Bundespatentgericht:
Beschluss vom 31. Mai 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 76/99

(BPatG: Beschluss v. 31.05.2000, Az.: 29 W (pat) 76/99)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen

Gründe

I.

Angemeldet ist die Wortfolge

"Sinfonie der Sinne"

als Marke zur Kennzeichnung der Dienstleistungen "Verwaltung und Betrieb von Bädern und Schwimmbädern, Kurbädern, Quellen und Trinkhallen, Kurbehandlungseinrichtungen, Saunaanlagen und Sonnenstudios; Durchführung von Massagen, auch in Verbindung mit Krankengymnastik; Krankengymnastik auf neurophysiologischer Grundlage, medizinische Trainingstherapie, Eis- und Wärmebehandlungen, Extensionsbehandlungen, Elektrotherapie; balneologische und physikalische Therapie; ärztliche Behandlung und klinische Versorgung von Patienten, insbesondere Diabetes und Hauterkrankungen sowie Erkrankungen der inneren Organe und des Bewegungsapparates; Diätberatung, Gesundheits- und Schönheitspflege, Dienstleistungen eines Schönheitssalons, psychologische Beratung, Dienstleistungen im Bereich autogenes Training; Unterricht und Anleitung in therapeutischer Bewegungsgymnastik, Durchführung von Sport- und Gymnastikveranstaltungen zur Gesundheitspflege; Verwaltung und Betrieb von Fitneß-Centern, Bereitstellen von Gymnastikräumen und Turngeräten; Beherbergung und Verpflegung von Gästen; Dienstleistungen eines Erholungsheims und eines Sanatoriums".

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren erging, die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen und dabei die Frage eines Freihaltebedürfnisses an der Marke dahingestellt sein lassen. Die Wortfolge sei ein kurzer und prägnanter, aufmerksamkeitsheischender Werbespruch, aber keine individuelle Herkunftskennzeichnung. "Sinfonie" bezeichne nicht nur musikalische, sondern jede Art gewaltiger Fülle, zu der verschiedenartige Einzelheiten eindrucksvoll zusammenwirkten. Die Marke sei demnach die werbemäßige Anpreisung, daß die Dienstleistungen die menschlichen Sinne durch ein Zusammenspiel der unterschiedlichen Sinnesanreize ansprechen, die in ihrer Fülle wiederum harmonierten.

Mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde macht die Anmelderin u.a. geltend, der der Marke entnehmbare Werbeslogan sei in der wörtlichen Bedeutung "Zusammenklang der Sinne" nicht glatt beschreibend. Die Gegenbeispiele der Markenstelle "Sinfonie aus Farben und Düften", "Symphonie aus Glas und Beton" seien anders aufgebaut, weil dort tatsächlich Verschiedenes zusammengestellt sei und zusammenwirke. Sinne könnten aber nicht zusammengestellt werden. Um zu einer beschreibenden Aussage zu gelangen, seien mehrschrittige Assoziationen erforderlich, nämlich zunächst zu ermitteln, was die Sinne reize und das Ergebnis dann auf die Dienstleistungen zu übertragen. Die Wortfolge der Marke sei auch dem gehobenen Sprachgebrauch zugeordnet und damit nicht allgemein üblich, so daß sie schon deshalb für einen großen Teil der angesprochenen Verkehrskreise phantasievoll genug sei.

Die Anmelderin beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Der Senat hat zum gegenwärtigen werblichen Gebrauch der Wortfolge der Marke und ihrer Elemente eine Internet-Recherche durchgeführt, deren Ergebnis (Bl. 13 - 44 d.A.) der Anmelderin zur Kenntnis gegeben und in der mündlichen Verhandlung erörtert worden ist.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Denn der Eintragbarkeit der angemeldeten Marke steht ein Freihaltebedürfnis entgegen und ihr fehlt auch die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 und 1 MarkenG).

Die Wortfolge der Marke wird nach den Feststellungen des Senats zwar gegenwärtig nicht für sämtliche der einzelnen beanspruchten Dienstleistungen auf dem Gebiet der Gesundheit, Wellness und Touristik beschreibend verwendet, wenngleich sie der Anmelderin in einem im Internet wiedergegebenen und in der mündlichen Verhandlung erörterten Presse-Statement dazu dient, das den beanspruchten Dienstleistungen übergeordnete Programmkonzept spruchartig zusammenzufassen. Unabhängig davon ist aber "Sinfonie der Sinne"" auf unterschiedlichen Gebieten eingebürgert zur Beschreibung von besonderen, auf die menschlichen Sinne vielseitig wirkenden Erlebnissen. Dazu gehören bspw. ein touristisch orientiertes "Klassik-Open-Air-Event" in Gifhorn, in dem "sich die verschiedensten Elemente sowie Musik und Theater zu einer ... Sinfonie der Sinne" verbinden, ferner "kulinarische Events" als "Sinfonie der Sinne" in "Hessens erstem fünf-Sterne-Hotel", sowie der unverfälschte Geschmack naturbelassener, gesunder Lebensmittel als "Sinfonie der Sinne" und schließlich ein Partyservice-Angebot, das bei einer "Sinfonie der Sinne" verwöhnen will. Darüber hinaus sind der Anmelderin zahlreiche Fundstellen zur Kenntnis gegeben worden, die zeigen, daß sich die Marke in ein umfangreiches Umfeld von Werbefloskeln einbettet, die entweder mit "Sinfonie der ..." beginnen (z.B. Sinfonie der Großstadt/Düfte/Farben) oder mit "... der Sinne" enden (z.B. Festival/Fest/Genuß/Garten/Tal/Jahrmarkt/Kaufhaus/Haus/Labyrinth/Feier/ Urlaub der Sinne), aus denen die Marke sprachüblich zusammengesetzt ist. Gemeinsam ist allen Fundstellen - und damit ist die angemeldete Marke angesichts ihrer beanspruchten Dienstleistungen mit eingeschlossen - daß die Bedeutung von "Sinfonie" sich vorliegend nicht in einer - wie die Anmelderin allerdings meint - bloßen aufzählenden Erwähnung der menschlichen Sinne erschöpft, zumal dann die Marke sprachrichtig "Sinfonie aus ..." lauten müßte. Ihre Bedeutung geht weit darüber hinaus. Auf der gleichen Ebene wie die vielgebrauchten Slogans "Festival/Fest/Feier der Sinne" weist "Sinfonie der Sinne" auf mit sämtlichen Sinnen aufzunehmende Erlebnisse hin, wobei vollmundigunbestimmt das besonders Umfassende und zugleich emotional Berührende und Begeisternde der beworbenen sinnlichen Erlebnisse nahegebracht werden soll. Einige Fundstellen setzen in ihrem Begleittext die Wendung "... der Sinne" ausdrücklich mit "... für die Sinne" gleich und zeigen damit deutlicher die Zweckrichtung, die in der angemeldeten sloganartigen Wendung werbemäßigplakativ verkürzt ist. Mit "Sinfonie der Sinne" wird somit ein umfassendes Sinneserlebnis im Zuge einer als besonderer Event ausgestalteten Dienstleistung (bzw. Bündelung unterschiedlicher Dienstleistungen) umschrieben. Es handelt sich damit letztlich um ein Produktversprechen. Die darin zum Ausdruck kommende Angabe der Beschaffenheit und Bestimmung der angebotenen Dienstleistungen und ihrer Eigenschaft als mitprägender Teil einer Gesamtkonzeption trifft auch auf diejenigen der Marke zu. Wie sich anhand des Prospektmaterials der Anmelderin feststellen läßt, beschränken sich die beanspruchten Dienstleistungen nicht auf die bloße medizinisch indizierte oder sonst sachlichnüchterne Erbringung, sondern sind Teil eines erlebnisorientierten, meist multimedialen Gesamtkonzepts, das mit der Wortfolge der Marke in kurzer, prägnanter Fassung beschrieben wird. Dabei zeigt der umfangreiche Gebrauch dieser Wortfolge, aber auch ihrer Bestandteile, daß sie auf unterschiedlichsten Gebieten für die geschilderten Ziele als beschreibende Angabe brauchbar ist. Deshalb müssen die Wettbewerber sie für vergleichbare Zwecke wie jenen der Marke, nämlich auch im Bereich Gesundheit, Wellness und Touristik unbehindert von Ausschlußrechten Dritter gebrauchen können.

Aus diesen Gründen muß der Marke auch die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Der Senat hat, wie oben im Einzelnen dargelegt, im Rahmen der Beurteilung des Freihaltebedürfnisses einen konkreten, für die fraglichen Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt der Marke (vgl. BGH MarkenR 1999, 347, 348f. - Absolut) festgestellt. Die Marke löst mit "Sinfonie der Sinne" Assoziationen aus, die, wie die Beliebtheit solcher Wendungen zeigt, vom Verkehr spontan als Produktversprechen eines umfassenden Sinneserlebnisses aufgefaßt werden. Die Marke stellt daher insgesamt eine geläufige beschreibende Wendung dar und nutzt dabei eine Kombination wiederum völlig gängiger Elemente. Der Verkehr sieht die Wortfolge deshalb nicht von Hause aus als Herkunftskennzeichen für ein bestimmtes Angebot an, sondern als beschreibende Sachangabe.

Meinhardt Dr. Vogel von Falckenstein Guth Cl






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Beschluss v. 31.05.2000
Az: 29 W (pat) 76/99


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