Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Oktober 2003
Aktenzeichen: 17 W (pat) 301/02

(BPatG: Beschluss v. 09.10.2003, Az.: 17 W (pat) 301/02)

Tenor

Das Patent Nr. 197 09 988 wird in vollem Umfang aufrechterhalten.

Gründe

I.

Auf die am 11. März 1997beim Deutschen Patentamt eingegangene Patentanmeldung 197 09 988.2 - 51 wurde am 27. Juli 2001 unter der Bezeichnung

"Lackiereinrichtung mit mehreren kreisförmig geführten Farbleitungen"

durch Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse B05B das Patent ("Streitpatent") erteilt. Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 24. Januar 2002.

Gegen das Patent wurden zwei Einsprüche erhoben.

Die Patentinhaberin verteidigt ihr Patent mit 3 Fassungen des Patentanspruchs 1.

Der Anspruch 1 in der erteilten Fassung und in den Fassungen nach Hilfsantrag 1 und 2 lautet wie folgt:

Hauptantrag:

Einrichtung zum Lackieren von Gegenständen mit verschiedenen Farben, die in kreisförmig geführten Farbleitungen (2), die je einer Farbe zugeordnet sind, zur Verfügung stehen, mit einer Spritzpistole (10), einer Farbzuführleitung (8), die eine Lackiermittelverbindung zwischen der kreisförmig geführten Farbleitung (2) und der Spritzpistole (10) herstellt, wobei ein Verdrängerkörper (40) zum Reinigen der Farbzuführleitung (8) in Lackierflussrichtung der Farbzuführleitung bewegbar ist und im Bereich des spritzpistolenseitigen Endes der Farbzuführleitung (8) eine Zuführeinrichtung (20) für ein unter Überdruck stehendes strömbares Medium vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass die in der Farbzuführleitung (8) sich befindende Farbe entgegen der Lackierflussrichtung rückführbar ist und dass zum Unterstützen der Farbrückführung in der Farbzuführleitung (8) der flexible, nachgiebig verformbare Verdrängerkörper (40) von dem über die Zuführeinrichtung (20) einströmbaren Medium in der Farbzuführleitung (8) entgegen der Lackierflussrichtung in Rückführrichtung bewegbar und beim anschließenden Spülen der Farbzuführleitung (8) wieder in Richtung zur Spritzpistole (10) zurückbewegbar und in einer Formausnehmung (64) aufnehmbar ist, die in der Farbzuführleitung (8) im Bereich des totraumfreien Anschlusses des Ventils (21) der Zuführung des unter Überdruck stehenden, strömenden Mediums der Zuführeinrichtung (20) angeordnet ist.

Hilfsantrag 1:

Einrichtung zum Lackieren von Gegenständen mit verschiedenen Farben, die in kreisförmig geführten Farbleitungen (2), die je einer Farbe zugeordnet sind, zur Verfügung stehen, mit einer Spritzpistole (10), einer Farbzuführleitung (8), die eine Lackiermittelverbindung zwischen der kreisförmig geführten Farbleitung (2) und der Spritzpistole (10) herstellt, wobei ein Verdrängerkörper (40) zum Reinigen der Farbzuführleitung (8) in Lackierflussrichtung der Farbzuführleitung bewegbar ist und im Bereich des spritzpistolenseitigen Endes der Farbzuführleitung (8) eine Zuführeinrichtung (20) zum Zuführen eines unter Überdruck stehenden strömbaren Mediums in die Farbzuführleitung (8) vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass die in der Farbzuführleitung (8) sich befindende Farbe entgegen der Lackierflussrichtung rückführbar ist und dass zum Unterstützen der Farbrückführung in der Farbzuführleitung (8) der flexible, nachgiebig verformbare Verdrängerköper (40) von dem über die Zuführeinrichtung (20) einströmbaren Medium in der Farbzuführleitung (8) entgegen der Lackierflussrichtung in Rückführrichtung bewegbar und beim anschließenden Spülen der Farbzuführleitung (8) wieder in Richtung zur Spritzpistole (10) zurückbewegbar und in einer Formausnehmung (64) aufnehmbar ist, die in der Farbzuführleitung (8) im Bereich des totraumfreien Anschlusses des Ventils (21) der Zuführung des unter Überdruck stehenden, strömenden Mediums der Zuführeinrichtung (20) angeordnet ist.

Hilfsantrag 2:

Einrichtung zum Lackieren von Gegenständen mit verschiedenen Farben, die in kreisförmig geführten Farbleitungen (2), die je einer Farbe zugeordnet sind, zur Verfügung stehen, mit einer Spritzpistole (10), einer Farbzuführleitung (8), die eine Lackiermittelverbindung zwischen der kreisförmig geführten Farbleitung (2) und der Spritzpistole (10) herstellt, wobei ein Verdrängerkörper (40) zum Reinigen der Farbzuführleitung (8) in Lackierflussrichtung der Farbzuführleitung bewegbar ist und im Bereich des spritzpistolenseitigen Endes der Farbzuführleitung (8) eine Zuführeinrichtung (20) zum Zuführen eines unter Überdruck stehenden strömbaren Mediums in die Farbzuführleitung (8) vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass die in der Farbzuführleitung (8) sich befindende Farbe entgegen der Lackierflussrichtung rückführbar ist und dass zum Unterstützen der Farbrückführung in der Farbzuführleitung (8) der flexible, nachgiebig verformbare Verdrängerkörper (40) von dem über die Zuführeinrichtung (20) einströmbaren Medium in der Farbzuführleitung (8) entgegen der Lackierflussrichtung in Rückführrichtung bewegbar und derselbe Verdrängerkörper (40) beim anschließenden Spülen der Farbzuführleitung (8) wieder in Richtung zur Spritzpistole (10) zurückbewegbar und in einer Formausnehmung (64) aufnehmbar ist, die in der Farbzuführleitung (8) im Bereich des totraumfreien Anschlusses des Ventils (21) der Zuführung des unter Überdruck stehenden, strömenden Mediums der Zuführeinrichtung (20) angeordnet ist.

Wegen der jeweiligen weiteren Unterlagen wird auf die Akte Bezug genommen.

Die Einsprechenden stützen ihr Vorbringen auf die Druckschriften 1) DE 42 23 054 A1 2) DE 89 11 560 U1 3) US 5 221 047 4) JP-Abstr. 07 - 171 451 A 5) EP 0 276 751 A1 6) DE 92 08 251 U1 7) H.-D. Kludas: "Möglichkeiten und Grenzen der Molchtechnik", Chemie-Technik, 5/95 8) DE 40 35 435 C1.

Sie sehen den Gegenstand des Streitpatents insbesondere hinsichtlich der Druckschriften 3 und 7 als nicht patentfähig an und stellen den Antrag, das Streitpatent in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Streitpatent unbeschränkt aufrechtzuerhalten, hilfsweise mit dem mit "Hilfsantrag 1" bezeichneten Patentanspruch 1, weiter hilfsweise mit dem mit "Hilfsantrag 2" bezeichneten Patentan-

spruch 1, beide Fassungen überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 9. Oktober 2003.

Nach ihrer Ansicht ist der Gegenstand des Streitpatents neu, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend und somit bestandsfähig.

II.

Die Einsprüche sind zulässig, da sie frist- und formgerecht eingelegt wurden und außerdem die nach § 59 Abs 1 Satz 4 PatG geforderten Tatsachenangaben enthalten. In der Sache haben sie keinen Erfolg.

A) Hauptantrag:

1. Das Streitpatent betrifft eine Einrichtung zum Lackieren von Gegenständen mit verschiedenen Farben. Wie in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents dargelegt, besteht beim Betreiben von Lackiereinrichtungen das Problem, dass einerseits verschiedene Farben zum Einsatz kommen, so dass entweder voneinander getrennte Systeme benutzt werden müssen - was jedoch als aufwendig und daher als in der Praxis ungebräuchlich charakterisiert wird - oder dass die Komponenten der Lackiereinrichtung bei einem Farbwechsel gereinigt werden müssen. In diesem Zusammenhang wird in der Beschreibungsleitung auf Reinigungstechniken mit Farbrückführung - dh. ohne Farbverlust - hingewiesen (DE 44 23 643 A1; US 5 221 047; JP-Abstr. 07 - 171 451).

Demgemäß wird die Zielsetzung des Streitpatents in einer noch effektiveren Gestaltung der Farbrückführung gesehen.

Zur Erreichung dieses Ziels dient eine Einrichtung zum Lackieren von Gegenständen mit Farben nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag. Die Merkmale dieses Anspruchs lassen sich wie folgt gliedern:

1.1) Einrichtung zum Lackieren von Gegenständen mit verschiedenen Farben, 1.2) die in kreisförmig geführten Farbleitungen (2), die je einer Farbe zugeord-

net sind, zur Verfügung stehen, 1.3) mit einer Spritzpistole (10), 1.4) einer Farbzuführleitung (8), die eine Lackiermittelverbindung zwischender kreisförmig geführten Farbleitung (2) und der Spritzpistole (10) her-

stellt, 1.5) wobei ein Verdrängerkörper (40) zum Reinigen der Farbzuführleitung (8)

in Lackierflußrichtung der Farbzuführleitung bewegbar ist und 1.6) im Bereich des spritzpistolenseitigen Endes der Farzuführleitung (8) eine Zuführeinrichtung (20) für ein unter Überdruck stehendes strömbares Me-

dium vorgesehen ist, dadurch gekennzeichent, 1.7) daß die in der Farbzuführleitung (8) sich befindende Farbe entgegen der Lackierflußrichtung rückführbar ist und 1.8) daß zum Unterstützen der Farbrückführung in der Farbzuführleitung (8)

der flexible, nachgiebig verformbare Verdrängerkörper (40) von dem überdie Zuführeinrichtung (20) einströmbaren Medium in der Farbzuführleitung

(8) entgegen der Lackierflußrichtung in Rückführungsrichtung bewegbarund 1.9) beim anschließenden Spülen der Farbzuführleitung (8) wieder in Richtungzur Spritzpistole (10) zurückbewegbar und 1.10) in einer Formausnehmung (64) aufnehmbar ist, 1.11) die in der Farbzuführleitung (8) im Bereich des totraumfreien Anschlussesdes Ventils (21) der Zuführung des unter Überdruck stehenden, strömenden Mediums der Zuführeinrichtung (20) zugeordnet ist.

Diesen Anspruchsmerkmalen entnimmt der zuständige Fachmann - ein FH-Konstrukteur mit mehrjähriger einschlägiger Berufserfahrung - eine Einrichtung zum Lackieren von Gegenständen mit verschiedenen Farben, die über kreisförmig geführte Farbleitungen 2, die je einer Farbe zugeordnet sind, versorgt wird. Es wird eine Verbindung zwischen der Farbleitung 2 mit der aktuell benötigten Farbe und der Spritzpistole 10 (unter Zwischenschaltung eines Farbwechslers 6) mittels der Farbzuführleitung 8 hergestellt (Merkmale 1.1 bis 1,4). In der Farbzuführleitung 8 befindet sich ein für die Leitungsreinigung/Farbrückführung vorgesehener Verdrängerkörper 40, der für die Ausübung dieser Funktionen sowohl in Lackierflussrichtung als auch entgegen dieser Richtung bewegbar ist und der somit in beiden Bewegungsrichtungen in der Farbzuführleitung 8 verbleibt (Merkmale 1.5 und 1.9). Der Verdrängerkörper 40 befindet sich während eines laufenden Lackiervorganges in einer Formausnehmung 64 (Merkmal 1.10). In diese Position gelangt er durch den vor dem aktuellen Lackiervorgang durchgeführten Spülvorgang der Farbzuführleitung 8 (Merkmal 1.9). Hierfür ist selbstverständlich eine entsprechende Vorrichtung zur Spülmittelzufuhr an die Farbzuführleitung 8 Voraussetzung.

Die Formausnehmung 64 ist in der Farbzuleitung 8 im Bereich des totraumfreien Anschlusses eines Ventils 21 eingearbeitet. Für den mit dem Verdrängerkörper 40 entgegen der Lackierflußrichtung durchzuführenden Farbrückführungsvorgang wird das Ventil 21 (und damit der in der Formausnehmung 64 befindliche Verdrängungskörper 40) mit einem unter Überdruck stehenden, strömbares Medium beaufschlagt (Merkmale 1.7, 1.8 und 1.11). Hierzu dient eine im Bereich des spritzpistolenseitigen Ende der Farbzuführleitung 8 vorgesehene Zuführeinrichtung 20 (Merkmal 1.6).

Entgegen der Ansicht der Einsprechenden tragen zur technischen Lehre neben den "strukturellen", d.h. die beanspruchte Einrichtung charakterisierenden körperlichen Merkmalen auch die von den Einsprechenden als nur "verfahrensmäßig" und somit als nicht geeignet zur Beschreibung einer Einrichtung bezeichneten Merkmale 1.7, 1.8 bei. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß Zweck-, Wirkungs- und Funktionsangaben zur mittelbaren Umschreibung der körperlichen Ausgestaltung von Sachen geeignet sind (Schulte, PatG, 6. Aufl. § 1 Rdn. 133, 135). So liegt der Fall auch bezüglich der genannten Merkmale. Die Merkmale 1.7 und 1.8 zeigen auf, daß bei der beanspruchten Einrichtung die Farbzuführleitung 8 so ausgestaltet ist, daß sie einschließlich ihrer Anfangs- und Endbereiche für die Bewegung des Verdrängerkörpers in beiden Richtungen geeignet ist. Mit diesen Angaben ist somit ausgeschlossen, daß am Ende der Leitung eine Entnahme des Verdrängerkörpers und ein Transport dieses Körpers vom Farbzuführleitungsende zum -anfang außerhalb dieser Leitung gegeben ist.

2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu, denn keine der von den Einsprechenden genannten Druckschriften beschreibt eine Einrichtung zum Lackieren von Gegenständen mit verschiedenen Farben mit allen Anspruchsmerkmalen.

Das Streitpatent geht nach den Angaben in der Beschreibungseinleitung (Sp.1, Z.47-49) von D3 (US 5 221 047) aus. Diese Druckschrift zeigt eine Einrichtung zum Lackieren von Gegenständen mit verschiedenen Farben, bei der einem Farbwechsler 126, 126' diverse Farben zugeführt werden und die jeweils erforderliche Farbe mittels Farbwechselventilen 112, 112' ausgewählt und über die Farbzuführleitung 208, 135, 138' zur Sprühpistole 140, 140' transportiert wird (Fig.3, Fig.4; Sp.6, Z.55 ff.). Zum Farbentransport und zum Reinigen der Farbzuführleitung 208, 138, 138' unter Einsatz von Spülmittel dienen Molche, die mit Hilfe der Molcheinheit 200 in diese Leitung eingebracht und dann in Richtung Sprühpistole befördert werden. Unabhängig von der Funktion des jeweils beförderten Molches (termination slug oder trailing slug; separation slug; leading slug, vergl. Sp.5, Z.60 bis Sp. 6, Z.24; Sp.8, Z. 44ff) wird dieser durch eine zur Sprühpistole 140, 140' benachbarte Molchausleitung 210 aus der Farbzuführleitung 208, 138, 138' entfernt, über die Rückführleitung 216 durch Zufuhr von Druckluft über das Ventil 212 (vergl. Sp. 9, Z.21-23) wieder der Molcheinheit 200 zugeführt und dort in der Leitung 207 (vergl. Sp.7, Z.28, 29 mit Fig.6A) für den erneuten Einsatz gespeichert.

Somit ist bei der Lackiervorrichtung gemäß D 3 die Farbzuführleitung 208, 138, 138' anfangs- bzw. endseitig mit der Molcheinheit 200 bzw. Molchausleitung 210 verbunden, wobei diese beiden Einheiten ihrerseits über die Molchrückführleitung 216 in Verbindung stehen.

Vergleichbare Komponenten sind beim Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents nicht vorhanden, da bei diesem die Farbzuführleitung selbst für die Rückführung des Verdrängungskörpers (= Molchs) 40 von der Spritzpistole 10 zum Leitungsanfang dient. Ein weiterer Unterschied ist durch die Formausnehmung 64 in der Farbzuführleitung 8 im Bereich des totraumfreien Anschlusses 21 gegeben. Der Begriff "Formausnehmung" wird vom Fachmann nach Sp.4, Z.65 ff. und Fig 2 der Streitpatentschrift als eine der Form des Verdrängungskörpers angepasste Aufnahme mit einer "Ruheposition" für diesen Körper interpretiert. Eine vergleichbare Aufnahme ist beim Gegenstand von D3 nicht vorhanden, denn die Molchausleitung 200 weist zwei Positionen für den Molch auf, nämlich jene mit dem Bezugszeichen 214 iVm der Molchrückführleitung 216 und jene mit dem Bezugszeichen 215 iVm der Farbzuführleitung 208, 138, 138'.

Die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 ist auch bezüglich des weiteren im Verfahren befindlichen Standes der Technik gegeben.

D1 (DE 42 23 054 A1) beschreibt ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Reinigen von Pulverleitungen, insbesondere von Pulverschläuchen und Injektoren von Pulverbeschichtungsanlagen, durch Einsatz eines Reinigungskörpers, der mit Druckluft durch die zu reinigende Pulverleitung getrieben wird. Wie in Fig. 2 dargestellt, befinden sich vor der zur Sprühpistole 76 führenden Pulverleitung 66 ein Injektor 68 und diesem vorgeschaltet ein Adapter 2/2, von dem aus Reinigungskörper 40 mit Druckluft zunächst über eine Leitung 6 zum Injektor 68 und von dort weiter über die Pulverleitung 66 - unter Ausführung des eigentlichen Reinigungsvorganges - zur Sprühpistole geführt werden. Hinweise auf eine zusätzliche Nutzung der Reinigungskörper zur Materialrückführung und eine hiermit in Verbindung stehende Aufnahme für diese Körper im Bereich des Endes der Pulverleitung 66 bzw. der Sprühpistole 76 lassen sich D1 nicht entnehmen.

Gegenstand von D2 (DE 89 11 560 U1) ist eine Spritzpistole mit berührungsloser Überwachung (beispielsweise magnetisch) der Bewegung der Düsennadel, die die Pistolenmündung öffnet oder schließt.

In D4 (JP-Abstr. 07 - 171 451 A) wird eine Einrichtung zum Lackieren von Gegenständen mit verschiedenen Farben beschrieben, bei der ein Farbwechsler 2 über eine Farbzuführleitung 3 mit einem Farbbeschichtungsgerät 1 verbunden ist. Die verteidigte Lehre wird lediglich insoweit berührt, als - vergleichbar mit den Merkmalen 1.6, 1.7 - vom Anschluss 7 über das Ventil 8 unter hohem Druck stehende Spülflüssigkeit entgegen der Lackierflussrichtung in die Lackzuführleitung 3 eingeleitet wird.

D5 (EP 0276 751 A1) offenbart eine Vorrichtung zum Abfüllen von fließfähigen Produkten, bei der einzelne Gefäße 28, 29, 30 aus Reservoirs 10, 11, 12 befüllt werden (Fig. 1). Dies geschieht über molchfähige Einspeisearmaturen 16, 17, 18, eine Leitung 19 und Abfüllköpfe 21, 22, 23. Zur Vorrichtung gehören zwei mit jeweils zwei Molchen bestückbaren Molch-Sende/Empfangsstationen 36, 38, die über ein Absperrventil bzw. eine Regelarmatur 37 in Verbindung stehen. Nach dem Schließen eines Abfüllkopfes wird mit Hilfe eines Molches aus der Molchstation 38 die Zuführleitung gereinigt, wobei das Produkt über das geöffnete Absperrventil 37 in das entsprechende Reservoir zurückfließen kann (Sp.6, Z.11 ff; Sp.7, Z.11-41). In Sp.4, Z. 4 ff. wird erläutert, daß bei Anbringung der Abfüllarmatur sehr nahe an der Zuführleitung beim Molchen dieser Leitung nur das unmittelbar in der Armatur vorhandene Medium nicht erfaßt wird. Eine Beziehung zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 und D5 ist somit insoweit gegeben, als in letzterer die Molchtechnik angesprochen ist und diesem Zusammenhang auf die Bedeutung geringer Toträume - vergleichbar mit der entsprechenden Angabe in Merkmal 1.11 - hingewiesen wird.

In D6 (DE 92 08 251 U1) zeigen die Figuren 6 und 7 eine Molchendstation 1 mit daran angeschlossener Molchfang- und Sendestation 41. Die in der Molchendstation bereitgehaltenen Molche 39, 40 können mit dem Schiebezylinder 26 nach rechts geschoben und über den Kugelhahn 45 und das T-Stück 46 mittels über die Anschlüsse 43, 44 zugeführter Druckluft durch die Produktbeförderungsleitung 11 getrieben werden (S.5, le. Abs. mit S.6, 1. Abs.). Produkt wird über den Teil des T-Stücks 46 zugeführt, in dem sich der Kugelhahn 47 befindet (S.14, le. Abs. und S.15, 1. Abs.). Eine Beziehung zwischen diesem Stand der Technik und dem Gegenstand des Anspruchs 1 (Merkmale 1.6, 1.11) ist lediglich hinsichtlich des Molchantriebs durch ein unter "Überdruck stehendes strömbares Medium", nämlich Druckluft, gegeben.

In D7 (Chemie-Technik 5/95) ist in Abb. 2 in Verbindung mit einer molchbaren Rohrleitung ein Zwei-Molch-System dargestellt. Vor dem vom Behälter A nach Behälter B zu transportierenden Produkt - das auch Farbe sein kann, vergl. S2, li. Sp., le. Abs. - wird ein Molch aus Gründen der Isolation des Produkts gegenüber der Atmosphäre getrieben. Zum Abschluß des Pumpvorgangs wird der zweite Molch mit einem Treibmedium geschoben. Er drückt das Produkt aus der Rohrleitung und reinigt diese in Richtung Abfüllung B. Danach werden beide Molche wieder in ihre Ausgangsposition A zurückgefahren und drücken dabei das Treibmedium aus der Rohrleitung. Bei der beschriebenen Fahrweise kann das Produkt zu jeder Zeit durch den ersten Molch in den Behälter A (z. B. zur Vermeidung einer Überfüllung des Behälters B) zurückgedrückt werden (S.2, mittl. Sp., 4. u. 5. Abs).

Auf S.2, mittl. Sp., 2. Abs. findet sich der Hinweis, daß bei Verwendung eines zwischen zwei Molchen gefahrenen Reinigungsmittels eine hohe Reinigungsleistung erzielt werden kann. Im Abschnitt "Verteiler" (S.2, re.Sp.) wird eine zur Verzweigung einer molchbaren Rohrleitung einsetzbare Dreiwegeweiche als totraumfrei charakterisiert.

Zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 und dem Stand der Technik nach D7 gibt es folglich Berührungspunkte bezüglich der molchgestützten Produktrückführung (Merkmal 1.7), des Spülens der Produktleitung (Merkmal 1.9) und totraumfreier Anschlüsse (Merkmal 1.11).

In D8 (DE 40 35 435 C1) wird eine Übergabestation für fließfähige Produkte, bestehend aus einer Rohrleitung 1 und einer Schlauchleitung 2 sowie einem dazwischen angeordneten Brückenstück 3 mit Absperrventil 19, beschrieben. Bei der Ausführungsform nach Fig. 1 wird vor dem die Schlauchleitung 2 durchfließenden, über das Zapfventil 31 vom Lagertank kommenden Produkt der Molch 22 geführt und nach Passieren der Schlauchleitung 2 in einer Fangstation 21 aufgenommen, wobei das Produkt über ein in dieser Betriebsphase geöffnetes Absperrventil 19 der ebenfalls molchbaren Rohrleitung 1 zugeführt wird. Nach Beendigung des Produkttransportes wird der Molch 22 durch Zuführung von Treibgas (über die Bypassleitung 27) durch die Schlauchleitung - unter gleichzeitiger Rückführung des darin noch befindlichen Produktes - zur Ausgangsposition (Fangstation 28) zurückgedrückt. Der bei diesem Stand der Technik vorhandene Farbrückführungsvorgang ist vergleichbar mit den gemäß den Merkmalen 1.7, 1.8 beim verteidigten Gegenstand getroffenen Maßnahmen.

3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.

In D3, deren in Bezug auf den beanspruchten Gegenstand relevante Offenbarung im Abschnitt "Neuheit" dieses Beschlusses aufgezeigt ist, werden in Sp.6, Z.44 ff. diverse Möglichkeiten für Verbesserungen behandelt, darunter auch solche, im "zirkulierenden System" mehrere Molche einzusetzen mit dem Ziel, deren Verschleißrate zu reduzieren und auf diese Weise zu einer geringeren Austauschrate mit entsprechenden Erleichterungen für die Wartung zu kommen. Folglich erhält der Fachmann aus dieser Druckschrift auch keine Anregung, auf nur noch einen Molch überzugehen und auf die Molchrückführleitung 216 und damit auf das "zirkulierende System" zu verzichten mit der damit verbundenen Notwendigkeit, die Anfangsund Endbereiche der Farbzuführleitung für den Spül- und Farbrückführbetrieb mit nur mehr einem Molch umzugestalten.

Auch die weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften vermögen dem Fachmann keine Anregung zu geben, die in D3 beschriebene Einrichtung zum Lackieren von Gegenständen in eine Variante ohne Molchrückführungsleitung umzugestalten. Bei den in D7 und D8 beschriebenen Einrichtungen wird zwar jeweils ein Molch in der jeweiligen Produktleitung für die Produktrückführung verwendet. Doch erhält der Fachmann aus diesen Druckschriften keinerlei Hinweise dahingehend, diese Art der Produktrückführung bei einer Lackier-Einrichtung mit getrennter Molchrückführungsleitung, wie sie aus D3 bekannt ist, einzusetzen.

Auch durch zusätzliche Betrachtung der Druckschriften D1, D2 und D4 bis D6 wird der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht nahegelegt, da aus diesen Druckschriften an anspruchsbezogenen Aspekten zu nennen sind lediglich die "Totraumfreiheit" (D5, D7) und das molchgestützte Spülen der Farbzuführ- bzw. Produktleitung (D4, D7) - wobei letzteres, wie bereits dargestellt, auch aus D3 bekannt ist.

Auch bei Wahl der aus Druckschrift D4 bekannten Einrichtung zum Lackieren von Gegenständen mit verschiedenen Farben als technischem Ausgangspunkt führt die zusätzliche Betrachtung des weiteren Standes der Technik nicht ohne weiteres zur verteidigten Lehre. In Kenntnis der in Druckschrift D7 angegebenen Vorteile hinsichtlich der Reinigungsleistung bei Einsatz von Molchen (vergl. S.2, mittl. Sp., Abschnitt "Wie wird gemolcht") und der Beachtung der "Totraumfreiheit" mag der Fachmann zwar Überlegungen zur entsprechenden Umgestaltung der Lackier-Einrichtung nach D4 anstellen. Das in D7 in Abb. 2 konkret dargestellte Molch-System ist jedoch auf zwei Molchen (ohne Spülmitteleinsatz) aufgebaut und von daher schon nicht geeignet, das beim Gegenstand des Anspruchs 1 verwendete Ein-Molch-System nahezulegen.

Bei der in D8 beschriebenen Übergabestation für fließfähige Produkte wird zwar in der Schlauchleitung 2 Farbrückführung mit einem Molch durchgeführt. Ein Spülvorgang mit Molchtransport in eine Formausnehmung der Schlauchleitung findet jedoch nicht statt. Somit gibt es auch keinen diesbezüglichen Anschluss an der Schlauchleitung 2.

Demnach wird der Gegenstand des Anspruchs 1 auch durch gemeinsame Betrachtung der Druckschriften 4 und 8 nicht nahegelegt.

Der sonstige im Verfahren befindliche Stand der Technik liegt weiter ab und vermag somit ebenfalls keine zur verteidigten Lehre führenden Anregungen zu geben.

Aus den aufgezeigten Gründen beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 demzufolge auf erfinderischer Tätigkeit.

4. Die von der Einsprechenden I in ihrem Schriftsatz vom 22. April 2002 geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung wurde in der mündlichen Verhandlung nicht aufgegriffen. Sie kann deshalb wegen fehlender Substantiierung die Patentfähigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 nicht in Frage stellen. Dieser Anspruch ist somit zusammen mit den von ihm abhängigen Ansprüchen 2 bis 7 rechtsbeständig.

B. Hilfsanträge 1 und 2 Da dem Hauptantrag der Patentinhaberin stattgegeben wurde, war auf die Hilfsanträge nicht einzugehen.

Grimm Dr. Schmitt Dr. Kraus Schuster Ju






BPatG:
Beschluss v. 09.10.2003
Az: 17 W (pat) 301/02


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