Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Juni 2010
Aktenzeichen: 27 W (pat) 124/09

(BPatG: Beschluss v. 21.06.2010, Az.: 27 W (pat) 124/09)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 154

Gründe

I.

Die am 4. Juli 2005 für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 9, 11, 16, 18, 21, 24, 25, 28, 32, 36, 39, 43 und 45 angemeldete Wort-/Bildmarkeist von der Markenstelle für Klasse 18 des Deutschen Patentund Markenamts mit Erstbeschluss vom 24. September 2007 teilweise für die Waren und Dienstleistungen

"Putz-, Polier-, Fettentfernungsund Schleifmittel; Datenaufzeichnungsträger, insbesondere CD-ROM's und DVD's, Schallplatten; Audio-, Videound Multimedia-Datenträger; Beleuchtungsgeräte; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Photographien; Lehrund Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Drucklettern; Druckstöcke; Waren aus Leder und Lederimitationen, soweit in Klasse 18 enthalten; Reiseund Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall und/oder damit plattiert); Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten; Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bettund Tischdecken; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Teile und Bestandteile vorgenannter Waren, soweit in Klasse 25 enthalten; Spiele, Spielzeug; Christbaumschmuck; Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Sicherheitsdienste zum Schutz von Sachwerten oder Personen"

wegen eines Freihaltungsbedürfnisses und fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden. Das angemeldete Markenwort "SCHMUCKWELTEN" setze sich erkennbar aus den Bestandteilen "SCHMUCK" und der Etablissementbezeichnung "WELTEN" zusammen. Der Bestandteil "WELTEN" sei eine verbreitete Bezeichnung für Vertriebsorte von Erzeugnissen. In der Kombination mit dem Bestandteil "SCHMUCK" werde darauf hingewiesen, dass es sich um einen Vertriebsort für Schmuck handle. Der Begriff "SCHMUCK" habe neben der engeren Bedeutung von "Ziergegenstand" auch eine weitergehende Bedeutung. Unter "SCHMUCK" würden danach "alle Maßnahmen zur Verschönerung, zur optischen Aufwertung oder zu einer Wohlstand repräsentierenden (Aus-)Gestaltung von Räumen, Objekten und Personen" verstanden und meine damit subjektiv als schön empfundene Gegenstände (Hinweis auf Wikipedia). Das "Online-Lexikon" wissen.de definiere "SCHMUCK" mit "schmückende Gegenstände, schmückende Ausgestaltung; Gegenstände zur Verschönerung der Kleidung oder einer Person".

Die normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher, auf die bei der Prüfung abzustellen sei, würden dieser Marke nur einen beschreibenden Hinweis entnehmen, ohne dass es einer analysierenden und zergliedernden Betrachtungsweise bedürfte, nämlich dahingehend, dass es sich bei den so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen um solche handle, die aus einem Vertriebsort für Schmuck stammten sowie Waren und Dienstleistungen betroffen seien, die im Zusammenhang mit Schmuck stünden.

Auf die Erinnerung der Anmelderin hat die Markenstelle den Erstbeschluss mit Erinnerungsbeschluss vom 17. November 2008 teilweise bezüglich der Zurückweisung der Anmeldung für die Waren "Buchbinderartikel; Drucklettern; Druckstöcke" aufgehoben und die Erinnerung im Übrigen zurückgewiesen.

Für die weiterhin zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen fehle der Marke jegliche Unterscheidungskraft. Hinsichtlich der Waren "Putz-, Polier-, Fettentfernungsund Schleifmittel; Beleuchtungsgeräte; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Reiseund Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder damit plattiert); Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten; Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bettund Tischdecken, Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Teile und Bestandteile vorgenannter Waren, soweit in Klasse 25 enthalten; Spiele, Spielzeug; Christbaumschmuck" liege eine wenn auch nicht unmittelbar beschreibende, gleichwohl nicht unterscheidungskräftige Angabe vor. Die aus den Bestandteilen "SCHMUCK" und "WELTEN" (Plural von "Welt") zusammengesetzte angemeldete Marke "SCHMUCKWELTEN" weise in ihrer Gesamtheit in sprachüblicher und allgemein verständlicher Weise lediglich auf einen Bereich, eine Sphäre mit Bezug zu Schmuck mit den oben genannten Bedeutungen hin. Heute sei es allgemein üblich, Vertriebsstätten mit einem breitgefächerten Angebot an Waren und Dienstleistungen u. a. mit dem nachgestellten Zusatz "-WELTEN" oder "-WELT" (vergleichbar mit "-land", "-markt", "-world" u. ä.) zu bezeichnen. "SCHMUCKWELTEN" bezeichne damit im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren eine Vertriebsstätte, in der ein breites Angebot von Waren bereitgehalten werde, die für die Verwendung im Zusammenhang mit Schmuck bestimmt seien, Schmuck aufwiesen bzw. darstellten. Wie bereits der Erstprüfer ausgeführt habe, gehe der Sinngehalt von "SCHMUCK" über den des Körperschmucks in Form von Ketten, Armreifen, Ohrringen etc. hinaus. So werde der Begriff gerade in Verbindung mit Kleidung, Accessoires, aber auch mit der Wohnungseinrichtung häufig verwendet. Dem Beschluss beigefügt sind diverse Internetausdrucke, die eine Verwendung des Wortes "SCHMUCK" im Zusammenhang mit Begriffen wie "Fenster, Parfum, Badewanne und Geschirrtücher" belegen.

Hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen "Datenaufzeichnungsträger, insbesondere CD-ROM's und DVD's, Schallplatten; Audio-, Videound Multimediadatenträger; Druckereierzeugnisse; Photographien; Lehrund Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Sicherheitsdienste zum Schutz von Sachwerten oder Personen" stehe bei der angemeldeten Marke ein beschreibender Begriffsgehalt dergestalt im Vordergrund, dass auf die Bestimmung bzw. den inhaltlichen Zusammenhang der Waren und Dienstleistungen hingewiesen werde. Die angesprochenen Verkehrskreise würden unter der angemeldeten Marke lediglich verstehen, dass die so gekennzeichneten Waren "SCHMUCKWELTEN", d. h. alles rund um Schmuck, zum Thema hätten bzw. sich die Dienstleistungen inhaltlich auf diesen Bereich bezögen.

Da "SCHMUCKWELTEN" auf einer Linie mit zahlreichen vergleichbar gebildeten Begriffen (vgl. z. B. Traumwelten, Kinderwelten, Arbeitswelten) liege, sei von der Verständlichkeit ohne weiteres auszugehen. Dem Beschluss beigefügt ist ein Internetausdruck, der die Verwendung von Begriffen wie "Arbeitswelten, Lebenswelten, digitale Welten, Kinderwelten" belegt. Die werbeübliche graphische Gestaltung der angemeldeten Marke sei ungeeignet, ihr Schutzfähigkeit zu verleihen.

Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt, die angefochtenen Beschlüsse insoweit aufzuheben, als die Anmeldung zurückgewiesen wurde.

Die Anmelderin hält die Marke auch in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen für unterscheidungskräftig, da es an einem konkreten Bezug zu den in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen fehle. Wenn die Markenstelle auf Werbeaussagen allgemeiner Art abstelle, sei dem entgegenzuhalten, dass für derartige Marken keine anderen Anforderungen zu stellen seien als für Wortmarken. Die Anmelderin stützt sich schließlich auf die Eintragung der Marke beim HABM.

In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Marke die Eintragung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 -Henkel; BGH GRUR 2006, 850 -FUSSBALL WM 2006). Wortmarken besitzen keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien, stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden.

Nach diesen Grundsätzen weist das angemeldete Zeichen in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen nicht die für eine Eintragung als Marke erforderliche Unterscheidungskraft auf. Das von den Waren und Dienstleistungen angesprochene allgemeine deutsche Publikum wird der aus den bekannten deutschen Begriffen "SCHMUCK" und "WELTEN" zusammengesetzten Marke in Bezug auf die weiterhin zu versagenden Waren und Dienstleistungen entweder einen beschreibenden Sinngehalt oder eine allgemeine Werbeaussage entnehmen. Derartige mit den Wörtern "Welt", "Welten", oder "wold" gebildete Bezeichnungen sind gebräuchlich zur Bezeichnung einer Vertriebsstätte mit einem hinsichtlich Qualität und Vielfalt umfassenden Warensortiment wie z. B. "Bürowelt, Möbelwelt" oder zur Bezeichnung eines Dienstleistungsinstituts oder -einrichtung wie z. B. "Reisewelt, Badewelt" oder eines Informationsangebots in sog. Portalen, Gates etc. im Internet, wie "fitnessworld" (vgl. BPatG GRUR 2003, 1051 -rheumaworld).

Im vorliegenden Fall weist der Begriff "SCHMUCKWELTEN" auf eine hinsichtlich Qualität und Vielfalt besonders umfangreiche Angebotsstätte hin, in der man Waren und Dienstleistungen, die einen Bezug zu der Ware Schmuck haben, erwerben bzw. in Anspruch nehmen kann. Die schutzsuchende Marke erschöpft sich somit in einer Sachaussage über die Vielfalt des Angebots und den Gegenstand der angebotenen Waren und Dienstleistungen.

Die Waren "Putz-, Polier-, Fettentfernungsund Schleifmittel; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Reiseund Handkoffer" können zur Reinigung bzw. Verpackung von Schmuckwaren bestimmt sein.

Bezüglich der Waren "Datenaufzeichnungsträger, insbesondere CD-ROM's und DVD's, Schallplatten, Audio-, Videound Multimediadatenträger; Druckereierzeugnisse; Photographien; Lehrund Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate)" wird "SCHMUCKWELTEN" in naheliegenderweise inhaltsbezogen (im Sinne von Informationen zu Schmuckwaren) verstanden.

Bei Christbaumschmuck erschöpft sich die angemeldete Bezeichnung in einer Sachaussage auf den Gegenstand der angebotenen Ware. Dies gilt auch hinsichtlich der Waren "Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder damit plattiert); Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten; Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bettund Tischdecken; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Teile und Bestandteile vorgenannter Waren, soweit in Klasse 25 enthalten; Spiele, Spielzeug", die jeweils mit Schmuck verziert sein können. Bei diesen Waren wirkt die angemeldete Bezeichnung auch wie eine allgemeine Werbeaussage in dem Sinn, dass die so gekennzeichneten Gegenstände eine besonders hochstehende Qualität besitzen.

Bezüglich der Dienstleistungen "Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Sicherheitsdienste zum Schutz von Sachwerten oder Personen" enthält die angemeldete Bezeichnung einen Hinweis auf den Gegenstand bzw. die Bestimmung der angebotenen Dienstleistungen, da diese ausnahmslos im Zusammenhang mit Schmuckwaren angeboten werden können. So können beispielsweise Sicherheitsdienste auf den Schutz von Juweliergeschäften, in denen Schmuckwaren angeboten werden, spezialisiert sein.

Der Beurteilung einer Marke als nicht unterscheidungskräftig steht nicht entgegen, wenn die betreffende Bezeichnung vage ist und dem Verbraucher keinen eindeutigen Anhalt dafür bietet, welche konkreten Inhalte vermittelt werden sollen (vgl. BGH GRUR 2000, 882 -Bücher für eine bessere Welt). Es genügt, wenn der Konsument im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen die Bezeichnung nicht als herkunftsmäßig unterscheidend auffasst.

Die einfache graphische Ausgestaltung der als Wort-/Bildmarke angemeldeten Bezeichnung in Großbuchstaben und in einem bestimmten Schrifttyp, an die sich das Publikum durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, kann die fehlende Unterscheidungskraft nicht aufwiegen (BGH GRUR 2001, 1153 -antiKALK).

Aus der Schutzgewährung der identischen Marke durch das HABM kann die Anmelderin keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar (EuGH GRUR 2004, 674 -Postkantoor; GRUR 2004, 428 -Henkel).

Nachdem der Marke bereits wegen fehlender Unterscheidungskraft der Schutz für die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen zu verweigern war, kann die Frage, ob einer Schutzgewährung auch § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, dahingestellt bleiben.

Dr. Albrecht Schwarz Kruppabr/Bb






BPatG:
Beschluss v. 21.06.2010
Az: 27 W (pat) 124/09


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