Brandenburgisches Oberlandesgericht:
Urteil vom 27. April 2010
Aktenzeichen: 6 U 132/09

(Brandenburgisches OLG: Urteil v. 27.04.2010, Az.: 6 U 132/09)

Tenor

Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 23. November 2009 (Az.: 14 O 72/09) wird zurückgewiesen.

Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Gründe

I.

Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren um die Herausgabe von Getreide. Die Verfügungsklägerin schloss mit der Verfügungsbeklagten am 2. September 2008 einen Kaufvertrag über den Erwerb von Getreide zum Preis von 145,- Euro/t. Aufgrund eines gleichzeitig geschlossenen Lagervertrages verblieb das Getreide bei der Verfügungsbeklagten. Die Verfügungsbeklagte unterzeichnete Namenslagerscheine, in denen sie erklärte, unwiderruflich das Eigentum an der konkret benannten Menge Getreide an die Verfügungsklägerin zu übertragen. Das Getreide war zum Zeitpunkt der Unterzeichnung als Teil einer größeren Partie eingelagert. In den Kaufvertrag (Bl. 12 d. A.) nahmen die Parteien den Zusatz auf: "sofort verrechnen mit OP + garantierter Rückkauf mit +2,- Euro netto nach Absprache!" Ebenfalls am 2. September 2008 schlossen die Parteien einen Rückkaufvertrag, nach dessen Inhalt die Verfügungsbeklagte das Getreide zu dem vereinbarten Preis von 147,- Euro/t zurück erwarb. Die Verfügungsklägerin verrechnete in der Folgezeit den Kaufpreis für das Getreide mit offenen Forderungen. Die Verfügungsbeklagte, die eine Schweinemast betreibt, begann mit der Verfütterung des Getreides. Ob sie hierzu befugt war, ist zwischen den Parteien streitig. Weil die Verfügungsbeklagte in Zahlungsschwierigkeiten geriet, hat die Verfügungsklägerin in erster Linie Herausgabe des noch vorhandenen Getreides an einen Sequester begehrt, hilfsweise an sich, hilfsweise die Untersagung der Verfütterung, hilfsweise die Anordnung eines dinglichen Arrestes wegen eines Betrages in Höhe von 77.886,86 Euro in das gesamte Vermögen der Verfügungsbeklagten. Soweit die Verfügungsklägerin ursprünglich die Herausgabe weiterer Getreidemengen beantragt hat, hat sie den Rechtsstreit insoweit teilweise einseitig für erledigt erklärt. Wegen des Sachverhaltes im Einzelnen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen.

Das Landgericht hat die im Beschlusswege erlassene einstweilige Verfügung mit seinem am 23. November 2009 verkündeten Urteil aufgehoben und die Anträge zurückgewiesen, auch soweit die Verfügungsklägerin den Herausgabeantrag wegen einer Reduzierung der angegebenen Getreidemengen für erledigt erklärt hat. Den Hilfsantrag auf Anordnung des Arrestes hat es an das Brandenburgische Oberlandesgericht zum hier geführten Verfahren 6 U 123/09 verwiesen, in dem die Zahlung des Kaufpreises für das zurückgekaufte Getreide von der Verfügungsklägerin gegenüber der Verfügungsbeklagten geltend gemacht wird. Zur Begründung der Abweisung der Anträge hat es ausgeführt, dass der Eigentumsübergang an dem Getreide auf die Verfügungsklägerin durch Unterzeichnung der "Namenslagerscheine" schon deshalb nicht erfolgt sei, weil keine hinreichende Bestimmtheit der übereigneten Sache gegeben sei; ausweislich der Lagerscheine seien die übereigneten Tonnen Getreide jeweils "Teile größerer Partien." Zudem stehe der Verfügungsbeklagten aber jedenfalls ein Recht zum Besitz aufgrund des Rückkaufvertrages vom 2. September 1998 zu, von dem die Verfügungsklägerin nicht zurückgetreten sei. Soweit die Verfügungsklägerin sich auf den Lagervertrag berufe, stehe ihrem Anspruch entgegen, dass sie schon nicht Eigentümerin des Getreides sei, zudem stelle sich das Herausgabeverlangen als treuwidrig dar, da die Verfügungsklägerin selbst auf Erfüllung des Kaufvertrages bestehe. Wegen der fehlenden Eigentümerposition und der mangelnden Bestimmbarkeit der von der Verfügungsklägerin verkauften Getreidemenge bestehe auch kein Anspruch auf Unterlassung der Verfütterung. Ergänzend wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 23. November 2009 Bezug genommen.

Gegen das ihr am 24. November 2009 zugestellte Urteil hat die Verfügungsklägerin am 1. Dezember 2009 Berufung eingelegt und die Berufung am selben Tag begründet.

Die Verfügungsklägerin hat den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung auf Herausgabe an den Sequester zunächst weiterverfolgt, hilfsweise die Untersagung der Verfütterung, weiter hilfsweise hat sie wiederum den Arrestantrag gestellt. Zur Begründung führt sie aus, dass die Übereignung des Getreides an die Verfügungsklägerin sich aus den vorgelegten Namenslagerscheinen ergebe. Weil der Gerichtsvollzieher ohnehin nur einen Bruchteil der Getreidemengen habe sicherstellen können, sei es unerheblich, ob sie zunächst Teil einer größeren Partie gewesen seien; jedenfalls mit der Sicherstellung seien die Getreidemengen hinreichend bestimmt. Die Namenslagerscheine seien handelsrechtliche Orderpapiere, die auch nicht an die Verfügungsbeklagte übergeben worden seien, so dass sie € die Verfügungsklägerin - weiterhin Eigentümerin des Getreides sei. Zwischen den Parteien habe auch immer Einigkeit bestanden, dass das an den Gerichtsvollzieher übergebene Getreide aus der von der Verfügungsklägerin erworbenen Getreidemenge stamme. Die Rückkaufsvereinbarung vom 2. September 2008 sei zwar von den Parteien unstreitig gestellt worden, sie enthalte aber keine dingliche Einigung, so dass die Verfügungsklägerin weiterhin Eigentümerin sei. Ein Recht zum Besitz stehe der Verfügungsbeklagten aus der Rückkaufsvereinbarung nicht zu, sie habe lediglich als Lagerhalterin das inzwischen herausgegebene Getreide besessen. Über den Arrestantrag müsse im hier anhängigen Verfahren entschieden werden. Die Verfügungsbeklagte entziehe sich in anderen Verfahren durch ihren Vortrag ihren zuvor anerkannten Zahlungspflichten, zudem drohe die Insolvenz. Soweit der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung für erledigt erklärt worden sei, hätten die Kosten des Rechtsstreits der Verfügungsbeklagten auferlegt werden müssen.

Ferner macht die Verfügungsklägerin geltend, dass der Prozessbevollmächtigte der Verfügungsbeklagten seit dem 18. November 2009 nicht mehr berechtigt sei, die Verfügungsbeklagte zu vertreten, weil ein Berufsverbot gegen ihn verhängt worden sei; dennoch sei er am 23. November 2009 für die Verfügungsbeklagte aufgetreten und habe am 20. November 2009 noch für die Verfügungsbeklagte vorgetragen. Aus diesem Grund könne das Urteil keinen Bestand haben.

Die Verfügungsklägerin hat zunächst den Antrag angekündigt,

1. unter "Aufhebung" des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) 14 O 72/09 vom 23. November 2009 der Verfügungsbeklagten aufzugeben, 187,30 t Weizen, 276,46 t Triticale, 31,42 t Gerste, welche im Lagerhaus der Verfügungsbeklagten gelagert sind, an den zuständigen Gerichtsvollzieher zur Verwahrung herauszugeben sowie dem Gerichtsvollzieher die Durchsuchung der Geschäftsräume der Verfügungsbeklagten in W€ zu gestatten.

2. hilfsweise,

der Verfügungsbeklagten aufzugeben, es zu unterlassen, das im Antrag zu 1. benannte Getreide zu verfüttern, zu verkaufen oder anderweitig zu verwerten, sofern nicht zuvor der Kaufpreis in Höhe von 77.886,86 Euro an sie gezahlt ist und bezüglich der Unterlassung Ordnungsmittel anzudrohen.

3. hilfsweise,

den dinglichen Arrest wegen der Kaufpreisforderung der Verfügungsklägerin in Höhe von 77.886,86 Euro nebst gesetzlicher Zinsen seit dem 5. Juni 2009 gegen die Verfügungsbeklagte in das gesamte Vermögen der Verfügungsbeklagten anzuordnen.

Da das Getreide nach Aufhebung der einstweiligen Verfügung und Herausgabe an die Verfügungsbeklagte verfüttert worden ist, hat sie das einstweilige Verfügungsverfahren für erledigt erklärt.

Sie beantragt nunmehr,

1. das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) 14 O 72/09 vom 23. November 2009 abzuändern und festzustellen, dass das einstweilige Verfügungsverfahren erledigt ist.

2. den dinglichen Arrest wegen ihrer Kaufpreisforderung in Höhe von 77.886,86 Euro nebst gesetzlichen Zinsen seit dem 5. Juni 2009 gegen die Verfügungsbeklagte in das gesamte Vermögen der Verfügungsbeklagten anzuordnen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, Ansprüche auf Herausgabe und Unterlassung hätten nicht bestanden, weil die Verfügungsklägerin nicht Eigentümerin des Getreides geworden sei und auch sonst keinen Herausgabeanspruch gehabt habe. Die Voraussetzungen eines dinglichen Arrests seien im Übrigen nicht glaubhaft gemacht worden. Es sei nicht ersichtlich, worin der Arrestgrund liegen sollte.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Umstand, dass gegen den früheren Prozessbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten vor dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz ein Berufsverbot am 18. November 2009 ergangen war, führt nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Mit dem Berufsverbot verliert der Rechtsanwalt zwar die Befugnis, die Tätigkeit als Rechtsanwalt auszuüben (§§ 150, 155 BRAO bzw. § 70 StGB) und das Verfahren ist nach § 244 Abs. 1 ZPO kraft Gesetzes unterbrochen (BGHZ 66, 59); die Unterbrechung bewirkt, dass Fristen nicht laufen (§ 249 Abs. 1 ZPO), Prozesshandlungen des Gerichts wie Ladungen und Zustellungen während der Unterbrechung beiden Parteien gegenüber wirkungslos sind und Entscheidungen nicht ergehen dürfen (Zöller/Greger,ZPO, 28. Aufl., § 249 Rz. 7, 10). Entscheidungen, die ergangen sind, sind aber nicht unwirksam, sondern nur anfechtbar.

Eine Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung käme nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen des § 538 ZPO im Übrigen erfüllt wären (Zöller/Greger,ZPO, aaO, Rz. 10). Die Verhandlung und Entscheidung während der Unterbrechung gelten als Verfahrensfehler (§ 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Für eine Zurückverweisung müsste ferner ein entsprechender Antrag gestellt und eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich sein (OLG Hamm, NJW 2008, 3075; OLG Oldenburg, MDR 2008, 763; OLG Brandenburg, Entscheidung vom 27. Januar 2009, Az.: 10 UF 141/08). Zwingend ist die Zurückverweisung nur geboten, wenn die Unterbrechung zum Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts noch andauert (OLG Koblenz, Entscheidung vom 26.01.2007 (8 U 496/06); Hans.OLG, OLGR 2005, 765; OLG Köln, NJW-RR 1995, 891).

Die Unterbrechung ist hier beendet. Der Bevollmächtigte der Verfügungsbeklagten hat mit Schriftsatz vom 13. Januar 2010 seine Bestellung dem Gericht angezeigt, und das Gericht hat die Anzeige der Verfügungsklägerin von Amts wegen zugestellt. Die Zurückverweisung ist bisher nicht beantragt, soweit der Verfügungsklägervertreter die "Aufhebung" beantragt hat, ist sein Antrag dahin auszulegen, dass Abänderung des Urteils begehrt wird, wie sich aus seinem zugleich gestellten Sachantrag ergibt. Die Zurückverweisung wäre aber auch nicht nach § 538 ZPO geboten, weil eine umfangreiche Beweisaufnahme nicht erforderlich ist (§ 538 Abs 2 Nr. 1 ZPO).

Der Antrag der Verfügungsklägerin, die Erledigung festzustellen, bleibt ohne Erfolg. Der Antrag auf Herausgabe des am 2. September 2008 erworbenen Getreides war von Anfang an nicht begründet.

Der Verfügungsklägerin stand ein Anspruch aus § 985 BGB auf Herausgabe des Getreides nicht zu. Ein Eigentumsübergang auf die Verfügungsklägerin ist nicht nach den §§ 929, 930 BGB erfolgt. Voraussetzungen wären eine Einigung über den Eigentumsübergang und die Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses. Zum Zeitpunkt der Einigung über den Eigentumsübergang muss der Gegenstand der Übereignung hinreichend bestimmt sein. Die Übereignung erfolgte hier ausweislich der Lagerscheine nur in Bezug auf eine bestimmte Getreidemenge als Teil einer größeren Partie (Bl. 6 bis 8 d.A.).

Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Bestimmtheit nicht gegeben war, weil keine Aussonderung der Getreidepartie oder Kennzeichnung erfolgt ist. Insbesondere genügt nicht die Festlegung einer bestimmten Gesamtmenge (BGHZ 21, 52), um von der Bestimmbarkeit auszugehen, weil damit offen bleibt, welche Gegenstände konkret übereignet werden sollen (vgl. BGH NJW 1984, 803 ff.: 75 Schweine aus einer Herde).

Zum Zeitpunkt der Aussonderung des Getreides und Übergabe an den Sequester ist die Übereignung auch nicht nachgeholt worden; es kann nicht festgestellt werden, dass die Verfügungsbeklagte sich zu diesem Zeitpunkt noch an die Einigung zur Eigentumsübertragung, die im Namenslagerschein erklärt worden ist, gebunden fühlte (vgl. BGH NJW 1976, 1539). Sie hatte, wie die Verfügungsklägerin vorträgt, unmittelbar nach Unterzeichnung des Rückkaufkontraktes vielmehr mit der Verfütterung des Getreides begonnen und die Herausgabe an die Verfügungsklägerin verweigert. Damit hatte sie erkennbar ihren Willen, das Getreide an die Verfügungsklägerin zu übereignen, aufgegeben. Die Herausgabe erfolgte schließlich auch nicht freiwillig, sondern aufgrund der Vollstreckung der gerichtlichen Anordnung. Insoweit geben die Schriftstücke vom 12. und 21. April 2010 keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (§ 156 ZPO).

Ein Herausgabeanspruch aus dem Lagervertrag ist nicht begründet, weil die Verfügungsklägerin schon keine Sachen eingelagert hat. Eigene Sachen des Lagerhalters können nicht eingelagert werden (Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn-Heublein,HGB, 2. Aufl. 2009, § 467 Rz. 24).

Auch ein Anspruch auf Herausgabe gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 BGB aus dem Kaufvertrag, den die Verfügungsklägerin mit der Verfügungsbeklagten geschlossen hat, ist nicht begründet. Grundsätzlich schuldet der Verkäufer, hier die Verfügungsbeklagte, zwar Übergabe und Übereignung; die Parteien haben aber, wie sich aus dem zeitgleich mit dem Kaufvertrag geschlossenen Lagervertrag ergibt, jedenfalls vereinbart, dass die Übereignung nach § 930 BGB durchgeführt werden und keine Übergabe nach § 929 BGB erfolgen soll. Diese vertragliche Regelung kann durch das Fehlschlagen der Übereignung nicht umgangen und ein Herausgabeanspruch konstruiert werden. Der Erfüllungsanspruch aus dem Kaufvertrag richtete sich danach nicht auf Herausgabe, sondern allenfalls auf abgesonderte Lagerung des Getreides für die Verfügungsklägerin bei der Verfügungsbeklagten und die erneute Erklärung, dass dieses Getreide übereignet werde.

Selbst wenn man aber mit dem Landgericht annimmt, aus der fehlgeschlagenen Übereignung nach § 930 BGB ergebe sich, dass nunmehr Übergabe und Übereignung nach den §§ 433 Abs. 1 S. 1, 929 BGB geschuldet sei, stünde dem Anspruch entgegen, dass die Verfügungsklägerin im Fall der Übereignung an sie die Ware wiederum an die Verfügungsbeklagte übergeben müsste, weil mit ihr ein (Rück-)Kaufvertrag ebenfalls am 2. September 2008 geschlossen worden ist. Das Herausgabeverlangen widerspricht der Einigung der Parteien über den Rückkauf (§ 242 BGB). Der Rückkaufvertrag sah nämlich vor, dass die Ware im Besitz der Verfügungsbeklagten bleiben und € zu einem streitigen Zeitpunkt € durch schlichte Einigung nach § 929 S. 2 BGB Eigentum übergehen sollte, weil der Erwerber schon im Besitz der Sache war. Weil aber der Vertrag vom Besitz der Verfügungsbeklagten ausgeht, steht der Verfügungsbeklagten nach der ursprünglichen Vertragskonstruktion jedenfalls ein Anspruch auf Einräumung des Besitzes zu. Dass zunächst das Getreide an die Verfügungsklägerin übergeben werden sollte, damit sie ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber der Verfügungsbeklagten ausüben könnte, ist zwischen den Parteien gerade nicht vereinbart worden.

Auch ein Anspruch der Verfügungsklägerin, der Verfügungsbeklagten die Verfütterung des Getreides zu untersagen, war nicht begründet, weil die Verfügungsklägerin nicht Eigentümerin des Getreides war. Aus dem Kaufvertrag vom 2. September 2008 ergibt sich kein Verbot der Verfütterung, weil der Kaufvertrag die Eigentumsposition der Verfügungsbeklagten unberührt lässt; der Verbrauch des Getreides könnte allenfalls zu Schadensersatzansprüchen führen, weil die Eigentumsübertragung unmöglich geworden ist.

Der in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellte Arrestantrag hat keinen Erfolg. Dem Antrag fehlt nicht bereits das Rechtsschutzbedürfnis, weil er auch im Verfahren 6 U 123/09 gestellt wird. Denn der erstinstanzlich gestellte Hilfsantrag ist durch die Abtrennung und Verweisung unzulässig geworden. Das Landgericht war zur Entscheidung über den Arrestantrag nicht zuständig, §§ 919, 943 Abs. 1 ZPO. Es hätte den Antrag zurückweisen müssen. Durch die Abtrennung und Verweisung wurde der Hilfsantrag unzulässig. Die hilfsweise, also bedingte Formulierung ist nur dann zulässig, wenn die Bedingung innerprozessual ist. Wird der Hilfsantrag von den Hauptanträgen getrennt und isoliert verwiesen, kann der Bedingungseintritt nicht mehr in demselben Verfahren entstehen; es läge Unsicherheit darüber vor, ob der Hilfsantrag gestellt ist. Vor Entscheidung über den Hilfsantrag müsste ermittelt werden, welches Schicksal die Hauptanträge imanderenVerfahren, etwa im Berufungsverfahren, genommen haben. (Stein-Jonas/Roth,22. Aufl., § 260 Rz. 28; Musielak/Foerste,ZPO, 7. Aufl., § 281 Rz. 7; BGH FamRZ 2007, 368ff. , 371ff. und 124 ff.).

Der Anordnung des Arrestes steht aber jedenfalls entgegen, dass ein Arrestgrund fehlt.

Der streitige Klagevortrag in einem anderen bei dem Landgericht Frankfurt (Oder) geführten Klageverfahren (Az.: 11 O 178/09) genügt nicht, um einen Arrestgrund zu schaffen; die Verfügungsbeklagte ist befugt, Einwendungen gegen Zahlungsansprüche zu erheben. Weder erschwert noch vereitelt sie dadurch die Vollstreckung eines Zahlungstitels (§ 917 Abs. 1 ZPO). Soweit die Verfügungsklägerin sich weiter zur Begründung des Arrestantrages auf die schlechte Vermögenslage der Verfügungsbeklagten und ein möglicherweise drohendes Insolvenzverfahren beruft, begründet dieses Vorbringen keinen Arrestgrund (vgl. Zöller/Vollkommer,ZPO, 27. Aufl., § 917 Rz. 9). Der Arrest soll dem Gläubiger nicht dazu dienen, sich einen Vorsprung vor anderen Gläubigern zu verschaffen, sondern drohende Beeinträchtigungen der Vollstreckung durch den Schuldner verhindern. Die von der Verfügungsklägerin zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf (I-7 U 68/06, vom 7. Juli 2006), die verschiedene Einzelumstände, die auf Zahlungsschwierigkeiten hindeuten, als insgesamt ausreichend für die Verhängung des Arrestes ansieht, beruht auf einer Würdigung des Einzelfalls. Im Streitfall sind für ein die Vollstreckung erschwerendes Verhalten der Verfügungsbeklagten keine ausreichenden Anhaltspunkte dargelegt. Die Verfügungsbeklagte hat Zahlungsschwierigkeiten, sie führt aber auch Verhandlungen, um Verbindlichkeiten zu tilgen und verhandelt über Zahlungen, wie die Parteien zum Parallelverfahren 6 U 89/09 in der mündlichen Verhandlung erklärt haben.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO. Die Rechtskraft des Urteils ergibt sich aus § 542 Abs. 2 ZPO.






Brandenburgisches OLG:
Urteil v. 27.04.2010
Az: 6 U 132/09


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