Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Februar 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 399/03

(BPatG: Beschluss v. 22.02.2005, Az.: 27 W (pat) 399/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der Wort/Bildmarke Grafik der Marke 39838071.6 für die Waren

"Kissenbezüge, Vorhänge, textile Rollos, Tagesdecken, Bettwäsche, Tischwäsche (Tischläufer, Tischsets, Stoffservietten), Geschirrtücher, Handtücher, Druck-Webstoffe, Teppiche, Tapeten, Bett- und Tischdecken, Bekleidungsstücke; textile Stuhlbezüge"

ist Widerspruch eingelegt worden aus der prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke 157 172 Vergrößerneingetragen unter anderem für die Waren der Klassen 8 und 25, dort insbesondere

"Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; Ober- und Unterbekleidungsstücke für Damen, Herren und Kinder; Schuhwaren (ausgenommen orthopädische Schuhe); Kopfbedeckungen und Gürtel".

Die Markenstelle für Klasse 24 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Widerspruch und die dagegen eingelegte Erinnerung, jeweils durch Beschluss, zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken, die die Löschung der jüngeren Marke rechtfertigen könnte, sei selbst im Bereich der Warenidentität, nämlich Bekleidungsstücke" einerseits und "Ober- und Unterbekleidungsstücke für Damen, Herren und Kinder" andererseits, nicht gegeben. Bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke halte die angegriffene Marke den erforderlichen weiten Abstand ein. Die beiden Markenwörter wiesen zwar den gleichen Wortanfang auf, jedoch unterschieden sie sich phonetisch unüberhörbar durch die jeweilige Silbenanzahl. Zudem erkenne der Verkehr den englischen Wortbestandteil "check" als "Karo" und den damit verbundenen Sinngehalt im Sachzusammenhang. Bei visueller Wahrnehmung unterschieden sich die beiden Marken hinreichend durch die unterschiedliche grafische Ausgestaltung.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Auffassung, der aufgrund der hohen Ähnlichkeit bzw. Teilidentität der beiderseitigen Waren erforderliche Abstand der Marken sei nicht eingehalten. Die Marken wirkten klanglich sehr ähnlich, da der Verkehr erfahrungsgemäß die ersten Silben, die hier übereinstimmten, stärker beachte als die nachfolgenden Wortteile. Beide Markenwörter würden jedoch dreisilbig ausgesprochen und sich nur im Auslaut unterscheiden. Dies genüge jedoch nicht zur Vermeidung einer Verwechslung. Auch schriftbildlich seien die beiden Marken zu verwechseln, denn die Anfangsbuchstaben "C" und "K" wären kaum zu unterscheiden.

Die Widersprechende beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Markenstelle hat die Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken i.S.d. §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs.1 Nr.2 MarkenG zutreffend verneint.

Nach den genannten Vorschriften ist eine Marke zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Für die Frage der Verletzungsgefahr ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht zu ziehenden Faktoren auszugehen, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken, der Warennähe und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke (st. Rspr.; vgl. BGH, GRUR 2003, 1040, 1042 - Kinder; GRUR 2003, 1044, 1045 - Kelly; GRUR 2004, 239 - DONLINE).

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist als durchschnittlich anzusehen, insbesondere sind keine stärkenden oder schwächenden Umstände ersichtlich.

Auch wenn davon auszugehen ist, dass die durch die Vergleichsmarken jeweils geschützten Waren der Klassen 18 und 25 teils identisch, teils hochgradig ähnlich sind, kann auch bei Anlegung strengster Maßstäbe, wie geboten, eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 S. 2 MarkenG nicht bejaht werden.

Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs- (Sinn-)gehalt ist von dem das Kennzeichenrecht beherrschenden Grundsatz auszugehen, dass es auf den jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen ankommt (BGH GRUR 2002, 167, 169 - Bit/Bud; GRUR 2003, 712, 714 - Goldbarren; GRUR 2004, 594, 596 - Ferrari-Pferd). Entgegen der Auffassung der Widersprechenden ist eine Verwechslung der Marken weder unter dem Gesichtspunkt der klanglichen, der visuellen noch der begrifflichen Ähnlichkeit der Zeichen zu erwarten.

Eine visuelle Verwechslungsgefahr liegt nicht vor, weil die beiden Marken keinerlei Ähnlichkeiten miteinander aufweisen. Im Hinblick auf die Widerspruchsmarke fällt insbesondere die einprägsame grafische Ausgestaltung durch den Greifvogel, der in eine ausgeformte Tafel mit der Aufschrift "Caroche" teils integriert ist und teils drüber hinausragt, ins Auge. Diese Ausgestaltung erschöpft sich nicht in geometrischen Formen oder sonstigen einfachen graphischen Gestaltungselementen, die nur als reine Dekoration zusätzlich zum Markenwort anzusehen wären (BGH GRUR 2004, 594, 596 - Ferrari-Pferd) und die der Verkehr deshalb vernachlässigt. Vielmehr hat sie angesichts der realistischen Gestaltung einen unmittelbar verständlichen eigenen Aussagegehalt neben dem Markenwort "Caroche". Die angegriffene Marke dagegen gibt allein das Markenwort in einer vom Standard nur geringfügig abweichenden Schrifttype wieder. Soweit die Widersprechende unter Vernachlässigung des Bildbestandteils in ihrer Marke allein auf den Wortbestandteil "Caroche" abstellt und diesen dem Markenwort der angegriffenen Marke gegenüberstellt, nimmt sie eine unzulässige zergliedernde Betrachtungsweise vor, die eine Verwechslungsgefahr im rechtlichen Sinne nicht begründet.

Eine Verwechslung der Marken nach ihrem Sinngehalt hält die Widersprechende zutreffend - wenn auch aus anderen Gründen als die Markenstelle - selbst nicht für denkbar, denn beide Markenwörter nach ihrer Auffassung Fantasiewörter darstellten, die keinen identischen oder auch nur ähnlichen Sinngehalt aufwiesen. Dieser Auffassung folgt der Senat im Ergebnis, denn wenn auch das Wort "caroche" tatsächlich der französischen Sprache entstammt und "Prunkkutsche" bedeutet (vgl. www.thefreedictionary.com), handelt es sich um ein Wort, das nicht zum Grundwortschatz der angesprochenen Verkehrskreise - hier der Allgemeinheit - gehört und daher von ihnen ganz überwiegend mangels klaren Bedeutungsinhalts als reines Fantasiewort aufgefasst werden wird. Das gilt ohne weiteres auch für die angegriffene Marke, denn selbst wenn - wie die Markenstelle für die angesprochenen Verkehrskreise angenommen hat - jedenfalls Teile des Verkehrs die Bedeutung des englischen Wortes "check" i.S. von "Karo" (vgl. Pons Großwörterbuch für Experten und Universität, Englisch-Deutsch, 2001, S. 123) erkennen, ist die Bedeutung "Karo" in dem Markenwort verdoppelt ("KaroKaro") und als fantasievoll anzusehen.

Aber auch eine klangliche Verwechslungsgefahr ist nicht ersichtlich, und zwar nach keiner der denkbaren Aussprachemöglichkeiten für die beiden Markenwörter. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass der Verkehr in dem Markenwort der jüngeren Marke die Bestandteile "Karo" und "Check" als solche erkennt und es daher bei Betonung auf der ersten und dritten Silbe "KAROTSCHEK" ausspricht. Eine Ähnlichkeit mit dem Wortbestandteil der Widerspruchsmarke ist unter diesen Umständen aber nicht gegeben. Denn letztere mag, wie die Widersprechende ausgeführt hat, zwar unter Zugrundelegung deutscher Ausspracheregeln mit einem offenen O (wie bei "Rochen") und zudem dreisilbig mit Betonung auf der zweiten Silbe "Karroche" ausgesprochen werden. Dabei handelt es sich jedoch um eine nach deutschen Maßstäben ungewöhnlich hart und ungefällig klingende Aussprache, zudem mit einem Rachenlaut, die sich von der in einem ganz anderen Sprech- und Betonungsrythmus wiedergegebenen Lautfolge der jüngeren Marke, die einen Zischlaut zu Beginn der dritten Silbe aufweist, in so auffälliger Weise unterscheidet, dass eine ernsthafte Gefahr von klanglichen Verwechslungen nicht angenommen werden kann. Dies gilt erst recht, wenn die Widerspruchsmarke von Teilen des Verkehrs zutreffend französisch mit Betonung auf der zweiten Silbe ("Karrosch") ausgesprochen wird, denn dann weist sie nur noch 2 Silben auf und unterscheidet sich von der jüngeren Marke in nicht zu überhörender Form auch auf diese Art und Weise.

Die Gefahr einer assoziativen Verwechslungsgefahr ist nicht ersichtlich und wird von der Widersprechenden auch nicht behauptet.

III.

Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG abzuweichen, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.

Dr. Schermer Schwarz Prietzel-Funk Na






BPatG:
Beschluss v. 22.02.2005
Az: 27 W (pat) 399/03


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