Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Februar 2001
Aktenzeichen: 25 W (pat) 128/00

(BPatG: Beschluss v. 15.02.2001, Az.: 25 W (pat) 128/00)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bezeichnung EVEOS ist am 1. September 1997 für die Waren "pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Bronchyman-Erkältungssalbe, Knoblauch-Kapseln, Kräuterarzneien, Medizinaltee, Melissengeist, Rheuma-Schmerzlinderungs-Balsam, Herz-Kreislauf-Tonikum, Ginseng-Tonikum, Johanniskraut-Dragees, Japanisches Minzöl, Latschenkiefer-Massagefluid, Wärme-RelaxÖlbad, vorgenannte Waren für pharmazeutische/medizinische Zwecke; Latschenkiefer-Massagefluid auch für kosmetische Zwecke" in das Markenregister eingetragen worden. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 10. Oktober 1997.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der für "produits chimiques pour l/hygiène, pharmaceutiques et veterinaires" eingetragenen, im Inland seit dem 2. Juli 1996 Schutz genießenden Marke IR 343 890 IDEOS.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in einem Erst-Beschluß eine Verwechslungsgefahr bejaht und die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Ausgehend von der nach der Registerlage möglichen Warenidentität und der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke seien strenge Anforderungen an den Markenabstand zu stellen, denen die jüngere Marke in klanglicher Hinsicht wegen der gemeinsamen Lautfolge "-eos" und der Klangähnlichkeit der Anfangsvokale nicht gerecht wird. Die Unterschiede der schwachen Konsonanten "v" und "d" wirkten demgegenüber in der zumal unbetonten Wortmitte im Gesamtklang nur wenig auffällig.

Im Erinnerungsverfahren ist dieser Beschluß aufgehoben und der Widerspruch zurückgewiesen worden, da die angegriffene Marke auch unter Berücksichtigung strenger Anforderungen einen ausreichenden Markenabstand einhalte. Dies gelte nicht nur im Vergleich der Schriftbilder, die sich wegen der markant abweichenden Wortanfängen noch hinreichend deutlich unterschieden, sondern auch in klanglicher Hinsicht. Denn der jeweilige Klangeindruck der sich gegenüberstehenden Markenwörter würde von ihren betonten, unterschiedlichen Anfangssilben "eve" "ide" beherrscht, während die übereinstimmende Endung "os" unbetont sei und weniger hervortrete. Verwechslungsmindernd wirke die mit der Widerspruchsmarke einhergehende gedankliche Verbindung mit dem Wort "Idee".

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markenstelle habe zu Unrecht eine Verwechslungsgefahr verneint und die Ansicht vertreten, daß das Klangbild der Marken von den jeweiligen Anfangssilben beherrscht werde. Wie der Erst-Beschluß zutreffend festgestellt habe seien die Anfangsvokale auch nicht grundlegend verschieden. Ebenso bewirkten die Konsonanten "v" zu "d" keine markante Änderung des Klangbildes. In beiden Zeichen finde sich ein weiches Klangbild wieder, so daß aus der Erinnerung heraus die Marken nicht unterschieden werden könnten. Es entspreche auch nicht den Regeln der deutschen Aussprache, daß die Endung "os" unbetont sei. Diese trete vielmehr wegen des vorangehenden Vokals "e" markant hervor und klinge deutlich nach. Unzutreffend sei auch, daß die Verwechslungsgefahr durch den Begriffsinhalt der Widerspruchsmarke gemindert sei, da für den Großteil der Verbraucher "IDEOS" ein reines Phantasiewort darstelle und der Sinngehalt eines Wortes nur dann verwechslungsmindernd wirken könne, wenn es sich um ein Wort der Umgangssprache mit festem Begriffsinhalt handele.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

Selbst bei einer unterstellten Warenidentität und entsprechend hohen Anforderungen an den Markenabstand seien Verwechslungen zwischen den Zeichen zuverlässig auszuschließen, da sich in klanglicher Hinsicht die Gemeinsamkeiten auf die übereinstimmenden Endungen beschränkten und der jeweilige Gesamteindruck von den betonten, sich insgesamt deutlich unterscheidenden Anfangsbestandteilen bestimmt werde, zumal diese stärker beachtet würden und es sich um jeweils eher kurze Markenworte handele. Eine Verwechslungsgefahr in schriftbildlicher Hinsicht werde selbst von der Widersprechenden nicht ernsthaft behauptet und bestehe keinesfalls. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr stehe vorliegend jedoch der schriftbildliche Markenvergleich deutlich im Vordergrund, da in Bezug auf die von der Inhaberin der angegriffenen Marke angebotenen Waren - anders als zB bei apothekenpflichtigen Waren - der Erwerbsvorgang sich durch einen Kauf auf Sicht vollziehe. Zu berücksichtigen sei schließlich, daß auch der Endverbraucher bei Waren der vorliegenden Art besonders sorgfältig die Auswahl treffe und daß auch dieser die Widerspruchsmarke gedanklich mit dem Wort "Idee" in Verbindung bringe, was die Unterscheidbarkeit der Marken insbesondere auch in klanglicher Hinsicht zusätzlich fördere.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse sowie die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs 1 Satz 1, Abs 2 MarkenG). Sie ist jedoch in der Sache nicht begründet, da auch nach Auffassung des Senats keine Verwechslungsgefahr zwischen den sich gegenüberstehenden Marken im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG besteht. Der Widerspruch ist deshalb zu Recht in dem angefochtenen Erinnerungs-Beschluß zurückgewiesen worden, §§ 42 Abs 2 Nr 1, 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG.

Der Senat geht bei seiner Entscheidung mangels entgegenstehender Anhaltspunkte von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus.

Nach der vorliegend maßgeblichen Registerlage können sich die Marken auf identischen Waren begegnen, für die mangels Festschreibung einer Rezeptpflicht in den Warenverzeichnissen Laien als angesprochene Verkehrskreise uneingeschränkt zu berücksichtigen sind. Auch insoweit ist allerdings davon auszugehen, daß grundsätzlich nicht auf einen sich nur flüchtig mit der Ware befassenden, sondern auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware oder Dienstleistung unterschiedlich hoch sein kann (vgl BGH MarkenR 2000, 140, 144 ATTACHÉ / TISSERAND; BGH GRUR 1998, 942, 943 li Spalte - ALKA-SELTZER; EuGH MarkenR 1999, 236, 239 unter 24. - Lloyd / Loints) und der insbesondere allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt eine gesteigerte Aufmerksamkeit beizumessen pflegt (vgl BGH GRUR 1995, 50, 53 - Indorektal / Indohexal).

Auch wenn danach - jedenfalls soweit Warenidentität möglich ist - an den zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr erforderlichen Markenabstand strenge Anforderungen zu stellen sind, so ist die Ähnlichkeit der Marken in keiner Richtung derart ausgeprägt, daß die Gefahr von Verwechslungen im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zu bejahen wäre. Allerdings liegt auch nach Auffassung des Senats die Gefahr klanglicher Verwechslungen der Markenwörter näher als im Vergleich der Schriftbilder. Insoweit kann sich die Inhaberin der angegriffenen Marke auch nicht darauf berufen, daß sie ihre Waren im Einzelhandel in Selbstbedienungsläden zum Verkauf anbietet und wegen des hiermit verbundenen Kaufs auf Sicht die Beurteilung der klanglichen Verwechslungsgefahr von vorneherein in den Hintergrund trete. Denn derartige Umstände sind im registerrechtlichen Widerspruchsverfahren unbeachtlich, sofern sie nicht bereits aus der Art der registrierten Waren oder sonstigen sich aus der Registerlage ergebenden Umstände folgen. Dies ist vorliegend nicht der Fall, so daß auch die klangliche Verwechslungsgefahr uneingeschränkt zu berücksichtigen ist.

Bei den sich gegenüberstehenden Markenwörtern "EVEOS" und "IDEOS" handelt es sich um übersichtliche, gut erfaßbare und relativ kurze Wörter, deren Unterscheidbarkeit sowohl in schriftbildlicher als auch in klanglicher Hinsicht noch hinreichend deutlich durch die abweichenden Anfangsbestandteile gesichert wird. Diese sorgen nicht nur wegen ihrer deutlichen Konturunterschiede in schriftbildlicher Hinsicht in jeder üblichen Schreibweise für eine hinreichende Unterscheidbarkeit, zumal das Schriftbild eine ruhige und auch wiederholte Wahrnehmung der Bezeichnung gestattet. Auch bei der klanglichen Gegenüberstellung der Wörter gewährleisten die jeweiligen, im Klang abweichenden Anfangsvokale "i" zu "e" gemeinsam mit dem jeweiligen, gleichfalls abweichenden Folgekonsonanten noch eine hinreichende Differenzierung des Klangbildes im jeweiligen Gesamteindruck. Hierbei muß insbesondere berücksichtigt werden, daß die vokalischen Unterschiede, anders als im Wortinnern, nicht nur wesentlich stärker ins Gewicht fallen, weil sie Anfangsvokale betreffen und bereits aus diesem Grund erfahrungsgemäß stärker beachtet werden als die weiteren Wortbestandteile (vgl hierzu Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 97), sondern zusätzlich auch dadurch, daß sie jeweils eigenständige, nur aus dem jeweiligen Vokal bestehende Sprechsilben bilden, die zudem deutlich betont artikuliert werden und an die sich überdies unterschiedliche konsonantische Anlaute der jeweiligen zweiten Sprechsilbe anschließen. Die sich hieraus ergebenden klanglichen Unterschiede reichen deshalb nach Auffassung des Senats in ihrer Gesamtheit - wenn auch knapp - trotz der Übereinstimmung der Wörter im übrigen noch aus, ihre hinreichend sichere Unterscheidbarkeit zu gewährleisten. Dies gilt auch dann, wenn man ungünstigere Übermittlungsbedingungen oder eine wenig artikulierte Aussprache einbezieht und berücksichtigt, daß die Verkehrsauffassung eher von einem undeutlichen Erinnerungsbild bestimmt wird (st Rspr vgl EuGH MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd / Loints). Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Teile des Verkehrs in der Widerspruchsmarke einen begrifflichen Hinweis auf das Wort "Idee" sehen werden und ob hierin eine zusätzliche Erinnerungsstütze liegt, der eine verwechslungsmindernde Bedeutung zukommt.

Nach alledem erweist sich die Beschwerde der Widersprechenden als unbegründet und war zurückzuweisen.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlaß, § 71 Abs 1 MarkenG.

Kliems Knoll Engels Pü






BPatG:
Beschluss v. 15.02.2001
Az: 25 W (pat) 128/00


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