Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 8. Januar 2004
Aktenzeichen: 13 B 2225/03

(OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 08.01.2004, Az.: 13 B 2225/03)

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin - einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen - zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 12.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde, über die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur im Rahmen der Darlegungen der Beschwerdeführerin entscheidet, ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.

Das vorläufige Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin, gleichgültig ob auf der Grundlage des § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Bescheide vom 7. bzw. 8. Mai 2003 nebst Vollziehungsbeseitigungsbegehren oder auf der Grundlage des § 123 Abs. 1 VwGO auf Verpflichtung zur Neudurchführung der Rufnummernzuteilung gerichtet, setzt als Begründetheitserfordernis voraus, dass die Antragstellerin entsprechend dem Ablehnungsbescheid vom 7. Mai 2003 rechtswidrig nicht an der Verteilung der freien Rufnummern der Gasse 118xy beteiligt worden ist. Das ist bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eingeschränkten Prüfungsdichte jedoch nicht festzustellen. Demgemäss fällt die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zu Ungunsten der Antragstellerin aus (Anträge zu 1. und 2.) und ist der nach § 123 Abs. 1 VwGO notwendige Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (Antrag zu 3.). Einerseits fehlt es an der Verletzung eines eigenen Rechts der Antragstellerin im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, andererseits an einem Anspruch der Antragstellerin auf Neudurchführung der ihre Rechte wahrenden Rufnummernzuteilungsverfahrens.

Der Antragstellerin stand im nach dem materiellen Recht maßgeblichen Prüfungszeitpunkt der Zuteilungsentscheidung der Regulierungsbehörde am 7./8. Mai 2003 ein Anspruch auf die beantragten Rufnummern nicht zu. Nach § 43 Abs. 2 und 3 TKG steht die Zuteilung von Rufnummern im Ermessen der Regulierungsbehörde, das durch die Vorläufigen Regeln über die Zuteilung von Rufnummern für Auskunftsdienste (VRZ) i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG mit Bindungswirkung für alle Beteiligten ausgestaltet ist und zu einem Zuteilungsanspruch eines Nummernbewerbers erstarken kann, wenn die Zuteilungsvoraussetzungen der VRZ erfüllt sind.

Zu diesen Voraussetzungen zählt auch aus Sicht des Senats ein alsbaldiger, konkreter Bedarf des jeweiligen Bewerbers für die begehrte Rufnummer. Zwar wird diese Voraussetzung in den VRZ nicht ausdrücklich genannt, doch ergibt sie sich aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungshandelns und vor allem aus Sinn und Zweck der Nummernverwaltung, die insbesondere in den VRZ zum Ausdruck kommen. Es versteht sich von selbst, dass ein konkretes Verwaltungshandeln von einer rationell arbeitenden Behörde sinnvoller Weise nur dann beansprucht werden kann, wenn der Antragsteller ein anerkennenswertes rechtliches Interesse verfolgt. Vor allem hat ein eine Rufnummer begehrendes Dienstleistungsunternehmen dann kein anzuerkennendes rechtliches Interesse an seiner Beteiligung an der Verteilung von Rufnummern durch die zuständige Behörde, wenn es der begehrten Rufnummer nicht alsbald bedarf. Ein derartiger Bedarf folgt für die Vergabe von Rufnummern allgemein und von solchen der Gasse 118xy im Besonderen aus dem ihnen von der Rechtsprechung zuerkannten Charakter einer knappen Ressource. Von einer knappen Ressource ist zurückhaltend, den Vorrat schonend Gebrauch zu machen und deshalb die Vergabe einer Rufnummer nur bei Notwendigkeit und alsbaldiger funktionsgerechter Verwendung der Nummer vorzunehmen. Das wird belegt durch die von der Antragstellerin selbst als Rechtfertigung ihres Begehrens angeführte Befürchtung, die von ihr begehrten Nummern könnten von anderen Unternehmen erfolgreich beantragt und alsdann installiert werden, bevor sie diese Nummern benötige, so dass sie leer ausgehen könnte. Das Erfordernis eines alsbaldigen Bedarfs für eine begehrte Rufnummer ergibt sich ferner aus der Fristenregelung der Nummern 5.2 Satz 3 und 6.1 Buchst. c) VRZ. Aus der Frist von 90 Tagen vor Wirksamwerden einer Nummernzuteilung, zu welchem der Zuteilungsantrag frühestens gestellt werden darf, sowie aus der gleich langen Frist nach Wirksamwerden einer Nummernzuteilung, innerhalb der eine zugeteilte Rufnummer zu nutzen ist, ferner aus der Widerrufsmöglichkeit bei Verstoß gegen diese Fristenregelung folgt, dass eine Rufnummer einerseits nur bei erkennbar alsbaldigem Einsatz zugeteilt werden soll, andererseits ohne einen Einsatz in dieser Frist dem Inhaber auch nicht verbleiben soll, dass mit anderen Worten ein relativ aktueller und fortbestehender Bedarf für die jeweilige Rufnummer für ihre Inhaberschaft erforderlich sein soll. Eine Nummernvergabe auf Vorrat für den Fall, dass das beantragende Unternehmen die Nummer irgendwann einmal zu einem noch nicht absehbaren Zeitpunkt benötigen wird, ist demnach nicht erlaubt und ein dahin gehender Zuteilungsantrag unzulässig mit der Folge seiner Nichtbeteiligung am Vergabeverfahren.

Ein alsbaldiger Bedarf an einer Rufnummer besteht nach dem den VRZ zu Grunde liegenden Sinn und Zweck dann, wenn die Bereitstellung des mit der Rufnummer der Gasse 118xy erreichbaren Auskunftsdienst am Markt in Kürze, d. h. in etwa drei Monaten konkret ansteht. Dies zu beurteilen ist u. a. Sinn des gemäß Nr. 5.1 VRZ vorzulegenden Realisierungskonzepts.

Einen Bedarf im beschriebenen Sinne hatte die Antragstellerin im maßgeblichen Prüfungszeitpunkt der Entscheidung der Regulierungsbehörde und hat sie auch gegenwärtig nicht glaubhaft gemacht. Sie hat selbst entsprechend der Darlegung im Realisierungskonzept vorgetragen, dass sie mit der Firma B. noch über die Erbringung der Zuführungsleistungen für Teilnehmer aus dem Netz der DTAG verhandele; auch wegen des notwendigen Zugangs zu den Datenbanken der Teilnehmernetzbetreiber (z. B. DTAG) befinde sie sich in den Verhandlungen. Das Testpaket ist nur geplant, aber noch nicht realistisch absehbar. All das lässt mit der Antragsgegnerin und dem Verwaltungsgericht eine alsbaldige Bereitstellung der Auskunftsdienste, für die die Antragstellerin die drei begehrten Rufnummern einsetzen will, in etwa drei Monaten nicht erwarten. Das wird des Weiteren bestätigt durch die Tatsache, dass sie selbst die ihr bereits zugeteilten zwei Rufnummern der Gasse 118xy nicht innerhalb der Frist der Nummer 6.1 Buchst. c) VRZ zur Nutzung gebracht hat.

Im übrigen erscheint nicht ausgeschlossen, den alsbaldigen Bedarf schon deshalb in Zweifel zu ziehen, weil die Antragstellerin bereits über zwei Rufnummern der Gasse 118xy verfügt und die von ihr mit dem Realisierungskonzept beschriebenen Auskunftsdienste entweder sich nicht wesentlich anders darstellen als der Auskunftsdienst (Basisdienst), dem die bereits zugeteilten Rufnummern dienen sollen, oder bei gegebenem wesentlichen Unterschied für eine Rufnummer der Gasse 118xy gemäß Nr. 1 Abs. 2 Satz 2 VRZ überhaupt nicht in Betracht kommen könnten. Über die dort vorgesehenen Angaben hinausgehende etwa wirtschaftlich relevante Hintergrundinformationen dürften nicht unter die vorgenannte Regel fallen. Unterschiedliche Entgelte für Auskunftsdienste rechtfertigen nach dem VRZ keine unterschiedlichen Rufnummern. Ein Vorrätighalten von Rufnummern zum Zwecke der Kostenminimierung bei ihrer Einrichtung durch die DTAG entspricht keiner sinnvollen Verwaltung einer knappen Ressource und ist mit Sinn und Zweck der VRZ unvereinbar. Die Antragstellerin kann bei gegebener Zeit andere freie Rufnummern der Gasse 118xy beantragen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO, §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG. Die Anlegung eines jeweils separaten Verfahrens für jede vom einstweiligen Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin wenn auch nur mit dem Antrag zu 3. erfasste Rufnummer ist rechtlich nicht zu beanstanden.






OVG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 08.01.2004
Az: 13 B 2225/03


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