rechtsstreit geführt

hat, anzusetzen ist. Das ist unproblematisch, wenn es eindeutig nur

um einen bestimmten bezifferten oder ohne weiteres bezifferbaren

Anspruch geht. In diesem Falle ist der Wert des selbständigen

Beweisverfahrens mit dem Wert dieses Anspruchs gleichzusetzen. Im

vorliegenden Falle ist es indessen so, daß sich der Antragsteller

ausweislich seiner Antragsschrift noch nicht entschieden hatte, ob

er gegen-über der Antragsgegnerin Wandlung des Kaufvertrages oder

nur Minderung geltend machen wollte. Dies sollte nicht zuletzt von

dem Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens abhängen. In einem

solchen Fall hält der Senat es nicht für gerechtfertigt, wie das

Landgericht den Wert der Hauptsache und damit den des selbständigen

Beweisverfahrens mit dem höchsten Wert, hier dem des

Wandlungsanspruchs gleichzusetzen, den das Landgericht im Anschluß

an den Vortrag der Parteien mit 24.210,00 DM beziffert hat. Denn

es ist eben keineswegs sicher, ob ein etwaiges Hauptsacheverfahren

tatsächlich diesen Streitwert haben wird. Unter diesen Umständen

muß nach Ansicht des Senats für das selbständige Beweisverfahren

ein Mittelwert zwischen den beiden nach dem Vortrag des

Antragstellers in Betracht kommenden Ansprüchen als maßgeblich

angesehen werden, also zwischen dem Wandlungsanspruch mit einem

Wert von 24.210,00 DM und der mit 6.000,00 DM bezifferten

Minderung. Dieser Mittelwert ist hier mit 15.000,00 DM

anzusetzen.

Aus dem vorher Gesagten ergibt sich, daß dieser Wert von

15.000,00 DM der vom Senat geschätzte Wert der Hauptsache ist, auf

den es nach der Einführung des selbständigen Beweisverfahrens

ankommt. Die Herabsetzung gegenüber der Streitwertfestsetzung des

Landgerichts ist nur deshalb erfolgt, weil nicht festgestellt

werden kann, ob der Antragsteller als Kläger in einem

Hauptsacheverfahren Wandlung oder nur Minderung geltend machen

wird. Stünde fest, daß er in erster Linie Wandlung und nur

hilfsweise Minderung begehren würde, dann käme es auf den

Wandlungsanspruch an und die Wertfestsetzung des Landgerichts wäre

nicht zu beanstanden.

Eine Kostenentscheidung ergeht nicht (§ 25 Abs. 3 GKG).






OLG Köln:
Beschluss v. 07.07.1992
Az: 19 W 26/92


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