Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 7. Februar 2003
Aktenzeichen: 6 U 125/02

(OLG Köln: Urteil v. 07.02.2003, Az.: 6 U 125/02)

Tenor

1.)

Die Berufung der Klägerin gegen das am 8.5.2002 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 28 O 386/99 - wird zurückgewiesen.

2.)

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

3.)

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % der zu vollstreckenden Summe abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Parteien können die Sicherheiten durch eine schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitutes leisten.

4.)

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Begründung

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gem. § 540 Abs.1 Ziff.1 ZPO auf die Feststellungen verwiesen, die das Landgericht in dem angefochtenen Urteil getroffen hat.

Die Klägerin vertritt im Berufungsverfahren weiter die Auffassung, es liege eine gemäß § 23 UrhG unzulässige Bearbeitung der Grafik vor. Hierzu tritt sie Beweis an u.a. durch Einholung eines neuen Gutachtens. Der gerichtliche Sachverständige sei deswegen zu unrichtigen Ergebnissen gelangt, weil er sich von Vorgaben des Parteigutachters Prof. Dr. S. habe beeinflussen lasse. Es komme hinzu, dass der Sachverständige die gerichtliche Fragestellung nach eigenem Ermessen umformuliert habe.

II

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, weil das Landgericht auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Klägerin die Klage zu Recht abgewiesen hat. Insbesondere ist die Einholung eines weiteren Gutachtens zur Klärung der Frage, ob es sich bei der Plastik im Sinne des § 23 UrhG um eine unfreie Bearbeitung der von der Klägerin geschaffenen Grafik handelt, nicht geboten. Denn der Senat vermag aus eigener Sachkunde festzustellen, dass dies nicht der Fall ist.

Das von der Klägerin geschaffene Werk ist - wie der Senat bereits in der mündlichen Verhandlung zur Begründung seiner die nachgesuchte Prozesskostenhilfe verweigernden Entscheidung ausführlich dargelegt hat - von einer erheblichen Geschwindigkeit und Bedrohlichkeit der im Vordergrund der Darstellung stehenden Hexenfigur geprägt. Diese beiden Merkmale weist die angegriffene Plastik nicht auf. Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin vorgetragenen Gesichtspunkte fest. Wegen dieser - erheblichen, auch konzeptionellen - Abweichungen stellt die Plastik eine unfreie Bearbeitung der Grafik nicht dar.

Der Eindruck hoher Geschwindigkeit der klägerischen Hexe kommt durch die Gestaltung sowohl des überlangen Haars, als auch des ebenso überlangen Umhanges zustande. Beide wehen in langen Wellenbewegungen hinter der Frauenfigur her und ergeben so das Bild eines Hexenwesens, das sich übernatürlich schnell durch den Wald bewegt und dabei zuletzt gerade einen deutlich konturierten Baum umflogen hat. Schon diese Schnelligkeit vermittelt dem Wesen etwa Bedrohliches. Dieser Eindruck wird noch dadurch nachhaltig verstärkt, dass die Figur in furchteinflößender Weise auf ein Ziel zufliegt. So sind das Gesicht und die Hände auf etwa denselben Punkt vor der Figur gerichtet. Es kommt hinzu, dass die Hände nicht menschenähnlich, sondern wie spitze Greifwerkzeuge ausgebildet sind und auch der Gesichtsausdruck durch das weit aufgerissene Auge das Bedrohliche verstärkt. Dementsprechend scheinen die katzenähnlichen Tiere im Bereich des Zieles des Fabelwesens vor diesem zu fliehen.

Demgegenüber vermittelt die Plastik weder den Eindruck einer besonderen Geschwindigkeit noch einer Bedrohlichkeit, die von der Figur ausginge. Es trifft insbesondere nicht zu, dass die Anordnung der Haare und des Umhanges auch der Brunnenfigur eine sie prägende Geschwindigkeit verleiht. Vielmehr ist der Umhang so gestaltet, dass im Gegenteil sogar der Eindruck einer stehenden Figur entsteht. Denn der Umhang fällt im weiten Bogen bis zur Erde und läuft dort in weichen Wellenlinien aus. Ein Umhang, der in derartigen Wellenlinien am Boden ausläuft, vermittelt aber nicht den Eindruck einer Geschwindigkeit, mit der sich die Figur aktuell fortbewegt, sondern allenfalls einer Geschwindigkeit, mit der sie an ihrem Standort angekommen ist. Dasselbe gilt von der Frisur. Die Figur hat zwar ebenfalls auffällige und übernatürlich lange Haare, dieses Gestaltungsmerkmal lässt aber keineswegs den Eindruck von Geschwindigkeit aufkommen. Dass die Haare nach hinten wehen, ist ohne weiteres durch Windbewegung zu erklären, zudem wäre die Unversehrtheit der Frisur mit einer schnellen Vorwärtsbewegung der Figur, die überdies mit dem stilisierten Baum fest verbunden ist, nicht in Einklang zu bringen. Im übrigen zeigt der für die Beurteilung gebotene Rundblick auf die Figur von allen Seiten, wie ihn die vorgelegten Fotografien vermitteln, dass die Plastik nicht in schneller Bewegung dargestellt ist. Ebenso sind keine Gestaltungsmerkmale vorhanden, die der Figur etwas Bedrohliches verleihen würden. Im Gegenteil ist der Gesichtsausdruck der Plastik sogar besonders freundlich ausgeprägt. Auch die Hände sind trotz der krallenartigen Nägel völlig anders gestaltet als bei der Grafik der Klägerin. Sie haben durchaus menschliche Züge und wirken daher trotz der ähnlichen Armhaltung beider Wesen auf den Betrachter als harmonischer Bestandteil einer zwar geheimnisvollen, aber nicht bedrohlichen Figur.

Vor dem Hintergrund dieser deutlichen Abweichungen, die festzustellen der Senat ohne sachverständige Hilfe in der Lage ist, kann die angegriffene Figur nicht mit der Begründung als unfreie Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG angesehen werden, dass Bewegung durch eine Plastik nicht weitergehend dargestellt werden könne und die Figur z.B. aus Gründen der Statik mit dem Baum verbunden sein müsse. Selbst wenn das so wäre, würde es allein auf den Eindruck ankommen, den die Figur tatsächlich erweckt, weil nicht unterstellt werden kann, dass der Betrachter die Figur so wahrnimmt, wie sie bei anderen statischen Verhältnissen vielleicht geschaffen worden wäre. Im übrigen trifft es aber auch nicht zu, dass bei einer Plastik Bewegung nicht dynamischer beschrieben werden könnte, als dies - wenn überhaupt - in der angegriffenen Figur geschehen ist. Diese Behauptung der Klägerin widerspricht schon der allgemeinen Lebenserfahrung und außerdem zeigen insbesondere die als Anlagen B 10 bis B 13 vorgelegten Abbildungen von Werken des Beklagten selbst, dass auch ihm schon Plastiken mit erheblicher Dynamik gelungen sind.

Der Senat verkennt nicht, dass Ähnlichkeiten bei beiden Darstellungen vorhanden sind. Diese sind indes aus den dargelegten Gründen nicht so weitgehend, dass der durch § 24 UrhG erlaubte Rahmen der freien Benutzung überschritten und eine gemäß § 23 unfreie Bearbeitung vorgenommen worden wäre. Es kann danach die allerdings zweifelhafte Frage offen bleiben, ob bezüglich des gerichtlich beauftragten Sachverständigen Prof. B. die Voraussetzungen für eine Besorgnis der Befangenheit vorliegen. Denn der Senat gelangt auf Grund eigener Sachkunde zu den obigen Feststellungen. Soweit diese sich mir den Erkenntnissen des Sachverständigern decken, ist der Senat an ihrer Verwertung jedenfalls nicht deswegen gehindert, weil hinsichtlich des Sachverständigen die Besorgnis der Befangenheit berechtig wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711, 108 Abs.1 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gem. § 543 ZPO liegen nicht vor.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 107.500 EUR. Wegen der Aufteilung dieses Gesamtwertes auf die einzelnen Klageansprüche wird auf den Senatsbeschluss vom 27.8.2002 verwiesen.






OLG Köln:
Urteil v. 07.02.2003
Az: 6 U 125/02


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