Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Mai 2000
Aktenzeichen: 24 W (pat) 138/99

(BPatG: Beschluss v. 09.05.2000, Az.: 24 W (pat) 138/99)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. November 1998 insoweit aufgehoben, als der Widerspruch aus der Marke IR 590 588 zurückgewiesen worden ist.

Wegen des Widerspruchs aus dieser Marke wird die Löschung der angegriffenen Marke für die Waren

"Bekleidungsstücke, insbesondere T-Shirts"

angeordnet.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der Marke 395 27 431 MUSTIQUE mit einem umfangreichen Warenverzeichnis, welches auch die Waren der Klasse 25

"Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, insbesondere T-Shirts"

enthält, ist ua Widerspruch erhoben worden gegen alle Waren der Klasse 25 aufgrund der nachstehend wiedergegebenen Marke IR 590 588 siehe Abb. 1 am Endederen Schutzbewilligung ua die Waren

"vêtements"

umfaßt.

Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat ua den Widerspruch aus der vorgenannten Marke zurückgewiesen mit der Begründung, trotz Ähnlichkeit und sogar Identität der sich gegenüberstehenden Waren und eines hohen Bekanntheitsgrads der Widerspruchsmarke für "Oberbekleidungsstücke" reiche der Abstand zwischen den zum Vergleich stehenden Marken aus, um Verwechslungsgefahr in jeder markenrechtlich relevanten Richtung ausschließen zu können.

Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt.

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat sie den Widerspruch eingeschränkt, so daß er sich nur noch gegen die Waren

"Bekleidungsstücke, insbesondere T-Shirts"

richtet.

Die Markeninhaberin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden erweist sich, nachdem diese den Widerspruch auf "Bekleidungsstücke, insbesondere T-Shirts" beschränkt hat, als begründet.

In diesem warenmäßigen Umfang unterliegen die beiden Marken "MUSTIQUE" und "MUSTANG" der Gefahr von Verwechslungen iSv §§ 9 Abs 1 Nr 2, 42 Abs 2 Nr 1, 107, 116 MarkenG. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl EuGH, GRUR Int 1999 734, 736 "Lloyd"; BGH MarkenR 1999, 297, 299 "HONKA").

Die angegriffene Marke "MUSTIQUE" liegt jedenfalls noch am Rande des Ähnlichkeitsbereichs der Widerspruchsmarke "MUSTANG". Dies gilt jedenfalls dem Klange nach, da nicht ausgeschlossen werden kann, daß das Phantasiewort "MUSTIQUE" zumindest von nicht unbedeutenden Teilen des Verkehrs, welche darin keinen französischen Ausdruck vermuten, wie "Mustik" artikuliert und entsprechend den deutschen Sprachregeln auf der ersten Silbe betont wird. Bei dieser Aussprache gleichen sich die beiden Markenwörter in dem Wortteil "Must", der als Wortanfang im allgemeinen stärker beachtet wird als andere Wortteile (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 5. Aufl, § 9 Rdn 83) und auf dem auch die Betonung liegt. Dementsprechend treten die voneinander abweichenden Schlußteile der beiden Wörter, nämlich "ik" und "ang", phonetisch nicht so markant hervor, zumal deren Schlußkonsonanten "k" "ng" als Verschluß- und als Gaumenlaute von gleichem Lautcharakter sind.

Der angesichts der gleich wohl bestehenden klanglichen Unterschiede eher geringere Grad der Markenähnlichkeit wird zum einen ausgeglichen durch den Umstand, daß der Widerspruchsmarke auf dem Warensegment der "Jeans" eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zukommt. Die Verkehrsbekanntheit des Markennamens "MUSTANG" für diese Waren ist gerichtsbekannt und damit liquide. So hat der 27. Senat des Bundespatentgerichts bereits in dem Beschluß vom 10. Dezember 1980 - 27 W (pat) 249/79 - ausgeführt nach der in der eingereichten Ablichtung aus der Zeitschrift "Herrenjournal" vom 6. Juni 1976 enthaltenen Aufstellung aus einer Verkehrsbefragung sei das Widerspruchszeichen "MUSTANG" auf dem deutschen Jeans-Markt im Jahr 1976 60 % der Verkehrskreise bekannt gewesen. Ferner heißt es in dem von der Widersprechenden in Bezug genommenen Beschluß des gleichen Senats vom 13. Februar 1996 - 27 W (pat) 195/94 im übrigen sei auch aus der SPIEGEL-Dokumentation OUTFIT 3 (1994) S 178 gerichtsbekannt, daß "Mustang" eine der Marken auf dem Bekleidungssektor darstelle, deren Bekanntheitsgrad - in beiden Teilen Deutschlands und in allen Altersgruppen - mit am höchsten liege. Daß diese langjährige Verkehrsbekanntheit der Marke "MUSTANG" sich zwischenzeitlich entscheidungserheblich verringert hat, ist für den Senat nicht ersichtlich und wird auch von der Markeninhaberin nicht behauptet. Der erweiterte Schutzumfang einer Marke beschränkt sich nicht auf die von der Markenbenutzung erfaßten konkreten Einzelwaren, so daß vorliegend die erhöhte Kennzeichnungskraft von "MUSTANG" jedenfalls auch noch auf den Warensektor "Hosen" ausstrahlt (vgl Althammer/Ströbele, aaO, Rdn 117), der einen wesentlichen Teil des von der Schutzbewilligung der Widerspruchsmarke umfaßten Warengebiets "vêtements" ausmacht.

Zum anderen wird der geringere Grad der Markenähnlichkeit kompensiert durch die Tatsache, daß mit diesen Waren "Hosen" der Widerspruchsmarke die jetzt noch gezielt angegriffenen Waren "Bekleidungsstücke, insbesondere T-Shirts" nicht nur sehr ähnlich sind, sondern sogar identisch sein können.

Nachdem somit in dem noch streitgegenständlichen warenmäßigen Umfang die beiden Marken verwechselbar ähnlich sind, ist der Beschwerde der Widersprechenden stattzugeben.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß, aus Gründen der Billigkeit gemäß § 71 Abs 1 MarkenG einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Ströbele Werner Schmitt Mr/prö

Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/24W(pat)138-99.2.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 09.05.2000
Az: 24 W (pat) 138/99


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/c7100f924e08/BPatG_Beschluss_vom_9-Mai-2000_Az_24-W-pat-138-99




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share