Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 16. März 2009
Aktenzeichen: AnwZ (B) 30/08

(BGH: Beschluss v. 16.03.2009, Az.: AnwZ (B) 30/08)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 16. März 2009 betrifft die sofortige Beschwerde einer Antragstellerin gegen den Beschluss des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 22. Juni 2007. Die sofortige Beschwerde wird jedoch vom Bundesgerichtshof zurückgewiesen.

Der Anwaltsgerichtshof hatte die Zulassung der Antragstellerin zur Rechtsanwaltschaft widerrufen, da sie aufgrund von Vermögensverfall in ungeordnete finanzielle Verhältnisse geraten war. Gegen diese Entscheidung hatte die Antragstellerin einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt, der jedoch ebenfalls abgelehnt wurde.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen diese Entscheidung wird nun ebenfalls abgewiesen. Der Vermögensverfall der Antragstellerin führte zu einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden, insbesondere in Bezug auf den Umgang mit Mandantengeldern und den möglichen Zugriff ihrer Gläubiger.

Des Weiteren konnte die Antragstellerin nicht nachweisen, dass sich ihre finanzielle Situation verbessert hat. Trotz einiger erstrittener Urteile gegen ihren Vermögensschadenshaftpflichtversicherer und erfolgreicher Regulierungen in weiteren Fällen, ist nicht ersichtlich, wie sie ihre Verbindlichkeiten gegenüber den Kunden einer bestimmten Firma erfüllen könnte.

Schließlich wird auch festgestellt, dass die Interessen der Rechtsuchenden weiterhin gefährdet sind. Der Umstand, dass die Antragstellerin derzeit als juristische Mitarbeiterin in einer Anwaltskanzlei tätig ist, reicht nicht aus, um dies zu widerlegen.

Die Kosten des Rechtsmittels trägt die Antragstellerin und sie muss der Antragsgegnerin die im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen erstatten. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 Euro festgesetzt.

Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs bestätigt somit den Widerruf der Zulassung der Antragstellerin zur Rechtsanwaltschaft aufgrund ihres Vermögensverfalls und der damit einhergehenden Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BGH: Beschluss v. 16.03.2009, Az: AnwZ (B) 30/08


Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 22. Juni 2007 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wurde 1975 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Verfügung vom 13. November 2006 widerrief die Antragsgegnerin die Zulassung nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls.

Der Anwaltsgerichtshof hat den dagegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung der Antragstellerin zur Rechtsanwaltschaft ist mit Recht widerrufen worden.

1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlass der angegriffenen Verfügung erfüllt.

a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen hierfür sind die Erwirkung von Schuldtiteln und fruchtlose Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Beschl. vom 25. März 1991 - AnwZ (B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; Beschl. vom 21. November 1994 - AnwZ (B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126). Zum Zeitpunkt des Widerrufs waren gegen die Antragstellerin Forderungen in einer Gesamthöhe von mehr als 500.000 € tituliert. Nach einer Aufstellung des Amtsgerichts De. waren gegen sie 20 Anträge auf Kontopfändung und 27 Anträge auf Pfändung sonstiger Forderungen gestellt worden. Die Antragstellerin hatte selbst eingeräumt, dass sie aus eigenen Mitteln nicht in der Lage sei, die bestehenden Verbindlichkeiten auch nur teilweise zu begleichen.

b) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass der Widerrufsverfügung nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern und den darauf möglichen Zugriff seiner Gläubiger.

2. Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; 84, 149), ist nicht gegeben.

a) Eine Konsolidierung ihrer Vermögensverhältnisse hat die Antragstellerin nicht nachgewiesen. Die Antragstellerin hat am 20. September 2007 die eidesstattliche Versicherung abgegeben, so dass nunmehr auch der Vermutungstatbestand des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO gegeben ist. Diese Vermutung ist nicht widerlegt worden. Im Gegenteil:

Nach Erlass der Widerrufsverfügung sind gegen die Antragstellerin eine Vielzahl von Klageverfahren durchgeführt worden, in denen sie jeweils zur Zahlung von mehreren Tausend Euro nebst Kosten verurteilt worden ist. Versuche der Gläubiger, aus diesen Titeln zu vollstrecken, sind stets erfolglos geblieben. Hintergrund dieser Verfahren ist ganz überwiegend die frühere Tätigkeit der Antragstellerin für eine C. GmbH ("C. GmbH"), deren Kunden in der Erwartung, Kraftfahrzeuge zu besonders günstigen Konditionen erwerben zu können, Anzahlungen auf zwei Anderkonten der Antragstellerin geleistet hatten, ohne später von der "C. GmbH" die versprochenen Kraftfahrzeuge geliefert zu bekommen oder die erbrachten Zahlungen zurückzuerhalten. Zwar hat zwischenzeitlich die Antragstellerin ein Urteil des Oberlandesgerichts D. erstritten, nach welchem ihr Vermögensschadenshaftpflichtversicherer verpflichtet ist, sie in den zwei Fällen, die Prozessgegenstand waren, von ihren Verbindlichkeiten gegenüber den Kunden der "C. GmbH" zu befreien. Auch ist es ihr gelungen, den Versicherer in weiteren Fällen zur Regulierung zu bewegen. Jedoch ist unter Berücksichtigung der Erklärung der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung nicht ersichtlich, mit welchen Mitteln die Antragstellerin bei einem Selbstbehalt von 10 % oder 20 % und einem Gesamtforderungsbetrag von mehr als 500.000 € ihre Verbindlichkeiten gegenüber den geschädigten Auftraggebern erfüllen könnte.

b) Schließlich kann auch nicht festgestellt werden, dass die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall nicht (mehr) gefährdet sind. Ein Ausnahmefall im Sinne der Senatsrechtsprechung (vgl. grundlegend NJW 2005, 511) kann nicht festgestellt werden. Allein der Umstand, dass die Antragstellerin derzeit nicht mehr als selbständige Rechtsanwältin, sondern als juristische Mitarbeiterin in einer Rechtsanwaltskanzlei tätig ist, genügt hierfür nicht.

Tolksdorf Schmidt-Räntsch Schaal Roggenbuck Kappelhoff Quaas Braeuer Vorinstanz:

AGH Hamm, Entscheidung vom 22.06.2007 - 1 ZU 125/06 -






BGH:
Beschluss v. 16.03.2009
Az: AnwZ (B) 30/08


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