Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Mai 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 19/02

(BPatG: Beschluss v. 26.05.2004, Az.: 32 W (pat) 19/02)

Tenor

Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 25. Juli 2000 und vom 8. November 2001 aufgehoben.

Gründe

I Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister nun noch für

"Dienstleistungen eines Verlags für Buchhandel, Buchversender, Buchclubs, nämlich:

- Information über den Verlag, seine Bücher und andere Verlagserzeugnisse und über Verlagsveranstaltungen - Publikation von Büchern und verschiedenen Druckerzeugnissen - Herausgabe von Verlagsvorschauen und Verlagsprogrammen - Herausgabe von Einzelprospekten und Anzeigen - Empfehlung von Büchern - Recherche von Büchern (Gesamtverzeichnis und Neuerscheinungen)

- Ermöglichen von Kontaktaufnahmen mit dem Verlag, Bestellung von Büchern und Anforderung von Rezensionsexemplaren - alle vorgenannten Dienstleistungen auch online."

ist die Wortmarkerosenheimer.

Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Unterscheidungskraft der Marke und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich für die beanspruchten Waren um geographische Herkunft handele. Dieses Schutzhindernis sei auch nicht durch eine Verkehrsdurchsetzung überwunden. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie macht weiter geltend, dass das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG durch Verkehrsdurchsetzung überwunden sei und ist mit einer Zeitrangverschiebung auf den 15. September 2003 einverstanden.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der begehrten Eintragung in das Markenregister für die noch beanspruchten Dienstleistungen steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch das einer Produktmerkmalsbezeichnung i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) entgegen. Letzteres ist durch Verkehrsdurchsetzung i.S.v. § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden.

1.) Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete Eignung), vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der kennzeichnenden Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden, und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr. vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 - Individuelle). Die beanspruchten Dienstleistungen richten sich gemäß der erfolgten Beschränkung an die Fachkreise der Buchhändler, Buchversender und Buchclubs. Dass diese "rosenheimer" als Sachangabe für die beanspruchten Dienstleistungen eines Verlags ansehen werden, ist fernliegend. Selbst wenn "rosenheimer" als Hinweis auf die Oberbayerische Stadt Rosenheim angesehen wird, so ist jedenfalls die nachgewiesene Bekanntheit des Zeichens ursächlich dafür, dass sie als Herkunftshinweis der Anmelderin aufgefasst wird.

2.) Die Marke ist jedoch als geographische Bezeichnung nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG geeignet im Verkehr zur Bezeichnung der geographischen Herkunft der beanspruchten Verlagsdienstleistung zu dienen. Insoweit ist feststellbar, dass Dienstleistungen eines Verlags von Rosenheim aus erbracht werden.

3.) § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG findet jedoch keine Anwendung, da sich die Marke infolge ihrer Benutzung für die Dienstleistungen, für die sie noch beansprucht wird, in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat (§ 8 Abs. 3 MarkenG).

Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Marke sich vor dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung infolge ihrer Benutzung für die Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, in den beteiligten Kreisen durchgesetzt hat, ist eine Gesamtschau vorzunehmen, bei der alle maßgeblichen Einzelumstände des Falles heranzuziehen sind. Hierzu gehören einmal der Marktanteil, den die mit der Marke versehenen Waren erreichen, nämlich die mit der Markenware erzielten Umsätze, die Intensität, die geographische Verbreitung, die Dauer der Benutzung der Marke, sowie der Umfang der Werbeaufwendungen für die Marke und die hierdurch beim angesprochenen Verkehr erreichte Markenpräsenz (vgl BGH BlPMZ 2004, 158 - Westikopf; EuGH MarkenR 2004, 99 Teilziffer 31ff - KPN/Postkantoor). Die Anmelderin beansprucht die Dienstleistungen eines Verlags für Buchhandel, Buchversender und Buchclubs. Die Anmelderin hat eine Umfrage der Firma Ipsos Deutschland GmbH vom 16. September 2003 vorgelegt, aus der sich ergibt, dass von gut 5000 zweimal 1000 Buchhändler angeschrieben wurden, von denen ca. 500 sich an der Umfrage beteiligten. Von diesen 500 kannten 67 % die Bezeichnung rosenheimer im Zusammenhang mit den Dienstleistungen eines Buchverlags. 95 % derjenigen, die den Begriff kannten, sahen darin den Hinweis auf einen ganz bestimmten Buchverlag. Daneben hat der Verband Bayerischer Verlage und Buchhandlungen e.V. in einem Schreiben vom 16. Juni 2000 bestätigt, dass der Name "rosenheimer" für das Rosenheimer Verlagshaus in Branchenkreisen seit vielen Jahren ein fester Begriff ist. Es kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass seit 1965 Verlagsdienstleistungen des Rosenheimer Verlagshauses unter der Bezeichnung "rosenheimer" erbracht werden. Dies rechtfertigt in einer Gesamtschau die Annahme, dass das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG durch Verkehrsdurchsetzung überwunden ist. Die Verkehrsbefragung wurde am 15. September 2003 beendet. Damit ist die Verkehrsdurchsetzung ab diesem Zeitpunkt nachgewiesen und die Priorität auf diesen Zeitpunkt verschoben, wofür die Anmelderin ihr Einverständnis erklärt hat (§ 37 Abs. 2 MarkenG).

Winkler Kruppa Sekretaruk Hu/Cl






BPatG:
Beschluss v. 26.05.2004
Az: 32 W (pat) 19/02


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