Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. November 2004
Aktenzeichen: 33 W (pat) 45/03

(BPatG: Beschluss v. 02.11.2004, Az.: 33 W (pat) 45/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 1 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. November 2002 aufgehoben.

Gründe

I Am 21. März 2002 ist beim Deutschen Patent- und Markenamt die Wortmarke

"ProTect"

für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

Klasse 1:

synthetische Harze und Kunstharze im Rohzustand, gegebenenfalls mit einem Gehalt an Additiven; Kunststoffdispersionen und -lösungen;

Klasse 2:

Farben, Firnisse, Lacke, Färbemittel;

Klasse 6:

Fußböden aus Metall; Verkleidungsteile aus Metall für Bauzwecke;

Klasse 17:

Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial; Raumfugen, insbesondere Bewegungs- und Dehnungsfugen sowie Scheinfugen, Pressfugen und Schwindfugen, und Abdichtungen und Dichtungen für alle diese Fugen, Fugenkitte, Dichtungsstreifen, Klebebänder und Klebestreifen, die letzten beiden soweit in Klasse 17 enthalten;

Klasse 19:

Beschichtungsmaterialien für Bauzwecke, nicht aus Metall; Raumfugen, insbesondere Bewegungs- und Dehnungsfugen sowie Scheinfugen, Pressfugen und Schwindfugen, sämtliche dieser Fugen für Bauzwecke, und Abdichtungen und Dichtungen für alle diese Fugen; Profilleisten, nicht aus Metall für Bauzwecke; Verkleidungsteile für Bauten, nicht aus Metall; Fußböden, nicht aus Metall;

Klasse 27:

Fußbodenbeläge (Oberböden), Fußbodenisolierbeläge;

Klasse 37:

Dichtungsarbeiten, Dämmungsarbeiten, Dachdeckerarbeiten, Fußbodenlegearbeiten, Maler-, Lackierer- und Tapezierarbeiten, Gebäudeentfeuchtung, Isolierbau.

Mit Beschluss vom 6. November 2002 hat die Markenstelle für Klasse 1 die Anmeldung durch ein Mitglied des Patentamts nach §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle werde der Verkehr die angemeldete Wortzusammensetzung dahingehend verstehen, dass es sich um Mittel oder Dienstleistungen handele, die besonders schützen. Bei dem Wort "protect", so meint die Markenstelle sinngemäß, handele es sich um einen Begriff des englischen Basiswortschatzes. Die Großschreibung des mittleren Buchstabens "T" in der Anmeldemarke nehme dem Wort nicht die Bedeutung, was ebenso für die Verwendung der Verb- statt der Substantivform gelte. Gerade bei Bauteilen liege der Schutz vor Feuchtigkeit nahe. Damit beschreibe die angemeldete Marke nur die Wirkungsweise bzw. das Anwendungsgebiet der Waren und Dienstleistungen. In diesem Sinne werde sie auch bereits verwendet, wie aus Internetauszügen hervorgehe. Der angemeldeten Marke fehle somit jegliche Unterscheidungskraft. Die Frage eines Freihaltebedürfnisses könne dahingestellt bleiben.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Zur Begründung führt sie aus, dass die Marke fremdsprachlich und zudem ein Verb sei, was einer sinnvoll beschreibenden Angabe entgegenwirke. Hingegen wären allenfalls etwa Begriffe wie "protective" bzw. "protective coating" (Schutzüberzug) sinnvolle Warenbeschreibungen. Abgesehen davon werde die englische Sprache von Bauarbeitern, an die sich die beanspruchten Waren im wesentlichen wendeten, kaum verstanden. Auch soweit der Senat der Anmelderin mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung verschiedene Verwendungsbeispiele mitgeteilt hat, sei daraus keine beschreibende Bedeutung der angemeldeten Marke zu entnehmen. In diesen Beispielen befinde sich das Wort "Protect" zumeist hinter einem Firmennamen als Teil einer Gesamtkennzeichnung. Zudem seien in den Fließtexten der Verwendungsbeispiele stets zusätzliche Erläuterungen vorhanden, in denen auf die Schutzfunktion der betreffenden Waren hingewiesen werde. Wäre das Wort "protect" beschreibend, so wären keine solchen Erläuterungen erforderlich. Ergänzend verweist die Anmelderin auf die besondere Schreibweise des angemeldeten Markenworts. Im Gegensatz zu den Rechtsprechungsbeispielen, die der Senat der Anmelderin mit der Ladung mitgeteilt hat, liege hier kein Fall vor, in der eine erkennbar aus zwei Worten bestehende Wortkombination unter Binnengroßschreibung des jeweils zweiten Worts zusammengezogen sei. Soweit der Senat die angemeldete Schreibweise "ProTect" im Internet einmal aufgefunden habe, beziehe sich dieses Verwendungsbeispiel auf den Warenbereich der Glaskeramik, der hier nicht einschlägig sei. Schließlich weist die Anmelderin auf verschiedene Voreintragungen hin, insbesondere Voreintragungen des Wortes "Protect" bzw. "PROTECT" für Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 5, 7,12, 17, 20, 28, 30, 31, 37.

In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin auf Anregung des Senats das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis wie folgt beschränkt:

Klasse 17:

Dachdichtungs-, Dachpackungs- und Dachisoliermaterial; Dachdichtungsstreifen, Dachklebebänder und Dachklebestreifen, die letzten beiden soweit in Klasse 17 enthalten;

Klasse 19:

Dachbeschichtungsmaterialien für Bauzwecke, nicht aus Metall; Dachprofilleisten, nicht aus Metall für Bauzwecke; Dachverkleidungsteile für Bauten, nicht aus Metall;

Klasse 37:

Dachdichtungsarbeiten, Dachdämmungsarbeiten, Dachdeckerarbeiten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Nach der Beschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses ist die Beschwerde begründet.

Der Senat hält die angemeldete Marke nunmehr für hinreichend unterscheidungskräftig und nicht rein beschreibend. Absolute Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG stehen der Eintragung der Anmeldemarke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG somit nicht entgegen.

So sind zunächst keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich, die die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG rechtfertigen können. Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können.

Zwar enthält das englische Verb, zugleich Imperativ, "protect" entgegen der Auffassung der Anmelderin auch für die sich nunmehr ausschließlich auf Dachisolierung und -beschichtung beziehenden Waren und Dienstleistungen einen beschreibenden Bezug. Denn es verkörpert schlagwortartig und für praktisch jedermann ohne weiteres verständlich einen Hinweis auf einen Schutz, den Dächer und darauf bezogene Waren und Dienstleistungen, wie etwa Dichtungs- und Isoliermaterial sowie -arbeiten, naturgemäß gewähren sollen. Insofern haben die Ausführungen der Anmelderin den Senat nicht zu überzeugen vermocht. Hierauf braucht allerdings nicht weiter eingegangen zu werden. Denn nach der Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses weist die angemeldete Marke "ProTect" in Bezug auf die verbleibenden rein dachbezogenen Waren und Dienstleistungen in eine andere begriffliche Richtung.

Wie von der Anmelderin insoweit zu Recht vorgetragen worden ist, wird die so genannte Binnengroßschreibung in der Werbepraxis häufig verwendet, um zwei Worte, die in ihrer Reihenfolge eine sinnvolle beschreibende bzw. werbliche Kombination ergeben, zusammenzuziehen. Dabei wird durch die Großschreibung des ersten Buchstabens des jeweils zweiten Begriffs der Charakter einer aus mehreren Einzelworten zusammengesetzten Begriffskombination betont (vgl. HABM GRUR 1999 - ToxAlert). Derartige, rein beschreibende Wortzusammenziehungen sind Gegenstand zahlreicher Zurückweisungsentscheidungen (z.B. BPatG, 29. Senat vom 10.10.2001 (29 W (pat) 140/00) - BranchOnline; vom 14.5.2003 (29 W (pat) 83/01) - CallOnline; 28. Senat vom 28.4.2004 (28 W (pat) 218/03) - FrühstücksGenuss; 29. Senat vom 26.11.2003 (29 W (pat) 27/03) - Deutschland-Direkt; 33. Senat vom 12.3.2002 (33 W (pat) 347/01) - MicroFlor).

Damit führt die konkrete Schreibweise "ProTect" jedoch vorliegend vom Sinngehalt "schützen/schütze!" weg. Dieser wird, gerade auch im Hinblick auf das nunmehr rein dachbezogene Waren- und Dienstleistungsverzeichnis, vielmehr in die Richtung "für das Dach" gelenkt. Denn die optisch in die Bestandteile "Pro" und "Tect" gegliederte Marke entspricht insoweit den lateinischen Wörtern "pro" (für) und "tectum" (Dach), die auch entsprechenden Wörtern lebender romanischer Sprachen ähneln (z.B. ital.: "per", "tetto"; span.: "por", "techo"). Zwar handelt es sich auch insoweit inhaltlich um eine beschreibende Angabe über die Bestimmung der Waren und Dienstleistungen, diese ist jedoch aufgrund der Verkürzung des lateinischen Worts "tectum" zu "tect" sprachregelwidrig gebildet. Im Gegensatz zum korrekt - in den üblichen Schreibweisen - geschriebenen englischen Wort "protect" wird die angemeldete Marke "ProTect" für die konkret angemeldeten Waren und Dienstleistungen daher nicht von den Mitbewerbern zur beschreibenden Bezeichnung von Merkmalen ihrer Waren und Dienstleistungen benötigt. Vielmehr weist sie einen über eine reine Sachbeschreibung hinausgehenden eigenständigen Charakter auf (vgl. a. z.B. BPatG GRUR 2002, 889 - fanTASTic). Sie ist damit nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.

Nach Auffassung des Senats weist die angemeldete Marke auch die erforderliche Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Entsprechend der Hauptfunktion der Marke, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, ist unter Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung zu verstehen, Waren oder Dienstleistungen als von einem Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2002, 804 Nr. 35 - Philips/Remington; GRUR 2004, 428 Nr. 30, 48 - Henkel). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH MarkenR 2001, 408, 409 - INDIVIDUELLE m.w.N.).

Wie oben dargelegt, weist die angemeldete Marke aufgrund ihrer Schreibweise und im Hinblick auf das eingeschränkte Waren- und Dienstleistungsverzeichnis einen vom Sinngehalt "schützen"/"schütze!" wegführenden Begriffsinhalt auf (ähnlich wie etwa "ProTest", "ProGramm", "ProKura" oder "ProPortion", vgl. a. BPatG GRUR 2002, 889 - fanTASTic"), der zwar ebenfalls auf eine beschreibende Aussage anspielt, wegen seiner sprachregelwidrigen Verkürzung jedoch nicht über einen im Vordergrund stehenden, rein beschreibenden Charakter verfügt. Der angemeldeten Marke fehlt damit nicht jegliche Eignung, als betrieblicher Herkunftshinweis zu dienen.

Winkler Dr. Hock Kätker Cl






BPatG:
Beschluss v. 02.11.2004
Az: 33 W (pat) 45/03


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