Oberlandesgericht München:
Urteil vom 15. März 2012
Aktenzeichen: 29 U 3964/11

(OLG München: Urteil v. 15.03.2012, Az.: 29 U 3964/11)

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 04.08.2011 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das vorliegende Urteil und das in Ziffer I. bezeichnete Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

I.

Die Beklagte macht, soweit in der Berufungsinstanz von Interesse, im Wege der Widerklage einen Unterlassungsanspruch gegen die Klägerin im Zusammenhang mit der Verwendung des Zeichens "BMW X3 Games" für eine von der Klägerin durchgeführte Veranstaltung geltend.

Die Klägerin ist eine in München ansässige Automobilherstellerin, zu deren Fahrzeugangebot seit 2003 das Geländewagenmodell "BMW X3" gehört.

Die Beklagte ist ein in den USA ansässiger Fernsehsender, der Sportprogramme ausstrahlt und als "X Games" bezeichnete Extremsportveranstaltungen organisiert. Die "X Games" fanden in Europa das erste Mal im März 2010 in Tignes/Frankreich statt.

Die Beklagte ist Inhaberin der Gemeinschaftswortmarke Nr. € "XGAMES" (Anlage B 9) (Anmeldetag: 07.05.1996; Tag der Eintragung: 14.10.1998), die für die nachstehend genannten Dienstleistungen eingetragen ist:

Nizzaer Klassifikation:41 Verzeichnis der Waren und DienstleistungenErziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten;speziell Organisation und Durchführung einer Reihe von Sportwettkämpfenund Fernsehaufzeichnung dieser Wettkämpfe.Die Klägerin veranstaltete im Zusammenhang mit der Markteinführung der neuen Version des Geländewagenmodells "BMW X3" eine mit "BMW X3 Games" überschriebene Veranstaltung, die vom 27.04.2011 bis 01.05.2011 im Großraum Genf stattfand und einen Teamwettkampf in verschiedenen Disziplinen (Skifahren, Segeln, Mountainbiken, Laufen, Golfen und BMW X3 Parcours) umfasste (vgl. den Internetauftritt der Klägerin Anlage K 1 sowie den Wettbewerbskatalog Anlage K 27).

Mit Schriftsatz vom 22.11.2010 (Anlage B 19) beantragte die hiesige Beklagte beim Landgericht Hamburg gegen die hiesige Klägerin den Erlass folgender einstweiliger Verfügung:

Der Antragsgegnerin [= hiesige Klägerin] wird bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel aufgegeben,

es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, den Begriff "BMW X3 Games" für die Kennzeichnung von Sportveranstaltungen und damit verbundene Waren und Dienstleistungen zu verwenden und/oder verwenden zu lassen.

Im Termin vom 07.12.2010 vor dem Landgericht Hamburg (Aktenzeichen 416 O 172/10) hat die hiesige Beklagte den genannten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgenommen (vgl. Protokoll dieses Termins, S. 2 [Anlage K 10]).

Die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren zunächst negative Feststellungsklage mit folgendem Antrag erhoben:

Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien kein Rechtsverhältnis besteht, vermittels dessen die Beklagte der Klägerin verbieten könnte, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung "BMW X3 Games" für Sportveranstaltungen und damit verbundene Waren und Dienstleistungen zu benutzen und/oder benutzen zu lassen.

Im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 04.08.2011 haben die Parteien € nachdem die Beklagte eine Unterlassungswiderklage gegen die Klägerin erhoben hatte € die genannte Feststellungsklage übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Beklagte hat in erster Instanz zuletzt beantragt:

Die Klägerin wird verurteilt, es bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, den Begriff "BMW X3 Games" für die Kennzeichnung von Sportveranstaltungen und damit verbundene Waren und Dienstleistungen zu verwenden und/oder verwenden zu lassen.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Das Landgericht hat die Widerklage mit Urteil vom 04.08.2011 abgewiesen.

Auf dieses Urteil wird einschließlich der darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten.

Die Beklagte beantragt in der Berufungsinstanz:

I. Das Urteil des LG München I, Az.: 4 HK O 2699/11, wird aufgehoben.

II. Die Klägerin wird verurteilt, es bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, den Begriff

BMW X3 Games

für die Kennzeichnung von Sportveranstaltungen und damit verbundene Waren und Dienstleistungen zu verwenden und/oder verwenden zu lassen.

Die Klägerin beantragt in der Berufungsinstanz,

die Berufung zurückzuweisen.

Ergänzend wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll des Termins der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2012 Bezug genommen.

II.

A. Die Berufung der Beklagten ist auch insoweit zulässig, als sie sich gegen den auf § 91a Abs. 1 ZPO beruhenden Teil der Kostenentscheidung erstreckt (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 91a, Rn. 27).

B. Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

1. Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte gegen die Abweisung der Unterlassungswiderklage.

a) Die Beklagte hat im Termin der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2012 klargestellt, dass sie den mit der Widerklage geltend gemachten Unterlassungsanspruch in erster Linie auf die Gemeinschaftswortmarke Nr. € "XGAMES" (Anlage B 9), hilfsweise auf § 8 i.V.m. § 3, § 4 Nr. 9 UWG und weiter hilfsweise auf § 8 i.V.m. § 3, § 5 Abs. 2 UWG stützt.

b) Der Beklagten steht der mit dem Berufungsantrag Ziffer II. geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht nach Art 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b) GMV aufgrund der Gemeinschaftsmarke Nr. € "XGAMES" (Anlage B 9) zu.

aa) Eine Aussetzung des vorliegenden Verfahrens bis zur endgültigen Entscheidung des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) über die von der hiesigen Klägerin dort in Bezug auf diese Marke gestellten Löschungsanträge (vgl. Anlage B 9, S. 3) ist im Streitfall nicht veranlasst, da der Unterlassungsanspruch auch dann nicht gegeben ist, wenn von der Rechtsgültigkeit der genannten Gemeinschaftsmarke ausgegangen wird.

bb) Zugunsten der Beklagten kann von einer markenmäßigen Verwendung des Zeichens "BMW X3 Games" für die von der Klägerin so überschriebene Veranstaltung (Teamwettkampf in verschiedenen Disziplinen) im Zusammenhang mit der Markteinführung der neuen Version des Geländewagenmodells "BMW X3" ausgegangen werden, zumal die Klägerin jedenfalls eine titelmäßige Verwendung des Zeichens "BMW X3 Games" konzediert (vgl. Berufungserwiderung vom 10.02.2012, S. 3 f.) und sich im Übrigen die Option vorbehält, die entsprechende Veranstaltung bei einer Produktüberarbeitung wieder durchzuführen (vgl. Berufungserwiderung vom 10.02.2012, S. 5).

cc) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b) GMV zwischen der Gemeinschaftswortmarke der Beklagten Nr. € "XGAMES" (Anlage B 9) und der klägerischen Verwendungsform "BMW X3 Games" verneint.

(1) Das Bestehen von Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b) GMV ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des konkreten Falles umfassend zu beurteilen (BGH GRUR 2011, 148, Rn. 13 € Goldhase II m.w.N.). Dabei sind insbesondere der Grad der Bekanntheit der Marke im Markt, die gedankliche Verbindung, die das beanstandete Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem beanstandeten Zeichen und zwischen den damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen von Bedeutung (vgl. BGH GRUR 2011, 148, Rn. 13 € Goldhase II; EuGH, GRUR 2006, 237 Rn. 18 -PICASSO/PICARO).

Bei der Prüfung der Ähnlichkeit der Zeichen ist auf deren Gesamteindruck abzustellen; bei zusammengesetzten Zeichen sind dabei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen (vgl. BGH GRUR 2011, 148, Rn. 13 € Goldhase II; EuGH GRUR 2010, 933, Rn. 33 -Barbara Becker/Harman International Industries). Die Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Zeichens für den durch das Zeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. BGH GRUR 2009, 1055, Rn. 23 € airdsl; EuGH GRUR 2005, 1042, Rn. 28 f. -THOMSON LIFE). Weiter ist nicht ausgeschlossen, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt (vgl. BGH GRUR 2009, 672, Rn. 33 € OSTSEE-POST, EuGH GRUR 2005, 1042, Rn. 30 € THOMSON LIFE). Bei der Identität oder Ähnlichkeit eines derartigen selbständig kennzeichnenden Bestandteils mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang kann das Vorliegen von Verwechslungsgefahr i.S. von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b) GMV zu bejahen sein, wenn wegen der Übereinstimmung oder Ähnlichkeit dieses Bestandteils mit der älteren Marke bei den angesprochenen Verkehrs-kreisen der Eindruck hervorgerufen wird, dass die so gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. BGH GRUR 2010, 646, Rn. 15 € OFFROAD m.w.N.).

(2) Nach diesen Grundsätzen besteht im Streitfall zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen "XGAMES" einerseits und "BMW X3 GAMES" andererseits Zeichenähnlichkeit nur im geringgradigen Ähnlichkeitsbereich. Allerdings ist der Bestandteil "BMW", wie die angesprochenen Verkehrskreise erkennen, als Kurzwort (Akronym) vom Unternehmenskennzeichen der Klägerin (Bayerische Motoren Werke) abgeleitet, weshalb im Ausgangspunkt € entsprechend der Argumentation der Beklagten (Berufungsbegründung vom 29.11.2011, Rn. 37 ff.) -davon ausgegangen werden kann, dass der Zeichenbestandteil "X3 Games" eine selbständig kennzeichnende Stellung in dem angegriffenen klägerischen Zeichen "BMW X3 GAMES" behält (vgl. BGH, Beschluss vom 07.07.2011 € I ZR 92/10, Rn. 7, juris € bitolon livetex/Lifetec). Indes unterscheidet sich der Bestandteil "X3 Games" signifikant von der Gemeinschaftswortmarke der Beklagten Nr. 000252130 "XGAMES" (Anlage B 9) aufgrund der nach dem Buchstaben "X" eingefügten Ziffer "3" sowohl nach dem klanglichen als auch nach dem bildlichen Eindruck. Hinzu kommt, dass dem im Anschluss an "BMW" platzierten Bestandteil "X3" im Kontext des klägerischen Zeichens "BMW X3 Games" ein ohne Weiteres erkennbarer Sinngehalt zukommt (vgl. BGH GRUR 2010, 235, Rn. 18 € AIDA/AIDU), nämlich die Modellbezeichnung eines BMW-Geländewagenmodells, das bereits seit 2003 zum Fahrzeugangebot der Klägerin gehört. Wegen dieses Zusammenhangs zwischen den Zeichenbestandteilen "BMW" und "X3" liegt es fern, dass der Verkehr das angegriffene klägerische Zeichen aufgrund des Bestandteils "X3 Games" mit der genannten Gemeinschaftswortmarke der Beklagten gedanklich in Verbindung bringt. Der Streitfall ist insoweit signifikant anders gelagert als der Fall, der der von der Beklagten herangezogenen Entscheidung der 4. Beschwerdekammer des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt vom 18.08.2008 -R 58/2007-4 (Anlage B 20) zugrunde liegt. Dort ging es u.a. um eine Wortmarke "X GAMES", die in eine Wortmarke "FX GAMES" unverändert aufgenommen wurde, und damit um eine signifikant anders gelagerte Zeichenkonstellation. Im Übrigen kann hier dahinstehen, ob der genannten Entscheidung vom 18.08.2008 im Ergebnis und in der Begründung zuzustimmen wäre.

Angesichts der nur geringgradigen Zeichenähnlichkeit zwischen der Gemeinschaftsmarke der Beklagten Nr. 000252130 "XGAMES" (Anlage B 9) und dem klägerischen Zeichen "BMW X3 Games" und angesichts des Fernliegens einer gedanklichen Verbindung zwischen der genannten Marke und dem klägerischen Zeichen "BMW X3 Games" ist eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b) GMV im Streitfall nicht gegeben, selbst wenn zugunsten der Beklagten davon ausgegangen wird, dass die genannte Gemeinschaftsmarke eine aufgrund Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft besitzt und dass die gekennzeichneten Dienstleistungen identisch bzw. hochgradig ähnlich sind.

dd) Bei dieser Sach-und Rechtslage kann dahinstehen, ob der von der Klägerin bezüglich der Gemeinschaftswortmarke Nr. € "XGAMES" (Anlage B 9) geltend gemachte Einwand des Verfalls (vgl. Art. 99 Abs. 3 GMV) durchgreift. Des Weiteren kann offenbleiben, ob die Klägerin sich auf die Schutzschranke des Art. 12 Buchst. b) GMV berufen kann.

c) Der mit dem Berufungsantrag Ziffer II. geltend gemachte Unterlassungsanspruch kann auch nicht mit Erfolg auf § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 3, § 4 Nr. 9 Buchst. a) bzw. b) UWG gestützt werden.

aa) Die Beklagte beruft sich insoweit nicht auf ihr Kennzeichenrecht, sondern auf eine Nachahmung der Veranstaltung "X Games" durch die "BMW X 3 Games" (vgl. Berufungsbegründung vom 29.11.2011, Rn. 80). Die Beklagte begehrt insoweit Schutz für ihr konkretes Leistungsergebnis (vgl. Berufungsbegründung vom 29.11.2011, Rn. 80). Hiermit hat die Beklagte keinen Erfolg.

bb) Zugunsten der Beklagten kann im Streitfall allerdings angenommen werden, dass diese als Veranstalterin der als "X Games" bezeichneten Extremsportveranstaltungen für Ansprüche nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 4 Nr. 9 Buchst. a), Buchst. b) UWG, Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1 PVÜ wegen etwaiger Nachahmung dieser Veranstaltungen aktivlegitimiert ist und dass diese Veranstaltungen eine gewisse Bekanntheit im Inland (vgl. BGH GRUR 2009, 81, Rn. 35 € Gebäckpresse) erlangt haben.

cc) Die von der Beklagten geltend gemachten Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz sind im Streitfall nicht durch die Vorschriften des Markenrechts ausgeschlossen. Im Anwendungsbereich markenrechtlicher Bestimmungen ist allerdings für einen lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutz nach § 4 Nr. 9 UWG grundsätzlich kein Raum (vgl. BGH GRUR 2009, 1162, Rn. 40 € DAX m.w.N.). Da sich die Beklagte insoweit indes nicht auf ihr Kennzeichenrecht, sondern auf eine Nachahmung der als "X Games" bezeichneten Veranstaltungen durch die "BMW X 3 Games" beruft (vgl. Berufungsbegründung vom 29.11.2011, Rn. 80), ist eine Sperrwirkung des Markenrechts insoweit nicht gegeben.

dd) Nach § 4 Nr. 9 UWG kann der Vertrieb eines nachgeahmten Produkts (Ware oder Dienstleistung) wettbewerbswidrig sein, wenn es wettbewerbliche Eigenart aufweist und besondere Umstände hinzutreten, die seine Nachahmung als unlauter erscheinen lassen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je größer der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Unlauterkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (vgl. BGH GRUR 2010, 1125, Rn. 19 -Femur-Teil; BGH GRUR 2010, 80, Rn. 21 -LIKEaBIKE).

(1) Zugunsten der Beklagten kann davon ausgegangen werden, dass den als "X Games" bezeichneten, von der Beklagten organisierten Extremsportveranstaltungen (vgl. Anlage B 2) wettbewerbliche Eigenart insbesondere aufgrund der Bezeichnung "X Games" zukommt (vgl. BGH GRUR 2003, 973, 974 € Tupperwareparty).

(2) Die Beklagte hat indes bereits eine relevante Nachahmung seitens der Klägerin nicht hinreichend dargetan. Aufgrund der signifikanten Zeichenunterschiede zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen fehlt es an einer relevanten nachschaffenden Übernahme der von der Beklagten verwendeten Bezeichnung "X Games". Im Übrigen ist auch nicht hinreichend dargetan, dass die Klägerin anderweitig Merkmale der von der Beklagten erbrachten Dienstleistungen (Organisation von Extremsportveranstaltungen) identisch oder nachschaffend nachgeahmt hat (vgl. Sambuc in Henning-Harte, UWG, 2. Aufl., § 4, Rn. 26 f.), zumal die jeweiligen Disziplinen und Teilnehmerkreise nicht deckungsgleich sind (vgl Anlagenkonvolut K 1, S. 4 f. einerseits und Anlage B 2 andererseits). So haben die bei den "BMW X3 Games" angebotenen Disziplinen "Segeln", "Golfen" und "Laufen" bei den "X Games" keine Entsprechung (vgl. Anlagenkonvolut K 1, S. 4 f. einerseits und Anlage B 2 andererseits). Zudem zielen die "BMWX 3 Games" anders als die "X Games" nicht auf Extremsportler als Teilnehmer, sondern auf Amateursportler (vgl. Anlagenkonvolut K 1, S. 2).

48(3) Außerdem ist eine Herkunftstäuschung (§ 4 Nr. 9 Buchst. a) UWG) im Streitfall zu verneinen. Aufgrund des unübersehbaren, am Anfang platzierten Bestandteils "BMW" im Titel der klägerischen Veranstaltung "BMW X3 Games", den die angesprochenen Verkehrskreise als auf die Klägerin bezogenen Herkunftshinweis verstehen, ist eine unmittelbare Herkunftstäuschung zu verneinen (vgl. BGH GRUR 2010, 1125, Rn. 28 ff. € Femur-Teil). Auch eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne, die grundsätzlich in Betracht kommt, wenn der Verkehr eine Nachahmung für ein unter einer Zweitmarke des Originalherstellers vertriebenes Produkt hält oder wenn er von geschäftlichen oder organisatorischen Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen ausgeht (BGH GRUR 2009, 1069, Rn. 15 € Knoblauchwürste), kann im Streitfall unter Berücksichtigung der signifikanten Zeichenunterschiede zwischen den Bezeichnungen "X Games" und "BMW X3 Games" nicht angenommen werden. Durch die Aufnahme des unübersehbaren Bestandteils "BMW" im Titel der klägerischen Veranstaltung "BMW X3 Games" hat die Klägerin gegenüber den angesprochenen Verkehrskreisen eine hinreichende Maßnahme zur Vermeidung von Herkunftstäuschungen getroffen. Eine gleichwohl etwa verbleibende Verwechslungsgefahr, insbesondere hinsichtlich geschäftlicher oder organisatorischer Beziehungen zwischen der Klägerin und der Beklagten, ist hinzunehmen (vgl. BGH GRUR 2002, 820, 823 € Bremszangen).

(4) Des Weiteren ist auch eine unlautere Ausnutzung des Rufes (§ 4 Nr. 9 Buchst. b) Fall 1 UWG) der "X Games" durch die Klägerin im Streitfall zu verneinen. Eine unlautere Rufausnutzung folgt nicht schon aus einer Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise über die Herkunft der von der Klägerin durchgeführten, "BMW X3 Games" betitelten Veranstaltung. Zwar kann eine unlautere Rufausnutzung vorliegen, wenn die Eigenart und die Besonderheiten des Originalprodukts zu Qualitätserwartungen führen, die diesem Produkt zugeschrieben werden und der Nachahmung deshalb zugute kommen, weil der Verkehr sie mit dem Original verwechselt (BGH GRUR 2010, 1125, Rn. 41 € Femur-Teil m.w.N.). Von einer solchen Konstellation ist vorliegend aber nicht auszugehen (vgl. oben unter II. B. 1. c) dd) (1), (2), (3)). Allerdings kann eine nach § 4 Nr. 9 Buchst. b) Fall 1 UWG unlautere Rufausnutzung auch ohne Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise auf einer Anlehnung an eine fremde Leistung beruhen, die eine erkennbare Bezugnahme auf den Mitbewerber oder seine Produkte erfordert (BGH GRUR 2010, 1125, Rn. 42 € Femur-Teil). Die Frage, ob hierdurch eine Gütevorstellung im Sinne von § 4 Nr. 9 Buchst. b) Fall 1 UWG unangemessen ausgenutzt wird, ist jeweils im Wege einer Gesamtwürdigung zu beantworten, bei der alle relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Grad der Anlehnung sowie die Stärke des Rufs des nachgeahmten Produkts, zu berücksichtigen sind (BGH GRUR 2010, 1125, Rn. 42 € Femur-Teil). Dabei kann grundsätzlich schon die Annäherung an die verkehrsbekannten Merkmale eines fremden Produkts als solche zu einer für die Annahme einer Rufausbeutung erforderlichen Übertragung der Gütevorstellung führen. Allerdings reicht es für eine Rufausbeutung nicht aus, wenn lediglich Assoziationen an ein fremdes Produkt und damit Aufmerksamkeit erweckt werden (BGHZ 161, 204, 214 -Klemmbausteine III). Im Streitfall ist eine unlautere Rufausnutzung nach diesen Grundsätzen zu verneinen. Angesichts der erörterten Unterschiede im Hinblick auf Disziplinen und Teilnehmerkreise besteht € selbst bei Außerachtlassung der signifikanten Zeichenunterschiede zwischen "BMW X3 Games" und "X Games" € keine hinreichende Annäherung der "BMW X3 Games" an die Merkmale der Veranstaltung "X Games".

d) Der mit dem Berufungsantrag Ziffer II. geltend gemachte Unterlassungsanspruch kann des Weiteren aus den genannten Gründen auch nicht mit Erfolg auf § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 3, § 5 Abs. 2 UWG gestützt werden. Angesichts der signifikanten Zeichenunterschiede zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen "X Games" einerseits und "BMW X3 Games" andererseits und angesichts der signifikanten Unterschiede der beiderseitigen Veranstaltungen im Hinblick auf Disziplinen und Teilnehmerkreise kann eine lauterkeitsrechtliche Verwechslungsgefahr im Sinne von § 5 Abs. 2 UWG zwischen den "X Games" und der klägerischen Veranstaltung "BMW X3 Games" nicht angenommen werden.

e) Auf Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c) GMV hat die Beklagte den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht gestützt, weshalb es nicht darauf ankommt, dass ein solcher Anspruch jedenfalls wegen der nur geringgradigen Zeichenähnlichkeit zwischen der Gemeinschaftsmarke Nr. € "XGames" (Anlage B 9) einerseits und dem angegriffenen Zeichen "BMW X3 Games" andererseits zu verneinen wäre.

2. Aus den vorstehenden genannten Gründen hat die Berufung auch keinen Erfolg, soweit sich die Beklagte gegen die vom Landgericht auf der Grundlage von § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO getroffene Kostenentscheidung wendet.

C. Die Kostenentscheidung bezüglich der Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO

D. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

E. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO hat und im Übrigen auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen.






OLG München:
Urteil v. 15.03.2012
Az: 29 U 3964/11


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