Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Dezember 2000
Aktenzeichen: 10 W (pat) 51/00

(BPatG: Beschluss v. 18.12.2000, Az.: 10 W (pat) 51/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Das Deutsche Patent- und Markenamt hat durch Beschluß vom 3. Mai 1999 das Patent 197 02 881 mit der Bezeichnung "Verwandlungstisch" erteilt. Der Erteilungsbeschluß ist dem Patentinhaber am 7. Mai 1999 zugestellt worden.

Mit Bescheid vom 27. September 1999 hat das Patentamt den Patentinhaber gemäß § 57 Abs. 1 Satz 4 PatG benachrichtigt, daß die mit der Zustellung des Erteilungsbeschlusses fällig gewordene Erteilungsgebühr von DM 150,- mit dem tarifmäßigen Zuschlag von DM 15.- innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Benachrichtigung zu entrichten sei. Andernfalls gelte das Patent als nicht erteilt und die Anmeldung als zurückgenommen.

Am 10. November 1999 hat der Vertreter des Patentinhabers einen Betrag von DM 150,- gezahlt. Dieser Betrag ist vom Patentamt am 18. Januar 2000 mit dem Hinweis zurückgezahlt worden, daß die Anmeldung als zurückgenommen gelte.

Am 4. März 2000 hat der Vertreter des Patentinhabers unter gleichzeitiger Zahlung einer Gebühr von DM 165,- Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt und zur Begründung ausgeführt, er habe auf die Benachrichtigung vom 27. September 1999, die ihm am 13. Oktober 1999 zugegangen sei, fristgerecht DM 150,- gezahlt, jedoch sei der Zuschlag von 10% nicht entrichtet worden, da dieser in der als Anlage beigefügten Rechnung vom 7. Mai 1999, die er seinem Mandanten gestellt habe, noch nicht enthalten gewesen sei. Diesen Fehler in der Buchführung seiner Einmannkanzlei habe er jedoch sofort behoben, nachdem er am 21. Februar 2000 durch die Rückerstattung des Betrages von DM 150,- auf sein Konto erfahren habe, daß das Patent als nicht erteilt und die Anmeldung als zurückgenommen gelte.

Durch Beschluß vom 13. Juni 2000 hat die Prüfungsstelle für Klasse A 47 B den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen, weil nicht glaubhaft gemacht sei, daß die Frist zur Zahlung der Erteilungsgebühr mit dem Zuschlag ohne Verschulden versäumt worden sei. Allein die Tatsache, daß der anwaltliche Vertreter dem Patentinhaber am 7. Mai 1999 nur DM 150,- in Rechnung gestellt habe, könne die unvollständige Zahlung der inzwischen mit dem Zuschlag fällig gewordenen Erteilungsgebühr nicht entschuldigen.

Mit der hiergegen erhobenen Beschwerde macht der Vertreter des Patentinhabers geltend, daß ihn an der Fristversäumung kein Verschulden treffe. Er habe den Patentinhaber mit einem Schreiben vom 5. November 1999 nochmals auf die Benachrichtigung nach § 57 Abs. 1 Satz 4 PatG aufmerksam gemacht, die er ihm bereits am 13. Oktober 1999 übersandt habe, und ihm gleichzeitig mitgeteilt, daß er die Gebühr von DM 165,- notfalls selbst entrichte, wenn er bis zum 10. November 1999 keine Weisung erhalte. Zu der Überweisung von nur DM 150,- sei es deshalb gekommen, weil der Patentinhaber ihm keine Weisung erteilt, sondern nur die alte Rechnung vom 7. Mai 1999 beglichen habe. Genau die dort aufgeführte Gebühr habe er dann überwiesen. Dieser isolierte Fehler in seinem ansonsten zuverlässigen System der Gebührenzahlung könne ihm nicht als Verschulden angerechnet werden. Im übrigen verweise er auf die im Zuge der Harmonisierungsbestrebungen anzuwendende Regelung des Art. 9 Abs. 1 GebOEPÜ, wonach geringfügige Fehlbeträge ohne Rechtsnachteil für den Einzahler bleiben könnten, wenn dies der Billigkeit entspreche.

II Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Patentamt hat den Wiedereinsetzungsantrag des Patentinhabers zu Recht zurückgewiesen.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 123 Abs. 1 PatG gewährt, wenn eine dem Patentamt gegenüber einzuhaltende Frist, deren Versäumung nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat, ohne Verschulden versäumt worden ist.

Die einmonatige Frist des § 57 Abs. 1 Satz 4 PatG ist versäumt. Die mit Sammelempfangsbekenntnis zugestellte Gebührenbenachrichtigung für die Erteilungsgebühr mit dem Zuschlag vom 27. September 1999 ist dem Vertreter des Patentinhabers nach seinem Vortrag am 13. Oktober 1999 zugegangen. Ausgehend von diesem Zustellungszeitpunkt hätte die Erteilungsgebühr mit dem Zuschlag, der fällig geworden war, weil die Erteilungsgebühr nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Erteilungsbeschlusses gezahlt worden war, § 97 Abs 1 Satz 3 PatG, in Höhe von insgesamt DM 165,- bis zum 13. November 1999 gezahlt werden müssen. Der Vertreter des Patentinhabers hat jedoch am 10. November 1999 nur einen Betrag von DM 150,- ohne den Zuschlag von DM 15,- entrichtet. Die Zahlung eines unvollständigen Betrags steht der Nichtzahlung gleich (vgl Busse, PatG, 9. Aufl., Rdn 31; Schulte, PatG, 5. Aufl., Rdn. 23) und hat zur Folge, daß das Patent als nicht erteilt und die Anmeldung als zurückgenommen gilt.

Zur Beseitigung dieses Rechtsnachteils ist zwar rechtzeitig innerhalb von zwei Monaten, nachdem der Vertreter des Patentinhabers am 21. Februar 2000 aufgrund der Gutschrift des rückerstatteten Betrages von DM 150,- auf seinem Konto von der Fristversäumung Kenntnis erlangt hat, Wiedereinsetzung beantragt und die versäumte Zahlung des Betrages von DM 165,- nachgeholt worden (§ 123 Abs. 2 PatG). Die innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist vorgetragenen Tatsachen lassen jedoch nicht erkennen, daß die Frist des § 157 Abs. 1 Satz 4 PatG ohne Verschulden versäumt worden ist, wobei der Patentinhaber sich das Verschulden seines Vertreters gemäß § 85 Abs. 2 ZPO als eigenes Verschulden zurechnen lassen muß.

Der Vertreter des Patentinhabers hat die Zahlung der Erteilungsgebühr ohne den Zuschlag damit begründet, daß er seinem Mandanten am 7. Mai 1999 die Erteilungsgebühr von DM 150,- ohne den Zuschlag in Rechnung gestellt habe, wodurch er die Zahlung des Zuschlags versäumt habe. Mit diesen innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist vorgetragenen und daher allein zu berücksichtigenden Tatsachen hat der Vertreter des Patentinhabers nicht schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, aus welchen entschuldbaren Gründen er im Zeitpunkt der Zahlung am 10. November 1999 nicht bemerkt hat, daß sich die in der Rechnung vom 7. Mai 1999 damals noch zutreffend ausgewiesene Erteilungsgebühr in Höhe von DM 150,- nach der mit Bescheid vom 27. September 1999 erfolgten Benachrichtigung gemäß § 57 Abs. 1 Satz 4 PatG um den Zuschlag von DM 15,- erhöht hat.

Die nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Tatsachen bestätigen im übrigen, daß sich der Vertreter des Patentinhabers offenbar darauf beschränkt hat, den ihm von seinem Mandanten aufgrund der Rechnung vom 7. Mai 1999 überwiesenen Betrag von DM 150,- an das Patentamt weiter zu überweisen, ohne zu berücksichtigen, daß zwischenzeitlich der Zuschlag fällig geworden ist. Die irrtümliche Zahlung der Erteilungsgebühr ohne den Zuschlag hätte er auch ohne besondere büroorganisatorische Maßnahmen in seinem Einmannbetrieb vermeiden können, wenn er vor der Überweisung durch Einsicht in seine Handakten ordnungsgemäß geprüft hätte, welcher Betrag zu zahlen ist.

Soweit schließlich geltend gemacht wird, der geringfügige Fehlbetrag von 10% sei in entsprechender Anwendung des Art. 9 Abs. 1 GebOEPÜ nicht als Fristversäumung zu werten, sondern könne aus Billigkeitsgründen unberücksichtigt bleiben, spricht gegen diese Ansicht bereits, daß der Gesetzgeber davon abgesehen hat, in das Patentgebührengesetz (PatGebG) bzw die Verordnung über die Zahlung der Gebühren des Deutschen Patent- und Markenamts und des Bundespatentgerichts (PatGebZV) eine dem Art. 9 Abs. 1 Satz 4 GebOEPÜ entsprechende Regelung aufzunehmen, wonach geringfügige Fehlbeträge der zu entrichtenden Gebühr aus Billigkeitsgründen ohne Rechtsnachteil für den Einzahler bleiben können. Abgesehen davon ist Art. 9 Abs. 1 GebOEPÜ nur dann anwendbar, wenn die Zahlung einer um einen geringfügigen Fehlbetrag geminderten Gebühr auf besonderen Umständen beruht, die es ausnahmsweise als billig erscheinen lassen, von einer fristgerechten Zahlung auszugehen, etwa bei unrichtiger Auskunft durch das Amt (EPA ABl 1984, 172; 1995, 288). Dagegen ist es nicht gerechtfertigt, über Art. 9 Abs. 1 GebOEPÜ die Vorschriften über die Wiedereinsetzung zu umgehen und eine schuldhaft versäumte Frist als gewahrt anzusehen.

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