Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Dezember 2005
Aktenzeichen: 20 W (pat) 310/05

(BPatG: Beschluss v. 05.12.2005, Az.: 20 W (pat) 310/05)

Tenor

Das Patent wird widerrufen.

Gründe

I.

Im Einspruch ist fehlende Patentfähigkeit geltend gemacht worden.

Die Einsprechenden beantragen übereinstimmend, das Patent zu widerrufen und der Patentinhaberin die den Einsprechenden entstandenen Kosten für die Vorbereitung und Durchführung der mündlichen Verhandlung einschließlich der Auslagen aufzuerlegen.

Die Patentinhaberin beantragt mit dem am 20. November 2003 eingegangenen Schriftsatz sinngemäß, das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.

Mit am 22. November 2005 eingegangenen Schreiben hat sie die Teilung des Patents erklärt.

Die Patentinhaberin ist - wie zuvor schriftsätzlich angekündigt - zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.

Der erteilte Patentanspruch 1 lautet:

"Mobiltelefoneinrichtung, vorzugsweise Freisprecheinrichtung, in einem Fahrzeug, z. B. Kraftfahrzeug, mit einer Mobiltelefon-Haltevorrichtung mit einem an einem Abschnitt (10) des Kraftfahrzeugs, z. B. Armaturenbrett, Mittelkonsole oder Armlehne befestigbaren Grundteil (110, 214, 312, 512, 612) und mit einem an dem Grundteil (110, 214, 312, 512, 612) vorgesehenen Mobiltelefon-Halteteil (112, 212, 314, 514, 614) zur temporären Halterung des Mobiltelefons, dadurch gekennzeichnet, dass das Grundteil (110, 214, 312, 512, 612) mindestens einen Schalter (70, 270, 271, 370, 371, 570, 571, 572, 670) zur Steuerung einer Funktion der Mobiltelefoneinrichtung, vorzugsweise zur Steuerung einer Funktion der Freisprecheinrichtung, und/oder zur Steuerung einer Funktion einer im Fahrzeug installierten Zubehöreinrichtung und/oder zur Steuerung einer Fahrzeugfunktion aufweist."

Folgende Druckschrift wird u. a. erörtert:

(A1) US 5 822 427.

Die Einsprechenden führen aus, der Gegenstand des Patentanspruches 1 sei nicht neu. Es sei gerechtfertigt, der Patentinhaberin die den Einsprechenden durch die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung entstandenen Kosten aufzuerlegen. Die Teilnahme der Einsprechenden an der mündlichen Verhandlung sei nur deshalb erforderlich gewesen, weil die Patentinhaberin lediglich ihre Absicht erklärt habe, an der mündlichen Verhandlung nicht teilzunehmen. Damit habe sie es letztlich offengelassen, ob sie nicht doch an der mündlichen Verhandlung teilnehmen werde.

II.

1. Der Einspruch führt zum Widerruf des Patents.

Es kann dahin stehen, ob der Gegenstand des Patentanspruches 1 gegenüber dem im Prüfungsverfahren berücksichtigten Stand der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Jedenfalls ist er gegenüber der von der Einsprechenden 1 genannten Druckschrift (A1) nicht neu.

Aus Druckschrift (A1) (insb. Fig. 14, 15) ist eine Mobiltelefoneinrichtung (Freisprecheinrichtung) in einem Fahrzeug bekannt. Sie weist eine Mobiltelefon-Haltevorrichtung mit einem an einem Abschnitt des Kraftfahrzeugs befestigbaren Grundteil (base unit 204; Sp. 10 Z. 25-27) und mit einem an dem Grundteil vorgesehenen Mobiltelefon-Halteteil (pocket adapter 202, Sp. 10 Z. 15-20) zur temporären Halterung des Mobiltelefons 200 auf. Das Grundteil weist einen Drehknopf 234 zur Steuerung der Lautstärke der Freisprecheinrichtung auf (Sp. 10 Z. 46-53).

Bei dem Drehknopf 234 handelt es sich um einen Schalter zur Steuerung einer Funktion der Mobiltelefoneinrichtung im Sinne des Streitpatents. In der Beschreibung des Streitpatents wird nämlich ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Schalter auch um einen Lautstärkeregler für eine Freisprecheinrichtung handeln kann (vgl. Streitpatentschrift, Sp. 2 Z. 18-20; Sp. 3 Z. 63-65).

Der Gegenstand des Patentanspruches 1 ist somit mit allen Merkmalen aus Druckschrift (A1) bekannt.

2. Es bestand kein Anlass, der Patentinhaberin im von den Einsprechenden beantragten Umfang die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen (§ 80 Abs. 1 Satz 1 PatG).

Ausgehend von dem Grundsatz, dass jeder Beteiligte im Einspruchsverfahren seine Kosten selbst trägt, kommt eine ganz oder teilweise Kostenauferlegung ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die Kosten durch ein Verhalten veranlasst worden sind, das mit der bei der Wahrnehmung von Rechten zu fordernden Sorgfalt nicht im Einklang steht (BGH BlPMZ 1996, 411 f., Leitsatz a) - "Schutzverkleidung"). Es ist jedoch im vorliegenden Fall nicht erkennbar, dass die Patentinhaberin durch ihr prozessuales Verhalten den ihr nach dem Gesetz zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung ihrer rechtlichen Belange zulässigen Rahmen verlassen hat. Weder das Fehlen einer sachlichen Stellungnahme zum Einspruchsvorbringen trotz Ankündigung, noch die vor der mündlichen Verhandlung erklärte Teilung des Patents stehen im Widerspruch zur prozessualen Sorgfaltspflicht, die auch nicht durch die schriftliche Mitteilung der Patentinhaberin, sie beabsichtige nicht an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, verletzt ist. Selbst wenn - wie die Einsprechenden meinen - aufgrund dieser Äußerung letztlich eine Unsicherheit verbliebe, ob die Patentinhaberin im Termin dennoch erscheinen und möglicherweise geänderte Patentansprüche vorlegen werde, rechtfertigt dies nicht die Auferlegung der Verfahrenskosten. Denn der durch die Einsprechenden initiierte Angriff auf das Patent verlangt unabhängig von der Anwesenheit der Patentinhaberin in einem solchen Fall die Präsenz der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung, wenn diese sicherstellen wollen, dass sie etwa zu kurz vor dem Termin eingegangenem schriftsätzlichem Vorbringen der Patentinhaberin noch Stellung nehmen können.

Dr. Bastian Dr. Hartung Martens Dr. Zehendner Pü






BPatG:
Beschluss v. 05.12.2005
Az: 20 W (pat) 310/05


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