Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Februar 2003
Aktenzeichen: 25 W (pat) 242/01

(BPatG: Beschluss v. 27.02.2003, Az.: 25 W (pat) 242/01)

Tenor

1. Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

2. Kosten werden nicht auferlegt.

Gründe

I.

Gegen die am 9. Juli 1998 veröffentlichte Eintragung der für "Pharmazeutische Erzeugnisse" angemeldeten Marke 398 12 102 DORANOR die nunmehr nur noch für "Humanarzneimittel zur Behandlung von Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems" Schutz beansprucht, ist aus der seit dem 26. Oktober 1993 für "Humanarzneimittel zur Behandlung von Hautkrankheiten" eingetragenen Marke 2 048 036 Dranor Widerspruch erhoben worden.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch Beschluß einer Beamtin des höheren Dienstes dem Widerspruch stattgegeben und die Löschung der jüngeren Marke beschlossen, da bei den zu berücksichtigenden allgemeinen Verkehrskreisen wegen klanglicher, aber auch schriftbildlicher Übereinstimmungen die Gefahr von Verwechslungen bestehe.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke mit der Begründung, der zusätzliche Buchstabe "O" der angegriffenen Marke bewirke im Gesamteindruck eine weitere Silbe und führe dadurch zu einem unterschiedlichen Sprech- und Betonungsrhythmus, so dass ein Auseinanderhalten der Marken in klanglicher wie auch in schriftbildlicher Hinsicht unschwer möglich sei. Dies habe das Bundespatentgericht im Fall "DRANOR/GANOR" ebenso gesehen. Hinzu komme, dass durch die Einschränkung des Warenverzeichnisses der angegriffenen Marke die Produkte einen deutlichen Abstand zueinander einhielten.

Die Markeninhaberin beantragt, den Beschluß der Markenstelle für Klasse 5 vom 18. Juli 2001 aufzuheben und den Widerspruch aus der Marke 2 048 036 zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie weist darauf hin, dass der unterschiedliche Vokal "O" am Wortanfang der angegriffenen Marke nicht betont werde, so dass ein Verhören der Marken vorprogrammiert sei. Auch die Abweichung im Schriftbild sei praktisch nicht wahrnehmbar, so dass im Hinblick auf die sich gegenüberstehenden Waren, die beinahe identisch seien, mit Verwechslungen auch bei den Fachkreisen gerechnet werden müsste.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist unbegründet, denn die Markenstelle für Klasse 5 hat die Frage der Verwechslungsgefahr zutreffend beurteilt. Wegen Verwechslungsgefahr mit der Widerspruchsmarke 2 048 036 Dranor ist die angegriffene Marke 398 12 102 DORANOR aus dem Markenregister zu löschen, § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Bei seiner Entscheidung geht der Senat von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und damit von einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus. Anhaltspunkte, die in eine andere Richtung weisen, sind weder vorgetragen noch für den Senat ersichtlich.

Nachdem die Inhaberin der angegriffenen Marke das Warenverzeichnis auf Arzneimittel beschränkt hat, die zur Behandlung von Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems eingesetzt werden, besteht gegenüber den für die Widerspruchsmarke geschützten Humanarzneimitteln zur Behandlung von Hautkrankheiten ein gewisser Warenabstand, da die Mittel zur Behandlung von Erkrankungen unterschiedlicher Indikationsgebiete bestimmt sind. Durch die Einschränkung des Warenverzeichnisses der jüngeren Marke ist eine Warenidentität nunmehr ausgeschlossen. Um eine Verwechslungsgefahr zu verhindern, bedarf es daher nicht mehr ganz strenger Anforderungen an den markenrechtlichen Abstand.

Auch wenn zugunsten der Markeninhaberin nur ein mittlerer Abstand zugrunde gelegt wird, reichen die vorhandenen Abweichungen der Markenwörter nicht aus, um Verwechslungen im Verkehr hinreichend entgegen zu wirken.

Grundsätzlich ist bei der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr auf den Gesamteindruck der Marken abzustellen (vgl BGH MarkenR 2002, 49 - ASTRA/ESTRA-PUREN), denn Übereinstimmungen beeinflussen das Erinnerungsvermögen des durchschnittlichen Verbrauchers stärker als Abweichungen. Als maßgebliche Verkehrskreise kommen im vorliegenden Fall nach der Fassung der Warenverzeichnisse Laien in Betracht, da keines der Arzneimittel rezeptpflichtig ist. Laien verfügen im Umgang mit Markenkennzeichnungen zwar nicht über eine besondere Fachkenntnis, die die Verwechslungsgefahr unter Umständen verringern könnte. Andererseits darf aber auch bei Laien keine besondere Flüchtigkeit im Zusammenhang mit dem Erwerb oder Empfehlung von Waren unterstellt werden (vgl BGH MarkenR 2000, 140 - ATTACHÉ/TISSERAND; MarkenR 2001, 465 - Bit/Bud). Insbesondere mit Produkten, die mit der Gesundheit zusammenhängen, pflegen Verbraucher aufmerksam umzugehen (vgl BGH GRUR 1995, 50 - Indorektal/Indohexal).

Aber auch unter diesen Voraussetzungen ist nicht damit zu rechnen, dass die zu berücksichtigenden allgemeinen Verkehrskreise die Marken noch in einem hinreichenden Umfang werden auseinander halten können. Maßgeblich wird der Gesamteindruck beider Marken von den Übereinstimmungen in der Lautfolge "D-ranor" geprägt, die sich auf den Sprechrhythmus und auf die Betonung auswirken. Auch wenn es für Phantasiewörter wie den hier vorliegenden Markenwörtern keine festen Betonungsregeln gibt, werden bei einer ungezwungenen Aussprache sowohl die angegriffene wie auch die Widerspruchsmarke auf der jeweils letzten Silbe betont. Daraus folgt ein relativer Gleichklang der Markenwörter, der lediglich durch das zusätzliche "O" der jüngeren Marke verändert wird. Obwohl dieser Vokal in der Anfangssilbe zu finden ist und an dieser Stelle im allgemeinen keine untergeordnete Bedeutung hat, vermag er den Eindruck einer klanglichen Übereinstimmung nicht so prägnant zu beeinflussen, dass ein Verhören mit hinreichender Sicherheit auszuschließen ist. Dies gilt vor allem dann, wenn die Betonung der Wörter nicht am Wortanfang liegt.

Auch in schriftbildlicher Hinsicht reicht die Abweichung in nur einem von sechs bzw sieben Buchstaben nicht zur Verhinderung von Verwechslungen aus. Selbst wenn unterstellt wird, dass eine schriftbildliche Wiedergabe der Markenwörter in erster Linie Fachkreise wie Ärzte und Apotheker betreffen wird, die im Umgang mit Arzneimittelkennzeichen besonders geschult sind und denen Veränderungen von Markenwörtern eher auffallen als Laien, bleibt die Veränderung des Schriftbildes, gleichgültig ob in handschriftlicher oder gedruckter Form, relativ unbedeutend im Vergleich zu den übrigen, auch in der Reihenfolge übereinstimmenden Buchstaben.

Der Hinweis der Inhaberin der angegriffenen Marke auf die Senats-Entscheidung 25 W (pat) 95/96 "Dranor/GANOR" kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen. In dem genannten Fall wurde die Verwechslungsgefahr deshalb verneint, weil trotz der übereinstimmenden Laut- bzw Buchstabenfolge "-anor" die Abweichungen am Wortanfang "Dr-" gegenüber "G" relativ deutlich hervorträten. Dies verhält sich im vorliegenden Fall anders, denn hier stimmen nicht nur die Lautfolge "-ranor", sondern auch der Anfangslaut "D" überein, so dass sich insgesamt ein sehr ähnliches und damit verwechselbares Klang- und Schriftbild ergibt.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlaß, § 71 Abs 1 MarkenG.

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BPatG:
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Az: 25 W (pat) 242/01


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