Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Januar 2011
Aktenzeichen: 12 W (pat) 304/09

(BPatG: Beschluss v. 27.01.2011, Az.: 12 W (pat) 304/09)

Tenor

Das Patent 102 46 033 wird widerrufen.

Gründe

I.

Gegen das am 2. Oktober 2002 angemeldete und am 23. Februar 2006 veröffentlichte Patent 102 46 033 mit der Bezeichnung "Fluchtleitsystem" hat die Einsprechende am 22. Mai 2006 Einspruch eingelegt. Die Einsprechende macht geltend, der geltende Anspruchs 1 nach Hauptantrag (vom 31. Oktober 2006) sei gegenüber den ursprünglichen Unterlagen unzulässig erweitert, auch sei der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig, da die Inhalte der Druckschriften E5 und E2 bzw. E5 und E1 geeignet seien, den Patentgegenstand nahe zu legen. (GA S. 136 bis 144). Auch die Gegenstände der Ansprüche 1 nach den in der mündlichen Verhandlung überreichten Hilfsanträgen 1 und 2 seien demgegenüber nicht patentfähig.

Die Einsprechende verweist unter anderem auf folgende Druckschriften:

E2: WO0014693A1 E3: DE 197 26 471 A1 E5: GB 22 15 105 A (aus dem Prüfungsverfahren)

Die Einsprechende beantragt, das Patent 102 46 033 zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent 102 46 033 mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

Patentanspruch 1, eingereicht mit Schriftsatz vom 31.10.2006, Patentansprüche 2 bis 9, Beschreibung und Zeichnung (Fig. 1 und Fig. 2) gemäß Patentschrift, hilfsweise mit folgenden Unterlagen:

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 27.1.2011, übrige Unterlagen wie Hauptantrag, weiter hilfsweise: Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag 2, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 27.1.2011, Beschreibung (gegebenenfalls angepasst) und Zeichnung (Fig. 1 und Fig. 2) gemäß

Patentschrift.

Sie führt sinngemäß aus, die geltenden Ansprüche seien zulässig und die Gegenstände dieser Ansprüche seien neu und beruhten auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der geltende Anspruch 1 nach Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:

Verfahren zur Signalisierung der in einer Gefahrensituation einzuschlagenden Richtung eines Fluchtweges in einem Gebäude mit verteilt angeordneten Gefahrenmeldern (11, 12, 30), die an eine Gefahrenmeldezentrale angeschlossen sind und von dieser mit einer Versorgungsspannung gespeist werden, wobei die Gefahrenmeldezentrale im Gefahrenfall Leuchtmittel sequentiell nach Art eines Lauflichtes aktiviert, das die vom Gefahrenort wegführende Richtung des Fluchtweges bezeichnet, dadurch gekennzeichnet, dass die Leuchtmittel in die Gefahrenmelder (11, 12, 30) integrierte, aus deren Versorgungsspannung gespeiste, leuchtstarke LEDs sind.

Beim Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 vom 27. Januar 2011 ist der Wortlaut des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag am Ende ergänzt durch das Merkmal:

", die im Pulsbetrieb Lichtimpulse hoher Intensität abstrahlen."

Die auf die gegenständliche Ausbildung einer zugehörigen Vorrichtung gerichteten veröffentlichten Ansprüche 6 und 9 lauten bei Hauptantrag und Hilfsantrag 1:

6. Gefahrenmelder mit einer in dessen Ruhezustand grün leuchtenden LED, zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die LED im Gefahrenfall von der Zentrale aus in einen Blinkmodus schaltbarist.

9. Manueller wandmontierbarer Gefahrenmelder zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 5, gekennzeichnet durch zwei als in entgegengesetzte Richtungen weisende Pfeile ausgestaltete LEDs, von denen entweder die eine oder die andere von der Zentrale aus situationsgerecht in einen Blinkmodus schaltbar ist.

Wegen der Fassung der Unteransprüche 2 bis 5 sowie 7 und 8 und wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 vom 27. Januar 2011 umfasst den Wortlaut des Patentanspruchs 1 nach Haupantrag sowie -am Ende angefügt -die Merkmale:

, die im Pulsbetrieb Lichtimpulse hoher Intensität abstrahlen, dass an die Zentrale zusätzlich die Leuchtmittel beleuchteter Fluchtwegkennzeichnungen angeschlossen werden, dass die Zentrale die auf dem/den Fluchtweg(en) liegenden Fluchtwegkennzeichnungen in einen Blinkmodus versetzt, und dass die Zentrale die Leuchtmittel derjenigen Fluchtwegkennzeichnungen, die in einem jeweiligen Gefahrenfall ungeeignete oder gefährliche Fluchtwege bezeichnen, abschaltet.

Die auf die gegenständliche Ausbildung einer zugehörigen Vorrichtung gerichteten Ansprüche 4 und 7 entsprechen (mit angepassten Rückbezügen) den veröffentlichten Ansprüchen 6 und 9 bei Hauptantrag und Hilfsantrag 1.

Zum Wortlaut der diesen Ansprüchen nachgeordneten Unteransprüche 2, 3, 5 und 6 wird auf die Akte verwiesen.

Gemäß Patentschrift DE 102 46 033 B4, Absätze [0004] und [0001], liegt dem Patentgegenstand die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 zu schaffen, das mit nur geringem zusätzlichem geräteund installationstechnischem Aufwand auskommt.

Diese Aufgabe wird beim Anspruch 1 nach Hauptantrag mit einem Verfahren mit folgenden Merkmalen (gemäß der Merkmalsgliederung der Einsprechenden) gelöst:

Oberbegriff:

1.

Es ist ein Verfahren zur Signalisierung der in einer Gefahrensituation einzuschlagenden Richtung eines Fluchtweges in einem Gebäude beansprucht.

2.

Im Gebäude sind Gefahrenmelder verteilt angeordnet.

3.

Die Gefahrenmelder sind an eine Gefahrenmeldezentrale angeschlossen.

3.n Die Gefahrenmelder werden von der Gefahrenmeldezentrale mit einer Versorgungsspannung gespeist.

4.

Die Gefahrenmeldezentrale aktiviert im Gefahrenfall Leuchtmittel.

5.

Die Leuchtmittel werden sequentiell, nach der Art eines Lauflichtes, aktiviert.

6.

Das Lauflicht bezeichnet die vom Gefahrenort wegführende Richtung des Fluchtweges.

Kennzeichen:

7.

Die Leuchtmittel sind leuchtstarke LED.

8.

Die Leuchtmittel sind in die Gefahrenmelder integriert.

9.

Die Leuchtmittel werden aus der Versorgungsspannung der Gefahrenmelder gespeist.

Beim Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist das Merkmal 9 ergänzt durch:

10. , die im Pulsbetrieb Lichtimpulse hoher Intensität abstrahlen.

Beim Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 kommt dazu noch zusätzlich:

11. dass an die Zentrale zusätzlich die Leuchtmittel beleuchteter Fluchtwegkennzeichnungen angeschlossen werden, 12 dass die Zentrale die auf dem/den Fluchtweg(en) liegenden Fluchtwegkennzeichnungen in einen Blinkmodus versetzt, und 13 dass die Zentrale die Leuchtmittel derjenigen Fluchtweg kennzeichnungen, die in einem jeweiligen Gefahrenfall unge eignete oder gefährliche Fluchtwege bezeichnen, abschaltet.

II.

Der Senat ist für die Entscheidung im vorliegenden Einspruchsverfahren auch nach der mit Wirkung vom 1. Juli 2006 erfolgten Aufhebung der Übergangsvorschriften des § 147 Abs. 3 PatG noch auf Grund des Grundsatzes der "perpetuatio fori" gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO analog i. V. m. § 99 Abs. 1 PatG zuständig (vgl. BGH GRUR 2009, 184, 185 -Ventilsteuerung; GRUR 2007, 862 f. - Informationsübermittlungsverfahren II).

III.

Der fristund formgerecht erhobene Einspruch ist zulässig. Er ist auch begründet. Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt weder in der Fassung gemäß Hauptantrag noch in einer der hilfsweise verteidigten Fassungen der Patentansprüche eine patentfähige Erfindung i. S. d. §§ 1 bis 5 PatG dar.

Als hier zuständiger Fachmann ist ein Elektroingenieur (FH) der Fachrichtung Sicherheitstechnik mit mehrjähriger Erfahrung in der Entwicklung von Warnund Fluchtleitsystemen anzusehen.

Die Patentansprüche nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 sowie auch 2 sind zulässig. Denn die in die jeweiligen Patentansprüche 1 aufgenommenen zusätzlichen Merkmale wirken beschränkend und sind sowohl in der Anmeldung als auch in der Patentschrift offenbart. So beinhaltet der geltende Anspruch 1 nach Hauptantrag beispielsweise die Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 1 sowie das Merkmal 3.n, das der urspr. Beschreibung S. 2, Z. 21 bis 31 als zur Erfindung gehörend entnehmbar ist. Das zusätzliche Merkmal 10 ist dem Abs. [0006] der Patentschrift, letzte 8 Zeilen entnehmbar, die Merkmale 11 bis 13 des Hilfsantrags 2 beruhen auf den erteilten Ansprüchen 3 und 4. Die Ansprüche 6 und 9 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 bzw. die Ansprüche 4 und 7 nach Hilfsantrag 2 stimmen mit angepassten Bezügen mit den ursprünglichen Ansprüchen 6 und 9 überein. Die Unteransprüche 2 bis 5 und 7 bis 8 bzw. 2, 3, 5 und 6 nach Hilfsantrag 2 entsprechen den ursprünglich offenbarten Unteransprüchen.

1. Zum Hauptantrag 1.1 Die Neuheit des Gegenstands des angegriffenen Patents gemäß Patentanspruch 1 ist -unstreitig -gegeben.

Denn die nächstkommende Schrift E5 weist die Merkmale 7 und 8 nicht auf, wie auch die Einsprechende einräumt (vgl. GA S. 110, Abs. 3). Auch den ebenfalls naheliegenden Schriften E1 und E2 fehlen, in Übereinstimmung mit der Auffassung der Einsprechenden, zumindest die Merkmale 3n, 5 und 6 und 7 (vgl. GA S. 110, Abs. 6).

Die übrigen im Verfahren befindlichen Schriften liegen noch weiter ab.

2. Erfinderische Tätigkeit Das Verfahren zur Signalisierung der in einer Gefahrensituation einzuschlagenden Richtung eines Fluchtweges in einem Gebäude, im Folgenden kurz Fluchtleitverfahren genannt, nach dem geltenden Anspruch 1 ist zweifellos gewerblich anwendbar. Es ist jedoch gegenüber der britischen Schrift GB 2 215 105 A (E5) in Verbindung mit der WO 0014 693 A1 (E2) nicht erfinderisch.

Aus der nächstkommenden Schrift GB 2 215 105 A (E5), die auch nach Auffassung der Patentinhaberin ein Verfahren gemäß dem Oberbegriff des geltenden Anspruchs 1 zeigt und beschreibt, sind -unstreitig -die Merkmale 1 bis 6 der Merkmalsgliederung bekannt. Darüber hinaus ist auch das Merkmal 9 dem Fachmann zumindest nahegelegt, der mit einem Blick auf die Zeichnungen Fig. 1 und 2 sieht, dass im Schaltbild Fig. 1 abstrahiert eine Busstruktur offenbart ist, bei der die beiden äußersten Leiterbahnen (in Fig. 2) die Versorgung der Leuchtmittel 4 und der Gefahrenmelder 9 bewirken, so dass diese aus der gleichen Versorgungsspannung gespeist werden (direkte Speisung durch Parallelschaltung der Elemente 4 und 9 in Fig. 1). Die in der Fig. 2 dünner dargestellten inneren Leiterbahnen werden hier offensichtlich zur Übertragung von Signalen verwendet.

Aus dieser im Jahr 1989 veröffentlichten Schrift wird auch die Verwendung von "high intensity lamps" z. B. von Xenon Entladungslampen, also Blitzlampen, als Leuchtmittel im Gefahrenfall mit schlechten Sichtverhältnissen (also z. B. bei Rauch) gelehrt (S. 2, Z. 5 bis 8). Deshalb liegt die Verwendung von Lampen hoher Leuchtdichte, die kurze impulsartige Lichtblitze erzeugen und somit auch unter diesen Bedingungen eine gute Erkennbarkeit und Sichtbarkeit gewährleisten für den Fachmann auf der Hand. Zum Anmeldetag des angegriffenen Patents im Jahr 2002, also 14 Jahre später, als die Verwendung von "stromsparenden" LEDs allgemein bekannt und geläufig war, war es deshalb naheliegend, entsprechend Merkmal 7 durch gesteuerte, blinkende oder blitzartig aufleuchtende "leuchtstarke" LEDs einen der Wirkung von Xenon Entladungslampen gleichartigen Effekt mit geringerem Aufwand und geringerer Leistungsaufnahme z. B. ohne die bei Xenon-Lampen notwendigen Hochspannungskondensatoren und Hochspannungserzeugung zu erreichen.

Denn die Schrift DE 197 26 471 A1(E3) von 1997, zeigt , dass es spätestens ab 1998 dem zuständigen Fachmann als fachmännisches Wissen bekannt war, als Fluchtwegmarkierungsleuchten (Sp. 1, Z. 7) auch bei Feueralarm (Sp. 1, Z. 47 bis 50) LED-Lauflichter einzusetzen (Sp. 1, Z. 23 bis 33), wobei für diesen Anwendungsfall aufgrund der schlechten Sichtbedingungen durch Rauch oder Wassernebel von Sprinkleranlagen die Verwendung leuchtsstarker LED«s zwingend notwendig ist, was der Fachmann deshalb als Selbstverständlichkeit auch mitliest.

Aus der Schrift WO 00 14 693 A1 (E2) von 1998, die ein Fluchtleitverfahren mit Zentrale und daran angeschlossenen Gefahrenmeldern und Leuchtmittel (optische Anzeigemittel) aufzeigt (Beschr. S. 4, le. Abs.), und das Merkmale 1 bis 3, 4 und 9 des angefochtenen Patents aufweist, wird dem Fachmann unter anderem auch gelehrt, dass entsprechend Merkmal 8 die Leuchtmittel in die Gefahrenmelder integriert sein können (Beschr. S. 3, Abs. 2), was bei derartigen Anlagen, für ihn ohne Weiteres erkennbar, zu einer Verringerung des geräteund installationstechnischen Aufwands führt.

Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 nach Hauptantrag ergibt sich deshalb als naheliegende Lösung der gestellten Aufgabe für den Fachmann ausgehend von der Schrift E5, die die Merkmale 1 bis 6 aufweist sowie 9 und das Merkmal 7 als zweckmäßige neuzeitliche Mittel für den Fachmann zumindest nahelegt bei einer Zusammenschau mit der Schrift E2, die bei einem Verfahren zur Fluchtweganzeige auf das beim gattungsgemäßen Stand der Technik fehlende Merkmal 8 hinweist. Denn er gelangt auf Grund dieser Anregung in E2 allein mit Hilfe seines Fachwissens und handwerklichen Könnens im Licht der patentgemäßen Aufgabenstellung, den geräteoder installationstechnischen Aufwand zu verringern ohne erfinderische Tätigkeit zum Gegenstand des Anspruchs 1 des angefochtenen Patents.

Da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag wie oben ausgeführt, mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig ist, ist das Patent im Umfang des Hauptantrags nicht patentfähig.

2. Zum Hilfsantrag 1 Das Fluchtleitverfahren gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 mag gleichfalls neu sein und ist zweifellos gewerblich anwendbar. Es ist jedoch gegenüber der britischen Schrift GB 2 215 105 A (E5) in Verbindung mit der WO 00 14 693 A1 (E2) nicht erfinderisch.

Der auf ein Verfahren gerichtete Patentanspruch 1 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag durch das am Schluss des Anspruchs 1 (im Kennzeichenteil) angefügte Merkmal, (dass die leuchtstarken LEDs), 10. im Pulsbetrieb Lichtimpulse hoher Intensität abstrahlen.

Dieses Merkmal wird durch die Schrift E5, die die Verwendung von Xenon-Entladungslampen mit kurzen Lichtblitzen hoher Intensität und Leuchtdichte (diez.B. in Elektronenblitzgeräten verwendet werden) lehrt, für den Fachmann nahegelegt, der aufgrund seines elektrotechnischen Grundwissens über Halbleiterbauelemente weiss, dass durch einen (im angegriffenen Patent nicht näher erläuterten Pulsbetrieb) mit einer kurzfristigen Überlastung der LED während der Leuchtdauer und einer entsprechend langen Abkühlzeit der lichtaussendenden Sperrschicht in der LED kurze Lichtimpulse hoher Intensität bei geringem Stromverbrauch erzielbar sind, also genau diese Art von Lichtblitzen, die für das Fluchtleitverfahren nach dem angegriffenen Patent vorteilhaft sind und nach der E5 gefordert werden.

Durch diese über den Anspruch 1 nach Hauptantrag hinausgehende, einfach überschaubare, zeitgemäße, fachübliche Maßnahme der Verwendung neuzeitlicher Bauelemente kann auch in Verbindung mit den aus Anspruch 1 nach Hauptantrag bekannten Maßnahmen kein über eine Aggregation der (vorhersehbaren) Wirkungen hinausgehender Erfolg erzielt werden, so dass auch hier deshalb eine patentbegründende erfinderische Tätigkeit nicht vorliegt.

Da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1, wie oben ausgeführt, mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig ist, ist das Patent im Umfang des Hilfsantrags 1 nicht patentfähig.

3. Zum Hilfsantrag 2 Das Fluchtleitverfahren gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 mag ebenfalls neu sein und ist zweifellos gewerblich anwendbar. Es ist jedoch gegenüber der britischen Schrift GB 2 215 105 A (E 5) in Verbindung mit der WO 00 14 693 A1 (E2) nicht erfinderisch.

Der auf ein Verfahren gerichtete Patentanspruch 1 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag durch die am Schluss des Anspruchs 1 (im Kennzeichenteil) angefügten Merkmale, (dass die leuchtstarken LEDs), 10.

die im Pulsbetrieb Lichtimpulse hoher Intensität abstrahlen, 11.

dass an die Zentrale zusätzlich die Leuchtmittel beleuchteter Fluchtwegkennzeichnungen angeschlossen werden, 12.

dass die Zentrale die auf dem/den Fluchtweg(en) liegenden Fluchtwegkennzeichnungen in einen Blinkmodus versetzt und 13.

dass die Zentrale die Leuchtmittel derjenigen Fluchtweg kennzeichnungen, die in einem jeweiligen Gefahrenfall ungeeignete oder gefährliche Fluchtwege bezeichnen, ab schaltet.

Das Merkmal 10 ergibt sich, wie zum Hilfsantrag 1 ausgeführt, für den Fachmann bereits aus der Schrift E5 in Verbindung mit seinem Fachwissen. Die Merkmale 11, 12 und 13 ergeben sich in sinnvoller Weise durch Einbeziehung der aus der Schrift E 2 bekannten in "den Zugängen oder Seitengängen zum Stiegenhaus oder zum Hauptgang montierten Anzeigen"..... "durch die diese Zugänge und Seitengänge als unbenutzbar markiert werden können" (E2, S. 4, Abs. 5). Dass die Verbindung zwischen Fluchtwegmeldern und Anzeigemitteln auch über die Zentrale verlaufen können, wird im Abs. 6 dieser Seite gelehrt, wobei ergänzend im letzten Absatz dieser Seite ausgeführt wird, dass "durch den genannten Rechner (in der Zentrale) im Alarmfall eine Berechnung der günstigsten Fluchtwege und eine entsprechende Schaltung der Anzeigemittel erfolgt". Unter "Anzeigemittel" werden in der Schrift E2 von einfachen Anzeigemitteln wie die üblichen Pfeile bis zu aufwendigen Anzeigetableaus (S. 3, le. Abs.) offenbar alle gebräuchlichen und damit auch die in den Merkmalen 11 bis 13 des angegriffenen Patents genannten Fluchtwegekennzeichnungen verstanden. Dass die "richtigen", also die zum Ausgang weisenden Fluchtwegekennzeichnungen von einem Dauerlicht in den blinkenden Zustand versetzt werden, ist naheliegend, um eine besondere Aufmerksamkeit der Kennzeichnungen im Alarmfall zu erreichen, ebenso wie das "Dunkelschalten" ungeeigneter Wege, da bei schlechten Sichtverhältnissen z. B. im Brandfall Menschen immer (unbewusst) zum Licht hin flüchten und es im Gefahrenfall verhängnisvoll sein könnte, sich in einen mit Fluchtwegkennzeichen beleuchteten Gang zu flüchten, nur um dann in kurzer Entfernung beim Lesen der Anzeige feststellen zu müssen, dass der Durchgang als Fluchtweg ungeeignet oder gefährlich und deshalb gesperrt ist. Außerdem wird durch das Blinken und Dunkelschalten der Fluchtwegekennzeichnungen anstatt einer ruhigen Dauerbeleuchtung eine Redundanz der weiteren optischen oder akustischen Alarmsignale erreicht (z. B. für Hörbehinderte oder bei teilweisem Anzeigesystemausfall). Die Merkmale 10 bis 13 beruhen somit lediglich auf dem Fachmann bekannten ergonomischen Kenntnissen und Verhaltensweisen.

Durch diese zusätzlich beanspruchten einfach überschaubaren fachnotorischen handwerklichen Maßnahmen kann deshalb auch in Verbindung mit den aus Anspruch 1 nach Hauptantrag bekannten Maßnahmen kein über eine Aggregation der (vorhersehbaren) Wirkungen hinausgehender Erfolg erzielt werden, so dass auch hier eine patentbegründende erfinderische Tätigkeit nicht vorliegt.

Da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2, wie oben ausgeführt, mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig ist, ist das Patent im Umfang des Hilfsantrags 2 ebenfalls nicht patentfähig.

4. Dass in den nebenbzw. untergeordneten Patentansprüchen noch Merkmale von patentbegründender Bedeutung enthalten wären, hat die Patentinhaberin nicht geltend gemacht und ist für den Senat auch nicht ersichtlich.

Nach alledem war das angefochtene Patent zu widerrufen.

Dr. Ipfelkofer Bayer Schlenk Dr. Krüger Me






BPatG:
Beschluss v. 27.01.2011
Az: 12 W (pat) 304/09


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