Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 25. November 2014
Aktenzeichen: 9 U 225/13

(OLG Hamm: Beschluss v. 25.11.2014, Az.: 9 U 225/13)

Tenor

In dem Rechtsstreit

beabsichtigt der Senat, die Berufung der Kläger gegen das am 26.09.2013 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Kläger erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

Nach § 513 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Solches zeigt die Berufungsbegründung nicht auf. Das landgerichtliche Urteil ist vielmehr nach einstimmiger Auffassung des Senats - auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens - zutreffend. Die Sache hat ferner keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts ist auch nicht zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich. Schließlich erscheint auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten. Im Einzelnen: 1.

Der Senat hält die Berufung der Kläger einstimmig für aussichtslos. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Auch aus Sicht des Senats besteht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB selbst bei Zugrundelegung der von den Klägern vorgetragenen Zustellungen der hier in Rede stehenden Gratiszeitschriften nicht, ist insbesondere eine rechtswidrige Persönlichkeitsrechtsverletzung, auf welche die Kläger ihr Unterlassungsbegehren stützen, mit dem Landgericht zu verneinen.Zur Vermeidung von Wiederholungen wird vorab Bezug genommen auf die Ausführungen des Landgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils, denen der Senat sich nach Maßgabe der nachfolgenden ergänzenden Bemerkungen anschließt.Nach klägerischer Darstellung ist es trotz des von den Klägern gegenüber der Beklagten ab Ende 2007 mehrfach schriftlich geäußerten Wunsches, die hier in Rede stehenden 2 x wöchentlich erscheinenden Gratiszeitungen nicht zu erhalten, in einzelnen Fällen (2 x in 2009, 1 x in 2011, 4 x in 2012 und insgesamt 6 x in 2013) doch zu Zustellungen der gekommen. Dadurch wäre zwar das Selbstbestimmungsrecht der Kläger zunächst einmal tangiert. Der Senat vermag darin indes - wie schon das Landgericht - keine rechtswidrige Persönlichkeitsrechtsverletzung zu erkennen. Die Frage der Rechtswidrigkeit eines Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht hängt maßgeblich vom Ergebnis einer vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Interessen ab, wobei dabei Wertungen des UWG, hier insbesondere des § 7 Abs. 2 Ziffer 1 UWG, zu beachten sind (vgl. dazu allgemein nur BGH, NJW 2011, 1005, BGH, GRUR 2013, 1259, Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., § 823, Rdn. 95 ff.).Ein stets die Annahme einer unzumutbaren Belästigung begründender Fall des § 7 Abs. 2 Ziffer 1 UWG ist vorliegend nicht gegeben. Erforderlich wäre insoweit u.a. eine "hartnäckige Ansprache", also ein bewusstes und wiederholtes Hinwegsetzen über den entgegenstehenden Willen des Umworbenen. Daran fehlt es hier. Denn dem erstmals Ende 2007 geäußerten Wunsch der Kläger ist aufgrund der von der Beklagten und dem von dieser bei der Verteilung der Zeitschriften eingeschalteten Unternehmen getroffenen Vorkehrungen weitgehend Rechnung getragen worden und die von den Klägern vorgetragenen Zustellungen wären aus Sicht des Senats mit dem Landgericht als Ausreißer-Fälle anzusehen, in denen - trotz an sich ausreichender Vorkehrungen - der Wille der Kläger lediglich versehentlich nicht beachtet worden ist. Bei dieser Sachlage kann von einer "hartnäckigen Ansprache" i.S. des § 7 Abs. 2 Ziffer 1 UWG keine Rede sein (vgl. dazu allgemein nur Koch in jurisPK-UWG, 3. Aufl., § 7, Rdn. 189; Pahlow in Teplitzky/Pfeifer/Leistner, UWG, 2. Aufl., § 7, Rdn. 131 sowie Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG, 3. Aufl., § 7, Rdn. 189, 208).Die gebotene weitere Abwägung der beiderseitigen Interessen ergibt auch nach Auffassung des Senats, dass vorliegend das Schutzinteresse der Kläger die schutzwürdigen Belange der Beklagten nicht überwiegt und es deshalb an einer rechtswidrigen Persönlichkeitsrechtsverletzung, welche einen Unterlassungsanspruch begründen könnte, fehlt. Dabei sind vor allem folgende, bereits vom Landgericht zutreffend angesprochenen Gesichtspunkte maßgebend.

Die geringe Zahl der Fälle, in denen es seit der ersten klägerischen Abmahnung aus Dezember 2007 nach klägerischer Darstellung doch zu nicht gewünschten Zustellungen der hier in Rede stehenden, 2 x wöchentlich erscheinenden Gratiszeitungen gekommen sein soll, belegt auch aus Sicht des Senats, dass die Beklagte - wie von ihr substantiiert unter Vorlage von Unterlagen dargetan - ausreichend wirkungsvolle Maßnahmen ergriffen hat, um dem geäußerten Willen der Kläger Rechnung zu tragen und nicht gewünschte Zustellungen der hier in Rede stehenden Gratiszeitschriften zu unterbinden. Die nach klägerischer Darstellung über die Jahre (seit Ende 2007) in einzelnen Fällen doch erfolgten Zustellungen sind - wie bereits ausgeführt - als Ausreißer anzusehen, die beim Einsatz von Menschen immer vorkommen und nie ganz ausgeschlossen werden können. Über die bereits ergriffenen Vorkehrungen hinausgehende weitergehende Maßnahmen von der Beklagten zu verlangen, ginge auch aus Sicht des Senats zu weit und wäre unverhältnismäßig sowie wirtschaftlich unzumutbar (vgl. zu diesem Gesichtspunkt und dem Ausschluss von Unterlassungsansprüchen wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder einer Eigentums- oder Besitzstörung in solchen Fällen allgemein nur BGH, GRUR 1989, 225; OLG Köln, WRP 1992, 258). Dies gilt umso mehr, als die Kläger die Möglichkeit hätten, durch einen klaren Hinweis an ihrem Hauseingang versehentlichen unerwünschten Zustellungen - durch Urlaubs-/Krankheitsvertreter oder sonst nachlässige Zusteller - ihrerseits zu begegnen. Das bislang angebrachte Schild "keine Werbung" erfasst nämlich nicht die hier in Rede stehenden Gratiszeitschriften mit redaktionellem Teil (vgl. dazu nur OLG Hamm, NJW 2011, 469, bestätigt durch BGH, WRP 2012, 938). Dementsprechend hat die Beklagte bereits im Jahre 2009 um eine deutlichere Beschilderung gebeten. Eine solche Beschilderung wäre auch zumutbar, könnte insbesondere in ähnlicher Weise gestaltet werden, wie das jetzt vorhandene Schild und bedürfte nicht unbedingt der Nutzung des von der Beklagten zuletzt sogar noch zur Verfügung gestellten farbigen Aufklebers, den die Kläger unter Hinweis auf Charakter des Eingangs des denkmalgeschützten Hauses nicht verwenden wollen.

Insgesamt ist bei dieser Sachlage eine - von den Klägern zur Begründung des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs ausschließlich angeführte - rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung zu verneinen und könnten die Kläger ihr Unterlassungsbegehren auch nicht mit Erfolg auf den Gesichtspunkt einer Eigentums- oder Besitzverletzung stützen. Dementsprechend hat das Landgericht einen Unterlassungsanspruch der Kläger zu Recht verneint.Lediglich ergänzend sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die von den Klägern vorgetragenen Zustellungen zudem bislang keineswegs feststellbar sind. Denn sie sind ausweislich der Schriftsätze der Beklagten entgegen der Darstellung im - insoweit angesichts des ergänzenden Verweises auf die gewechselten Schriftsätze widersprüchlichen und deshalb den Senat nicht bindenden - Urteilstatbestand insgesamt bestritten und von den Klägern, abgesehen von den behaupteten und in das Wissen der Zeugin Dr. T gestellten beiden Zustellungen im Sommer 2013, nicht einmal in tauglicher Weise unter Beweis gestellt worden. 2. Die Berufung ist nach alledem aussichtslos.Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung; ferner erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats. Die maßgebenden Fragen sind solche des Einzelfalles.Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung verspricht sich der Senat angesichts dessen, dass es keiner weiteren Beweisaufnahme bedarf, keine neuen Erkenntnisse. Auch ansonsten erscheint eine mündliche Verhandlung nach einstimmigem Votum des Senats nicht geboten.

Der Senat beabsichtigt deshalb, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, wobei - darauf sei schon jetzt hingewiesen - der Senat den Berufungsstreitwert deutlich unterhalb der weit überhöht erscheinenden erstinstanzlich festgesetzten 10.000,- € festsetzen wird (vgl. zum Streitwert bei Unterlassungsklagen wegen unerwünschter Werbung nur den bei juris veröffentlichten Senatsbeschluss vom 11.04.2013 - I-9 W 23/13, wo 4.000,- € festgesetzt worden sind).

Aufgrund des Hinweisbeschlusses wurde die Berufung zurückgenommen.






OLG Hamm:
Beschluss v. 25.11.2014
Az: 9 U 225/13


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