Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Oktober 2002
Aktenzeichen: 28 W (pat) 97/02

(BPatG: Beschluss v. 16.10.2002, Az.: 28 W (pat) 97/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In der vorliegenden Gerichtsentscheidung geht es um einen Markenstreit, bei dem gegen die Marke 398 34 624 Widerspruch eingelegt wurde. Die Markenstelle für Klasse 12 hat den Widerspruch eines Beteiligten zurückgewiesen und die Teillöschung der angegriffenen Marke angeordnet. Gegen diesen Beschluss haben sowohl der Widersprechende als auch der Markeninhaber Beschwerde und Erinnerung eingelegt. Das Bundespatentgericht hat festgestellt, dass die Beschwerde des Widersprechenden zulässig ist, jedoch nicht über die Erinnerung des Markeninhabers entscheiden kann, da diese nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist. Es wird darüber diskutiert, ob die Verfahren der Widersprechenden getrennt oder gemeinsam behandelt werden sollen. Das Gericht entscheidet, vorerst das Beschwerdeverfahren auszusetzen, um über die Erinnerung zu entscheiden und danach das Beschwerdeverfahren fortzusetzen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 16.10.2002, Az: 28 W (pat) 97/02


Tenor

Das Verfahren über die Beschwerde der Widersprechenden zu 1) wird bis zur Entscheidung über die Erinnerung des Markeninhabers im Verfahren über den Widerspruch der Widersprechenden zu 2) ausgesetzt.

Das Verfahren betreffend die Erinnerung des Markeninhabers wird an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

Gegen die Marke 398 34 624 ist Widerspruch erhoben worden ausa) der IR-Marke 674 738 der Widersprechenden zu 1)

b) der Marke 946 370 der Widersprechenden zu 2).

Die Markenstelle für Klasse 12 hat mit Beschluß vom 2. März 2002 durch einen Beamten des gehobenen Dienstes den Widerspruch zu 1) zurückgewiesen und auf den Widerspruch zu 2) die Teillöschung der angegriffenen Marke angeordnet. Gegen diesen Beschluß haben die Widersprechende zu 1) Beschwerde nach § 165 Abs 4 und 5 MarkenG und der durch die Teillöschung beschwerte Markeninhaber Erinnerung nach § 64 MarkenG eingelegt.

Das Deutsche Patent- und Markenamt hat dem Bundespatentgericht sowohl die Beschwerde wie die Erinnerung zur Entscheidung nach § 165 Abs 4 MarkenG vorgelegt.

Auf Anfrage des Senats haben die Beteiligten angeregt, die Widerspruchsverfahren getrennt und nicht als gemeinsames Beschwerdeverfahren iS von § 165 Abs 5 MarkenG weiter zu behandeln, da sich der Wortlaut dieser Bestimmung erkennbar nur auf zweiseitige Verfahren beziehe, nicht aber auf stillschweigend verbundene Verfahren mit mehr als 2 Beteiligten wie im vorliegenden Fall. Jeder Widerspruch begründe ein eigenständiges Verfahren und sei allenfalls mittelbar vom Ausgang anderer Widersprüche betroffen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden zu 1) ist nach der zum 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Bestimmung des § 165 Abs 4 MarkenG zulässig, da Beschlüsse der Markenstelle, gegen die die Erinnerung nach § 64 MarkenG gegeben ist, nunmehr auch unmittelbar mit der Beschwerde angefochten werden können.

Hinsichtlich der dem Senat ebenfalls vorgelegten Erinnerung des Markeninhabers wegen der in bezug auf den Widerspruch zu 2) ausgesprochenen Teillöschung besteht indes keine Entscheidungskompetenz, da diese nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist. Zwar bestimmt § 165 Abs 5 Ziff 2 MarkenG, dass in den Fällen, in denen gegen einen Beschluß der Markenstelle von einem Beteiligten Erinnerung und von einem anderen Beteiligten Beschwerde eingelegt worden ist, der Erinnerungsführer ebenfalls binnen Monatsfrist Beschwerde einlegen kann und hierzu aufzufordern ist. Diese für einen vorübergehenden Zeitraum von 3 Jahren mit Wirkung zum 1. Januar 2002 eingeführten Regelung soll dem berechtigten Anliegen der Verfahrensbeteiligten an einer zügigen Erledigung anhängiger Verfahren Rechnung tragen und zu einer Entlastung des Deutschen Patent- und Markenamtes im Markenbereich führen. Für den Senat ist indes bereits zweifelhaft, ob dieser Gesetzeszweck durch die Gesetzesformulierung gedeckt ist, da sich der Wortlaut der genannten Bestimmung nur auf Fälle zu beziehen scheint, in denen sich mehrere Beteiligte im gleichen Verfahren gegenüberstehen und beide durch die angefochtene Entscheidung beschwert sind (so auch offensichtlich die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zur Neuregelung des § 165 Abs. 4-6 MarkenG in Bl. 2002 S. 104). Im Widerspruchsverfahren wäre das etwa der Fall, wenn auf den Widerspruch hin die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet und im übrigen der Widerspruch zurückgewiesen wird. Werden hingegen mehrere Widersprüche gegen dieselbe Marke eingelegt, handelt es sich im Grunde um eigenständige Verfahren, die lediglich aus verfahrensökonomischen Gründen zumeist zu einer gemeinsamen Prüfung und Entscheidung verbunden werden (vgl. § 28 Abs 2 MarkenV). Ob die Widersprechenden bzw. der Markeninhaber dadurch aber bereits Beteiligte iS. von § 165 Abs 5 MarkenG werden, kommt für den Senat in dieser Bestimmung nicht ausreichend zum Ausdruck. Zwar ist im Gegensatz zur Durchgriffsbeschwerde nach § 66 Abs 3 MarkenG, wo stets auf "den anderen Beteiligten" abgestellt wird, der dem Erinnerungsführer gegenübersteht, nunmehr von "einem Beteiligten" bzw. "einem anderen Beteiligten" die Rede, doch wird diese sprachliche Unterscheidung in § 165 Abs 5 Ziff 2 Satz 2 MarkenG dadurch relativiert, dass jetzt wieder von der "Beschwerde des anderen Beteiligten" gesprochen wird, die dazu noch nach § 66 Abs 4 Satz 2 MarkenG zugestellt sein muß, was nur gegenüber Verfahrensbeteiligten zulässig ist. Ob das im Verhältnis mehrerer Widersprechender zueinander bzw. im jeweiligen Verhältnis zum Markeninhaber aber überhaupt der Fall ist und die Widersprechenden durch die Verbindung der Verfahren (einfache) Streitgenossen iS von §§ 60, 147 ZPO und damit Beteiligte am Verfahren des jeweils anderen Widersprechenden geworden sind (ablehnend schon BGH GRUR 1967,681 "D-Trancetten"), erscheint fraglich und allenfalls im Hinblick auf die Zustellung bestimmender Schriftsätze denkbar. Ob hierdurch aber bereits die vom Gesetzgeber in § 165 Abs 5 MarkenG vorgenommene erhebliche Einschränkung der prozessualen Rechte der Beteiligten gedeckt ist, auch gegen ihren Willen in ein Beschwerdeverfahren hineingezogen werden zu können, erscheint dem Senat sowohl nach der aufgezeigten Gesetzeslage, aber auch aus verfassungsrechtlichen Gründen bedenklich, zumal im Fall der genannten Durchgriffsbeschwerde sogar ausdrücklich die schriftliche Zustimmung der Gegenseite gefordert wird.

Letztlich können alle diese Zweifelsfragen aber zumindest dann dahingestellt bleiben, wenn sich wie im vorliegenden Fall die Beteiligten klar für eine Trennung und gesonderte Behandlung der jeweiligen Widerspruchsverfahren ausgesprochen haben, da auch iS von § 147 ZPO verbundene Verfahren jederzeit nach freiem Ermessen des Gerichts (§ 150 ZPO) wieder getrennt werden können, was erst recht gilt, wenn die Beteiligten dies beantragen. Die sachgerechte verfahrensrechtliche Behandlung solcher Fälle ist dabei zunächst Sache der Markenstelle, die prüfen muß, ob sie das Erinnerungsverfahren ggfls. aussetzt und sodann die Beschwerde dem Bundespatentgericht vorlegt oder ob sie sich für einen Fortgang beider Verfahren entscheidet, was indes eine Kopie der Widerspruchsakten erfordert. Erfolgt hingegen die Vorlage an das Gericht ohne vorherige ausdrückliche Trennung der Verfahren, ist Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens lediglich die Beschwerde, so dass sich das Gericht um entsprechende Erklärungen der Beteiligten zur Erinnerung und ggfls. sodann um die Trennung der Verfahren kümmern muß. Bei dieser Sach- und Rechtslage erachtet es der Senat im vorliegenden Fall der Zurückweisung eines Widerspruchs und der Teillöschung der angegriffenen Marke auf Grund eines anderen Widerspruchs für sachdienlich, zunächst einmal das Beschwerdeverfahren auszusetzen und der Markenstelle Gelegenheit zu geben, über die Erinnerung zu befinden, um danach das Beschwerdeverfahren - undzwar ggfls. zusammen mit der dann möglichen Beschwerde des Erinnerungsführers gemeinsam - fortzusetzen.

Stoppel Schwarz-Angele Paetzold Ko






BPatG:
Beschluss v. 16.10.2002
Az: 28 W (pat) 97/02


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