Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 2. Oktober 2009
Aktenzeichen: AnwZ (B) 52/09

(BGH: Beschluss v. 02.10.2009, Az.: AnwZ (B) 52/09)

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des II. Senats des Hessischen Anwaltsgerichtshofs vom 2. März 2009 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist seit 1985 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 14. April 2008 hat die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers wegen Vermögensverfalls widerrufen. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Gegen dessen Beschluss hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Mit Bescheid vom 6. Juli 2009 hat die Antragsgegnerin den sofortigen Vollzug der Widerrufsverfügung angeordnet. Der Antragsteller hat beantragt, die aufschiebende Wirkung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung bzw. der sofortigen Beschwerde wieder herzustellen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO a.F.), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind.

a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen (vgl. BGH, Beschl. v. 21. November 1994 - AnwZ (B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126; Beschl. v. 26. November 2002 - AnwZ (B) 28/01, NJW 2003, 577). Dies wird nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet ist. So verhält es sich hier, denn das Amtsgericht L. hat mit Beschluss vom 1. Februar 2008 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens angeordnet. Der Antragsteller hatte die Vermutung des Vermögensverfalls auch nicht widerlegt, wie die Antragsgegnerin in ihrem Widerrufsbescheid im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat.

b) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die In- teressen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass der Widerrufsverfügung nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern und den darauf möglichen Zugriff seiner Gläubiger.

2. Die Vermögensverhältnisse des Antragstellers haben sich nicht so konsolidiert, dass von einem Widerruf abgesehen werden könnte (vgl. BGHZ 75, 356; 84, 149).

Das Insolvenzverfahren dauert derzeit noch an. Der Insolvenzverwalter hat in seinem Bericht an das Insolvenzgericht vom 8. April 2008 geschätzt, dass das Verfahren wegen der Vielzahl der laufenden gerichtlichen Verfahren nicht vor 2011 abschlussreif sein werde. Der Vermögensverfall entfällt nicht bereits durch die Insolvenzeröffnung und die damit verbundene Verfügungsbeschränkung des Insolvenzschuldners, sondern erst, wenn das Insolvenzverfahren zu einem Abschluss führt, bei dem mit einer Konsolidierung der Vermögensverhältnisse des Antragstellers gerechnet werden kann. Ein solcher Abschluss ist derzeit nicht absehbar.

3. Ein Ausnahmefall, in dem eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall des Rechtsanwalts verneint werden kann (dazu Senat, Beschl. v. 18. Oktober 2004 - AnwZ (B) 43/03, NJW 2005, 511 unter II 2 c; Beschl. v. 5. Dezember 2005 - AnwZ (B) 13/05, NJW-RR 2006, 559 unter II 2; Beschl. v. 5. Dezember 2005 - AnwZ (B) 14/05, AnwBl. 2006, 281 f unter II 3; Beschl. v. 25. Juni 2007 - AnwZ (B) 101/05, NJW 2007, 2924, 2925), ist ebenfalls nicht gegeben. Weder der Anstellungsvertrag vom 14. April 2009 mit der Rechtsanwalts- und Steuerberatungskanzlei K. S. und A. St. noch der Antragsteller erfüllen die Anforderungen, die der Senat an einen Ausschluss der Gefährdung der Rechtsuchenden gestellt hat. Der Antragsteller ist vom Landgericht L. mit rechtskräftigen Urteilen vom 8. Mai 2003 und vom 5. Mai 2006 wegen Vermögensstraftaten im Zusammenhang mit seiner Amtsausübung als Notar jeweils zu Freiheitsstrafen auf Bewährung verurteilt worden. Durch Urteil des Landgerichts L. vom 12. November 2008 wurde er wegen Untreue in 22 Fällen unter Einbeziehung der Strafen aus den vorgenannten Urteilen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Am 17. April 2009 hat das Amtsgericht D. einen Haftbefehl gegen den Antragsteller erlassen. Ihm wird gewerbsmäßiger Bandenbetrug in Tateinheit mit gewerbsmäßiger und bandenmäßiger Urkundenfälschung in 34 Fällen in der Zeit vom 9. Mai 2003 bis zum 24. April 2008 vorgeworfen. Auch gegen den Arbeitgeber K. S. ist an diesem Tag wegen gleichartiger Tatvorwürfe in 37 Fällen ein Haftbefehl ergangen. Die Zulassung des vormaligen Rechtsanwalts S. ist zwischenzeitlich rechtskräftig widerrufen worden.

4. Über die sofortige Beschwerde konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten darauf verzichtet haben. Mit dieser Entscheidung ist der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde erledigt.

Ganter Ernemann Roggenbuck Stüer Quaas Vorinstanz:

AGH Frankfurt, Entscheidung vom 02.03.2009 - 2 AGH 8/08 -






BGH:
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