Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Mai 2009
Aktenzeichen: 30 W (pat) 84/05

(BPatG: Beschluss v. 14.05.2009, Az.: 30 W (pat) 84/05)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patentund Markenamts vom 29. September 2003 und 17. Februar 2005 aufgehoben.

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke PFLEGER ursprünglich für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 38, 40, 41, 42 und 44

"Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Fotografien, Schreibwaren; Lehrund Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Telekommunikation; Lohnherstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen, Präparaten für die Gesundheitspflege und Diagnostika; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse und Forschungsdienstleistungen; Entwicklung von chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software; Rechtsberatung und Vertretung; medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen; Gesundheitsund Schönheitspflege für Menschen und Tiere".

Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patentund Markenamts hat die Anmeldung durch zwei Beschlüsse wegen fehlender Unterscheidungskraft und als freihaltungsbedürftige beschreibende Angabe für die Waren und Dienstleistungen

"Druckereierzeugnisse, Fotografien, Lehrund Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate); Telekommunikation; Ausbildung, wissenschaftliche Dienstleistungen und Forschungsarbeiten, Rechtsberatung und Vertretung; medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen, Gesundheitspflege für Menschen und Tiere"

zurückgewiesen mit der Begründung, die Marke sei insoweit eine lediglich beschreibende Angabe, da sie auf den Inhalt, die Bestimmung oder die Zielgruppe der beanspruchten Waren und Dienstleistungen hinweise, nämlich auf "Kranken-, Alten-, Tieroder Rechtspfleger". In einer solchen freihaltungsbedürftigen Sachangabe erblicke der angesprochene Verkehr keinen betrieblichen Herkunftshinweis, so dass der Marke auch die erforderliche Unterscheidungskraft fehle.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die zur Begründung ausführt, dass die beanspruchte Marke nicht nur ein häufiger Nachname sei, sondern auch Teil des Firmennamens der Anmelderin. Zudem sei der Begriff bereits für weitere Klassen geschützt. In der mündlichen Verhandlung und durch schriftliche Erklärung vom 24. April 2009 ist die Anmeldung hinsichtlich der versagten Waren zurückgenommen und das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen wie folgt beschränkt worden:

"Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien soweit in Klasse 16 enthalten; Schreibwaren; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Telekommunikation wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten im Bereich der Biologie, Chemie, Pharmazie, Kosmetik und Medizin, nämlich Erstellung von Analysen und Gutachten zu biologischen, chemischen, pharmazeutischen und kosmetischen Fragen, Dienstleistungen eines biologischen und chemischen Labors, Entwicklung und Wartung biologischer, chemischer, pharmazeutischer, kosmetischer und medizinischer Apparate und Instrumente für Ärzte, Durchführung pharmazeutischer, kosmetischer, medizinischer und klinischer Zulassungsverfahren, Zubereitung von pharmazeutischen, kosmetischen und medizinischen Rezepturen; Entwicklung von chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen; medizinische Dienstleistungen, nämlich Beratung im Bereich der Pharmazie und Kosmetik, Dienstleistungen eines pharmazeutischen, kosmetischen und medizinischen Labors, Dienstleistungen einer Blutund Samenbank, Durchführung und Auswertung pharmazeutischer, kosmetischer, medizinischer und klinischer Untersuchungen"

mit dem Hinweis, dass jedenfalls nunmehr keine beschreibenden Bezüge zwischen dem Anmeldewort und den noch beanspruchten Dienstleistungen bestünden.

Die Anmelderin beantragt, auf der Grundlage des eingeschränkten Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist nach Einschränkung des Warenund Dienstleistungsverzeichnisses begründet.

Nachdem die verbliebenen Waren bereits von der Markenstelle unbeanstandet geblieben sind, ist für die in der Beschwerde noch beanspruchten Dienstleistungen ebenfalls kein unmittelbar beschreibender Sinngehalt auszumachen. Das gilt zunächst für die "Erstellung von Analysen und Gutachten zu biologischen, chemischen, pharmazeutischen, kosmetischen Fragen". Es ist nicht ersichtlich, welchen nahe liegenden beschreibenden Bezug das Markenwort hierfür herstellen könnte. Unter "Pfleger" versteht man eine Person, die kranke Menschen oder Tiere betreut (vgl. Duden, Das Bedeutungswörterbuch, 3. Aufl. 2002, S. 684 li. Sp.; Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006, S. 1279, re. Sp.). Zwar gibt es noch weitere Bedeutungen für das Wort, nämlich für eine vom Vormundschaftsgericht eingesetzte Vertrauensperson, die in bestimmten Fällen für jemanden die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten übernimmt (vgl. Duden, Universalwörterbuch, a. a. O.; Brockhaus Enzyklopädie, 21. Aufl., Band 21 (2006); S. 342) oder -für den schweizerischen Sprachraum -Organisator, Betreuer (vgl. Duden, Universalwörterbuch, a. a. O.). Für diese letztgenannten Bedeutungen scheidet ein beschreibender Bezug des Markenworts zu den vorwiegend medizinischen und laborbezogenen Dienstleistungen offensichtlich aus. Aber auch die Begründung der Markenstelle, die auf die erstgenannte Bedeutung abstellt, greift jedenfalls für das neue Dienstleistungsverzeichnis nicht durch, dass die Marke die Zielgruppe der Dienstleistungen angebe, nämlich die in Pflegeberufen Tätigen. Es ist kaum anzunehmen, dass derartige Dienstleistungen eigens oder insbesondere für Pfleger angeboten werden. Auch liegt der Gedanke fern, dass die Dienstleistungen unter Beteiligung von Pflegern erbracht würden, abgesehen von der Frage, ob es sich hierbei um einen wesentlichen Umstand handeln würde. Ebenso wenig beschreibend ist die angemeldete Marke für die weiteren "Dienstleistungen eines biologischen und chemischen Labors, Entwicklung und Wartung biologischer, chemischer, pharmazeutischer, kosmetischer und medizinischer Apparate und Instrumente für Ärzte, Durchführung pharmazeutischer, kosmetischer, medizinischer und klinischer Zulassungsverfahren; Entwicklung von chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen; medizinische Dienstleistungen, nämlich Beratung im Bereich der Pharmazie und Kosmetik, Dienstleistungen eine pharmazeutischen, kosmetischen und medizinischen Labors, Dienstleistungen einer Blutund Samenbank, Durchführung und Auswertung pharmazeutischer, kosmetischer, medizinischer und klinischer Untersuchungen"; denn auch insoweit geht es in erster Linie um labortechnische oder wissenschaftliche Entwicklungen oder ärztliche Beratungen, mit welchen Pfleger (im eigentlichen Sinne) in der Regel nicht in Berührung kommen, auch nicht im Bereich der Kosmetik, da es sich wie aus dem Dienstleistungsverzeichnis hervorgeht, um eine medizinische Dienstleistung handelt; zwar kennt der Endverbraucher auch "medizinische Fußpflege", aber der Erbringer der Dienstleistung wird üblicherweise nicht "Pfleger" genannt, sondern genauer mit "Fußpfleger".

Schließlich ist die beanspruchte Marke auch nicht freihaltungsbedürftig für die verbleibenden Dienstleistungen "Zubereitung von pharmazeutischen, kosmetischen und medizinischen Rezepturen". Zwar mögen Pfleger im klinischen Alltag mitunter einfache medizinische Rezepturen herstellen. Dies führt aber nicht dazu, dass für die gewerblichen Angebote solcher Dienstleistungen die Berufsbezeichnung im Allgemeininteresse freizuhalten wäre, weil auch insoweit die Herstellung durch einen Pfleger kein ausschlaggebender Grund für die Inanspruchnahme derartiger Dienstleistungen sein wird; ebenso wenig ist anzunehmen, dass sich ein solches Dienstleistungsangebot insbesondere an die Berufsgruppe von Pflegern richtet. Gegen eine Freihaltebedürftigkeit spricht insbesondere, dass mit der Berufsgruppe der Pfleger im Gesundheitsbereich gemeinhin der Krankenoder Altenpfleger verstanden wird.

Nach alledem lässt sich ein Versagungsgrund nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht feststellen.

Erst recht kann der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abgesprochen werden, was nur möglich wäre, wenn ein im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt ermittelbar wäre oder wenn es sich um eine allgemeine anpreisende Angabe handeln würde, welche den Verkehr von der Annahme eines Herkunftshinweises abhalten könnte. Nachdem der Senat der Marke keine entsprechenden Sinngehalte zuordnen konnte und zudem "Pfleger" als Namensoder Herkunftshinweis verwendet wird, was sich auch aus zahlreichen Markeneintragungen ergibt, lässt sich die Eignung der Marke als unterscheidungskräftige Herkunftsangabe nicht mehr ernsthaft bestreiten.

Die Beschwerde musste daher mit dem eingeschränkten Warenund Dienstleistungsverzeichnis Erfolg haben.

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BPatG:
Beschluss v. 14.05.2009
Az: 30 W (pat) 84/05


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