Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. März 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 98/02

(BPatG: Beschluss v. 09.03.2005, Az.: 32 W (pat) 98/02)

Tenor

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 40.000,-- € festgesetzt.

Gründe

I.

Gegen die am 8. Dezember 1998 für die Dienstleistungen "Veranstalter für Wetten und Lotterien, nämlich Abschluss von Sportwetten für alle regionalen, bundesweiten und internationalen Sportereignisse im Amateur- und Profisport" eingetragene Wort-/Bildmarke 398 63 879 ist im November 2000 Löschungsantrag wegen Bösgläubigkeit gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG gestellt worden.

Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 4. Februar 2002 dem Antrag stattgegeben und die Löschung der Marke 398 63 879 angeordnet. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Markeninhaberin ist rechtskräftig zurückgewiesen worden. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden der Markeninhaberin auferlegt.

Die im Amts- und Beschwerdeverfahren durch Rechtsanwälte vertretenen Löschungsantragstellerinnen beantragen, den Gegenstandswert in beiden Instanzen auf 500.000,-- € festzusetzen.

Sie tragen vor, durch die streitgegenständliche Marke habe die Markeninhaberin die Löschungsantragstellerinnen über Jahre hinweg für den deutschen Markt blokkiert. Der Streitwert habe sich an dem zu orientieren, was bei firmenrechtlichen Streitigkeiten vor den ordentlichen Gerichten festgesetzt werde. Streitwerte in der beantragten Größenordnung seien dabei an der Tagesordnung. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Löschungsantragstellerin zu 2) der größte Wettanbieter Österreichs und einer der größten Europas sei.

Die Markeninhaberin hält unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundespatentgerichts zum Regelstreitwert lediglich einen Streitwert in Höhe von 10.000,-- € für angemessen. Maßgeblich für das Popularantragsverfahren sei das Interesse der Allgemeinheit. Gegenstandswertverringernd sei zu berücksichtigen, dass die streitgegenständliche Marke ebenso wie die IR-Marke der Löschungsantragstellerinnen nicht benutzt worden sei. Der Streitwert vermindere sich auch deshalb erheblich, weil die Löschungsantragstellerinnen im Geltungsbereich des Markengesetzes überhaupt nicht geschäftlich tätig seien.

In ihrer Erwiderung vertiefen die Löschungsantragstellerinnen ihre Auffassung, es sei kein Grund dafür ersichtlich, warum das patentamtliche und patentgerichtliche Löschungsverfahren geringer zu bewerten sein sollte als die Streitwerte im Verfahren vor den ordentlichen Gerichten wegen bösgläubiger Markenanmeldungen. Bei der Streitwertfestsetzung sei nicht nur das Interesse der Allgemeinheit sondern auch das Interesse der Antragstellerinnen zu berücksichtigen. Auf den Umfang der Benutzung komme es nicht an. Die Markeninhaberin habe ihre Marke offensichtlich zu Behinderungszwecken eingesetzt. Um diese zu erfüllen, müsse eine Marke nicht benutzt sein.

Sowohl die Markeninhaberin als auch die Löschungsantragstellerinnen haben in der Folge ihre Rechtsauffassungen zur Höhe des Gegenstandswertes wiederholt.

II.

Der Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes (der Begriff "Streitwert" ist unzutreffend) im Beschwerdeverfahren ist gemäß § 10 BRAGO - diese Vorschrift ist gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG auf das vorliegende Verfahren noch anzuwenden - zulässig, weil die Löschungsantragstellerinnen im markenrechtlichen Beschwerdeverfahren durch Rechtsanwälte vertreten waren und Wertvorschriften für die Bestimmung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit in anderen Gesetzen nicht vorhanden sind. Der Geltungsbereich des Gerichtskostengesetzes (vgl. § 1 GKG) erstreckt sich nicht auf das Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und vor dem Bundespatentgericht (§ 82 Abs. 1 MarkenG). Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren ist daher gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO nach billigem Ermessen zu bestimmen.

Entgegen dem Begehren der Antragstellerinnen konnte der Gegenstandswert nach billigem Ermessen nur auf 40.000,-- € und nicht auf 500.000,-- € festgesetzt werden.

Grundlage für die Wertfestsetzung in Markenlöschungsverfahren nach § 50 Abs. 1 MarkenG ist nur das Interesse der Allgemeinheit an der Löschung und nicht etwa das Interesse der Löschungsantragstellerinnen. Dies folgt aus dem Popularcharakter des Löschungsantrags, der gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 MarkenG von jedermann ohne Nachweis eines eigenen Interesses gestellt werden kann und bei Begründetheit zur Löschung der Marke von Amts wegen führt. Das Interesse der Allgemeinheit an der Markenlöschung gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG steht dem Interesse der Löschungsantragstellerinnen an der Markenlöschung - im Gegensatz zu der sich nach den Klägerinteressen bemessenden Löschungsklage wegen eines älteren Rechts nach § 51 MarkenG - nicht gleich (vgl. BPatGE 41, 100 - COTTO).

Aufgrund der unterschiedlichen Interessenlage ist entgegen der Auffassung der Löschungsantragstellerinnen für ein auf § 50 Abs. 1 MarkenG gestütztes Löschungsverfahren ein geringerer Gegenstandswert anzusetzen als für firmenrechtliche Streitigkeiten vor ordentlichen Gerichten. Für die Höhe des Gegenstandswertes kommt es daher auch nicht auf die wirtschaftliche Bedeutung der Marken für die Löschungsantragstellerinnen oder die Frage, inwieweit diese im Geltungsbereich des Markengesetzes tätig sind, an.

Bei einer im Inland unbenutzten, in Behinderungsabsicht eingetragenen und deshalb gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG gelöschten Marke ist grundsätzlich ein Gegenstandswert von 25.000,-- € angemessen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 71 Rdn. 78). Zu diesem (Regel-)Gegenstandswert ist hier ein Zuschlag in Höhe von 15.000,-- € wegen der intensiven Verteidigung der Marke durch die Markeninhaberin gerechtfertigt. Diese führt im Markenlöschungsverfahren zu einer Erhöhung des Gegenstandswertes (BPatGE 41, 100, 102 - COTTO). Demgemäß ist für das Beschwerdeverfahren ein Gegenstandswert in Höhe von 40.000,-- € festzusetzen.

Für die weiterhin beantragte Festsetzung des Gegenstandswerts im erstinstanzlichen (Amts-)Verfahren ist eine originäre Zuständigkeit des Bundespatentgerichts nicht gegeben.

Viereck Merzbach Kruppa Pü






BPatG:
Beschluss v. 09.03.2005
Az: 32 W (pat) 98/02


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