Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Juli 2002
Aktenzeichen: 26 W (pat) 203/01

(BPatG: Beschluss v. 10.07.2002, Az.: 26 W (pat) 203/01)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 37 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. September 2000 und 9. Oktober 2001 aufgehoben soweit die Anmeldung für die Dienstleistungen

"Erstellung von Aufnahmen von Bauprojekten für Kunden, Umplanung dieser Bauobjekte und Erstellung von Kostenvoranschlägen, Erstellung von Software für die Planung von Bauobjekten und die Planung von Reparaturen für Bauobjekte"

zurückgewiesen wurde.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Mit den vorgenannten Beschlüssen hat die Markenstelle 37 des Deutschen Patent- und Markenamts die für die Dienstleistungen

"Anbieten eines Dachservices; Dachaufbau und -reparatur, Rinnenreinigung und -erhaltung, Entmoosung, Beschichtung, Fallrohrspülung;

Erstellung von Aufnahmen von Bauprojekte für Kunden, Umplanung dieser Bauobjekte und Erstellung von Kostenvoranschlägen, Erstellung von Software für die Planung von Bauobjekten und die Planung von Reparaturen für Bauobjekte"

als farbige Wort-Bildmarke angemeldete Kennzeichnungsiehe Abb. 1 am Endegemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft und wegen des Bestehens eines Freihaltungsbedürfnisses zurückgewiesen.

Wie Fundstellen aus dem Internet belegten, werde der eindeutig beschreibende Wortbestandteil "Dachkosmetik" als Sammelbegriff für eine Reihe von Dienstleistungen verwendet, die weitgehend mit den vom Anmelder beanspruchten Dienstleistungen übereinstimmten. Der Begriff "Kosmetik" sei keineswegs auf die Schönheitspflege beschränkt, sondern werde auch im übertragenen Sinn verwendet. Für die Feststellung der Schutzunfähigkeit genüge es, wenn die Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Vorstellung einer Beschaffenheits- oder Bestimmungsangabe auch im Sinne eines Verwendungszwecks wecke. Als rein beschreibender Angabe fehle der Kennzeichnung jegliche Unterscheidungskraft. Die ansatzweise grafische Ausgestaltung (Winkel i. S. eines stilisierten Daches) sei als übliches Blickfangmittel von untergeordneter Bedeutung und könne einen Schutz deshalb nicht begründen.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Seiner Ansicht nach fallen die von ihm beanspruchten üblichen Sanierungsleistungen nicht unter den Begriff "Dachkosmetik", denn darunter fielen nur spezielle Dienstleistungen wie Bio-Belagentfernung und anschließende Versiegelung mit Langzeitschutz bei Dächern. Nur zu den hochwertig pflegenden Dienstleistungen "Entmoosung, Beschichtung" bestehe ein mittelbarer Bezug. Diesen Standpunkt habe das DPMA auch bei den vergleichbaren Anmeldungen "Dachkultur, Dachkomplett, Felgenklinik" eingenommen. Kein unmittelbarer Bezug der Anmeldung bestehe auf jeden Fall zu den Dienstleistungen "Erstellung von Aufnahmen von Bauprojekten für Kunden etc". Im übrigen habe er eine Wort-Bildmarke angemeldet, bei der der Begriff "Dachkosmetik" sehr wohl auf eigentümliche Weise in den Bildbestandteil integriert sei, so daß jedenfalls beide Bestandteile zusammen schutzfähig seien.

Demgemäß beantragt der Anmelder sinngemäß, die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als unbegründet, soweit der Anmelder Schutz für die Dienstleistungen "Anbieten eines Dachservices; Dachaufbau- und -reparatur, Rinnenreinigung und -erhaltung, Entmoosung, Beschichtung, Fallrohrspülung" beansprucht, denn insoweit stehen der begehrten Eintragung die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen. Den darüber hinaus beanspruchten Dienstleistungen stehen diese Schutzhindernisse nicht entgegen.

1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind die Kennzeichnungen von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Dienstleistungen dienen können. Zu den nach dieser Vorschrift vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die dort ausdrücklich aufgeführten, sondern auch solche, die für den Dienstleistungsverkehr wichtige und für den umworbenen Abnehmerkreis irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf sie betreffenden Dienstleistungen selbst beschreiben (vgl BGH GRUR 1998, 813 - CHANG; BlPMZ 1999, 410 - FOR YOU) und die entweder bereits als Sachaussage benutzt werden oder deren Benutzung als Sachaussage aufgrund konkret feststellbarer tatsächlicher Umstände in Zukunft zu erwarten ist (vgl BGH GRUR 1995, 408 - PROTECH). Der Beurteilung ist dabei die angemeldete Bezeichnung in ihrer Gesamtheit zugrundezulegen und keine zergliedernde Betrachtungsweise vorzunehmen (BGH MarkenG 2000, 420 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Eine solche konkret und unmittelbar dienstleistungsbeschreibende Aussage stellt die angemeldete Marke jedenfalls für die versagten Dienstleistungen dar, denn sie erschöpft sich insoweit in Angaben über die unter dieser Bezeichnung zu erbringenden Dienstleistungen.

Wie die von der Markenstelle und die weiteren vom Senat ermittelten Fundstellen aus dem Internet belegen, verwenden bereits Anbieter von Dachdeckerarbeiten den Begriff "Dachkosmetik" um damit auf ihre Angebote zur Reinigung, Sanierung und Verschönerung von Dächern hinzuweisen. Dem Ergebnis der Internet-Recherchen läßt sich nicht entnehmen, daß unter "Dachkosmetik" etwa nur spezielle Dienstleistungen wie die Bio-Belagentfernung und die anschließende Versiegelung von Dächern fallen. Vielmehr spricht zB das Angebot "Kosmetik der Außenanlagen" als eine der Serviceleistungen der Firma Heinzelmännchen Cleaning Service dafür, daß sich die angemeldete Bezeichnung lediglich im Rahmen der werbemäßigen, überhöhenden Beschreibung von Instandsetzungs- und Verschönerungsleistungen bewegt, so daß mit dem Markenbestandteil "Kosmetik" nicht nur hochwertig pflegende Dacharbeiten gemeint sind, sondern dieser Begriff im übertragenen Sinn für Pflege allgemein verwendet wird.

Damit stellt der Wortbestandteil "Dachkosmetik" für die Dienstleistungen, die der Reinigung, Sanierung, Verschönerung und dem Erhalt der Funktionsfähigkeit von Dächern dienen, eine eindeutig beschreibende Aussage dar, so daß der Anmeldung insoweit das Freihaltebedürfnis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegensteht. Der weitere Bildbestandteil "Grüner Winkel" symbolisiert als einfaches grafisches Element nur den Wortbestandteil "Dach" und vermag deshalb das an dem Wortbestandteil bestehende Freihaltebedürfnis nicht auszuräumen. Der Hinweis des Anmelders auf Voreintragungen seiner Ansicht nach vergleichbarer Marken wie "Dachkultur", oder "Dachkomplett" vermag ebenfalls eine Schutzfähigkeit der Marke nicht zu begründen (vgl dazu Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl, § 8 Rdn 85).

Keinen unmittelbaren Bezug der Anmeldung "Dachkosmetik" vermag der Senat jedoch zu den übrigen beanspruchten Dienstleistungen festzustellen. Eine Verwendung der um Schutz nachsuchenden Bezeichnung als beschreibende Angabe für die vom Anmelder insoweit beanspruchten Dienstleistungen hat die Markenstelle nicht belegt. Auch der Senat hat die erforderlichen Feststellungen bezüglich dieser Planungstätigkeiten nicht zu treffen vermocht. Ein auf gegenwärtiger Benutzung beruhendes aktuelles Freihaltungsbedürfnis an der angemeldeten Marke als beschreibende Sachaussage ist deshalb insoweit nicht nachweisbar. Ebensowenig liegen konkrete Tatsachen vor, die dafür sprechen könnten, daß die Gesamtbezeichnung "Dachkosmetik" in Zukunft als Sachbeschreibung für diese weiteren Dienstleistungen dienen könnte. Selbst wenn mit der Markenstelle davon ausgegangen wird, daß der angesprochene Verkehr der Gesamtbezeichnung "Dachkosmetik" die Aussage "pflegende Dacharbeiten" beimißt, so sagt dieser Sinngehalt nichts konkretes über die unter dieser Kennzeichnung angebotene Planungsleistungen aus, zumal sich diese Leistungen nicht nur auf die Planung von Dächern sondern auf die gesamten Bauobjekte beziehen. Damit liegen keine hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang mit diesen weiteren Dienstleistungen in Zukunft eine Benutzung der angemeldeten Bezeichnung als eindeutige Sachangabe erfolgen könnte.

2. Ebenso wenig kann der Marke bezüglich dieser Dienstleistung jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung zugrundeliegende Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden, zumal der Verkehr als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann einer Marke kein für die beanspruchten Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um eine gebräuchliche Bezeichnung, die im Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung (vgl BGH WRP 1998, 495 - TODAY) stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Zeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl BGH MarkenR 1999, 349 - YES).

Hiervon ausgehend kann der Wort-Bildmarke "Dachkosmetik" für die im Beschlußtenor zugestandenen Dienstleistungen nicht die erforderliche Unterscheidungseignung abgesprochen werden. Eine diese Dienstleistungen beschreibende Sachaussage, die auf bestimmte Merkmale dieser Planungstätigkeiten selbst Bezug nimmt, stellt diese Bezeichnung - wie dargelegt - nicht dar. Ebenso wenig liegen Anhaltspunkte vor, daß der Verkehr etwa durch eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung in der Werbung als schlagwortartige Aussage daran gewöhnt sein könnte, in ihr in Bezug auf die betreffenden Dienstleistungen keine Marke mehr zu sehen.

Demgemäß waren die angefochtenen Beschlüsse insoweit aufzuheben; im übrigen aber die Beschwerde zurückzuweisen.

Kraft Richter Reker ist infolge Urlaubs gehindert zu unterschreiben Kraft Eder Na Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/26W(pat)203-01.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 10.07.2002
Az: 26 W (pat) 203/01


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