Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. März 2009
Aktenzeichen: 9 W (pat) 45/05

(BPatG: Beschluss v. 30.03.2009, Az.: 9 W (pat) 45/05)

Tenor

I. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

II. Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

-Patentansprüche 1 bis 10, als Hauptantrag überreicht in der mündlichen Verhandlung, -Beschreibung Spalten 1 und 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung, -Beschreibung Spalten 3 bis 7 mit Bezugszeichenliste sowie -Zeichnungen Figuren 1 bis 7 gemäß Patentschrift.

Gründe

I.

Die Patentabteilung 16 des Deutschen Patentund Markenamtes hat nach Prüfung des Einspruchs das am 13. Februar 1996 angemeldete und am 15. November 2001 veröffentlichte Patent mit der Bezeichnung

"Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugzusatzheizgerätes und Glüheinrichtung"

mit Beschluss vom 31. Mai 2005 widerrufen. Die Patentabteilung hat die Auffassung vertreten, dass das Verfahren nach dem jeweiligen Patentanspruch 1 des seinerzeit geltenden Hauptund Hilfsantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Patentinhaberin mit ihrer Beschwerde.

In der mündlichen Verhandlung verteidigt die Patentinhaberin ihr Patent in beschränktem Umfang gemäß neuem Hauptantrag und Hilfsantrag 1.

Die nebengeordneten, demnach geltenden Patentansprüche 1 und 8 nach dem Hauptantrag lauten:

"1. Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugzusatzheizgerätes mit einem Steuergerät (11), einem Brennluftgebläse (6), einer flüssigen Brennstoff zu einem saugfähigen Körper (15) fördernden Brennstoff-Fördereinrichtung (3) und einer elektrischen Glüheinrichtung (2), die mittels des Steuergerätes (11) zur Anpassung an verschiedene Startund Betriebszustände in wenigstens drei verschiedenen Leistungsstufen (U20-U25) ansteuerbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Glüheinrichtung (2) zur Vorwärmung des saugfähigen Körpers (15) während einer von dem ersten Zeitintervall (t21) nach einem Kaltstart definierten Vorwärmphase, bei der die Brennstoff-Fördereinrichtung noch nicht in Betrieb war und ist, mit einer unterhalb der maximalen Leistung liegenden, jedoch höheren Leistung bzw. Spannung (U24) betrieben wird, als deren Leistung bzw. Spannung (U21) bei einem Warmstart beträgt."

"8. Glüheinrichtung (2) für ein Fahrzeugzusatzheizgerät, das mit einem Steuergerät (11), einem Brennluftgebläse (6) und einer flüssigen Brennstoff zu einem saugfähigen Körper (15) fördernden Brennstoff-Fördereinrichtung (3) versehen ist, deren Betrieb mittels eines Steuergerätes (11) in mehreren Leistungsstufen steuerbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Glüheinrichtung (2) für einen getakteten Betrieb (Pulsweitenmodulation) ausgelegt ist und zur Vorwärmung des saugfähigen Körpers (15) während einer durch das erste Zeitintervall (t21) nach einem Kaltstart definierten Vorwärmphase, bei der die Brennstoff-Fördereinrichtung (3) außer Betrieb ist, mit einer höheren Leistung bzw. Spannung (U24) betrieben wird, als deren Leistung bzw. Spannung (U21) bei einem Warmstart beträgt."

Den Patentansprüchen 1 bzw. 8 schließen sich rückbezogen Patentansprüche 2 bis 7 bzw. 9 und 10 an.

Zu den Patentansprüchen 1 bis 10 nach dem Hilfsantrag 1 wird auf die Akte verwiesen.

Die Patentinhaberin hält ihr nunmehriges Patentbegehren für zulässig und die Gegenstände der selbständigen Patentansprüche 1 und 8 nach dem jeweiligen Antrag für patentfähig.

Sie stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten:

-Patentansprüche 1 bis 10, überreicht in der mündlichen Verhandlung gemäß Hauptantrag, -Beschreibung Spalten 1 und 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung gemäß Hauptantrag, -Beschreibung Spalten 3 bis 7 mit Bezugszeichenliste sowie -Zeichnungen Figuren 1 bis 7 gemäß Patentschrift, hilfsweise, das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten: -Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag 1, überreicht inder mündlichen Verhandlung, -im Übrigen wie Hauptantrag.

Die Einsprechende stellt den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Meinung, dem Gegenstand des Streitpatents mangele es an der Patentfähigkeit gegenüber dem Stand der Technik. Des Weiteren ergäben sich mit den in den nunmehr geltenden Anspruchsätzen angegebenen Rückbeziehungen der Patentansprüche Merkmalskombinationen, die mit den Rückbeziehungen der ursprünglichen Patentansprüche nicht zum ursprünglichen Anspruchsumfang gehört hätten. Das Patentbegehren sei deshalb gegenüber der Ursprungsanmeldung unzulässig erweitert. Zum Stand der Technik verweist die Einsprechende in der mündlichen Verhandlung auf die Druckschriften:

-DE 43 23 221 C1 -DE 40 30 384 A1 -DE 37 23 660 A1.

Im Einspruchsverfahren hatte sie noch folgende weitere Druckschriften entgegengehalten:

-EP 0 227 478 A2 -DE 29 31 936 C2 -DE 38 12 299 A1 -DE 44 46 113 A1.

II.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie hat teilweise Erfolg durch Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und beschränkte Aufrechterhaltung des Patents.

1. Das Patent betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugzusatzheizgerätes sowie eine Glüheinrichtung für ein Fahrzeugzusatzheizgerät. In der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift ist ausgeführt, dass bei einem Verfahren zur Steuerung eines Heizbrenners nach der DE 40 30 384 A1 während einer Startphase gleichzeitig mit dem Beginn der Kraftstoffeinspeisung und der Verbrennungsluftzufuhr eine erste vorgegebene Spannung für eine erste vorgegebene Zeitdauer an eine Glühkerze angelegt werde. Nach Feststellen der Zündung des Brenners werde die Spannung auf eine zweite, gegenüber der ersten kleinere Spannung heruntergefahren. Diese Betriebsweise habe den Nachteil, dass der relativ kühle Brennstoff das Erwärmen der Glühkerze auf Zündtemperatur verzögere. Bei einem Fahrzeugheizgerät nach der DE 43 23 221 C1 werde die Glüheinrichtung während der Startphase mit einer konstanten Ansteuerspannung betrieben, unabhängig davon, ob es sich um einen Erststart oder einen Zweitstart nach vergeblichem Erststart handele. Den in den Brennraum geförderten phasenweise variierenden Mengen von Brennstoff oder Brennluft werde dabei nicht immer genügend Rechnung getragen.

Das dem Patent zugrundeliegende und mit der Aufgabe formulierte technische Problem besteht daher darin, eine Glüheinrichtung für ein Fahrzeugzusatzheizgerät sowie ein Verfahren zum Betreiben eines solchen bereitzustellen, mittels denen ein sicherer Start und ein optimaler Betrieb des Fahrzeugzusatzheizgerätes in unterschiedlichen Betriebsphasen gewährleistet ist.

Dieses Problem soll durch das Verfahren nach den Patentansprüchen 1 und die Glüheinrichtung nach den Patentansprüchen 8 der jeweiligen Anträge gelöst werden.

2.

Als Fachmann sieht der Senat einen Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau an, der bei einem Hersteller von Fahrzeugheizungen mit der Entwicklung von brennstoffbetriebenen Fahrzeugzusatzheizgeräten befasst ist und auf diesem Gebiet über mehrjährige Berufserfahrung verfügt.

3.

Zum Hauptantrag 3.1 Das Patentbegehren ist zulässig. Das Verfahren nach dem geltenden Patentanspruch 1 ergibt sich aus einer Zusammenfassung der Merkmale nach den ursprünglichen Patentansprüchen 1 und 6 mit Merkmalen aus der ursprünglichen Beschreibung (Seite 5, 1. bis 3. Absatz; Figur 2; Seite 6, letzter Absatz; Figur 3). Die Ausgestaltung der Glüheinrichtung nach Patentanspruch 8 folgt aus einer Zusammenschau der in den ursprünglichen Patentansprüchen 10 und 12 angegebenen Ausgestaltungen mit diese näher spezifizierenden Merkmalen gemäß ursprünglicher Beschreibung (Seite 3, letzter Absatz; Seite 5, 1. bis 3. Absatz; Figuren 2, 3). Die in den geltenden Unteransprüchen angegebenen Merkmale sind ebenfalls den ursprünglichen Unterlagen entnehmbar.

Durch den geltenden Anspruchsatz mögen sich Merkmalskombinationen ergeben, die mit dem Anspruchsatz der ursprünglichen Anmeldeunterlagen nicht beansprucht waren. In einer Patentanmeldung ist der Offenbarungsort der Erfindung jedoch nicht beschränkt auf die Patentansprüche, sondern umfasst die Beschreibung und Zeichnung gleichermaßen. Aus der Gesamtheit dieser Unterlagen waren die mit den nunmehr geltenden Patentansprüchen beanspruchten Gegenstände ohne Weiteres als mögliche Ausgestaltungsvarianten der Erfindung erkennbar. Denn schon mit seinem für ihn typischen Fachverständnis konnte der Fachmann erkennen, dass die in den ursprünglichen Patentansprüchen angegebenen Merkmale, wenngleich durch die Rückbeziehungen dieses ersten Formulierungsvorschlags formal nicht vorgesehen, zu einem sinnvollen Ganzen miteinander verknüpfbar sind.

Das Streitpatent in seiner erteilten Fassung offenbart das Verfahren nach dem geltenden Patentanspruch 1 in den Merkmalen nach dem erteilten Patentanspruch 1, konkretisiert durch in der Beschreibung der Streitpatentschrift angegebene Merkmale (Absätze 29, 30; Figuren 2, 3). Die Glüheinrichtung nach dem geltenden Patentanspruch 8 ergibt sich aus dem erteilten Patentanspruch 8 unter Einbeziehung von dieser Ausgestaltung näher spezifizierenden Angaben gemäß Beschreibung der Streitpatentschrift (Absätze 21, 29, 30; Figuren 2, 3). Die gegenüber ihrer erteilten Fassung hinzugekommenen Merkmale dieser Patentansprüche stellen Konkretisierungen der bereits in den erteilten Patentansprüchen angegebenen Ausgestaltungen dar und bilden deshalb gegenüber der erteilten Fassung eine Beschränkung. Die geltenden Unteransprüche stimmen zumindest inhaltlich mit den erteilten Unteransprüchen überein.

Die Änderung in der Beschreibung (Spalte 1, Zeile 67) korrigiert einen in der erteilten Fassung in offensichtlicher Weise unzutreffend formulierten Sachverhalt. Die fehlerhafte Formulierung sowie der tatsächlich gemeinte Sachverhalt ist schon allein aus dem Fachverständnis heraus erkennbar und im Übrigen im erteilten Patentanspruch 3 angegeben. Die ursprünglichen Anmeldeunterlagen offenbaren diesen Sachverhalt in Zusammenschau der Patentansprüche 7 und 8.

3.2 Das Verfahren nach dem geltenden Patentanspruch 1 und die Glüheinrichtung nach dem geltenden Patentanspruch 8 sind neu und zweifelsohne gewerblich anwendbar. Aus keiner der in Betracht gezogenen Druckschriften ist ein Verfahren mit allen in Patentanspruch 1 bzw. eine Glüheinrichtung mit allen in Patentanspruch 8 angegebenen Merkmalen bekannt. Insbesondere ist bei keinem der aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren (Patentanspruch 1) während einer von dem ersten Zeitintervall nach einem Kaltstart definierten Vorwärmphase die Brennstoff-Fördereinrichtung außer Betrieb und außerdem die Glüheinrichtung mit einer unterhalb der maximalen Leistung liegenden, jedoch höheren Leistung als bei einem Warmstart betrieben. Ebenso wenig ist aus diesem Stand der Technik eine Glüheinrichtung bekannt, die in einer Vorwärmphase, welche definiert ist durch besagtes erstes Zeitintervall nach einem Kaltstart, mit einer gegenüber einem Warmstart höheren Leistung betrieben wird und für einen durch Pulsweitenmodulation getakteten Betrieb ausgelegt ist.

3.3 Das Verfahren nach dem geltenden Patentanspruch 1 und die Glüheinrichtung nach dem geltenden Patentanspruch 8 beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit.

3.3.1 Verfahren nach Patentanspruch 1 Die DE 43 23 221 C1 offenbart ein Verfahren zum Starten eines Fahrzeugzusatzheizgerätes (Spalte 1, Zeilen 3 bis 27; Spalte 3, Zeilen 13 bis 15). Das Fahrzeugzusatzheizgerät weist ein Steuergerät 16, ein Brennluftgebläse 9, einen saugfähigen Körper 3, eine Brennstoff-Fördereinrichtung 5 sowie eine Glüheinrichtung 6 auf. Das Steuergerät 16 koordiniert den Betrieb dieser Komponenten (Spalte 3, Zeilen 16 bis 19). Wie die hier wiedergegebene Figur 2 dieser Druckschrift zeigt, ist in dem ersten Zeitintervall nach Einschalten des Geräts (Zeitpunkt t0) die Brennstoff-Fördereinrichtung noch nicht in Betrieb (mittleres Diagramm). Bei diesem Einschalten handelt es sich um einen Start nach einem längeren Stillstand des Heizgeräts (Spalte 3, Zeilen 31 bis 34 i. V. m. Zeilen 43 bis 48), also um einen Kaltstart, bei dem die Brennstoff-Fördereinrichtung -im streitpatentgemäßen Sinn -noch nicht in Betrieb war. Das Verfahren nach dem geltenden Patentanspruch 1 stimmt bezüglich dieser Merkmale mit dem vorbekannten Verfahren überein und ist daher insoweit bekannt. Über diese übereinstimmenden Merkmale hinaus wird nach dem vorbekannten Verfahren allerdings die Glüheinrichtung in allen Betriebsphasen konstant mit maximaler Leistung betrieben. Zweck dieser Vorgehensweise soll sein, die Startsicherheit des Heizgeräts erheblich zu steigern (Spalte 1, Zeilen 24 bis 27). Der Fachmann kann daraus nur die Lehre entnehmen, dass zur Sicherstellung des Zündvorgangs permanent Wärmeenergie auf maximalem Niveau über die Glüheinrichtung zugeführt werden muss. Das steht dem streitpatentgemäß beanspruchten Betrieb der Glüheinrichtung mit einer gegenüber einem Warmstart höheren Leistung, die zudem unterhalb der maximalen Leistung liegen soll, entgegen. Überdies soll gemäß der DE 43 23 221 C1 diese maximale Leistung auch bei einem unmittelbar auf einen missglücktem Erststart folgenden Zweitstart, also bei schon erheblich vorgewärmtem Brennraum erfolgen. Der Fachmann muss hieraus umso mehr den Eindruck gewinnen, unabhängig von der bereits erreichten Brennraumtemperatur die maximale Glühleistung unverändert beizubehalten. Von einer gegenüber einem Warmstart höheren Glühleistung bei einem Kaltstart führt solches geradezu weg. Sollte der Fachmann -was der Senat angesichts der geschilderten Sachlage für abwegig hält -dennoch auf den Gedanken kommen, die Glüh-Leistung phasenweise zu variieren, etwa weil er bei dem vorbekannten Verfahren die fehlende Möglichkeit der Anpassung der zugeführten Wärmeenergie an phasenweise unterschiedliche Brennstoffund Brennluftmengenströme als nachteilig ansieht (Streitpatentschrift Spalte 1, Zeilen 25 bis 28), so erhält er aber dadurch noch keinen Hinweis auf die Art und Weise der Variierung und die jeweils geeigneten Leistungsniveaus. Er kommt somit auch in diesem Fall nicht zu einem Betrieb der Glüheinrichtung mit bei einem Kaltstart gegenüber einem Warmstart höherer, jedoch geringerer als der maximalen Leistung.

Im Ergebnis zeigt sich, dass das Verfahren nach der DE 43 23 221 C1 allein nicht zu dem streitpatentgemäß beanspruchten Verfahren führen kann.

Auch der übrige Stand der Technik führt nicht in naheliegender Weise zu dem beanspruchten Verfahren.

Aus der DE 40 30 384 A1 ist ein Verfahren zum Steuern eines Heizbrenners zur Verwendung in Kraftfahrzeugen bekannt (Spalte 1, Zeilen 3 bis 6). Konkret soll dieses Heizgerät eingesetzt werden zum Warmhalten eines wärmeisolierten Raums während des Transports in einem Kraftfahrzeug, z. B. zum Warmhalten von Speisen (Spalte 4, Zeilen 15 bis 18). Da es sich demnach um ein Heizgerät handelt, dass zusätzlich (zu einer -weil üblich -grundsätzlich vorhandenen Fahrgastzellenheizung) in einem Fahrzeug zur Beheizung eines Laderaums eingesetzt wird, mag es als Fahrzeugzusatzheizgerät im Sinne des Streitpatents und damit das vorbekannte Verfahren zum Steuern desselben als zum streitpatentgemäßen Verfahren gattungsgemäß anzusehen sein.

Wie aus der hier wiedergegebenen Figur 3 ersichtlich, werden mit dem Startsignal für den Zündvorgang (Zeitpunkt t0) Glüheinrichtung 6, Brennstoffpumpe 19 und Brennluftgebläse 10 eingeschaltet (Spalte 2, Zeilen 39 bis 47; Spalte 6, Zeilen 20 bis 22). Eine Zündung erfolgt nicht vor dem Zeitpunkt t7 (Spalte 6, Zeilen 20 bis 35). Innerhalb des demnach der Vorerwärmung dienenden Zeitabschnitts t0-t7 werden die Gerätekomponenten Glüheinrichtung, Brennstoffpumpe und Brennluftgebläse phasenweise betrieben bzw. phasenweise mit unterschiedlicher Leistung betrieben. Dem Fachmann ist demnach zwar die Kenntnis zu unterstellen, in einem Zeitintervall zwischen Einschalten des Heizgeräts (Zeitpunkt t0) und Entstehen der Flamme (Zeitpunkt t7) die Glüheinrichtung in unterschiedlichen Leistungsniveaus zu betreiben. Gleichzeitig lehrt die DE 40 30 384 A1 aber auch, im ersten Zeitintervall nach Einschalten (t0-t1) die Brennstoffpumpe zu aktivieren und überdies die Glüheinrichtung mit maximaler Leistung zu betreiben (Spalte 6, Zeilen 35 bis 38). Abweichend davon wird bei dem streitpatentgemäßen Verfahren in besagtem Zeitintervall die Brennstoffpumpe außer Betrieb gehalten und die Glüheinrichtung mit geringerer als der maximalen Leistung betrieben. Eine Anregung dazu vermag die DE 40 30 384 A1 nicht zu geben, zumal das dort offenbarte Verfahren ausdrücklich zur Verbesserung der Zündfähigkeit, also zur sicheren Gewährleistung der Flammbildung vorgeschlagen ist (Spalte 2, Zeilen 10 bis 15). Sähe sich der Fachmann dennoch veranlasst, die Brennstoffpumpe erst nach Ablauf eines ersten Zeitintervalls zuzuschalten, z. B. weil er in Anwendung der vorbekannten Betriebsweise die Brennstoff-Förderung unmittelbar nach dem Start als die Erwärmung der Glüheinrichtung zeitverzögernd einschätzt (Streitpatentschrift Spalte 1, Zeilen 17 bis 19), ergäbe sich daraus nicht der streitpatentgemäß beanspruchte Betrieb der Glüheinrichtung mit geringerer als maximaler Leistung, die höher ist als bei einem Warmstart. Die DE 40 30 384 A1 allein für sich legt das streitpatentgemäß beanspruchte Verfahren demnach ebenfalls nicht nahe.

Die DE 37 23 660 A1 befasst sich mit der Verzögerung des Einbzw. Ausschaltens von Gerätekomponenten in motorunabhängigen Fahrzeugheizungen. Es ist eine Schaltung beschrieben, die den Motor des Brennluftgebläses zeitverzögert einund ausschaltet. Zum Stand der Technik ist ausgeführt, dass zwecks sicherer Entflammung des Kraftstoff-Luft-Gemisches zunächst nur die Glühkerze eingeschaltet und nach Erreichen ihrer Arbeitstemperatur das Gebläse sowie die Brennstoffpumpe zugeschaltet würden (Spalte 1, Zeilen 20 bis 27). Damit offenbart diese Druckschrift dem Fachmann zwar den Verzicht auf Brennstoff-Förderung in einem Zeitintervall unmittelbar nach Einschalten des Geräts (was im Übrigen schon aus der DE 43 23 221 C1 bekannt ist, s. o.). Sie gibt aber keinerlei Anregung zum Betrieb der Glüheinrichtung mit geringerer als maximaler und zudem höherer Leistung als bei einem Warmstart. Sie gibt nicht einmal Anregung auf unterschiedliche Leistungsniveaus der Glüheinrichtung überhaupt.

Der Stand der Technik nach den übrigen Druckschriften kommt dem beanspruchten Verfahren zumindest nicht näher als der oben dargelegte Stand der Technik. Diese Druckschriften haben in der mündlichen Verhandlung auch keine Rolle gespielt.

Von einer Zusammenschau der verschiedenen Verfahrensabläufe nach dem Stand der Technik ist der Fachmann schon aus grundsätzlichen Erwägungen abgehalten. Denn ihm ist die gegenseitige Beeinflussung und Wirkungsabhängigkeit der Betriebsphasen der drei Komponenten Glüheinrichtung, Brennstoffpumpe und Brennluftgebläse bewusst. Die Veränderung der Betriebsphasen nur einer der Komponenten allein führt unmittelbar zu einer Veränderung der Auswirkung der Betriebsphasen der anderen Komponenten, weshalb ein gegenseitiger Austauscheinzelner Maßnahmen aus verschiedenen eigenständigen, jeweils für sich aufeinander abgestimmten Startroutinen nicht unter Beibehalt der übrigen Maßnahmen möglich ist. Der Fachmann sieht daher eine Übernahme der Betriebweise einer der Komponenten aus einem eigenständigen Verfahrensablauf in einen bestehenden Verfahrensablauf isoliert für sich, sei es in Bezug auf Phasenlänge, Phasenlage oder auch Phasenamplitude, als nicht mit Erfolg realisierbar, zumindest aber als funktionsmindernd an. Eine solche Verknüpfung wird er deshalb schon grundsätzlich nicht in Betracht ziehen. Der Senat ist bei dieser Sachlage der Überzeugung, dass eine Zusammenschau mit dem Ergebnis des streitpatentgemäß beanspruchten Verfahrensablaufes nur rückschauend in Kenntnis der Erfindung zustande kommen kann.

Demnach beruht das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

3.3.2 Glüheinrichtung nach Patentanspruch 8 Patentanspruch 8 kennzeichnet den getakteten Betrieb der Glüheinrichtung mittels Pulsweitenmodulation und ihre Ansteuerung während einer durch ein erstes Zeitintervall nach einem Kaltstart definierten Vorwärmphase, bei der die Brennstoff-Förderung außer Betrieb ist, mit einer gegenüber einem Warmstart höheren Leistung. Dabei enthält dieser Patentanspruch Merkmale, die nicht unmittelbar eine gegenständliche Ausgestaltung, sondern die Betriebsweise der beanspruchten Vorrichtung (Glüheinrichtung) kennzeichnen (z. B. Betrieb mit gegenüber einem Warmstart höherer Leistung). Die Arbeitsweise einer Vorrichtung ist aber wie die gegenständliche Ausgestaltung selbst ein Kennzeichen der Vorrichtung (Schulte PatG 8. Auflage § 1 Rdnr. 212). Dementsprechend trägt ein derartiges Merkmal auch zur Begründung der Patentfähigkeit der Vorrichtung bei.

Die DE 40 30 384 A1 betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Steuerung eines Heizbrenners. Daraus vorbekannt ist eine pulsmodulierte Ansteuerung für das Brennluft-Gebläse eines Fahrzeugzusatzheizgerätes (DE 40 30 384 A1 Spalte 10, Zeile 58, bis Spalte 11, Zeile 13). Dem Fachmann war damit im Grundsatz die Ansteuerung einer Heizgeräte-Komponente über Pulsmodulation bereits vor dem Anmeldetag des Streitpatentes bekannt. Diese Ansteuerung speziell auf die Glüheinrichtung anzuwenden, war er durch die Lehre der DE 40 30 384 A1 aber eher abgehalten. Denn obwohl die vorbekannte Glüheinrichtung in unterschiedlichen Leistungsstufen betrieben wird und zudem Sinn und Zweck einer pulsmodulierten Ansteuerung eben gerade die Leistungsvariation ist, ist in dieser Druckschrift die Pulsmodulation nur in Bezug auf das Brennluftgebläse angegeben, im Zusammenhang mit der ebenfalls leistungsvariierbaren Glüheinrichtung dagegen gerade nicht. Überdies gibt die DE 40 30 384 A1 auch keinerlei Hinweis, die Leistung der Glüheinrichtung in besagtem ersten Zeitintervall nach einem Kaltstart in Bezug zu setzen zu einer Glüh-Leistung bei einem Warmstart. Schon gar nicht ist ein Hinweis auf den Betrieb der Glüheinrichtung mit gegenüber einem Warmstart höherer Leistung entnehmbar. Der Fachmann hat somit durch diese Druckschrift keine Anregung, die Glüheinrichtung in der streitpatentgemäß beanspruchten Weise zu betreiben. Ein pulsweitenmodulierter Betrieb der Glüheinrichtung eines Fahrzeugzusatzheizgeräts geht zwar aus der DE 44 46 113 A1 hervor, die als prioritätsälteres, nachveröffentlichtes Dokument bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit jedoch außer Betracht zu bleiben hat. Den übrigen Druckschriften ist schon ein pulsmodulierter Betrieb der Heizgerätkomponenten als solcher nicht entnehmbar, geschweige denn eine Pulsweitenmodulation zum Betreiben der Glüheinrichtung. Auch ist in keiner dieser Druckschriften ein Hinweis auf das Verhältnis der Glüh-Leistung im ersten Zeitintervall nach Kaltstart ohne Brennstoff-Förderung zur Glüh-Leistung bei einem Warmstart gegeben. Diese Druckschriften kommen deshalb der streitpatentgemäß beanspruchten Glüheinrichtung zumindest nicht näher als der Stand der Technik nach der DE 40 30 384 A1.

Wie im Übrigen oben zu Patentanspruch 1 dargelegt, führt nach dem Verständnis des Fachmanns eine Verknüpfung oder ein bloßer gegenseitiger Austausch von Betriebsweisen einzelner Komponenten aus jeweils eigenständigen, unterschiedlichen Startroutinen nicht zu einem funktionsfähigen Ganzen. Solches wird der Fachmann daher nicht in Betracht ziehen. Deshalb ist der Senat auch hier der Ansicht, dass eine Zusammenschau des Standes der Technik nur in rückschauender Betrachtung zum beanspruchten Gegenstand führen kann.

3.4 Unteransprüche 2 bis 7 und 9, 10 Die Unteransprüche 2 bis 7 bzw. 9 und 10, die zweckmäßige Weiterbildungen der Gegenstände der Patentansprüche 1 bzw. 8 betreffen und zumindest keine Selbstverständlichkeiten beinhalten, werden von den Patentansprüchen 1 bzw. 8 getragen.

4.

Zum Hilfsantrag Einer Entscheidung über die Patentansprüche nach dem Hilfsantrag bedarf es nicht, nachdem dem Hauptantrag der Patentinhaberin stattgegeben ist.

Pontzen Bork Friehe Reinhardt Ko






BPatG:
Beschluss v. 30.03.2009
Az: 9 W (pat) 45/05


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