Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg:
Beschluss vom 7. April 1994
Aktenzeichen: A 16 S 1164/93

(VGH Baden-Württemberg: Beschluss v. 07.04.1994, Az.: A 16 S 1164/93)

1. Die Geschäftsreise des Rechtsanwalts im Sinne des § 28 Abs 2 S 1 BRAGO (BRAGebO) wird gerechnet vom Verlassen der Kanzlei (Wohnung) bis zum Wiederbetreten. Nimmt der Anwalt mit einer Reise mehrere Termine vor demselben Spruchkörper wahr, die etwa die gleiche Verhandlungsdauer benötigen, ist es zur Vereinfachung zulässig, das auf jedes einzelne Verfahren entfallende Abwesenheitsgeld durch Teilung des für die gesamte Abwesenheitszeit anfallenden Abwesenheitsgeldes durch die Zahl der wahrgenommenen Termine zu bestimmen.

Gründe

Die nach § 128 Abs. 3 BRAGO zulässige Erinnerung des Rechtsanwalts ist auch begründet.

Zu Unrecht ist der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle bei der Vergütungsfestsetzung von einem Gegenstandswert in Höhe von 3.000,-- DM ausgegangen. Gegenstand der auf Antrag des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten vom 21.6.1993 mit Senatsbeschluß vom 25.11.1993 zugelassenen Berufung des Klägers war nach dem Klagantrag des Klägers und dem Tenor des angefochtenen Urteils dessen Anerkennung als Asylberechtigter sowie die Feststellung, daß bei ihm die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG für Pakistan vorliegen. Gemäß § 83b Abs. 2 Satz 1 AsylVfG beträgt der Gegenstandswert in Klageverfahren, die die Asylanerkennung einschließlich der Feststellung der Voraussetzungen nach § 51 Abs. 1 AuslG betreffen, 6.000,-- DM. Dies gilt auch für das Berufungsverfahren. Auf den Zeitpunkt, zu dem das Klageverfahren anhängig geworden ist, der Berufungszulassungsantrag gestellt oder die Berufung zugelassen worden ist, kommt es nicht an (BVerwG, Beschluß vom 20.1.1994 - BVerwG 9 B 15.94 -). Bei einem Streitwert von 6.000,-- DM betragen gemäß § 123 BRAGO i.V.m. §§ 114 Abs. 2, 11 Abs. 1 Satz 4 BRAGO die Prozeßgebühr und die Verhandlungsgebühr statt 227,50 DM je 403,-- DM.

Als Tage- und Abwesenheitsgeld erhält der Rechtsanwalt gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BRAGO bei einer Geschäftsreise von nicht mehr als vier Stunden 25,-- DM, von mehr als vier bis acht Stunden 50,-- DM und von mehr als acht Stunden 95,-- DM. Die Zeit wird gerechnet vom Verlassen der Kanzlei (Wohnung) bis zum Wiederbetreten (vgl. Gerold/Schmidt u.a., BRAGO, 11. Aufl., RdNr. 22 zu § 28; Riedel/Sußbauer, BRAGO, 6. Aufl., RdNr. 13 zu § 28; Hartmann/ Kostengesetze, 25. Aufl., RdNr. 32 zu § 28). Nimmt der Anwalt mit einer Reise mehrere Termine vor dem selben Spruchkörper wahr, die etwa, wie hier, die gleiche Verhandlungsdauer benötigen, ist es zur Vereinfachung zulässig, das auf jedes einzelne Verfahren entfallende Abwesenheitsgeld durch Teilung des für die gesamte Abwesenheitszeit anfallenden Abwesenheitsgeldes durch die Zahl der wahrgenommenen Termine zu bestimmen.

Zu Unrecht hat der Erinnerungsführer angenommen, der Urkundsbeamte habe seiner Festsetzung lediglich eine Gesamtabwesenheitszeit von Beginn bis Ende der Sitzung des erkennenden Senats (10.00 Uhr bis 15.25 Uhr) zugrundegelegt. Es wurde vielmehr pauschal von einer Stunde Fahrtzeit für die Hin- und Rückfahrt Zwischen F und M ausgegangen, woraus sich eine Gesamtabwesenheitszeit von 7 Stunden 25 Minuten ergeben hätte. Da die Sitzung jedoch an einem Freitag stattfand, ist es angesichts des erhöhten Berufsverkehrs an Freitagen noch glaubhaft, daß die Gesamtabwesenheitszeit vorliegend mindestens 45 Minuten mehr als angesetzt und üblich betragen hat. Dies kann im vorliegenden Falle berücksichtigt werden, obwohl der Erinnerungsführer bei seinem Festsetzungsantrag auf diesen Umstand nicht besonders hingewiesen hatte.

Daraus ergibt sich folgende Festsetzung:

2 Gebühren zu je 403,-- DM 806,-- DM Postgebühren wie festgesetzt 40,-- DM Fahrtkosten wie festgesetzt 24,60 DM Abwesenheitsgeld 95,-- DM : 3 31,67 DM ------------ Summe: 902,27 DM MWSt. 15 % 135,34 DM ------------ Festsetzungsbetrag: 1.037,61 DM

Einer Kostenentscheidung und einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht. Denn nach § 128 Abs. 5 BRAGO ist das Verfahren gebührenfrei und werden Kosten nicht erstattet.






VGH Baden-Württemberg:
Beschluss v. 07.04.1994
Az: A 16 S 1164/93


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