Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. April 2005
Aktenzeichen: 26 W (pat) 232/03

(BPatG: Beschluss v. 13.04.2005, Az.: 26 W (pat) 232/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Juni 2003 aufgehoben.

Die Sache wird zur Fortsetzung des Prüfungsverfahrens an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die Markefür verschiedene Waren der Klassen 09, 16 und 28, u. a. auch "Druckereierzeugnisse, insbesondere Bücher", zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 28 hat diese Anmeldung zurückgewiesen, da ihr die erforderliche Unterscheidungskraft fehle. Die beteiligten Verkehrskreise verstünden die angemeldete Marke nämlich als werbenden Sachhinweis dahingehend, daß die beanspruchten Waren dazu dienten, Wissen zu vermitteln. Daher werde der Verkehr in der Marke keinen individualisierenden Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren aus einem bestimmten Unternehmen sehen. Vielmehr versteht er sie als einen Werbeslogan, durch den in werbeüblicher schlagwortartiger Weise auf die Art der Waren hingewiesen werde. Die Wortfolge "wieso€ weshalb€ warum€" werde nachweisbar als allgemeiner Ausdruck der deutschen Sprache und auf den verschiedensten Waren- und Dienstleistungsgebieten verwendet, die im Zusammenhang mit der Wissensvermittlung stehen könnten. Dies zeigten die dem Beschluß beigefügten Unterlagen. Eines besonderen Assoziationsvorganges, um die Bedeutung zu verstehen, bedürfe es dabei nicht. Die graphische Gestaltung könne die Schutzfähigkeit ebenfalls nicht begründen und sei so einfach, daß ein über die Sachaussage hinausgehender bildlicher Sinngehalt nicht ersichtlich sei.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Zwischen dem Erkennen der Marke und der Herstellung eines warenbeschreibenden Bezugs bedürfe es gedanklicher Zwischenschritte und eines interpretativen Assoziationsvorganges. Damit sei kein unmittelbar beschreibender Bezug der Marke zu den beanspruchten Waren gegeben, sondern sie besitze allenfalls einen diffusen Aussagegehalt. Der angemeldeten Marke fehle also nicht jegliche Unterscheidungskraft. Zudem seien an Werbeslogans keine strengeren Anforderungen zu stellen als an andere Wortmarken. Ein Freihaltebedürfnis sei nicht erkennbar, da der Verkehr die angemeldete Marke nicht zu einer sinnvollen Verwendung als Bezeichnung der in Frage stehenden, konkreten Waren benötige.

In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin die Anmeldung für alle Waren mit Ausnahme der Waren "Druckereierzeugnisse, insbesondere Bücher", zurückgenommen und die Zurückverweisung zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung beantragt. Zur Glaubhaftmachung der Verkehrsdurchsetzung hat sie eine eidesstattliche Erklärung einer Mitarbeiterin vorgelegt, die die Umsätze einer mit der angemeldeten Marke gekennzeichneten Kindersachbuchreihe von 1998 bis 2005 darstellt. Nach einer in Form einer Statistik eingereichten Erhebung von Media Control nehme die Kinderbuchserie am Markt für Sachbilderbücher einen Anteil von mehr als 50 % ein. Vorgelegt worden sind zudem Werbematerialien in Form von Flyern und Salesfoldern.

II.

Die zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und Zurückverweisung an das Deutsche Patent- und Markenamt. Zwar steht der angemeldeten Bezeichnung auch für die inzwischen nur noch beanspruchten Waren "Druckereierzeugnisse, insbesondere Bücher" das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegen. Es sind jedoch nunmehr neue Tatsachen zu berücksichtigen, die für die Entscheidung wesentlich sind (§ 70 Abs 3 Nr 3 MarkenG) und zu einer Schutzgewährung führen können.

Der angemeldeten Bezeichnung fehlt jedenfalls jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als betriebliches Herkunfts- und Unterscheidungsmittel für die betreffenden Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden und damit die betriebliche Zuordnung dieser Waren zu ermöglichen (BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - antiKALK; BlPMZ 2004, 30 f - Cityservice). Auch dieses Eintragungshindernis ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt, und das darin besteht, den freien Warenverkehr zu gewährleisten (EuGH GRUR 2002, 804, 805 und 809 - Philips; MarkenR "003, 227, 231 f - Orange). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum, soweit diese geeignet sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen (EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 - BRAVO). Kann demnach einer Wortmarke ein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH aaO - Cityservice).

Der Anmeldung kommt für die Waren "Druckereierzeugnisse, insbesondere Bücher" ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zu. Wie die Markenstelle in dem angegriffenen Beschluss zutreffend dargelegt hat, wird der hier mit im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren konfrontierte Verkehr in dieser Wortfolge nur einen allgemeinen warenbeschreibenden Sachhinweis sehen. Sie setzt sich zusammen aus drei untereinandergestellten und graphisch ausgestalteten Fragewörtern. In ihrer Zusammenstellung wirkt sie durchaus wie ein Slogan. Dieser weist aber nicht lediglich markenmäßige Relevanz auf, sondern beschreibt die so gekennzeichneten Waren nach ihrem Inhalt, ihrer Zweckbestimmung oder ihrer Zielsetzung. Die nunmehr noch beanspruchten "Druckereierzeugnisse, insbesondere Bücher" können nämlich ohne weiteres dazu bestimmt und geeignet sein, Wissen spielerisch zu vermitteln und wissenschaftliche oder naturwissenschaftliche Fragen und Problemstellungen zu beantworten. Eine Wissensvermittlung ist darüber hinaus auf den unterschiedlichsten Sachgebieten und in jeder nur denkbaren Hinsicht vorstellbar, denn die Fragewörter "wieso€ weshalb€ warum€" machen überall einen Sinn, wo dem Fragesteller etwas nicht bekannt ist. Dies belegt auch ihre häufige Verwendung auf unterschiedlichsten Gebieten, wo es zB um die schlagwortartige Ankündigung von Antworten auf naheliegende Fragen geht; entsprechende Beispiele aus dem Internet sind mit der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung besprochen worden. Damit ist die angemeldete Bezeichnung lediglich inhaltsbeschreibend und nicht geeignet, herkunftshinweisend auf ein bestimmtes Unternehmen zu wirken. Dabei vermochte allein der Umstand, daß vorliegend eine aus mehreren Wörtern bestehende Bezeichnung angemeldet ist, nicht bereits zur Schutzfähigkeit zu führen, denn der beschreibende Sinngehalt ist ohne analysierende Betrachtungsweise ohne weiteres verständlich und erkennbar. Auch die bildliche Ausgestaltung vermochte keine Schutzfähigkeit zu verleihen, denn sie beschränkt sich darauf, die drei Worte untereinanderzustellen und diesen den Charakter einer handschriftlichen Wiedergabe zu verleihen. Darin liegt kein schutzbegründender graphischer Überschuß, der imstande wäre, der angemeldeten Bezeichnung unabhängig von dem beschreibenden Inhalt der Wortelemente eigenständig die markenrechtliche Schutzfähigkeit zu verleihen.

Im Verfahren vor dem Patentgericht sind aber neue wesentliche Tatsachen bekannt geworden, die eine Zurückverweisung der Sache rechtfertigen. Die Anmelderin hat sich nämlich im Beschwerdeverfahren erstmals (für eine bestimmte Warengruppe) auf eine Durchsetzung im Verkehr berufen und dazu auch Unterlagen vorgelegt, mit denen diese glaubhaft gemacht wird (Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 70 Rdnr 16). Eine Glaubhaftmachung verlangt Angaben, aus denen sich ergibt, in welcher Form, für welche Waren, von wem, in welchem Gebiet und Umfang sowie seit wann die angemeldete Angabe im Verkehr nach Art einer Marke eingesetzt worden ist. Hierfür geeignete Belege sind insbesondere Kataloge, Preislisten, Werbematerial (mit der jeweiligen Auflagenzahl) sowie Angaben über die bisher erzielten Umsätze oder Werbeaufwendungen. Dabei sind überzogene Anforderungen nicht gerechtfertigt; vielmehr reicht aus, daß nach dem schlüssigen Vortrag und den vorgelegten Unterlagen eine Verkehrsdurchsetzung möglich erscheint (Ströbele/Hacker, aaO, § 8 Rdnr 520 f).

Die vorgelegten Unterlagen lassen eine Durchsetzung im Verkehr denkbar erscheinen. Die eidesstattliche Erklärung von Frau J... gibt die seit 1998 getätigten Umsatzzahlen für die mit der angemeldeten Bezeichnung versehene Kindersachbuchreihe wieder. Danach sind bereits in dem vor der Anmeldung liegenden Zeitraum beachtliche Umsätze getätigt worden, die bis zum Anmeldezeitpunkt eine deutliche Steigerung erfahren haben. Der ebenfalls vorgelegten Erhebung von Media Control lässt sich zudem für den fraglichen Zeitraum vom Anmeldezeitpunkt bis jetzt ein Marktanteil entnehmen, der eine Durchsetzung im Verkehr nicht ausgeschlossen erscheinen lässt. Zwar befasst sich diese Erhebung mit der Ware "Sachbilderbuch". In Verbindung mit der bereits genannten eidesstattlichen Versicherung dürfte darunter aber die von der Anmelderin vertriebene Buchreihe mit dem Titel "wieso€ weshalb€ warum€" fallen. Unterstützt wird ihr Vortrag durch die vorgelegten Werbematerialien in Form einer Verkaufssäule, die sich in etwa jedem vierten Buchladen befinden soll, und die Werbeflyer, die in einer nicht unerheblichen Zahl hergestellt bzw vertrieben worden sind. Insgesamt scheint hiernach eine Durchsetzung im Verkehr möglich. Jedenfalls rechtfertigen diese Anhaltspunkte eine Zurückverweisung der Sache an die Markenstelle zur Vornahme weiterer Ermittlungen, an deren Ende letztlich eine - eventuell nach weiterer Konkretisierung des verbliebenen Warenverzeichnisses - durch die Anmelderin zu veranlassende demoskopische Umfrage (vgl Ströbele/Hacker aaO § 8 Rn 525 ff) stehen dürfte.

Albert Reker Eder Bb






BPatG:
Beschluss v. 13.04.2005
Az: 26 W (pat) 232/03


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