Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Februar 2003
Aktenzeichen: 30 W (pat) 12/02

(BPatG: Beschluss v. 17.02.2003, Az.: 30 W (pat) 12/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet (farbige Eintragung mit den Farben weinrot/weiß) istsiehe Abb. 1 am Endemit dem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis:

"Dias, CD's, belichtete Filme, Ton- und Bildkassetten;

Zeitschriften, Schriftenreihen, Bücher;

Ausbildung, Seelsorge, Unterricht, Erziehung, kulturelle Aktivitäten, Unterhaltung;

Verpflegung und Beherbergung von Gästen, wissenschaftliche Forschung, rechtliche Beratung".

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen des Bestehens eines Freihaltungsbedürfnisses gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG zurückgewiesen, weil sie eine beschreibende Angabe darstelle; da die Buchstabenkombination als Christusmonogramm und kirchliches Symbol eine allgemeine Abkürzung für "Jesus" sei, weise die Marke lediglich darauf hin, daß es sich um Waren und Dienstleistungen mit christlichem Hintergrund handele. Die beschreibende, freihaltebedürftige Angabe werde durch die werbeübliche grafische Gestaltung nicht ausgeräumt, vielmehr verstärke das Kreuz den christlichen Hintergrund des Angebots.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Sie erachtet mit näheren Ausführungen die angemeldete Bezeichnung in ihrer Gesamtheit und ihrer konkreten Ausgestaltung für schutzfähig. Dazu verweist sie insbesondere darauf, daß der hinter "IHS" stehende Ausdruck "Jesus hominum salvator" nicht erkannt werde und für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen auch nicht unmittelbar beschreibend sei.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Ergänzend wird auf das schriftsätzliche Vorbringen und den Beschluß der Markenstelle Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Die angemeldete Marke ist für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Sie besteht ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen können. Diese Angabe muß daher den Mitbewerbern zum freien Gebrauch erhalten bleiben.

Die angemeldete Marke enthält die Buchstabenfolge IHS, die als solches erkennbar ist, auch wenn zwischen den Buchstaben WIE und S eine Vertikale dargestellt ist. Entgegen der Auffassung der Anmelderin ist eine solche Vertikale kein übliches Trennzeichen wie es etwa in einem Schrägstrich (/), Trennungsstrich (-) oder einem Leerzeichen gesehen werden könnte; wie ist diese Vertikale aber auch erkennbar Bestandteil des aus einer Horizontalen und Vertikalen gebildeten Bildbestandteils in der Form eines Kreuzes.

Die Buchstabenfolge IHS wird seit dem Mittelalter als Jesusmonogramm (auch Christusmonogramm) und so als symbolisches Zeichen für den Namen und die Person Christi sowie auch für das Christentum überhaupt verwendet, was die Anmelderin auch nicht bezweifelt (vgl Brockhaus, Die Enzyklopädie 4. Bd S 555f); dieses Jesusmonogramm ist in das Wappen des Jesuitenordens - hier die Anmelderin - übernommen worden und hat bis in die Gegenwart eine weite Verbreitung und Anwendung im Christentum gefunden, wie von der Anmelderin auch nicht in Abrede gestellt. Es findet sich zB auf Pilgerfahnen, Abendmahlskannen, Kirchenfenstern, Orgeln, Wappen, Altären, Teppichen, Kuchen- und Buttermodeln, Gebrauchsgegenständen wie auch Glückwunschkarten (vgl die von der Anmelderin überreichte Kopie Richard Haub/Rita Müller "Jesuiten" S 9).

Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen kann die Buchstabenfolge IHS damit als Hinweis auf ihren Bezug zum Christentum, zur Ausrichtung nach christlichen Grundsätzen oder zum Leben Jesu stehen und sie nach Art, Beschaffenheit, Bestimmung, Gegenstand oder wie auf sonstige Merkmale beschreiben. Daß Kirchen, Klöster oder auch Orden seit langem am Wirtschaftsleben teilnehmen - zB in den Bereichen Kunst (Museen, Bibliotheken), Musik, Theater (Passionsspiel) und Literatur, ebenso bei Ausbildungsstätten (Klosterschulen, Exerzitienhäuser) Hochschulen, Hospize und Urlaubsgestaltung, aber auch bei Feinkost, Wein, Branntwein und Bier wie den Betrieb von Gaststätten - ist der Anmelderin, die in München eine Hochschule für Philosophie betreibt bekannt und bedarf keiner näheren Erörterung. Zur Veranschaulichung wird beispielhaft auf den Katalog der Firma Manufactum "Gutes aus Klöstern" verwiesen (www.manufactum.de).

Wie kommt es für die Frage nach dem Freihaltungsbedürfnis vor allem auf die Belange der Mitbewerber der Anmelderin an. Ob die angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise die Buchstabenfolge IHS als Abkürzung des lateinischen "Iesus hominum salvator"=Jesus Retter der Menschheit (nach späteren Deutungen) oder als die ersten drei Buchstaben des Namens Jesus in griechischer Schrift richtig verstehen werden, ist nur insoweit von Bedeutung, als sie zur Beschreibung der Waren und Dienstleistungen dann nicht geeignet sein kann, wenn von vornherein feststeht, daß sie für das angesprochene Publikum völlig unverständlich sein und bleiben wird (vgl Althammer/Ströbele MarkenG 6. Aufl § 8 Rdn 69). Dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu, und zwar schon deshalb nicht, weil - wie oben ausgeführt - im Bereich des Christentums die Buchstaben IHS ohne nähere Erläuterung vielfach verwendet werden.

Die grafische Gestaltung der angemeldeten Marke ist nicht geeignet, die Sachaussage in den Hintergrund treten zu lassen. Wird in der Vertikalen, die oberhalb der Buchstabenfolge IHS von einer Horizontalen gekreuzt wird, die sich über die Länge der Buchstabenfolge erstreckt, ein Kreuz erkannt, so verstärkt dieses wietere christliche Symbol nur die beschreibende Aussage der Buchstabenfolge; werden hierin aber nur Linien gesehen, so führen auch diese als häufig anzutreffendes werbeübliches Gestaltungsmittel nicht von der Sachaussage weg. Die Schriftzuggestaltung in weiß auf rotem, und damit dunklem Grund ist ebenfalls werbeüblich und läßt die Sachaussage nicht in den Hintergrund treten. Dabei erscheinen die graphischen Elemente schon für sich genommen eher blass und lediglich die in der Buchstabenfolge enthaltende Sachaussage unterstützend (vgl BGH GRUR 2001, 1153, 1154 antiKalk). Hinzu kommt, daß die Christusmonogramme IHS und XP ebenso wie das Kreuz durch die Jahrhunderte hindurch stets Gegenstand auch künstlerischer Gestaltung waren und sind. Das Publikum begegnet daher diesen Zeichen in einer schier unendlichen Fülle von graphischen Gestaltungen, so daß die künstlerische Ausgestaltung gleichsam zur Sachaussage dazu gehört und ihr allenfalls geschichtliche, aber keine vom Aussagegehalt wegführende Bedeutung beigemessen werden kann.

Die angemeldete Marke kann daher, auch in der konkreten Gestaltung, im Verkehr zur Beschreibung der angemeldeten Waren und Dienstleistungen dienen, ist also als beschreibende freihaltebedürftige Angabe iSd § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen (vgl. zum Freihaltebedürfnis an bildhaften Darstellungen auch BPatG Mitt. 2003, 79, S 1 - Pastenstrang auf Zahnbürstenkopf). Bildliche Wiedergaben von Sachangaben können nur dann das Freihaltebedürfnis entfallen lassen, wenn sie ausreichend deutlich die Angabe selbst verfremden, so daß diese nicht mehr das Zeichen prägt.

Die von der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung angeführten Entscheidungen "NEW MAN", "ABSOLUT", "BONUS", "FOR YOU" und "YES" des Bundesgerichtshofes führen zu keinem anderen Ergebnis. Die Entscheidungen "NEW MAN" (GRUR 1991, 136), "ABSOLUT" (MarkenR 1999, 347) und "YES" (MarkenR 1999, 349) befassen sich mit den Eintragungshindernissen nach § 8 Abs 2 Nr 1 bzw § 8 Abs 2 Nr 3 MarkenG, die nicht Grund für die Zurückweisung der vorliegenden Beschwerde sind. "BONUS" (Mitt 1998, 143) und "FOR YOU" (MarkenR 1999, 351) betreffen Ausdrücke, die allgemeiner Art sind oder eine Vertriebsmodalität betreffen und nicht warenbezogen sind. Vorliegend geht es indessen um eine die Waren/Dienstleistungen selbst betreffende Angabe.

Von der Anmelderin angeführte Eintragungen von Marken mit dem Bestandteil IHS sind ohne Einfluß auf die Entscheidung. Selbst wenn es sich um vergleichbare Eintragungen handeln sollte, würde daraus grundsätzlich keine anspruchsbegründende Bindungswirkung für später angemeldete Marken erwachsen, da die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern eine reine Rechtsfrage darstellt (vgl ua BGH GRUR 1997, 527, 529 - Autofelge, BlPMZ 1998, 248, 249 - Today).

Die von der Anmelderin angeregte Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 71 Abs. 3 MarkenG ist nicht veranlasst. Die Anmelderin stützt diese Anregung auf eine Verletzung rechtlichen Gehörs wegen fehlender Bekanntgabe der die Zurückweisung begründenden Tatsachen. Vorliegend läßt sich indessen schon eine solche Verletzung nicht feststellen: der Zurückweisungsbeschluß stützt sich tragend auf die Bedeutung der Buchstaben IHS als Christusmonogramm; dies war der Anmelderin bereits mit dem Beanstandungsbescheid mitgeteilt worden; sie hat dem mit ihrer Erwiderung auch zugestimmt und sich zur Begründung der Schutzfähigkeit auf die grafische Gestaltung bezogen. Darüber hinaus fehlt es aber auch an der erforderlichen Kausalität zwischen dem behaupteten Fehlverhalten und der Notwendigkeit einer Beschwerdeeinlegung. Es kann nicht angenommen werden, daß bei Hinweis auf den Beanstandungsbescheid und einer entsprechenden Stellungnahme der Anmelderin eine inhaltlich abweichende Ent-

scheidung der Markenstelle ergangen wäre (vgl hierzu Althammer/Ströbele aaO § 71 Rdn 38 mwNachw).

Dr. Buchetmann Winter Hartlieb Ko Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/19401.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 17.02.2003
Az: 30 W (pat) 12/02


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