Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Dezember 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 373/02

(BPatG: Beschluss v. 17.12.2003, Az.: 32 W (pat) 373/02)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 28. August 2002 aufgehoben.

Gründe

I.

Die am 31. August 2001 zur Eintragung in das Markenregister angemeldete Bildmarkesiehe Abb. 1 am Endeist für folgende Waren und Dienstleistungen bestimmt:

Klasse 9: Signal-, Kontrollapparte und -instrumente für Videospiele und/oder Münzspielgeräte und/oder Unterhaltungsautomaten; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Filmapparate, Fotoapparate; geldbetätigte Apparate; Verkaufsautomaten; elektrische Unterhaltungsgeräte; Münzspiel- und Unterhaltsautomaten; Magnetaufzeichnungsträger; mit Programmen versehene Datenträger aller Art; Computer-Software; Compact Discs (Ton, Bild); Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Computer-Hardware; Hardware-Speicher; Memorycard-Chips; Brillen, Brillenfassungen und -gestelle, Signal-, Kontroll- und Steuergeräte für Videospiel, Münzspielgeräte und Unterhaltungsautomaten, Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen;

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere Bücher, graphische Darstellungen, Informationsschriften, Formulare, Fotographien und Zeitschriften und Zeitungen;

Klasse 35: Auskünfte, Beratung, Nachforschungen und Informationen in Geschäftsangelegenheiten, insbesondere auf dem Technologiesektor, dem Umweltsektor, dem Wirtschaftssektor, dem Ernährungssektor, dem Gesundheitssektor und auf dem Gebiet des Sozialwesens, auch mittels des Internets; Marketing- und Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere auf dem Technologiesektor, dem Umweltsektor, dem Wirtschaftssektor, dem Ernährungssektor, dem Gesundheitssektor und auf dem Gebiet des Sozialwesens, auch mittels des Internets; Werbung; Erstellung von Analysen und Prognosen in Geschäftsangelegenheiten, insbesondere Begutachtung von Projekten und Initiativen auf dem Technologiesektor, dem Umweltsektor, dem Wirtschaftssektor, dem Ernährungssektor, dem Gesundheitssektor und auf dem Gebiet des Sozialwesens, auch mittels des Internets; Dienstleistungen einer Werbeagentur, auch über das Internet; Marktforschung; Organisation und Veranstaltung von Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Vermittlung von Kontakten zwischen Politikern unterschiedlicher Entscheidungsebenen einerseits und Wirtschaftsvertretern sowie Wissenschaftlern andererseits zum Zwecke der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung auf dem Technologiesektor, dem Umweltsektor, dem Wirtschaftssektor, dem Ernährungssektor, dem Gesundheitssektor und auf dem Gebiet des Sozialwesens, auch mittels des Internets; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Zusammenstellen von Daten in Computer-Datenbanken; Datenverwaltung mittels Computer;

Klasse 36: Versicherungswesen, Finanzwesen; Geldgeschäfts; Immobilienwesen;

Klasse 38: Sammeln, Liefern und Übermitteln von Nachrichten und Informationen, insbesondere über das Internet; Telekommunikation; Ausstrahlung von Fernseh- und Rundfunksendungen sowie Sendungen im Internet und anderen audiovisuellen Medien;

Klasse 41: Aus- und Fortbildung insbesondere auf dem Technologiesektor, dem Umweltsektor, dem Wirtschaftssektor, dem Ernährungssektor, dem Gesundheitssektor und auf dem Gebiet des Sozialwesens, auch mittels des Internets; Herausgabe von Texten; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren, Kolloquien, Workshops und Wettbewerben; Erziehung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten;

Klasse 42: Recherche und Entwicklungsdienste; redaktionelle Dienstleistungen; Förderung der interdisziplinären Zusammenarbeit von Wissenschaftlern, Unternehmern und Politikern auf dem Technologiesektor, dem Umweltsektor, dem Wirtschaftssektor, dem Ernährungssektor, dem Gesundheitssektor und auf dem Gebiet des Sozialwesens, auch mittels des Internets; Verpflegung, Beherbergung von Gästen, ärztliche Versorgung; Gesundheits- und Schönheitspflege, Rechtsberatung und Vertretung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Entwicklung, Gestaltung von Produkten von Fernseh- und Rundfunksendungen und Datenbanken sowie von Darbietungen im Internet und in anderen audiovisuellen Medien; technische und inhaltliche Beratung, Gerichtet auf die Entwicklung, Gestaltung und Produktion von Fernseh- und Rundfunksendungen und Datenbanken sowie von Darbietungen im Internet und in anderen audiovisuellen Medien.

Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 28. August 2002 zurückgewiesen.

Der Verkehr werde in der Marke den kreisförmig umrahmten Großbuchstaben N sehen. Einzelbuchstaben fänden auf allen Gebieten des Alltags Verwendung; häufig dienten sie als Abkürzungen für Qualitätsangaben, Preisgruppen, Modellreihen eines Betriebes, ferner auch für Werte, technische Begriffe oder Wareneigenschaften. Den danach nicht zu gering anzusetzenden Anforderungen an die Unterscheidungskraft werde die angemeldete Marke nicht gerecht, da der Buchstabe N weder im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eigentümlich ausgewählt, noch seine Darstellung mangels individueller graphischer Ausgestaltung verfremdet sei. Bei unbefangener Betrachtungsweise werde die Anmeldung nicht als Kombination zweier Buchstaben (N und O) oder des Buchstabens N mit der Zahl 0 aufgefaßt. N stehe auf den hier maßgeblichen Gebieten als Abkürzung für eine Anzahl unterschiedlicher Sachangaben. Die kreisförmige Umrandung sei im Alltag und in den die Markenanmeldung betreffenden Gebieten ein zur Hervorhebung von Buchstaben dem Verkehr bekanntes Gestaltungsmittel.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie erstrebt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Eintragung der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen.

Die Beurteilung der Unterscheidungskraft dürfe nicht abhängig gemacht werden von einem etwaigen Freihaltebedürfnis (unter Hinweis auf BGH GRUR 2001, 161 - K). Im übrigen habe die Markenstelle die konkrete Unterscheidungskraft lediglich aus allgemeinen Erwägungen verneint; es hätte aber tatsächlicher Feststellungen für den Schluss bedurft, der Verkehr werde den Buchstaben N nicht als Herkunftskennzeichnung verstehen. Außerdem habe dieser Buchstabe für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen auch keinen beschreibenden Inhalt. Der Verkehr neige nicht zu einer analysierenden Betrachtung von Bezeichnungen, welche ihm in markenmäßiger Form entgegentreten. Vorliegend unterstreiche die kreisförmige Umrandung des Buchstabens den markenmäßigen Charakter.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und begründet. Der begehrten Registrierung steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch das einer Angabe iSv § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

1. Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der so kennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Bildmarke kein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender, beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und enthält diese kein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr.; vgl BGH BlPMZ 2003, 183 - Buchstabe Z).

Die angemeldete Marke wird vom unbefangenen Betrachter als N im Kreis aufgefasst, nicht aber als Kombination der Einzelbuchstaben N und O oder des Buchstabens N und der Zahl 0. Mithin ist Gegenstand der Markenanmeldung kein reines Buchstabenzeichen. Aber selbst wenn man davon ausgeht, dass der Buchstabencharakter der Marke im Vordergrund steht (vor allem, weil die Marke mit dem Lautwert des Buchstabens N benannt werden wird), kann dem Einzelbuchstaben N vorliegend nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2001, 161 - K; BlPMZ 2003, 183 - Z) sind Einzelbuchstaben grundsätzlich markenfähig; sie können im Einzelfall auch schutzfähig sein, sofern nicht ein beschreibender Bedeutungsgehalt im Vordergrund steht (wie etwa D für Diesel-Kraftfahrzeuge).

Es mag zwar sein, wie sich auch aus gängigen Abkürzungsverzeichnissen ergibt, dass der Buchstabe N auf zahlreichen Gebieten der Wirtschaft und der Technik als Abkürzung für ganz unterschiedliche Angaben Verwendung findet. Allerdings ist nicht ersichtlich, dass - zumindest für einzelne der beanspruchten Waren und Dienstleistungen - ein beschreibender Sinngehalt unmittelbar im Vordergrund stehen würde. Mithin kann bereits dem Buchstaben N in Alleinstellung nicht jegliche Eignung abgesprochen werden, als markenmäßiger Herkunftshinweis zu wirken. Erst recht gilt diese Beurteilung unter Mitberücksichtigung der kreisförmigen Umrandung. Ob die einfache geometrische Form eines Kreises für sich gesehen markenschutzfähig wäre, kann dahingestellt bleiben. Die Kombination mit dem in den Kreis eingeschriebenen Buchstaben verstärkt jedenfalls den markenmäßigen Charakter. Ein solcher wäre der Marke nur dann abzusprechen, wenn eine kreisförmige Umrahmung wegen anderweitiger Bedeutung nicht als betriebskennzeichnend aufgefasst würde (wie etwa beim C im Kreis für Copyright oder R im Kreis für eine registrierte Marke); einen vergleichbaren Sinngehalt weist das N im Kreis aber nicht auf.

2. Es liegt auch keine unmittelbar die Waren oder Dienstleistungen beschreibende Angabe im i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vor. Auch insoweit ist auf die angemeldete Bildmarke in ihrer Gesamtheit abzustellen, mithin nicht (nur) auf den Einzelbuchstaben N in Alleinstellung. Selbst wenn dieser als Abkürzung in Wirtschaft und Technik - so wie andere Buchstaben auch - gelegentlich Verwendung (für ganz unterschiedliche Sachangaben) finden sollte, stellt er ohne Ergänzungen und Erklärungen keine übliche und ohne weiteres verständliche, eindeutige beschreibende Angabe über Art, Beschaffenheit oder sonstige Merkmale der angemeldeten Waren und Dienstleistungen dar. Entsprechende Feststellungen hat die Markenstelle nicht getroffen; sie sind auch dem Senat nicht möglich. Im übrigen wird bei einer Schutzgewährung für die angemeldete Bildmarke in ihrer Gesamtheit kein Mitbewerber an einer beschreibenden Verwendung des Buchstabens N - ohne kreisförmige Umrandung - gehindert.

3. Die Markenstelle ist nicht gehindert, vor einer endgültigen Registrierung der angemeldeten Marke auf eine inhaltliche und sprachliche Klärung des Waren-Dienstleistungs-Verzeichnisses hin zu wirken.

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BPatG:
Beschluss v. 17.12.2003
Az: 32 W (pat) 373/02


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